Wissen Großeltern alles besser?
Von Marianne Kopp und Reinhard Kopp
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Über dieses E-Book
Marianne Kopp
Marianne Kopp, Jahrgang 1953, ist in der DDR geboren und aufgewachsen. Sie ist verheiratet, hat vier Kinder und drei Enkelkinder. Die Ereignisse der Wendezeit 1989 hat sie mit ihrer Familie in Dresden erlebt. 1994 zog die Familie berufsbedingt in die Nähe von Ulm, wo sie heute noch lebt. Seit ihr Mann, ein Pastor, pensioniert wurde, widmet sie sich verstärkt der Arbeit für und mit Großeltern. Dafür haben sie die GroßelternAkademie gegründet, schreiben und verlegen hauptsächlich Bücher über Großelternschaft. Beide engagieren sich außerdem ehrenamtlich in der Seniorenarbeit des Alb-Donau Kreises und in der Redaktion "im blick", der Zeitschrift des Landesseniorenrates Bade-Württemberg.
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Buchvorschau
Wissen Großeltern alles besser? - Marianne Kopp
„Glauben Sie, wenn irgendwo in dieser Welt etwas auftritt, von dem ich glaube, dass ich da was lernen kann, dann bin ich sofort unterwegs und sehe mir das an."
(Reinhard Mohn, 1921-2009, Bertelsmann-Nachkriegsgründer, eingespielt bei „Das Blaue Sofa in Gütersloh" am 9. Juni 2021.)
Wegen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch hauptsächlich die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Form hat rein schreibtechnische Gründe und beinhaltet keine Wertung.
Inhaltsverzeichnis
Erstens: Wissen Großeltern alles besser?
Ehrlicher und zugegebener Weise
Großelterliches Wissen und die heutige Zeit
Rasante Veränderungen bringen neue Erkenntnisse
Lebenswissen ist wertvolles Wissen
Wo unser Lebenswissen kaum anwendbar ist
Wenn junge Menschen Erkenntnisse umsetzen
Was Wissen bewirken soll und wo es machtlos bleibt
Der Wissbegierde eine neue Richtung geben
Wissen und UmweltgeWissen
Ansichten und Einsichten
Schwerwiegende Irrtümer
Wissen und Wahrheit
Wissen und Verantwortung
Wissen und Erkenntnis
Unnützes oder nützliches Wissen – Entscheiden Sie selbst!
Müssen wir alles wissen?
Zweitens: Wissen ist Macht
Großelterliches Wissen als Ressource
Großelterliches Wissen ist „stilles" Wissen
Statisches und dynamisches Wissen
Wissen, die Grundlage des Miteinanders
Verlorengegangenes Wissen – inzwischen wiederentdeckt
Wissen ist Macht – nichts wissen macht nichts?
Drittens: Wissen aus Erfahrungen und Erfahrungsschatz
Unser Wissensquell früher: Was die Erwachsenen sagten, war Gesetz
Wissensdrang aufgrund von Zweifeln
Lebensziele früher und heute
Erfahrungs- und Handlungswissen
Erfahrungswissen aus anderen Quellen
Persönliche Erfahrungen und persönliches Wissen
Großelterliches Wissen als Angebot, nicht als non plus ultra
Viertens: Wissen im Spiegel verschiedener Zeiten
Wissen wandelt sich
Wissenswandel in der Industrie
Wissensdrang treibt vorwärts: Die industriellen Revolutionen
Wissenswandel in der Krankenbehandlung
Wissenslücke? Ausgrenzung statt Inklusion – der Umgang mit Menschen mit Behinderung
Der Umgang mit Menschen mit Behinderung damals
Umgang mit Menschen mit Behinderung heute
Wissensvorsprung? Erdöl – Segen und Fluch des modernen Zeitalters
Freizeitgestaltung: gewusst wie?
Fünftens: Nostalgie: wann ist sie gut, wann schadet sie?
Nostalgie oder in Erinnerung an früher schwelgen
Nostalgie heute
Flucht in Nostalgie aus Angst vor der Gegenwart
Kennen Sie das noch?
Was machen nostalgische Gefühle mit Ihnen?
Selbsttäuschende Erinnerung oder: war früher alles besser?
Lernen Sie zu differenzieren
Das Leben besteht aus Abschieden
Unterschiedliche Sichtweisen erst ergeben ein Ganzes
Sechstens: Besserwisserei
Besserwisser sind schwierige Menschen
Besserwisserei basiert höchstens auf Halbwissen
Wie entgehen Sie der Besserwisserei?
Wahr, gut, notwendig?
Wie äußert sich großelterliche Besserwisserei?
Typ eines Besserwissers: der „Besserwessi"
Einfach mal den Mund halten
Wie entgehen Großeltern der Gefahr der Besserwisserei?
Wider besseres Wissen(können): Fakten statt Fake
Nachrichten und ihre Glaubwürdigkeit
Wie Sie Nachrichten und Fakten sortieren können
Siebtens: Statt besser wissen: besser machen
Sie dürfen sich steigern!
Was können Großeltern noch besser machen?
Achtens: Wissen kommt vom Lernen, Weisheit kommt vom Leben
Jetzt wird es ein bisschen philosophisch …
Weise Menschen und ihr Lebenssinn
Engagement fürs eigene Umfeld stiftet Lebenssinn
Weisheit des Alters
Quellenverzeichnis
Publikationen der Edition GroßelternAkademie
ERSTENS: WISSEN GROßELTERN ALLES BESSER?
Ehrlicher und zugegebener Weise
Ehrlicherweise müssen wir Großeltern zugeben: nein, wir wissen nicht alles besser, manches schon.
Großeltern wissen, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wurde, das meiste klärt sich auf irgendeine Weise von selbst, wird geregelt oder findet anders eine Lösung. Das Leben hat uns gelehrt, Katastrophen sind nicht das Ende von allem. So etwas prägt.
Unsere familiären Strukturen wuchsen über die Jahre. Den familiären Alltag zu organisieren und mit Kinderkrankheiten umzugehen gehörte zu unserm Leben. Wir waren eingebunden ins Schulleben unserer Kinder. Wir wissen wie es ist, Pubertierende zu ertragen, ohne selber verrückt zu werden. Die Ängste, wenn Kinder flügge werden und das Haus verlassen, zum Studium in eine andere Stadt oder gar ins Ausland ziehen, sind noch immer bei uns abrufbar. Uns sind zwiespältige Gefühle, was die Partnerwahl unserer Kinder betraf oder betrifft, nicht fremd.
Wir backen, kochen, heimwerkern.
Kurz gesagt, wir kennen das Leben in- und auswendig – meinen wir, glauben wir, nehmen wir an.
Deswegen – sind wir uns sicher – haben wir das gute Recht, unsern Kindern und Enkeln die Richtung zu weisen, ihnen zu sagen, wo es lang geht, der Hase im Pfeffer liegt oder der Bartel den Most holt. Weil wir einen jahresmäßigen Vorteil haben. Sollen unsere Kinder erstmal mit ihren Tagen in unsere Jahre kommen, dann sehen wir weiter! So oder ähnlich mag mancher Großvater, manche Großmutter denken, wenn es ums Recht haben und Besserwissen geht.
Großelterliches Wissen und die heutige Zeit
Dabei ist vielen Großeltern entgangen, dass sich die Welt heutzutage immer schneller zu drehen scheint, obwohl das, astronomisch gesehen, natürlich Unsinn ist. Für manchen Senior trifft leider genauso das Gegenteil zu: die Tage und Stunden kriechen dahin, man weiß nichts mit sich und seiner Zeit anzufangen. Man benutzt deshalb Kinder und Enkel, dieselbe rum zu bringen, indem man ihnen seine Erkenntnisse von anno dazumal aufdrängt.
Wobei wiederum vergessen wird, dass zu „unserer" Zeit, als wir Kinder waren, die Telefone eine Wählscheibe hatten, an jeder Ecke ein Telefonhäuschen stand, es Tante Emma-Läden gab, wo sogar angeschrieben wurde. Auf Ämtern und beim Arzt wurde mit Karteikarten, statt dem Computer gearbeitet.
Der Frühling war damals die Zeit, in der wir alle ins Freie eilten, um in kilometerlangen Staus unsere Sonn- und Feiertage bei Benzingestank auf den Straßen zu verbringen.
Wobei niemand an die Umweltschäden und ihre Folgen dachte. Kurzum, unsere Zeit war eine ganz andere, ihr Erkenntnisgewinn ist nur noch bedingt tauglich.
Rasante Veränderungen bringen neue Erkenntnisse
Unsere Welt hat sich in den letzten Jahren einschneidender geändert als zur Zeit unserer Großeltern, wo sich die Mobilität von der Eisenbahn übers Fahrrad und Auto bis zum Flugzeug entwickelte. Den entscheidenden Unterschied macht die digitale weltweite Vernetzung. Digitalisierung bedeutet nicht nur, mit einem Smartphone umzugehen oder ein paar E-Mails abzurufen. Die Digitalisierung krempelt unser bisheriges Leben völlig um. Wir kommen später nochmal darauf zurück.
Wir Großeltern sehen bisweilen mit Stirnrunzeln, dass bereits Grundschüler ihr eigenes Handy besitzen. Sie daddeln, schicken sich gegenseitig Bilder und Botschaften und filmen auch mal mit, wenn der Lehrer einen Tabubruch begeht.
Leider ist die Autorität, die zu unserer Zeit Lehrer, Polizisten oder Pfarrer hatten, im Schwinden. Vorzugsweise Lehrer sehen sich immer mehr Aggressivität von Eltern ausgesetzt, weil sie mit der Benotung ihres (manchmal faulen) Nachwuchses nicht einverstanden sind. Vor unseren Augen wächst scheinbar eine Enkelgeneration heran, die mit Problemen und Schwierigkeiten nicht mehr umzugehen lernt, sich persönlich angegriffen fühlt und beim geringsten Widerstand kapituliert. Die nichts wegstecken kann und bequem gebettet sein will.
Während wir als Kinder mit vielen Spielkameraden auf der Straße „Räuber und Gendarm oder „Prinzessin
spielten, Gummitwist hüpften oder in Hüpfkästchen sprangen, sind heute oft selbst Dreißigerzonen kinderleer, weil die Kleinen auf dem häuslichen Grundstück auf eigenen Spielgeräten toben. Ein Zeichen dafür, dass sich Misstrauen selbst in der engsten Nachbarschaft ausbreitet wie eine Seuche.
Während wir früher unbekümmert spärlich bekleidet oder nackt im See herumhüpften, heißt es heute, vorsichtig zu sein. Nicht nur der mit der auffälligen Kamera, auch der mit dem handlichen Smartphone könnte heimlich Bilder von kleinen Kindern aufnehmen. Ein Umstand, den damals kaum einer von uns auf dem Schirm hatte. Deshalb hüten Sie sich, ungefragt Bilder von fremden Kindern, die hübsch im Sandkasten spielen, zu schießen. Es könnte Sie in ungeahnte Schwierigkeiten bringen. Seit es Datenschutzverordnungen gibt, ist das Leben in vielerlei Hinsicht reglementierter. Ein Umstand, einerseits nicht hoch genug zu loben, andererseits mit Schattenseiten behaftet.
Der Arztbesuch ist zwar analog, die Anmeldung aber digital geworden. Ihre Krankenkasse hat Sie mit einem Kärtchen ausgestattet, dass bei jedem Arztbesuch mit dem Computer verbunden wird.
Oder nehmen wir das Bahnfahren. Die kleinen Pappfahrkarten bei der Bahn sind schon lange passé. Heute sind Sie gezwungen, sich auf einem Display selber Ihre Strecke rauszusuchen und am Automaten zu bezahlen. Alles ohne menschliches Zutun, ohne die dienstleistende Hand eines Bahnmitarbeiters. Denn am Schalter zahlen Sie drauf.
Lebenswissen ist wertvolles Wissen
Kennen Sie den Film oder das Buch „Drei Männer im Schnee" von Erich Kästner? Wenn nicht, sollten Sie das eine oder andere unbedingt sehen oder lesen. Es ist ein Genuss und köstlich! Deshalb verraten wir nicht zu viel.
Wer die Geschichte kennt, weiß, worauf wir im Folgenden anspielen: Dr. Hagedorn ruft seine Mutter an, um ihr mitzuteilen, dass