Harras: Alles wird böse
Von Winfried Thamm
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Über dieses E-Book
Doch Harras hat Bedürfnisse, die Henning gar nicht passen. Um seine Ziele zu erreichen, setzt er alle Mittel ein: Alles wird schlecht.
Henning wehrt sich mit Händen und Füßen - und mit Stasia, wer auch immer das sein mag. Der Krieg der Freunde ist eröffnet: Alles wird böse.
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Harras - Winfried Thamm
Winfried Thamm
Harras
Alles wird böse
© 2015
Logo_33mm_SW_Der_Verlag.ai1. Auflage Juni 2015
© 2015 OCM GmbH, Dortmund
Gestaltung, Satz und Herstellung:
OCM GmbH, Dortmund
Verlag:
OCM GmbH, Dortmund, www.ocm-gmbh.de
ISBN 978-3-942672-35-1
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Inhaltsverzeichnis
Umfeld der Protagonisten
Prolog
Teil I – Alles wird gut
Kapitel 1 – Misslungene Überraschung
Kapitel 2 – Der erste Tag zu Hause
Kapitel 3 – Mails
Kapitel 4 – Wiedersehen mit seiner Crew
Kapitel 5 – Ein klärendes Gespräch
Kapitel 6 – Mails
Kapitel 7 – Erstes Wiedersehen mit Stasia
Kapitel 8 – Streit um eine Geschäftsidee
Kapitel 9 – Mails
Kapitel 10 – Ein vertrauliches Gespräch
Kapitel 11 – Freier Zugang für Harras
Kapitel 12 – Mit Karl beim Fußball
Kapitel 13 – Dreierstreit mit Sirene
Kapitel 14 – Nachbarsfreunde und Einsamkeit
Kapitel 15 – Mails
Kapitel 16 – Männerabend
Kapitel 17 – Die Geburtstagsidee
Kapitel 18 – Die alten Freunde
Kapitel 19 – Hennings Geburtstagsfest
Kapitel 20 – Die Geburtstagsnacht
Teil II – Alles wird schlecht
Kapitel 21 – Nach dem Fest
Kapitel 22 – Mails
Kapitel 23 – „Blue Note"
Kapitel 24 – Der leere Lehrer
Kapitel 25 – Eine neue Freundschaft
Kapitel 26 – Walter wird flügge
Kapitel 27 – Freundschaft auf tönernen Füßen
Kapitel 28 – Heiligabend
Kapitel 29 – Die Silvesterparty
Kapitel 30 – Abwärts – Aufwärts
Kapitel 31 – Beziehungskarussell
Kapitel 32 – Mails
Kapitel 33 – Briefkastendesaster
Kapitel 34 – Helen zu Besuch im Himmel
Kapitel 35 – Noch ein Besuch
Kapitel 36 – Henning fällt der Himmel auf den Kopf
Teil III – Alles wird böse
Kapitel 37 – Polizei im Haus
Kapitel 38 – Mails
Kapitel 39 – Feindbilder
Kapitel 40 – Fluchthafen
Kapitel 41 – Vater, Sohn und Nachbarschaft
Kapitel 42 – Bei der Polizei
Kapitel 43 – Die Enttarnung
Kapitel 44 – Wie sich die Spreu vom Weizen trennt
Kapitel 45 – Mails
Kapitel 46 – Wenn Feinde reden
Epilog
Über den Autor
Für alle meine Freunde, alte und neue, tote und lebende, gewesene, gegenwärtige und zukünftige.
„Es ist schlimm, erst dann zu merken, dass man keine Freunde hat, wenn man Freunde nötig hat."
Plutarch
(gr. Schriftsteller 45 – 125 n. Chr.)
Prolog
Henning Wennemann zog sich an, packte seine Tasche und ging vorsichtig, auf Krücken, auf den Flur. Das Laufen fiel ihm immer noch schwer. Seine Beine schmerzten.
Im Besucherraum, wo er auf seine Frau Helen warten wollte, sprach ihn ein Pfleger an, die Klinik habe aus Holland seine Segelhose nachgeschickt bekommen, leider völlig zerschnitten. Ob er sie trotzdem mitnehmen wolle. Er bejahte, bekam eine Plastiktüte ausgehändigt, nahm den Hosenfetzen heraus und durchsuchte die Taschen. Aus einer zog er eine zerknitterte und aufgequollene Visitenkarte heraus:
Anastasia Wirkunowa
Berliner Straße 6
45123 Essen
Telefon: 0201 – 73 72 71
E-Mail: stasia@t-online.de
Plötzlich wurden seine Knie weich. Er setzte sich und starrte auf die Karte. Dann ließ er sie in seiner Hosentasche verschwinden. In diesem Augenblick betrat Helen den Raum.
„Henning, ich bin so glücklich, dass du endlich nach Hause kommst."
Sie hielten einander und küssten sich. Es sah sehr innig aus.
„Wo ist Karl? Wollte er mich nicht abholen?", fragte er sie.
„Doch, eigentlich ja, aber ... es ist ... frag nicht. Dich erwartet eine Überraschung, okay?", erklärte sie freudig.
„Da bin ich aber gespannt", antwortete er gut gelaunt.
Sie verließen die Klinik, nicht ohne sich von der Stationsschwester Sabine, dem Pfleger Heinrich und dem behandelnden Arzt Dr. Dassler zu verabschieden und sich ausdrücklich zu bedanken. Sie setzten sich in den Passat Kombi und fuhren nach Hause.
Auf dem Weg schauten sie sich immer wieder an und lächelten sich zu, wechselten jedoch kaum ein Wort.
Henning brannte die Visitenkarte ein Loch in den Oberschenkel.
Helen parkte vor dem Haus, nicht in der Garage, zu eng für ihn und seine Krücken. Sie gingen auf die Haustür zu.
„Du wirst staunen, Henning!", strahlte sie und schloss die Haustür auf. Karl kam den Flur entlanggelaufen. Henning ließ die Krücken fallen. Sein Sohn sprang ihm in die Arme, er konnte ihn halten ohne zu fallen und drückte ihn fest an sich.
„Papa, ich bin so froh, dass du wieder da bist!", sagte Karl freudestrahlend.
„Ach Karl, ich auch. Nichts habe ich mir mehr gewünscht." Henning war ehrlich gerührt.
„Und jetzt die Überraschung!, sagte Helen hinter ihm. „Rate mal, wer da ist?
„Keine Ahnung. Dein Vater?", war seine Antwort auf dem Weg zum Wohnzimmer. Seine Frau überholte ihn und stand in stolzer Haltung neben dem Sofa.
„Schau, dein Freund Harras. Ich habe ihn eingeladen. Und er hat seine Freundin mitgebracht. Darf ich vorstellen: Henning, mein Mann! Anna, Harras Freundin."
Auf seiner Couch saßen: Harras und Stasia
Teil I
Alles wird gut
„Freundschaft ist wie Heimat"
Kurt Tucholsky
Kapitel 1
Misslungene Überraschung
Wie einen arktischen Strom spürte er die Angst durch seinen Körper fluten, als er Harras und Stasia erblickte. Sie schwemmte jede Farbe aus seinem Gesicht und sog ihm alle Kraft aus den Knochen, sodass er seitlich wegknickte und zu fallen drohte. Jegliche Empfindung war vereist. Nur seine Angst strahlte kalt.
Harras fing ihn auf, bevor er fiel. Auch Stasia war aufgesprungen. Henning machte sich von Harras los und ließ sich von Helen zu seinem großen Lesesessel führen. Vorsichtig setzte er sich hin und atmete hörbar aus.
„Ja, so ganz der Alte bin ich noch nicht, wie man sieht", sagte er ernst.
„Das wird schon wieder, Schatz, Hauptsache, du bist erst mal zu Hause. Alles wird gut!", lächelte Helen und spürte sofort, welchen Schwachsinn sie da von sich gab. Sie wandte sich ab vor Scham.
Harras und Stasia standen verloren im Raum und wussten nicht, wohin mit ihren Blicken. Nur Karl war bei sich, lief zu seinem Vater und sagte: „Papa, wir haben dich sooo viel vermisst", und breitete seine Arme so weit aus, wie er nur konnte.
„Ja, ich euch auch. Na, komm mal her, kleiner Mann", sagte er und nahm ihn vorsichtig auf den Schoß. Karl legte den Kopf an seine Brust und spielte mit den Knöpfen an seinem Hemd. Seine Nähe taute Hennings Angst mit jedem Atemzug.
„Nehmt Platz, meine Lieben, willkommen in meinem Haus. Steht der Champagner hier auf dem Tisch nur zur Dekoration?", versuchte Henning einen schalen Scherz.
Stasia setzte sich auf die Sofakante, wie eine Novizin zur Beichte bei der strengen Mutter Oberin. Helen und Harras stießen peinlich zusammen, als sie beide zum Champagner griffen. Sie überließ ihm schließlich das Einschenken und sagte: „Entschuldige Henning, ich bin ein bisschen durcheinander. Dein …, ja, was war es, … Schwächeanfall hat mich ein bisschen erschreckt. Also, es ist schön, dass du wieder da bist, ich finde keine Worte dafür."
Sie ging zu ihm, setzte sich auf die Sessellehne, ihr Gesicht ganz nah an seinem. Sie fuhr ihm durchs Haar, über die Schläfe und Wange und küsste ihn ganz zart, ganz warm, ganz sacht. Jetzt fühlte sie sich nicht mehr dumm. Henning nahm sie in die Arme, roch ihr Haar, spürte ihre Wärme und einen Hauch von Glück.
„Wenn ihr jetzt hier rumknutscht, gehe ich besser auf mein Zimmer, darf ich?", fragte Karl.
„Klar. Du musst eh von meinen Beinen runter, die halten noch nicht so viel aus."
Harras hatte die Gläser gefüllt und reichte sie den anderen.
„Auf dich, mein Freund, dass du bald wieder der Alte bist."
Sie prosteten sich zu und tranken.
„Du hast dich bestimmt gewundert, uns beide hier anzutreffen", fuhr Harras fort.
„Das kannst du wohl sagen, unterbrach ihn Henning. „Was wollt ihr eigentlich hier? Einen Asylantrag stellen. Oder Familienanschluss? Soll ich euch adoptieren?
Hennings Tonfall war weit davon entfernt zu scherzen.
„Du wolltest nicht, dass ich dich im Krankenhaus besuche. Deshalb bin ich jetzt hier. Ich wollte dich sehen. Ich wollte dir sagen, wie unendlich leid mir das alles tut. Und ich wollte dich bitten, mir noch eine Chance zu geben", erklärte sich Harras. Seine Bitte lag auch in seinem Blick. Seine Finger rangen miteinander.
„Ich höre immer nur: Ich wollte, ich wollte, ich wollte ... Ich wollte dich nicht mehr sehen. Das zählt wohl gar nicht?! Bitte geht jetzt. Harras, lass uns später darüber reden. Ja, ich glaube, das kann ich dir nicht verwehren. Ich muss mich jetzt ausruhen."
Harras und Stasia standen auf und schlichen hinaus wie geprügelte Hunde. Auf dem niedrigen Couchtisch blieb eine Visitenkarte zurück von Hans-Joachim Stelzer mit Adresse, E-Mail-Adresse, Festnetz- und Handy-Nummer. Auf der Rückseite stand in krakeliger Handschrift: Harras (Dein Freund).
„Das hatte ich mir anders vorgestellt mit meiner Heimkehr", sagte Henning mit einem Seitenblick auf Helen.
Sie setzte sich wieder auf seine Lehne strich ihm durchs Haar und sagte: „Ja, du hast recht. Verzeih. Ich hätte ihm nicht erlauben sollen zu kommen. Aber er hat so gebettelt. Da konnte ich nicht Nein sagen. Du weißt ja, wie er ist. Aber kannst du ihm nicht noch eine Chance geben? Er hat viel falsch gemacht, aber doch nicht mit Absicht. Oder glaubst du das immer noch? Eigentlich ist er doch ein netter Kerl. Und eine arme Wurst."
„Nein, das glaube ich jetzt nicht mehr. Er tut mir nicht gut. Das waren übrigens deine Worte, Helen. Das weißt du."
„Ja, das habe ich mal gesagt. Aber jetzt sehe ich das anders. Er hat mir sehr geholfen in letzter Zeit, besonders mit Karl. Ja, ich habe ihn schätzen gelernt."
„Hoffentlich nicht lieben", grinste Henning.
„So gefällst du mir schon besser, lachte sie und gab ihm einen Klaps. „Hast du Hunger? Ich mach was.
„Prima, ich gehe mal zu Karl. Der will mir bestimmt ganz viel zeigen und erzählen."
Henning spielte mit Karl, bis das Essen fertig war. Dann aßen sie gemeinsam. Karl erzählte von der Schule, von seinen Freunden und vom Fußballverein. Nach dem Essen brachte Henning Karl zu Bett und las ihm eine Seeräubergeschichte vor. Dann nahm er ihn in den Arm und küsste ihn auf die Wange: „Es ist so, so gut, dass es dich gibt, Karlchen."
„Ich hab dich lieb, Papa", strahlte er seinen Vater an.
Henning spürte, dass er noch nicht richtig angekommen war, zu Hause, in seiner Familie. Karl war ihm ein Trost. Aber wieso brauchte er ihn, diesen Trost? In sich spürte er eine ungewisse Trauer, als sei jemand, den er liebte, nicht mehr da. Zwischen ihm und Helen war eine Distanz, wie eine Panzerglasscheibe. Er konnte sie sehen, sehnte sich nach ihrer Nähe, erreichte sie aber nicht. Der Kuss vorhin hatte gut getan, er hatte ihn aber nicht geschmeckt.
Langsam stelzte Henning die Treppen hinunter – die Beine taten ihm weh – und setzte sich wieder in seinen Sessel. Helen nahm auf dem Sofa Platz. Beide hatten ein Glas Rotwein vor sich.
Sie berichtete ihm das Neueste aus dem Institut: Zwei kleinere Kunden seien abgesprungen. Sie ständen kurz vor der Pleite. Aber das Honorar von der letzten Fortbildung hätten sie noch bekommen. Ansonsten lief der Laden wie immer. Eine Menge Büroarbeit sei liegen geblieben. Das Dringendste habe sie mit Walter, seinem Organisationsleiter und Stellvertreter, weggearbeitet, aber an einige Verträge und Entscheidungen hätten sie sich nicht herangetraut, ohne ihn.
Helen trank einen Schluck von ihrem Wein und wechselte das Thema: „Henning, das mit Harras will ich dir erklären. Er war in letzter Zeit häufiger hier. Wir haben viel über diese schreckliche Geschichte geredet. Ihm tut …"
„Helen, warte mal!, unterbrach sie Henning. „Das ist mir jetzt alles zu viel. Jedenfalls war diese
, er lachte freudlos, „Überraschung keine gute Idee. Und dann bringt er auch noch diese Stasia mit. Die hat mit allem doch gar nichts zu tun."
„Wieso Stasia? Ich denke, sie heißt Anna?", warf Helen ein.
„Sie heißt Anastasia. Ich kenne sie von einer Fete bei Harras. Da hat er sie noch Stasia genannt. Was das soll, weiß der Himmel. So, und jetzt muss ich ins Bett."
„Ja, Schatz, ich helfe dir."
„Lass mal, ich muss langsam wieder auf eigenen Beinen stehen, im wahrsten Sinne des Wortes."
Sie lagen im Bett, seine Schulter in ihrem Arm, sein Kopf an ihrer Brust, sein Arm auf ihrem Bauch, sein Bein zwischen ihren beiden. Ein schönes Bild. Doch nichts war schön. Alles wird gut. Der dumme Satz von Helen am Nachmittag. Er weinte lautlos. Sie spürte es, sagte aber nichts. Es gab nichts zu sagen. Auch nicht zu tun. Sie schwiegen sich in den Schlaf.
Kapitel 2
Der erste Tag zu Hause
Helen stand wie immer um sieben Uhr auf, um Karl das Frühstück zu machen, die Schulbrote zu schmieren und ihn gut in den Tag zu bringen. Dann frühstückte sie selbst, schaute kurz in die Zeitung. Sie wollte um neun in der Buchhandlung ihres Vaters sein, in der sie zwei- bis dreimal in der Woche arbeitete. Später, wenn Karl älter war und ihr Vater nicht mehr so konnte, wollte sie den Buchladen übernehmen, aber noch war ihr alter Herr fit genug. Bevor sie aufbrach, schrieb sie für Henning eine kurze Nachricht und legte sie auf den Küchentisch.
Sie warf sich ihren Trenchcoat über, griff ihre Tasche und mit der anderen Hand wählte sie Harras’ Nummer auf ihrem Handy.
„Hey, Helen", meldete er sich.
„Deine Aktion gestern war ja wohl gar keine gute Idee. Das hab ich dir doch im Voraus gesagt. Henning war ganz fertig."
„Ja, klüger ist man hinterher immer. Aber was willst du? Er hat mich nicht für immer und ewig aus seinem Leben geschmissen, sondern will mit mir reden. Wollte ich mehr?"
„Du kannst so schäbig sein. Den ganzen Abend hast du versaut. Zählt das nicht?"
„Ja, das tut mir leid, sagte er wenig überzeugend, „aber damit habe ich nicht gerechnet.
„Und warum hast du deine neue Flamme, diese Anna, mitgebracht, die ja eigentlich Stasia heißt?"
„Also, das muss ich dir erklären. Erstens heißt sie Anastasia, da sind ja wohl beide Kürzel nachvollziehbar. Zweitens nennen sie alle zwar Stasia, ich aber Anna, weil ich nun mal ein besonderes Verhältnis zu ihr habe. Das verstehst du doch hoffentlich. Dass ich sie mitgenommen habe, liegt daran, dass eben diese, nennen wir sie Stasia, mit Henning in einem Jazz-Klub einen kleinen, aber sehr netten Spontan-Auftritt hatte. Er hat Klavier gespielt und sie dazu gesungen. Das hatte ihm viel Spaß gemacht und daran sollte er sich gestern erinnern. Das war also nur gut gemeint. Ach, Helen, das passiert mir mit Henning so oft. Ich meine was gut und es geht daneben."
„Das war wirklich alles? Du verschweigst mir nicht noch irgendwas?", fragte sie nach.
„Nein, glaub mir. Du traust mir doch, oder?"
„Ja, ja, ist schon gut. Und bevor Henning mit dir gesprochen hat, lässt du dich bei uns nicht blicken, versprochen?"
„Versprochen, großes Indianer…"
„Lass deine Karl-May-Kindereien und …, das klang schon versöhnlicher, „schöne Grüße von Karl. Du bist für ihn ein Held.
„Och, nicht für dich?", flachste er.
„Nee, erst wenn du mit Henning wieder im Reinen bist. Ciao und hab Geduld."
Während des Gesprächs hatte sie im Auto gesessen, ohne losgefahren zu sein. Sie hasste diese unkonzentrierten, telefonierenden Autofahrer, die vielleicht irgendwann ihren Karl übersehen würden, nur weil … Daran durfte sie gar nicht denken. Wer Kinder hat, hat immer Angst.
Dann gab sie Gas. Ihr Vater wartete schon.
Henning wachte erst gegen elf Uhr auf. Die Schmerzen in seinen Beinen hatten ihn geweckt. Er quälte sich aus dem Bett und machte die gymnastischen Übungen, die sein Physiotherapeut ihm gezeigt hatte. Die Muskeln wurden geschmeidiger, die Bewegungen