Bücherwurm und Kaktusfreund: Bilder von Carl Spitzweg mit Gedichten von Inge Rosemann

Von Inge Rosemann

Hommage

Wie viele liebenswürdige Figuren
hat einst der Maler Spitzweg so skurril
mild in Kritik, doch scharf in den Konturen
mit seinem szenisch zeichnerischen Stil
in einer bürgerlich begrenzten Welt
altväterlich bescheiden dargestellt!

Im Mondenlicht steht vor der Hausfassade
ein Heiliger aus Stein, der Brunnen rauscht,
wo regungslos beim Klang der Serenade
heimlich die Dame hinterm Fenster lauscht -
Nachtstunde schlägt die Turmuhr in der Ferne -
ein Wächter geht mit schwankender Laterne.

Der Wanderer mit Netz und Angelrute
schweift friedlich durch den zauberstillen Wald,
mit Körbchen, Rüschenkleid und Schute
zeigt seltener jedoch sich weiblich die Gestalt,
und ganz gemütlich präsentiert das Militär
das malerische, schiefe Schießgewehr.

Der Einsiedler ruht unter grünen Zweigen
als Bettelmönch, auch als gelehrter Herr,
und fühlt sich hier in Einsamkeit und Schweigen
in seiner Höhle umso traulicher.
Nachdenklich sitzt der Dichter unterm Dach,
ernst der Gelehrte im Studiergemach.

Als Sonderlinge, Mönch und Junggeselle
malt freundlich sie des Malers Pinselstrich,
doch sind in Enge, in der klösterlichen Zelle
sie auch umgeben warm und heimatlich,
und von der kahlen Wand wird spitzbemützt
des Dichters Haupt vorm Spott der Welt geschützt

(...)

Jedoch die alte Zeit ist nicht entschwunden -
vor uns erheben sich noch märchenhaft
die gleichen Mauern, die er vorgefunden,
als Spitzweg einstmals auf der Wanderschaft
das Bild der biedermeierlichen Stadt
als Skizze unterwegs gezeichnet hat.

Da glänzt des Hauses Giebel mondbeschienen,
und Brunnen rauschen in der Sommernacht -
Darüber steht mit unbewegten Mienen
am Hirtenstab Sankt Niklaus auf der Wacht
und steht vielleicht noch viele hundert Jahr
auf seinem Sockel dort unwandelbar.

• Sprache: Deutsch
• Herausgeber: Books on Demand
• Erscheinungsdatum: 3. Jan. 2013
• ISBN: 9783848233298

Inge Rosemann

Mit 65 Jahren begann Inge Rosemann humoristische Gedichte zu schreiben. Inzwischen sind von ihr 13 Bücher erschienen. Inge Rosemann wurde 1931 in Hannover geboren. Nach dem Studium in Göttingen (Germanistik und Geschichte) arbeitete sie als Lehrerin und Kinderkrankenschwester. Ab 1974 lebte die Autorin auf Norderney - nunmehr seit 2017 in Göttingen. Nach den Erfahrungen als Rentnerin lautet ihre Devise: Ich möchte werben für die Chancen des Alters und seine noch nicht allgemein erkannten geistigen und kreativen Möglichkeiten.

Buchvorschau

Inhalt

Ein glücklicher Zufall

Hommage

Künstler

Forscher und Gelehrte

Jäger und Angler

Blumenfreunde

Leser

Bildnachweis

Ein glücklicher Zufall

So oder so ähnlich mag es gewesen sein, als am 11. August 1833 in Bad Sulz ein elegant gekleideter Herr eintraf, um nach einer Erkrankung in dem dortigen Sanatorium seine Gesundheit wieder herzustellen.

Es war der 25-jährige Provisor Carl Spitzweg aus München. Auf Wunsch des Vaters hatte er die Ausbildung zum Apotheker mit den besten Zeugnissen abgeschlossen und wollte im Besitz einer auskömmlichen Erbschaft nunmehr eine eigene Apotheke erwerben.

Gelegentlich pflegte er etwas zu zeichnen –

Der weitblickende Chefarzt Dr. Zeuss stellte allen Patienten die unterhaltsame Aufgabe, im Lauf des Tages nach eigener Wahl einen beliebigen Gegenstand abzuzeichnen. Abends wurden die Werke geprüft und prämiert.

Der bescheidene Herr Spitzweg hatte einen alten Kachelofen gewählt und damit auf seinem weiteren Lebensweg mit einem Schlag sämtliche Apothekenträume aus dem Weg geräumt: Man feierte die Entdeckung eines Künstlers mit dem ersten Preis, und der zufällig anwesende Maler Christian Hanson überredete ihn, sich ganz der Malerei zu widmen. Spitzweg folgte seinem Rat und wurde so zu dem bis heute so überaus erfolgreichen und beliebten Maler des Biedermeier – durch einen glücklichen Zufall.

Nach dem Bericht von Hermann Uhde-Bernays

Hommage

Wie viele liebenswürdige Figuren

hat einst der Maler Spitzweg so skurril

mild in Kritik, doch scharf in den Konturen

mit seinem szenisch zeichnerischen Stil

in einer bürgerlich begrenzten Welt

altväterlich bescheiden dargestellt!

Im Mondenlicht steht vor der Hausfassade

ein Heiliger aus Stein, der Brunnen rauscht,

wo regungslos beim Klang der Serenade

heimlich die Dame hinterm Fenster lauscht.

Nachtstunde schlägt die