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Bestattungen, Kaffee und andre Schweinereien.: ... fast (k)ein Krimi.
Bestattungen, Kaffee und andre Schweinereien.: ... fast (k)ein Krimi.
Bestattungen, Kaffee und andre Schweinereien.: ... fast (k)ein Krimi.
eBook321 Seiten4 Stunden

Bestattungen, Kaffee und andre Schweinereien.: ... fast (k)ein Krimi.

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Über dieses E-Book

Fränkische Bestatter haben es nicht leicht. Sie bestatten. Doch in diesem Fall, liegt es im wahrsten Sinne des Wortes anders. Ein Anruf zu einem Todesfall bringt Bestatter Wackernagel Junior nicht nur auf den größten Bauernhof in der Umgebung. Nein, er bringt noch dazu eine echte Sauerei mit sich. Doch nicht genug. In der kleinen fränkischen Stadt am Main wird geredet - und wie. Überall entstehen Gerüchte um den Tod auf dem Bauernhof. Nebenbei wird weiter fröhlich gestorben und die Bestatter der Firma "SanfteRuh" haben genug zu tun. Selbst im alten Wirtshaus Zum Blauen Ochs werden die umtriebigen Bestatter zum Thema, und in der fränkischen Stadt beteiligt man sich "fränkisch" an der ganzen Sache. Auch die Polizei sieht dem Treiben mit vier Augen genau zu, denn große Fälle werfen bekanntlich ihre Schatten voraus. Auch in Franken. Deshalb wird man aktiv und es wird ermittelt, dass selbst die fränkische Ruhe manchmal dahin ist. Aber was tut man nicht alles, um als Polizist auf dem Land ein großes Ding aufzuklären. Die kleine Stadt am Main wird zur Oase für Gerüchte, Spekulationen und geheime Abkommen. Ein Buch voller skurriler Ereignisse, die sicher überall passieren könnten. Doch sie passieren in Franken, was es besonders interessant macht. Also, doch (k)ein Krimi, sondern ein Buch voller krimineller Ideen, die den Blick auf die fränkische Seele zulässt.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum26. Okt. 2017
ISBN9783746083360
Bestattungen, Kaffee und andre Schweinereien.: ... fast (k)ein Krimi.
Autor

Joschi von Sárközy

Joschi von Sárközy wurde 1967 in Franken geboren. Er wuchs durchaus gesittet auf und hatte schon früh erkannt, dass Kunst und ein Künstlerdasein etwas für ihn sein könnte. Das lag sicher an einer gewissen Veranlagung, die er großväterlicher Seits ins Blut impliziert bekam. Er wusste zu diesem Zeitpunkt nur noch nichts davon. Mit weiteren Jahren kam der Drang immer stärker durch und seine Umwelt erleidete seine Ergüsse an Texten, Sprachverwandlungen und Musik. In der Schule brachte das wenig, doch das störte nur die Schule und nicht den Schüler. Zahlen und Fakten derselben waren dem Textschreiber nicht sehr wichtig und nur Bücher und Musik erhielten seine Aufmerksamkeit. Ein Ergebnis der endgültigen Schulleistung erspare ich jedem hier. Schon früh schrieb er und hörte bis heute nicht damit auf. Selbst Versuche von psychotherapeutischen Maßnahmen scheiterten gänzlich. Es entstand das Gegenteil. Er schrieb, um sich diese Berufsgruppe zu ersparen. Das tut er immer noch. Er hat nun ein weiteres kleines Werk, welches Sie in der Hand halten, verfasst, um Sie zu vergnügen. Die Ankündigung, dass er schon wieder weiter schreibt, lässt Kritikern seiner Schreibkunst deswegen auch schon wieder ein Grausen empor kommen. Aber zu spät. Er sitzt bereits wieder am Schreiben.

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    Buchvorschau

    Bestattungen, Kaffee und andre Schweinereien. - Joschi von Sárközy

    Inhalt

    Eins.

    Zwei.

    Drei.

    Vier.

    Fünf.

    Sechs.

    Sieben.

    Acht.

    Neun.

    Zehn.

    Elf.

    Zwölf.

    Dreizehn.

    Vierzehn.

    Fünfzehn.

    Sechszehn.

    Siebzehn.

    Achtzehn.

    Dank.

    Autor

    Eins.

    Der Fund.

    Freitagmorgen, acht Uhr vierzehn. Bestatter Johann Wackernagel sitzt wie jeden Morgen mit Schlafanzughose und einem weißen Oberhemd am Frühstückstisch und versucht seinen ersten Kaffee in Ruhe zu genießen. Er lebt mit seiner Familie und seinen betagten, aber sehr rüstigen Eltern in dem großen Haus, das auch gleichzeitig das Beerdigungsinstitut »Sanfte Ruh« beherbergt. Das Beerdigungsinstitut ist seit nunmehr fünf Generationen im Besitz der Wackernagels und irgendwie hat es sich bis jetzt immer von selbst verstanden, dass die nächste Generation das Geschäft und damit auch die Leidenschaft zum Tod übernimmt. Auch bei Johann war das der Fall. Selbst der Vorname ist seit fünf Generationen immer derselbe. Johann. Da gab es nichts anderes. Johann Wackernagel. Fertig. Das hat auch große Vorzüge, denn man muss nicht dauernd Visitenkarten oder das Betriebsschild ändern, das im Übrigen ebenfalls noch von den Generationen vorher stammt. Allerdings nicht vom ersten Johann Wackernagel, der das Beerdigungsinstitut achtzehnhundert sechzehn gegründet hat, denn damals stand noch auf dem Schild:

    Johann Wackernagel

    Totengräber und Schreinermeister

    Schützenmeister

    Leichen sind im Hinterhof zu betrachten

    dreimal läuten-wenns eine Leich haben

    zweimal läuten-wenns um anneres geht

    Scheinbar war der erste Johann ein lustiger Geselle, was auch wiederum immer weiter vererbt worden ist. Eine Art Humor, die man nur haben kann, wenn man aus Franken kommt und wenn man Totengräber ist. Der heutige Johann hat von diesem Humor ebenfalls einiges mitbekommen. Nur wenn sein Vater ihn damit aufzieht, dann wird der junge Johann Wackernagel durchaus grantig. Überhaupt sind die Wackernagels ein lustiger Haufen, das liegt ganz sicher an dem Beruf, der oft nur mit schwarzem Humor ertragbar ist.

    Johann Wackernagel Nummer Fünf liebt es, morgens in Ruhe seinen Kaffee zu genießen und am Frühstückstisch aus dem Fenster zu schauen, denn er sieht genau auf einen alten Kastanienbaum, der direkt gegenüber vor dem Gasthaus »Zum Blauen Ochs« steht. Auch der steht schon seit vielen Generationen und hat einige Wackernagels und andere Wirtshausbesucher rein und herausgehen sehen. Das Wirtshaus wird im Moment von der ungezählten Generation der Familie Fleischer weitergeführt, allerdings heißt der neue Wirt Frank Winkelreiter und ist der Schwiegersohn des alten Fleischers, also mit der Tochter des Hauses, Ute verheiratet. Frank stammt aus Niederbayern, was eigentlich kein Problem ist, nur hätte der alte Fleischer in einem fränkischen Wirtshaus gern einen Franken als Nachfolger gesehen. Doch seine Tochter Ute hat ja diesen Frank aus dem Urlaub mitbringen müssen und jetzt ist der halt da. Außerdem hat in dem Gasthaus ohnehin Ute das Regiment, sodass die fränkische Kost auf jeden Fall gesichert ist, auch zum Wohl der Gäste, denn nichts ist schlimmer, als dass ein fränkisches Wirtshaus mit einem Essensgschwärtl (O-Ton alter Wirt) aus allerlei Zeug daher kommt. Aber Ute hat sehr viel von ihrem Vater geerbt und es muss niemand fürchten, dass plötzlich so ein ausländisches Zeug wie Maultaschen oder alt bayerischer Bierbraten auf den Tisch kommt. Dazu war das Gasthaus einfach zu fränkisch und hat eine zu lange Tradition aufzuweisen, die Ute gern hochhielt, was wiederum dem alten Fleischer den Ausrutscher der Hochzeit mit einem Niederbayern um ein wesentliches Erleichterte.

    Johann schlürfte, und das war auch etwas Geerbtes, seinen Kaffee immer lautstark in sich hinein. Das machten alle Wackernagels so. Der Grund war ganz einfach. Als Johann Wackernagel Eins einmal in Wien bei einem Kollegen zu Besuch war und mit ihm ein echtes Kaffeehaus besuchte, erklärte Kollege Wolnaczek – ein echter Wiener –, dass Kaffee erst durch Schlürfen den besonderen Geschmack bekommt und es gar keinen Sinn macht, den Kaffee anders zu trinken. Johann Wackernagel Eins war von dieser Trinkmethode sehr begeistert, denn so konnte er daheim seiner meckernden Alten genau erklären, dass ein Mann von Welt seinen Kaffee so genießt und man ihn nicht einfach lautlos rein säuft (O-Ton Wolnaczek). Überhaupt hat es Wackernagel Eins sehr gut in Wien gefallen, da hier die Totengräberkultur schon sehr beachtlich war, während bei ihm zu Hause in Franken der Totengräber ein eher verkanntes Genie gewesen ist.

    Während Johann Nummer Fünf seinen Kaffee schlürfte und in die Heimatzeitung blickte, klingelte das Telefon. Er schaute auf die Küchenuhr, die seit gefühlten zweihundert Jahren auf dem uralten Schrank in der Küche stand.

    Acht Uhr einundzwanzig. Es war keine Digitaluhr, denn vor fast zweihundert Jahren gab es keine Digitaluhren. Doch Johann Nummer Fünf konnte genau sehen, wo der Minutenzeiger stand, denn sein Optiker im Ort hatte ihm eine sehr gute Brille gemacht und seitdem konnte er mehr sehen, als er eigentlich wollte.

    Acht Uhr einundzwanzig, was für ein Depp ruft so früh bei einem Totengräber an, dachte sich Johann Nummer Fünf und nach dem vierten Läuten des Telefons, erhob er sich vom Stuhl und ging in den Flur und dann ins Büro, das am Ende des Flurs auf der linken Seite zu finden war.

    »Wackernagel Fünf am Apparat.«

    Auch wieder ein Erbstück sich so zu melden. Das hat mit Wackernagel Nummer Drei angefangen, der immer sagte:

    »Wenn einer bei mir anruft, dann entweder, weil einer totgegangen ist oder weil er meine Alte sprechen will. Also, warum soll ich dann so einen langen Käs erzählen wie, Totengräber und Bestattung Wackernagel, was gibt’s?«

    Ein sehr einleuchtendes Argument, das sich, wie so vieles, weitervererbt hat in der Familie Wackernagel.

    Am anderen Ende der Leitung sprach eine völlig aufgeregte Frau.

    »Johann, es ist was Furchtbares passiert.« Die Frau redete so schnell, dass Johann aufpassen musste, was sie denn überhaupt von sich gab.

    »Johann, so was hast du noch ned gesehen, des glaubst du echt ned. Ich geh grad in den Stall, du weißt schon, bei die Säu und was glaubst du, was ich da seh, da liegt der Karl.«

    Johann Nummer Fünf bekam jetzt gar nichts mehr mit, das ging ihm alles viel zu schnell, das Reden der Frau mit ihrer schrillen Stimme, die vielen Informationen, und er hatte seinen Kaffee in der Küche vergessen, was ihn jetzt furchtbar ärgerte, denn das schien ein längeres Gespräch zu werden. Und nichts hasste Johann mehr, als dass er seinen Kaffee in der Küche kalt werden lassen musste, während er einer Kundin zuhören sollte. Er unterbrach die aufgeregte Dame am Telefon mit den Worten:

    »Wart mal, ich hol mir was zum Schreiben.«

    Und verschwand Richtung Küche, um sich seinen Kaffee zu holen, denn im Büro lag immer etwas zum Schreiben herum. Er hörte überhaupt nicht, dass die schrille Frau am Telefon einfach weiter redete und gar nicht mitbekommen hatte, dass er weg war. Er schlich Richtung Küche und fragte sich wieder einmal, warum er nicht einfach etwas Gescheites gelernt hat und diesen ganzen Totengräber Blödsinn hat sein lassen.

    »Scheiß Tradition«, murmelte er vor sich hin und in der Küche angekommen war der Kaffee fast kalt. So ein Scheißdreck, dachte Johann und goss die Tasse in die Spüle und nahm sich einen neuen Kaffee. Etwas Kaffeesahne drauf und schon war die Welt um einiges besser.

    »Kaffee muss rauchen, genau wie der Herr«, murmelte Johann, auch ein Erbspruch von Johann Eins, der den Spruch aus Wien mitgebracht hatte. Johann rauchte gar nicht richtig, sondern gönnte sich ab und zu ein Zigarillo. Mit Kaffeetasse bewaffnet ging er zurück ins Büro, wo der Redeschwall im Telefon immer noch kein Ende fand.

    Er nahm den Hörer wieder an sein Ohr und die Dame war inzwischen in ihrer Geschichte an einem Punkt, wo es um irgendein grausames Aussehen ging.

    »Ah, des hört sich aber ned gut an.«

    Johann redete einfach dazwischen, weil er damit zeigte, dass er angeblich die ganze Zeit zugehört hätte.

    »Weißt du, Johann, des ist ned normal, dass so jemand so liegt. Des sieht echt schlimm aus.« Die Dame schien auch gar nicht bemerkt zu haben, dass Johann gar nicht da war, als sie weiter geredet hatte.

    »Du musst gleich vorbei kommen, denn so kannst du das ned liegen lassen.«

    Endlich machte die Frau eine Pause und Johann hätte jetzt die Gelegenheit dazwischen zu fragen, was aber gerade nicht gut ging, denn er schlürfte an seinem Kaffee und das schien die Dame plötzlich zu hören.

    »Hast du mir überhaupt zugehört, Johann?«, schrie sie ins Telefon.

    »Logisch.«

    Johann schluckte den heißen Kaffee runter und tat sehr ruhig.

    »Wenn des so schlimm aussieht, warum rufst dann nicht die Polizei?«, fragte Johann, ohne zu wissen, wer da gerade am Telefon ist.

    »Sag mal, bist du blöd«, raunzte die Frau in den Hörer, »du bist doch der Totengräber und es ist doch wohl deine Aufgabe, des wegzuräumen.«

    »Wo soll ich denn hinkommen?«

    Johann fragte lieber vorsichtig, denn mit aufgeregter Kundschaft soll man vorsichtig umgehen, hat er von seinen Vorgängern und Ahnen gelernt. Nichts ist schlimmer als aufgeregte Kundschaft, hatte schon sein Großvater und auch sein Vater immer gesagt. Die sind zu allem fähig, also hüte dich vor einem Spruch, war ihm auf seinem Berufsweg mitgegeben worden.

    »Zum Eberlein Hof und komm alleine.«

    War die kurze und klare Antwort. Scheinbar hatte sich mit der Frage jede Aufregung gelegt.

    »Irmgard bist du des?«, eine Frage, die Johann Nummer Fünf besser nicht gestellt hätte.

    »Johann bist du noch klar im Kopf? Wer denn sonst? Dem Karl seine Geliebte vielleicht?«,

    Irmgard Eberlein, die Frau des größten Bauern in der Umgebung schien Johann klar zu machen, wer da telefonierte.

    »Gut, ich komm vorbei.«

    Er vermied besser jede Frage und auf der anderen Seite der Leitung kam nur noch ein: »Top« durch die Leitung und schon wurde aufgelegt.

    Johann nahm einen Schluck von seinem Kaffee und setzte sich erst einmal in seinen Bürostuhl, der, wie so vieles im Hause Wackernagel ein Erbstück war und überhaupt wurde ganz wenig weggeworfen im Haus Wackernagel. Tradition.

    »Also ist er doch tot, der alte Mistbauer«, murmelte Johann, nahm einen Schluck vom heißen Kaffee und bemerkte gar nicht, dass sein alter Vater gerade zur Tür reinkam und ihn dermaßen mit einem lauten »Alter Mistbauer?« so erschrak, dass Johann den Kaffee einmal quer über den Schreibtisch spukte.

    »Sag mal geht’s noch? Mich so zu erschrecken. So ein Dreck, jetzt hab ich den ganzen Kaffee auf dem Schreibtisch gespuckt und du Rindviech lachst dich wieder kaputt.«

    Johann Nummer Vier, also Johanns Vater musste lauthals lachen, denn es machte ihm immer einen Riesenspaß seinen Junior schon früh am Morgen eins reinzuwürgen. Damit war für den Alten der Tag schon gerettet.

    »Mann, du bist so….«

    Johann Nummer Fünf war kaum zu beruhigen und je mehr Nummer Vier lachte, umso schlimmer wurde es. Johann Nummer Vier stand vor dem Schreibtisch und nahm jetzt selbst einen tiefen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Auch er war mit Hemd, Krawatte und Schlafanzugshose bekleidet, was im Übrigen auch eine gewisse Tradition bei den Wackernagels hatte, weil man ja nie wusste, ob man auch mal nachts raus musste. In einem solchen Fall musste man dann halt nur noch Hose und Schuhe anziehen.

    »Gell, damit hast jetzt ned gerechnet, dass ich weiß dass der alte Eberlein ins Gras gebissen hat.«

    »Mann, Vater des ist wieder mal typisch für dich. Wahrscheinlich warst du die ganze Zeit irgendwo gestanden und hast alles mitkriegt. Da ist es leicht, so was zu erraten. Ja, scheinbar hat es den alten Geizsack jetzt erwischt. Ist ja auch kein Wunder, denn der war ja auch immer gleich auf hundertachtzig, wenn es um sein Scheißbauernhof gegangen ist. Außerdem war er ja auch kein Kostverächter und hat so manches mitgenommen was zu kriegen war.«

    Johann Nummer Fünf kannte die Umstände im Ort genauso gut, wie alle Wackernagels und da war es kein Wunder, dass Todesursachen oft schnell geklärt waren. Johann Nummer Vier lehnte am Schreibtisch und murmelte los.

    »Weißt du, der alte Eberlein hat so viel Scheiß auf dem Kerbholz, damit könnte man den ganzen Ort versorgen. Was der schon alles angestellt hat, nur damit sein Hof immer größer wird. Erst neulich hat er wieder gegen den Biobauern im Nachbarort demonstriert und ist mit seinem Bulldog extra langsam auf der breiten Landstraße lang gefahren, damit die Autos kaum noch durch kommen sind. Hat der Idiot doch ein Schild auf seinem Bulldog festgemacht, wo darauf stand:

    >>Frisst der Mensch Bio und Soja, dann stirbt unsereins der Baua- für konfesionelle Landwirtschaft und gegen den Biowann<<

    Die Leute haben nur den Kopf geschüttelt, als der mit seinem Bulldog da immer hin und her gefahren ist. Na ja, jetzt scheint er ja seine Ruh zu haben.«

    »Scheinbar.«

    Johann Nummer Fünf nahm seine Kaffeetasse und setzte sich in Richtung Küche in Bewegung. Das tat er, wie alle Wackernagels mit einer Seelenruhe, denn wie sagte einer seiner Ahnen: Hetzen brauchst jetzt auch nicht mehr, denn so eine Leiche läuft nicht mehr davon. Die müssen schon warten, bis ich sie hol.

    »Magst du noch einen Kaffee, Vater?«, rief Nummer Fünf aus der Küche und bekam gleich den nächsten Schreck, denn Nummer Vier stand direkt hinter ihm und schrie genauso laut zurück: »Dank schön, des wär nett, wenn ich noch einen krieg«. und lachte sich wieder halb schlapp.

    Johann Nummer Fünf schmiss vor lauter Schreck seine Kaffeetasse gegen die Wand und drehte sich auf dem Absatz um, um nach seinem Alten zu treten. Doch der wusste, dass das kommt und sprang trotz seiner fast achtzig Jahre dem jungen Wackernagel davon. Dabei lachte er noch lauter und konnte sich scheinbar gar nicht mehr Einkriegen.

    »Irgendwann bringst du mich ins Grab mit deinem Scheiß. Da krieg ich einen Herzinfarkt oder sonst was und dann darfst du mich unter die Erde schaufeln.«

    Johann Junior fuchtelte mit den Armen und Beinen, doch der Alte war kaum zu beruhigen.

    »Das mach ich gern. Bei mir kommst du hochkant ins Grab und die Füße lass ich rausschaun, damit ich dann die Blumen zwischen die Zehen rein zwicken kann.«

    Mit solchen Sprüchen hatte Johann Nummer Vier selbst die werte Kundschaft veralbert, was bei vielen gar nicht lustig ankam und als Johann Nummer Fünf übernahm, war so mancher froh, denn der hatte nicht ganz den Humor von seinem Alten übernommen. Im Ort hieß es nur, dass Nummer Fünf so wie Nummer Drei ist, eher ruhiger und besonnener und nicht so übertrieben lustig wie sein Alter und man war schon froh ist, dass nun wieder einer mit Sinn fürs Sterben und den Tod an der Reihe war. Überhaupt war Johann Wackernagel Nummer Vier im Ort mehr als recht lustiger und lebensfroher Mensch bekannt. Er war in fast allen Vereinen der kleinen Stadt in irgendeiner Weise aktiv dabei und hatte damit einen großen Freundes-, Bekannten- und Kundenkreis. Nummer Viers Leitspruch war in seiner aktiven Bestattertätigkeit: »Wenn ich die Leute schon im Leben kennenlern, dann hab ich sie nachher als Tote gleich noch leichter.« Und das hat sich in seinem Leben als geschäftstüchtige Wahrheit herausgestellt, denn die Firma stand sehr gut da und man konnte sich nicht gerade über zu wenig Arbeit beklagen.

    Nachdem sich Johann Nummer Fünf wieder etwas beruhigt hatte, fragte sein Vater, wann er denn jetzt endlich zum Eberlein Hof fahren würde, wo es doch angeblich gar so eilig gewesen sei.

    »Wie habt ihr mir immer gelernt? Die Toten warten auch ein bisserl länger, da muss man ned hetzen. Und jetzt werde ich meine Sachen zusammensuchen und dann fahr ich schon. Wolltest du mitfahren, weil du schon so fragst?«

    »Nein, lass mal gut sein. Zum Eberlein Hof fahr ich ned so gern, da stinkt man so schnell nach Schwein und Mist, des kriegst du kaum noch aus deine Kleider. Ich bleib hier und mach Telefondienst, falls noch einer umfällt.«

    Johann Nummer Vier mochte den Telefondienst gern, denn so konnte er so manchem am Telefon immer wieder mal mit seinen Späßen erfreuen, egal ob die das wollten oder nicht. Johann Wackernagel Nummer Fünf zog sich seine schwarze Hose an, packte im Büro die Formulare zusammen, die er als Bestatter so brauchte, und verabschiedete sich von seinem Vater, der inzwischen im Büro am Computer saß und wie so oft nach etwas Kaufbarem suchte. Wackernagel Junior ging zur Garage, als sein Mobiltelefon klingelte.

    »Ja?«

    »Grüß dich Johann, hier ist der Hans Eberlein. Ich wollt dich mal erinnern, dass dein Ausweis noch bei uns im Amt liegt und du den immer noch nicht abgeholt hast.«

    »Ja, ich weiß. Ich mach das gleich am Montag früh, bin grad auf dem Weg. Montag geht das bestimmt. Dank schön für das erinnern.«

    »Bitte, bis Montag.«

    Komisch dachte Johann, das war doch der älteste Sohn vom Eberleinbauern, wo ich gleich hinfahren soll, weil der gestorben ist. Warum weiß der noch gar nichts? Na ja, geht mich ja nichts an.

    Johann setzte sich in den Bestatterwagen, einen Volvo, der schon mehr als zwanzig Jahre alt war, aber immer noch lief wie ein Uhrwerk, denn der größte Vorteil des Wagens war, dass alles noch völlig analog lief. Da gab es keinen digitalen Austausch zwischen seinem Fahrzeug und dem Rest der Welt, was Johann sehr schätzte, denn er war gar kein Freund davon, dass jeder wusste, wo er gerade war oder was er gerade machte. Auf dem Beifahrersitz lagen Prospekte seines Autohändlers, der in regelmäßigen Abständen versuchte Johann einen neuen Bestatterwagen zu verkaufen, immer dann, wenn Johann mit seinem alten Volvo zur Inspektion zu ihm fuhr oder bei kleineren Reparaturen. Doch bei den Wackernagels biss Meister Horst Hollermann immer auf Granit. Auch das hatte Tradition bei der Bestatterfamilie, man kauft nicht aus dem Bauch raus, sondern man mit Bedacht. Nur Johann Nummer Vier machte ständig eine Ausnahme, denn der kaufte immer wieder Zeug, was eigentlich kein Mensch brauchen konnte. Außer er.

    Johann Nummer Fünf fuhr die breite Straße aus der Stadt hinaus in Richtung Eberlein Hof. Sein musikalischer Begleiter an diesem Morgen war Eric Claptons »Tears in Heaven«, der aus dem Radio schallte, danach kamen verschiedene Meldungen zum ewigen Thema Politik. Johann hörte nur der Musik richtig zu, denn das Geschwafel der internationalen Politik war ihm in letzter Zeit nicht mehr so wichtig, obwohl er, genauso wie alle seine Vorfahren auch, im Stadtrat der kleinen Stadt war. Er war ein sehr streitbarer Geist, wenn es um Gerechtigkeit und um das Gemeinwohl ging. Wenn er meinte, er sei im Recht, dann war mit Johann Nummer Fünf wenig zu spaßen. Nur die Weltpolitik interssierte ihn zunehmend weniger, denn da schien in letzter Zeit die Dummheit immer mehr an Macht zu gewinnen. Das nächste Lied im Radio drehte Johann gleich etwas lauter, denn es wurde Wolfgang Ambros gespielt und den hat Johann schon ein paar Mal live erlebt und überhaupt waren die österreichischen Liedermacher und Gruppen für Johann das Beste. Da störte es ihn auch überhaupt nicht, dass wieder einmal fast alle Ampeln aus der Stadt heraus auf Rot sprangen, sobald sich der Leichenwagen auf sie zu bewegte. Ampeln schienen den alten Volvo nicht zu mögen, dass hatte Johann Nummer Fünf schon oft festgestellt, wenn er seinem Beruf nachging. Scheinbar gab es da eine höhere Macht, die immer dann auf rot schaltete, wenn er sich näherte. Vielleicht hatten die Ampeln auch nur einen großen Respekt vor seinem Wagen, der mit seiner schwarzen Lackierung und den dunkel lila Vorhängen an den hinteren Scheiben schon beeindruckend aussah. Heute war es egal, denn der Eberlein Hof lag sowieso außerhalb der Stadt und da kam es auf ein paar Minuten nicht an. Außerdem wartete dort ja nur jemand, der sowieso schon tot war. Johanns Gedankengänge wurden wieder von seinem Mobiltelefon durchkreuzt. Auf dem Display sah er die Nummer vom Büro. Natürlich hatte der Wagen keine Freisprecheinrichtung oder ähnliches, das hielt die Familie Wackernagel für Quatsch, denn wen stört es, wenn der Bestatter mal telefoniert, schließlich ist man ja im Auftrag höherem unterwegs.

    »Ja?«

    »Du sollst dich beeilen, hat die Irmgard mir gesagt. Sie wartet schon seit zwanzig Minuten auf dich.«

    Johann Nummer Vier, der ja Bürodienst hatte, versucht nur wieder mal Druck zu machen, dachte sich Nummer Fünf.

    »Ich bin doch auf dem Weg. Die soll mal halblang machen, ich hab ja kein Hexenbesen, sondern einen Leichenwagen. Ach Leck mich am Arsch…«

    »Was soll ich?«

    »Du doch ned. Jetzt haben die mich grad geblitzt und ich hab das Scheißtelefon auch noch am Ohr.«

    »Die werden schon nix tun, die Herren Schlafbeamte.«

    Wieder lachte sich der Alte über seinen Sprössling kaputt, denn früher hatte er immer einen guten Draht zu den grünen Affen, wie Johann Nummer Vier die Polizisten immer nannte. Grüne Affen deswegen, weil sie dieses grausame grüne Zeug tragen mussten und es einen bei der Truppe gab, der immer wie ein kleines Äffchen umher hüpfte, wenn es ein bisschen stressiger wurde. Einmal ist dieser Polizist bei einem Einsatz richtig verletzt worden, weil er, beim Versuch eine Leitplanke zu überspringen, hängen geblieben ist und stumpf mit der Nase und seinem Mund auf die Straße geknallt ist. Johann Nummer Vier kommentierte das damals mit den Worten:

    »Gell, die Leitplanken sind doch zu hoch für einen Einmeter dreißig Zwergenaffen.«

    Das hat ihm zwar damals dreihundert Mark Strafe gekostet, wegen Beamtenbeleidigung aber das war es ihm wirklich wert. Zum anderen verband die beiden Herren eine Art Hassliebe, denn Polizist Hartner und Johann Nummer Vier waren gute Bekannte und da gab es schon immer Streit zwischen ihnen und außerdem konnte Johann es nicht leiden, wenn Männer sich im Alter die Haare färbten, was Hartner seit seinem vierzigsten Lebensjahr tat.

    »Ich leg auf, da vorne stehen die Kameraden der Straßenbenutzungsordnung schon und winken mich raus.«

    »Sag ihnen einen schönen Gruß von mir und irgendwann liegen sie alle bei uns am Tisch«, kicherte Johann Nummer Vier ins Telefon.

    »Nix mach ich. Servus.«

    »Guten Morgen Herr Wackernagel Nummer Fünf. Sie wissen, warum wir Sie raus gewunken haben?«

    »Ich bin zu schnell gefahren, nehm ich an.«

    Johann passte dieser ungelegene Termin jetzt gerade gar nicht.

    »Sie waren ned nur zu schnell, sie haben auch telefoniert während der Fahrt«, klärte Johann ein rundlicher Polizist von etwa dreißig Jahren auf.

    »Was hab ich? Telefoniert? Mit einer Leiche vielleicht?«

    »Sie, Herr Wackernagel, wenn sie mich jetzt verarschen wollen…«

    »Dann treff ich den Richtigen?«

    »So, raus aus dem Auto. Aber zackig.«

    Der Polizist schien es gerade ernst werden zu lassen.

    »Herr Oberwachtmeister, ich bin zu schnell gewesen, gut. Aber ich muss zu einem Tatort.«

    Johann versuchte beim Aussteigen, die Lage für sich

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