Der Schreibtisch des Philosophen: Erinnerung an Hans Blumenberg
Von Uwe Wolff
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Über dieses E-Book
Uwe Wolff
Uwe Wolff, geboren 1955 lebt als Schriftsteller in Bad Salzdetfurth. Als Lutheraner hat er in Katholischer Theologie promoviert. Nach langer Tätigkeit an einem Lehrerseminar habilitierte er sich bei Hanns-Josef Ortheil und lehrt Ökumenische Kulturwissenschaft in Hildesheim.
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Buchvorschau
Der Schreibtisch des Philosophen - Uwe Wolff
für Undine von der Lamme
„Aber Lebendige machen
alle den Fehler, daß sie zu stark unterscheiden.
Engel (sagt man) wüßten oft nicht, ob sie unter
Lebenden gehn oder Toten. Die ewige Strömung
reißt durch beide Bereiche alle Alter
immer mit sich und übertönt sie in beiden."
Rainer Maria Rilke. Erste Duineser Elegie
INHALT
BAD SALZDETFURTH:
Der Schreibtisch wird geliefert
MÜNSTER:
Vorlesungen im Schloss
STERNE ÜBER DEM DOM:
Die Sprechstunde
SCHULZEIT IN LÜBECK:
Absolutismus der Wirklichkeit
INNERE EMIGRATION:
Krieg, Arbeitslager und Gefangenschaft
PRAKTISCHE PHILOSOPHIE:
Vorsicht im Umgang mit Engeln
IN NACHT UND EIS:
Leben mit dem Weltuntergang
Danksagung
RAVENSBURG – BAD SALZDETFURTH:
Der Schreibtisch wird geliefert
„Mein Vater zeigte mir, was ich lesen sollte, und das tat ich dann."
Tobias Blumenberg¹
Hans Blumenberg mochte die stillen Stunden der Nacht. Sie haben einen besonderen Zauber. Ein nie unterbrochener Dienst am Schreibtisch. Allein und doch nicht allein. Verbunden mit großen Geistern aller Zeiten. Die Erfahrung der Einsamkeit als Einssein – mit dem Buch, mit sich selbst, mit einem geliebten Menschen oder einer verwandten Seele.
Hans Blumenbergs produktivste Zeit begann nach Mitternacht. Da trat er ein ins unendliche Gespräch mit Menschen und Engeln. An seinem Schreibtisch entstanden philosophische Abenteuerromane mit Titeln wie Sirenengesänge: „Schiffbruch mit Zuschauer, „Arbeit am Mythos
, „Lebenszeit und Weltzeit, „Höhlenausgänge
. In den frühen Morgenstunden las der Philosoph die FAZ und ging anschließend zu Bett.
Wir erwarteten die Ankunft des Schreibtisches von Hans Blumenberg. Mein Freund Tobias Blumenberg hatte mich gefragt, ob ich Interesse an dem alten Möbel seines Vaters hätte. Das hatte ich. Er musste sich von ihm trennen, weil das Haus in Ravensburg abgerissen werden sollte. Ein Moment des Innehaltens und der Sichtung der Bestände. Ein Augenblick des Abschiednehmens.
Wohin mit dem Schreibtisch des Philosophen? Meine Frau Undine und ich schufen Platz in meinem Arbeitszimmer. Wir stellten meinen kleinen Schreibtisch aus Studententagen zum Sperrmüll an den Straßenrand. Der Buchara-Teppich war gesaugt. Alles war also vorbereitet.
Da kam der Anruf der Dachser & Kolb Spedition. Die Beiladung aus Ravensburg sei vom Bodensee auf den Weg nach Bad Salzdetfurth gebracht worden. Ich wisse wohl Bescheid? Ob ich morgen daheim sei und beim Ausladen zur Hand gehen könne? Gewiss konnte ich, bat aber zusätzlich zwei Nachbarn um Mithilfe. Das Heilige Holz war aus Wotans Eichen getischlert worden und hatte entsprechend Gewicht.
Am nächsten Tag kam die Beiladung. Sie bestand aus drei Teilen: Der Schreibtisch, ein mit grizzlybraunem Cord der Siebziger Jahre überzogener schwerer Drehsessel mit Rollen unter den metallenen Füßen und ein großer schwerer Karton. Nach langer Reise und vielen Stationen war der Schreibtisch im Hildesheimer Land angekommen, dort, wo alle Blumenberge ihren Ursprung haben.
Der dunkelbraun gebeizte Schreibtisch hat eine Schublade und links und rechts hinter den Türen zwei große Seitenfächer mit viel Stauraum.
Wir öffneten die Schublade. Sie war leer bis auf das Sägemehl, das sich in den Ecken gesammelt hatte. Holzwürmer? Nein, nicht in der Eiche. Wahrscheinlich stammte das Sägemehl noch aus der Bargteheider Tischlerei, in der der Schreibtisch des Philosophen im letzten Kriegsjahr hergestellt worden war. Das rechte Seitenfach enthielt vier Schubfächer. Sie waren von der Spedition mit Klarsichtfolie ummantelt worden, damit der Inhalt während des Transports nicht verloren ging. Wir entnahmen die Schubladen einzeln und entfernten die Folien.
Der Inhalt schien auf den ersten Blick wenig spektakulär. Eine Zigarrenkiste mit Briefmarken, sorgfältig aus den Umschlägen geschnitten. Hawid-Klemmtaschen zur falzlosen Befestigung der Marken. Eine Blechschachtel „Bahlsen Weinbrandtropfen mit abgelösten Marken. Büroklammern, alte Stempel, allerlei Karten und Kataloge, Bündel von längst ausgetrockneten Filzstiften und ein Stempelkissen. Eine goldfarbene Zigarettenschachtel „Reemtsma ERSTE SORTE Macedonische Mischung
. In der Innenseite des Deckels lasen wir: „Jeder echte Künstler kennt den Wunschtraum, einmal aus dem Vollen schaffen zu können, ohne auf Preis und Seltenheit des Materials achten zu müssen. Dieser Wunschtraum wurde dem Tabakmeister mit der Mischung ‚ERSTE SORTE‘ des Hauses Reemtsma erfüllt. Ein Brillenputztuch von Optiker Eggers aus Kiel, Dänische Straße 30/32, mit der Werbung: „besser sehen – besser aussehen durch eine moderne Brille
.
„Kunstverlag J. C. Blumenberg Import Lübeck Export" – Undine hatte zwei Bögen jenes Briefpapieres entdeckt, das einst zur geschäftlichen Korrespondenz benutzt worden war. Dazu fand sie einen Briefumschlag mit dem aufgedruckten Absender aus Bargteheide.
Die Geschichte des Kunstverlages Blumenberg beginnt an der Innerste. Sie fließt durch Hildesheim. Heute erstrecken sich auf der einen Seite des Flusses ein Freibad und eine Schrebergartenkolonie, auf der anderen sind vor hundert Jahren viele herrschaftliche Häuser errichtet worden. Das Land an der Goschenstraße gehörte einst dem Gärtner Conrad Christoph Blumenberg. Sein Sohn Joseph Carl Blumenberg besuchte von 1891–1894 das Gymnasium Josephinum. An dieser Anstalt hatten der Jesuit Friedrich B. Blumenberg und der Priester Edmund Blumenberg unterrichtet. Friedrich B. Blumenberg war einer der fünfzehn Jesuiten-Patres, die 1773 vom päpstlichen Verbot der Jesuiten betroffen waren. Er blieb am Josephinum, war ab 1785 Präses des Kollegs und Festtagsprediger im Dom.
In der Hildesheimer Buchhandlung von Hermann Olms machte Joseph Carl Blumenberg eine Lehre und gründete nach dem Ersten Weltkrieg in Lübeck den Kunstverlag J. C. Blumenberg Import – Export. Lübeck war Diaspora mit einem sehr geringen Anteil von 4% Katholiken. Hier war man Protestant, wie Thomas