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Das große Rohkost-Buch – AllesRoh-Vitalkultur: Grundlagen und Praxisanleitungen für die erfolgreiche Ernährungsumstellung
Das große Rohkost-Buch – AllesRoh-Vitalkultur: Grundlagen und Praxisanleitungen für die erfolgreiche Ernährungsumstellung
Das große Rohkost-Buch – AllesRoh-Vitalkultur: Grundlagen und Praxisanleitungen für die erfolgreiche Ernährungsumstellung
eBook1.113 Seiten9 Stunden

Das große Rohkost-Buch – AllesRoh-Vitalkultur: Grundlagen und Praxisanleitungen für die erfolgreiche Ernährungsumstellung

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Über dieses E-Book

Angelika Fischer ist eine erfahrene Rohköstlerin und Ernährungsexpertin. Sie entwickelte die AllesRoh-Vitalkultur, die das Pure, Naturbelassene und Frische favorisiert und durch geeignete Kombinationen optimiert.

Mit den wichtigsten Grundregeln gelingt die Umstellung auf Rohkost ganz leicht. Dazu gehören ein Training der Sinne, das Wissen um die positive Wechselwirkung einzelner Ernährungsbausteine und der Schlüssel zur Optimierung der Verdauungskraft.

Ein Novum ist die Rohkost-Pyramide der Pflanzenfamilien und Basis-Lebensmittel als Voraussetzung für eine hochwertige Ernährung. Rezepte für rohe Köstlichkeiten zeigen schließlich, wie schnell und überaus kreativ Rohkost zubereitet werden kann.

Das große Rohkost-Buch bietet zudem interessante Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Stoffwechsels und begründet, weshalb einzig eine vitale Ernährung unser Heilmittel Nr. 1 sein kann. Angelika Fischer wendet sich somit an alle, die sich gesund, vital- und nährstoffreicher ernähren möchten.

Das bietet die aktualisierte Ausgabe: Bewährte Rezepte wurden verfeinert, Symbole zum Food-Combining kamen hinzu. Lebensmittel, die neu auf den Markt gekommen sind, wurden integriert. Zudem gibt es Informationen zu sekundären Pflanzenstoffen. Neue Fotos wurden aufgenommen. Außerdem gibt es neue Informationen bezüglich Low-Carb- und veganer Ernährung. Ergänzende Infos zu Algen, tierischen Lebensmitteln, Tryptophan. Aktualisierung von Internet-Links. Hinweise auf Glykotoxine. Erweiterung von Quellen und Studien. Umfangreiche Ergänzung zum Abnehmen resp. Zunehmen. Und nicht zuletzt wird die 3. Auflage von Barbara Miller, Ärztin, mit einem zusätzlichen Vorwort eingeleitet.
SpracheDeutsch
HerausgeberWindpferd
Erscheinungsdatum30. März 2020
ISBN9783864101724
Das große Rohkost-Buch – AllesRoh-Vitalkultur: Grundlagen und Praxisanleitungen für die erfolgreiche Ernährungsumstellung

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    Buchvorschau

    Das große Rohkost-Buch – AllesRoh-Vitalkultur - Angelika Fischer

    Angelika Fischer

    Das große

    Rohkost-

    Buch

    Grundlagen und Praxisanleitungen

    für eine erfolgreiche Ernährungsumstellung

    Alles Roh

    Vitalkultur

    Wichtiger Hinweis: Die in diesem Buch vorgestellten Informationen und Versuche sind sorgfältig recherchiert und wurden nach bestem Wissen und Gewissen weitergegeben. Dennoch übernehmen Autorin und Verlag keinerlei Haftung für Schäden irgendeiner Art, die direkt oder indirekt aus der Anwendung oder Verwendung der Angaben in diesem Buch entstehen. Die Informationen in diesem Buch sind für Interessierte und zur Weiterbildung gedacht; sie ersetzen im Krankheitsfall nicht die Betreuung durch einen Arzt oder Heilpraktiker. Falls Sie sich in einer therapeutischen Behandlung befinden und/oder regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten Sie Veränderungen in Ihrer Ernährung auf der Grundlage dieses Buches nur in Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Heilpraktiker vornehmen. Die in diesem Buch genannten Produkte mit dem Gütezeichen „Demeter sind keine Empfehlungen des Verlags, sondern werden aufgrund ihrer biologischen Wertigkeit, ganzheitlichen Landwirtschaft und der artgerechten Tierhaltung von der Autorin empfohlen. Die Autorin distanziert sich allerdings ausdrücklich von den philosophischen Hintergründen, die mit dem „Demeter-Begriff ansonsten verbunden sind.

    Vollkommen überarbeitete und aktualisierte Auflage

    der 2011 im Windpferd Verlag erschienenen Erstausgabe

    Das große Rohkost-Buch

    4. Auflage 2017

    © 2011 by Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, Oberstdorf

    Alle Rechte vorbehalten

    Umschlaggestaltung: Jennifer Jünemann | www.bitdifferent.de

    Bildrechte für das Covermotiv: digitalvision

    Lektorat: Melanie Binek

    Layout: Marx Grafik & ArtWork

    Illustrationen: Angelika Fischer

    Fotos Seite 272, 388, 396, : LEHMANN PHOTOGRAPHER, A-Wien,

    Seite 110, 193, 277, 310, 333: 123rf, Autorenfoto Seite 491: Tina King - DIE FOTOGRÄFIN;

    alle anderen: Angelika Fischer

    eISBN 978-3-86410-172-4

    www.windpferd.de

    INHALT

    Vorwort der Ärztin Barbara Miller

    Vorwort der Autorin

    Vorwort des Ernährungswissenschaftlers Paul Habison

    Teil 1 – Die 7 Säulen

    Essen mit allen Sinnen

    Gibt es einen Ernährungsinstinkt?, oder: Warum Tarierungen so wichtig sind

    Die Verdauung mit Malven, Beifuß & Co. fördern und erhalten

    Gleichgewichte beachten

    Über Kohlenhydrate und das Verhältnis von Traubenzucker und Fruchtzucker

    Über Fette und das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren

    Über Eiweiße und die Bedeutung des Aminosäurenprofils in der Nahrung

    Die Lebensmittelpyramide für Rohköstler

    Aufbau der Lebensmittelpyramide und die Bedeutung der Pflanzenfamilien

    Wasser und andere Flüssigkeiten (1. Stufe)

    Der Pflanzenschlüssel

    Stetes Blatt … stärkt den Körper: Die sieben Helfer (2. Stufe)

    Die Malvenartigen

    Die Korbblütler (Asternartige)

    Die Kreuzblütlerartigen

    Die Doldenblütlerartigen

    Die Lippenblütlerartigen

    Die Süßgrasartigen

    Die Raublattgewächse

    Ganzjährige Basisernährung (3. Stufe)

    (zusätzlich zu den Malvenartigen, Korbblütlern und Süßgrasartigen der 2. Stufe)

    Algen

    Die Ingwerartigen

    Die Kürbisartigen

    Die Palmenartigen

    Die Seifenbaumartigen

    Jahreszeitlich schwankende Basisernährung (4. Stufe)

    Die Rosenartigen

    Die Buchenartigen

    Koniferen

    Die Heidekrautartigen

    Die Magnolienartigen

    Die Nelkenartigen

    Die Kardenartigen

    Die Weinrebengewächse

    Die Spargelartigen

    Die Steinbrechartigen

    Sprossen (und Samen)

    Pflanzenöle

    Fleisch

    Fisch

    Rohbutter

    Rohmilchkäse

    Eier

    Muscheln und Schnecken

    Insekten und Würmer

    Lebensmittel mit spezieller Wirkung (5. Stufe)

    Die Myrtenartigen

    Die Nachtschattenartigen

    Die Malpighienartigen

    Die Lorbeerartigen

    Die Schmetterlingsblütenartigen

    Selten zu essende Lebensmittel (6. Stufe)

    Trockenfrüchte

    Rohkost-Schokolade

    Pilze und Flechten

    Honig

    Die Avocado

    Samen und Nüsse

    Sonstige

    Die Hahnenfußartigen

    Mohngewächse

    Die Silberbaumartigen (die Macadamianuss)

    Besondere Inhaltsstoffe

    Was sind sekundäre Pflanzenstoffe?

    Polyphenole

    Pflanzliche Duftstoffe und unangenehme Gerüche als Indiz für die Qualität eines Lebensmittels

    Alkaloide – von anregend bis toxisch

    Blockierende Inhaltsstoffe

    Oxalsäure

    Phytinsäure

    Eiweißabbauende Enzyme

    Enzyme und Enzymhemmer

    Psychotrope Substanzen

    Eingeschränkte Aminosäurenverwertung: Wie Arginin die Lysinaufnahme blockiert

    Canavanin – eine giftige Aminosäure

    Mineralstoffe

    Eisen

    Zink

    Selen

    Calcium, Magnesium und ionisierte Mineralstoffe

    Die Vitamin-B12-Versorgung

    Praktische Küchen-Tools

    Der Dörrapparat (Lebensmitteltrockner)

    Tiefkühlgeräte

    Die Küchenmaschine

    Die Saftzentrifuge

    Der Standmixer (Smoothiemixer)

    Der Mörser

    Schneide- und Schnitzwerkzeuge

    Der Hebelnussknacker

    Keimschalen und Keimgläser

    Weitere Küchenutensilien

    Praktische Tipps für eine erfolgreiche Ernährungsumstellung

    Das Ernährungstagebuch

    Der Tischkalender

    Die Rohkostkartei

    Die schrittweise Integration der Lebensmittelpyramide

    Wie eine komplette, unmittelbare Ernährungsumstellung gelingen kann

    Hilfsmittel zur Überprüfung der Ernährung

    Urin-Teststreifen zur Überprüfung des Säure-Basen-Haushalts

    Selbstportraits als Indikator für die Ausgewogenheit einer Ernährung

    Ergänzende Maßnahmen

    Kinder im Rohkostalltag

    Teil 2 – Rezepte

    Einleitung

    Symbole bei den Rezepten

    Übersicht über die Rezepte

    Ideen für die Gestaltung des täglichen Essensplans

    Anhang

    Über saure und basische Verstoffwechslung, oder: Warum Elektronen „flitzen" können sollten

    Über Haltbarkeit und Lagerungsmöglichkeiten von Obst, Gemüse und Wildpflanzen

    Ethylen und seine Bedeutung für den Alterungsprozess von Lebensmitteln

    Reifungskriterien für Obst, Gemüse und Wildpflanzen

    Ideale Aufbewahrungsorte für Obst und Gemüse

    Anmerkungen

    Literaturverzeichnis

    Index

    Die Autorin

    Vergissmeinnicht – ein Raublattgewächs

    VORWORT DER ÄRZTIN BARBARA MILLER

    Ich habe Frau Fischer vor über einem Jahr auf einem Fastenseminar im Allgäu kennengelernt. Ihr schönes Sachbuch, dessen dritte Auflage Sie nun in den Händen halten, lernte ich dort ebenfalls kennen und war sehr beeindruckt von der klar strukturierten und kurzweilig unterhaltsamen Herangehensweise Frau Fischers an Themen, die in anderen Büchern eher trocken abgehandelt werden und meist bereits vergessen sind, bevor die Buchdeckel zuklappen. Dass sie sich all dieses theoretische Wissen aus eigener Neugier und Wissensdurst erarbeitet hat, bedingt durch ihre eigene medizinische Vorgeschichte und den Wunsch, für sich alternative Behandlungswege zu finden, ist für mich, als ganzheitlich tätige Ärztin, bewundernswert. Die Fähigkeit, solche komplizierten Zusammenhänge einfach und anschaulich zu erklären, ist das Merkmal eines exzellenten Lehrers. Dieses Buch kann Wissenslücken schließen, da, wo uns Therapeuten schlicht die Zeit fehlt, um unseren Patienten nicht nur Anweisungen zu geben, wie sie sich ernähren und was sie eher meiden sollten, sondern beim „Warum". In meiner Praxis sehe ich immer wieder, dass die Compliance, also das Befolgen der ärztlichen Anweisungen, umso zuverlässiger erfolgt, je besser der Patient begreift, warum sein Körper von diesen und jenen Nahrungsmitteln profitiert oder aber geschädigt wird. Obwohl ich grundsätzlich 90-minütige Termine vergebe, reicht auch diese Zeit häufig nicht aus und gerne verweise ich auf weiterführende Literatur wie dieses Buch.

    In meiner Arbeit konzentriere ich mich schwerpunktmäßig auf die Zufuhr von möglichst vielen, für alle Zellen nötigen Mikronährstoffen in Form von gesunden, nährstoffreichen, überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln und wenigen Nahrungsergänzungen, da wir heutzutage nicht mehr alle notwendigen Nährstoffe über die Nahrung bekommen können. Ein weiteres wichtiges Standbein meiner Therapien ist das Erzielen von Darmgesundheit. Solange der Darm fehlbesiedelt und entzündet ist, kann die gesündeste Diät den Körper nicht nähren, denn die wertvollen Nährstoffe werden nicht aufgenommen und in den Körper geleitet. Zu häufig sehe ich in meiner Praxis Rohköstler und Veganer, denen es nicht gut geht, obwohl sie sich eigentlich bereits sehr „gesund" ernähren. Der Knackpunkt ist in diesen Fällen meistens der Darm.

    Die dritte Säule meiner Arbeit sind die Hormone. Ohne ein gesundes Gleichgewicht in den großen Hormonsystemen Schilddrüse, Nebenniere, Insulinsystem und Geschlechtshormone kann es Gesundheit und Wohlbefinden nicht geben und eine Heilung kann nicht stattfinden. Chronische Toxinbelastung, zum Beispiel durch Fremdöstrogene in unserer Umwelt und unseren Nahrungsmitteln, kann unseren Hormonsystemen schaden und sie aus dem Lot bringen. Je mehr wir darüber wissen, umso besser können wir uns davor schützen.

    All diese Punkte werden im vorliegenden Buch angesprochen, ebenso die Vorteile von tierischen Fetten erklärt, die ich als essentiell einstufe und als medizinisch begründete Ergänzung einer veganen Ernährung betrachte. Sicherlich werden solche Bücher dazu beitragen, die falschen Informationen in den Medien, denen die Bevölkerung seit Jahren ausgesetzt ist, nach und nach zu relativieren. Das Bewusstsein darüber, was eine wirklich gesunde Ernährung ausmacht, wächst stetig und die Menschen sind zunehmend mehr bereit, selbst Verantwortung für ihre eigene Gesundheit zu übernehmen, anstatt sich auf den Rezeptblock ihres Hausarztes zu verlassen. Welch eine begrüßenswerte und unterstützungswürdige Entwicklung!

    Berlin im November 2015

    Barbara Miller, Ärztin

    VORWORT DER AUTORIN

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    als ich vor mehreren Jahren in einem zweiwöchigen Experiment auf eine reine Rohkosternährung umstellte, ahnte ich noch nicht, dass diese beiden Wochen den Beginn einer neuen Lebensweise markieren würden. Als langjährige Allergikerin, Asthmatikerin und Neurodermitikerin erlebte ich, wie sich bereits innerhalb dieser kurzen Zeitspanne mein Körper von innen her veränderte und es mir so gut wie noch nie zuvor ging: Mein Immunsystem wurde stärker, mein Hautbild verbesserte sich deutlich, der für Neurodermitiker typische quälende Juckreiz und das Unruhegefühl verschwanden, ich bekam besser Luft, ja sogar meine Sehkraft hatte zugenommen. Ich fühlte mich derart mit positiver Energie und Lebenskraft erfüllt, dass ich nach diesen vierzehn Tagen davon überzeugt war, in der Rohkosternährung genau das Richtige zur Wiedererlangung meiner Lebenskraft und zur Verbesserung meiner Krankheiten gefunden zu haben. Ich fühlte mich endlich nach langer Zeit durch und durch kräftig, und ich hatte nun eine Perspektive auf ein Leben ohne Medikamentenabhängigkeit!

    Dennoch stellten sich nach dieser anfänglichen euphorischen Phase Bedenken bei mir ein: Einerseits fühlte ich mich durch die vielen unterschiedlichen, manchmal recht widersprüchlichen Meinungen von Rohköstlern verunsichert, welche Lebensmittel zum Verzehr geeignet seien und welche nicht. Andererseits fragte ich mich, ob eine reine Rohkosternährung auf lange Sicht tatsächlich ausgewogen und ausgeglichen sein konnte und den täglichen Nährstoffbedarf unseres Körpers zu decken vermochte. Viele Meinungen standen in konträrem Gegensatz zu meinem bisherigen Ernährungswissen und meinen eigenen Erfahrungen, wie verschiedene Lebensmittel wirken können. Rückmeldungen von langjährigen Rohköstlern, die von Mangelerscheinungen aufgrund einer zu einseitigen Ernährung berichteten, bestärkten mich darin, bei der Gestaltung meiner Rohkosternährung nicht willkürlich vorzugehen, sondern mich genauer damit auseinanderzusetzen. Doch wie sollte ich dies anstellen?

    Ich begann – noch mehr als früher – auf meine Sinneseindrücke und auf die Reaktionen meines Körpers während und nach dem Essen zu achten. Ich organisierte zahlreiche Rohkost-Treffen und knüpfte Kontakte zu anderen Rohköstlern. Vor dem Hintergrund der dabei gesammelten Erfahrungen und Beobachtungen fing ich schließlich an, mich in ernährungsphysiologische Zusammenhänge zu vertiefen. Dabei suchte ich auch aktiv den Austausch mit Lebensmitteltechnologen, Biochemikern und Ernährungswissenschaftlern; ich wollte wissen, zu welchen Erkenntnissen die Wissenschaft bislang über Rohkost und Kochkost gekommen war, und las mich in die ernährungswissenschaftliche Literatur ein. Gleichzeitig – und ohne diesen wichtigen Schritt wäre ich nie auf viele Zusammenhänge gestoßen – überprüfte ich mit Hilfe meiner Sinne immer wieder in Eigenversuchen die Auswirkungen von rohen Lebensmitteln auf meinen Organismus. Ich beobachtete, wie sich der Verzehr von bestimmten Pflanzen auswirkte, welche Konsequenzen die Zusammensetzung der Nahrung als solche auf mich und meinen Körper ausübte, und lernte, die Botschaften meiner Sinne bei meiner Nahrungsauswahl gezielt wahrzunehmen und mich entsprechend zu verhalten:

    Ich aß verschiedenartige Blätter aus der Natur, bestimmte Früchte und andere Lebensmittel, die beobachtbare Auswirkungen auf mein Befinden und auf mögliche Krankheitssymptome ausübten. Dadurch änderte sich nicht nur mein Lebensgefühl; auch meine Konzentrationsfähigkeit änderte sich, je nachdem, was ich gegessen hatte. Während dieser Zeit ließ ich mich kontinuierlich von meinem behandelnden Arzt begleiten, um sicherzugehen, dass sich die entsprechenden Blutwerte besserten (Entzündungswerte, aber auch Werte im Zusammenhang mit Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen). Auch Menschen in meiner Umgebung nahmen an Eigenbeobachtungen teil. Auf diese Weise haben sich im Laufe der Jahre früheres Wissen aus meiner Familie, neues praktisches Wissen mit Rohkost und theoretisches, fachspezifisches Wissen miteinander verbunden.

    Ich selbst hatte ursprünglich nicht daran gedacht, dieses Wissen und diese Erfahrungen einmal niederzuschreiben. Doch das Interesse von anderen Menschen, die ihre Ernährung ebenfalls auf reine Rohkost umstellen wollten und, wie sich in Gesprächen zeigte, häufig ähnliche Fragen wie ich am Anfang hatten, bewog mich schließlich dazu, dieses Buch zu schreiben. Dabei wollte ich mich nicht darauf beschränken, lediglich Lebensmittel zu nennen, die sich meiner Erfahrung nach für eine ausgeglichene Rohkosternährung eignen. Ich möchte auch darüber informieren, warum sie dies tun. Aus diesem Grund finden Sie in den einzelnen Kapiteln immer wieder ernährungsphysiologisches, biochemisches und medizinisches Hintergrundwissen. Dabei habe ich versucht, komplexe Zusammenhänge möglichst einfach und leicht verständlich darzustellen. Ebenfalls bewusst eingeschränkt habe ich den Gebrauch von fachspezifischen Ausdrücken: Mein Ziel ist, dass die Inhalte dieses Buches unabhängig von dem jeweiligen Vorwissen der einzelnen Leser verstanden und nachvollzogen werden können.

    Bei der Lektüre werden Sie außerdem einige inhaltliche Wiederholungen von besonders wichtigen Themenkomplexen entdecken: Diese mehrfache Nennung ist durchaus didaktisch gemeint und soll der Festigung dienen. Die Unterteilung des Buches in sieben Kapitel – sieben Säulen – soll ebenfalls dabei helfen, die Menge an Informationen zugänglich zu machen.

    Im Rahmen der Lebensmittelpyramide für Rohköstler (4. Säule) werden neben herkömmlichen und exotischen Obst- und Gemüsesorten auch Wildpflanzen genannt, jedoch nur unter dem Gesichtspunkt, ob und inwiefern sie im Rahmen einer Rohkosternährung zum Einsatz kommen können. Details, wie man Wildpflanzen bestimmt bzw. in der freien Natur identifiziert, werden nicht gegeben, sondern sollten sich mit Hilfe von Pflanzenbestimmungsbüchern angeeignet werden.

    Im Rahmen der Lebensmittelpyramide erwähne ich auch rohe tierische Produkte. Falls Sie sich vegetarisch oder vegan ernähren möchten, können Sie selbstverständlich diesen Bereich weglassen und andere, geeignete Alternativen verwenden. Welche Möglichkeiten es dazu gibt und welche Aspekte dabei besonders zu beachten sind, wird ebenfalls in diesem Buch behandelt.

    Die rohköstliche Ernährung ist ein starkes und mächtiges Werkzeug, verlangt aber nach einem verantwortungsvollen Umgang mit sich und seinem Körper. Überprüfen Sie daher alle Empfehlungen dieses Buches anhand eigener Erfahrungen, und nutzen Sie nur die Informationen, die Ihnen in Ihrem Leben entsprechend Ihrer Umgebung und Ihren Möglichkeiten sinnvoll und richtig erscheinen.

    Zum Schluss möchte ich noch ein herzliches Dankeschön den Menschen gegenüber aussprechen, die mich zum Teil über Monate oder sogar Jahre bei der Realisierung dieses Projekts maßgeblich unterstützt haben. Hierzu gehören unzählige Rohköstler, die mir ausführlich von sich, von ihren Freunden und Bekannten, von ihrer Familie (ihren Rohkost-Eltern und Rohkost-Kindern) berichteten und mich teilweise sehr intensiv und lange in ihre persönliche Praxis einblicken ließen. Aufgrund dieser Kontakte habe ich viele wichtige Einsichten und Erkenntnisse gewinnen dürfen.

    Ebenfalls erwähnen möchte ich Eva Maria Schiretz, mit der ich mich über meine Beobachtungen bzgl. des menschlichen Stoffwechsels austauschen konnte und die mich im Rahmen ihres ernährungswissenschaftlichen Studiums mit nützlichen Literaturtipps versorgte. Danken möchte ich auch Dr. Michael Romer, der ein paar Anregungen zum Manuskript gab. Ein herzliches Dankeschön geht an Mag. Paul Habison, der einige Kapitel auf wissenschaftliche Korrektheit geprüft hat und mit dem ich über verschiedene Aspekte der Rohkosternährung sowie über mein Buch diskutieren konnte.

    Mein besonderer Dank gilt meinem Mann Herbert, der in einem Lebensmittellabor arbeitet und mich die ganzen Jahre hindurch bei allen Recherchen trotz sehr großen Zeitaufwands unterstützte, weil er sah, dass die Ernährung mit rohen Lebensmitteln nicht nur ungeahnt gute Auswirkungen auf meinen Gesundheitszustand besitzt, sondern ebenfalls positive Einflüsse auf ihn und unseren Sohn ausübt. Meinem Sohn Manuel danke ich dafür, dass er mir durch seine feinen kindlichen Geschmacksnerven und seine eindeutigen Reaktionen oft die beste Qualitätskontrolle war und ist.

    Ebenso danken möchte ich dem lebendigen Lektorat des Windpferd-Verlags und meiner Verlegerin, die mir die Möglichkeit gibt, das gesammelte Wissen vieler Rohköstler auf diese Weise einem breiteren Publikum zugänglich zu machen!

    Ich würde mich freuen, wenn das vorliegende Buch zum gegenseitigen Austausch und zur Diskussion animiert. Für Rückmeldungen, Fragen und Anregungen stehe ich allen Leserinnen und Lesern gerne unter meiner Homepage zur Verfügung: www.allesroh.at sowie www.angelikafischer.com.

    Enzesfeld-Lindabrunn, im August 2011

    Angelika Fischer

    Eingeweichtes Irisch Moos

    VORWORT VON ERNÄHRUNGSWISSENSCHAFTLER PAUL HABISON

    Die Rohkost ist ein wichtiges und nach wie vor unterschätztes Thema im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden.

    Es ist unter anderem deshalb so interessant, weil es unzählige glaubhafte Berichte darüber gibt, dass sich Menschen durch konsequente Ernährungsumstellung auf Rohkost über Wochen oder Monate von teils schweren chronischen Erkrankungen befreit haben.

    Die Autorin ist eine davon, wie sie mir ausführlich berichtete, in ihrem Fall war es Neurodermitis. Der Grund, warum dies für mich plausibel erschien, ist, dass ich mich selbst als Ernährungswissenschaftler seit etwa 13 Jahren mit dieser und anderen so genannten alternativen Ernährungsformen beschäftige. So war ich selbst 9 Monate lang Rohköstler und habe die Diplom- und Doktorarbeit meines Kollegen Dr. Edmund Semler über historische, wissenschaftliche und therapeutische Aspekte der Rohkost intensiv mitverfolgt und mehrere Vorträge über Rohkost in Peru und Österreich gehalten. Weiters arbeitete ich 5 Monate in einem Spital in Peru mit Rohkost als Therapie. Die Erfolge waren für mich wegweisend und bestätigten im Kleinen die unzähligen von Dr. Semler hervorragend recherchierten und dokumentierten Therapieerfolge von über 100 Ärzten bei chronischen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Haut, bei rheumatischen Erkrankungen, verschiedenen Krebsformen und vielen anderen. So wird nach genauem Prüfen der Ausspruch des bekannten Schweizer Arztes Dr. Bircher-Benner „Pflanzliche Rohkost ist die Heilnahrung par excellence" nachvollziehbar.

    Damit meinten diese Ärzte aber keineswegs, dass sich jede chronische Erkrankung in jedem Stadium durch Rohkost heilen lässt, sondern lediglich, dass sie selbst über die oft unerwartete Heilwirkung höchst erstaunt waren und die Therapieerfolge meist deutlich besser waren als mit allen anderen ihnen bekannten und damit meist rein medikamentösen Therapien.

    Dabei muss es keinesfalls immer einhundert Prozent Rohkost sein. Für gewöhnlich reichen laut ärztlicher Erfahrung 50 % bis 80 %, wobei der Rest vegetarische Vollwertkost ist. Mit Vollwertkost ist übrigens nicht notwendigerweise der Verzehr von viel Vollkornbrot gemeint. Die individuelle Abstimmung wurde von vielen der Ärzte als maßgeblich angesehen.

    Ein Beispiel eines persönlich beobachteten Falles ist der eines 67jährigen Arztes und Musikers, welcher über zehn Jahre an Arthrose litt und dadurch schmerzbedingt nicht mehr Klavierspielen konnte. Nach 10 Tagen einer vegetarischen gemüsereichen Vollwertkost mit etwa 75 % Rohkost rief er mich an und teilte mir erfreut mit, dass er wieder Klavierspielen kann und auch sonst praktisch schmerzfrei ist. Seitdem behält er diese Ernährung im Wesentlichen bei, was wichtig zur Verhinderung eines Rückfalles ist. Es geht aber erfahrungsgemäß nicht immer so schnell. Auch die Bereitschaft des Patienten ist ein wesentlicher Aspekt.

    Ich finde es allerdings sehr bedauerlich, dass das empirisch erprobte Wissen über Rohkost als Therapie heutzutage sowohl Ärzten, Naturwissenschaftlern wie auch Laien dermaßen unbekannt ist. Ich hoffe sehr, dass sich dies mit der Zeit ändert und dass auch das vorliegende Buch dazu beiträgt, Rohkost als interessante Ernährungsform, sei es nun pur oder als Teil einer gesunden Ernährung wie bei der Vollwertkost, als Kur oder wenn gewünscht als Dauerernährung publik zu machen.

    Die Autorin weist ein außergewöhnlich hohes ernährungswissenschaftliches Interesse und auch Wissen auf, welches jenes vieler Ernährungswissenschaftler um einiges übertrifft. Sie hat sich jahrelang intensiv sowohl mit der modernen Rohkostbewegung als auch mit der Ernährungswissenschaft und ihren Grundlagen beschäftigt, um scheinbare Widersprüche aufzuklären und die Hintergründe einer gesunden Ernährung zu verstehen.

    Dieses Buch ist für Personen gedacht, die sich aufgrund chronischer Erkrankungen rohkostreich ernähren wollen, sowie allen, die die Geheimnisse bzw. Gesetze einer gesunden Ernährung ergründen wollen.

    Es ist auch für Gesunde empfehlenswert, immer wieder einige Tage oder Wochen reiner Rohkost einzulegen, um den Körper zu entlasten und zu vitalisieren und auch kleinere Leiden wie Kopfschmerzen, manche Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und chronische Müdigkeit zu verbessern. Auch zur Gewichtsoptimierung eignet sich gut durchgeführte Rohkost hervorragend. Außerdem ist es eine stärkende Erfahrung, einmal auf das Gewohnte zu verzichten und Neues auszuprobieren.

    Dieses Buch kann bei der richtigen Nahrungsauswahl von rohen Lebensmitteln entscheidend helfen. Denn länger praktiziert kann reine Rohkost bei fehlendem Wissen zu Nährstoffmängeln führen und die Lust nach Kochkost fast unerträglich machen. Längerfristig falsch praktizierte Rohkost kann in der Tat ungesund sein.

    Angelika Fischer ist Expertin für die passende und auch schmackhafte Kombination sowie Lagerung von rohen Lebensmitteln. Hier ist ihr Schema der Pflanzenfamilien und damit in Verbindung das Einbeziehen von Wildpflanzen besonders hervorzuheben. Weiters zeigt sie uns, wie wir anhand unserer Sinne, genauer: dem Ernährungsinstinkt, den wir wieder lernen können, richtig einzusetzen, problemlos und langfristig Rohköstler sein können.

    Wien, 25. Oktober 2011

    Mag. Paul Habison

    „Kein Genuss ist vorübergehend,

    denn der Eindruck, den er zurücklässt, ist bleibend."

    Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)

    Für Manuel

    Schafgarbe am Wegesrand

    TEIL 1

    DIE 7 SÄULEN

    Beliebte Früchte in der Rohkosternährung: die Mangostanen

    Essen mit allen Sinnen

    Die 1. Säule:

    Unsere Sinne sind das Hilfsmittel, mit dem wir unsere Ernährung optimal an unsere individuellen Bedürfnisse anpassen können.

    Sie sind der Schlüssel zu einer sinnvollen, aktiven Nahrungsauswahl.

    Wer seine Ernährung bewusst auf Rohkost umstellen will, wird sich früher oder später zwangsläufig mit Fragen nach dem Nährwertgehalt und der Verträglichkeit von geeigneten Lebensmitteln auseinandersetzen müssen. Eine zentrale Frage, die mich selbst am Anfang meiner Ernährungsumstellung beschäftigte, war, ob es eine Methode, eine Art Werkzeug oder ein Hilfsmittel gibt, welches uns dabei helfen kann zu entscheiden, ob ein Lebensmittel für uns und unseren Organismus geeignet ist oder nicht. Bei meiner Suche nach einer Antwort auf diese Frage bin ich zunächst auf die Kirlianfotografie gestoßen.¹ Deren Fotografien belegen auf eindrückliche Art und Weise, wie sich Lebensmittel durch Erhitzen verändern: Im Vergleich zu ihrer Rohkostvariante büßen Aufnahmen mit erhitzter Nahrung eindeutig an Leucht- und Strahlkraft ein.

    Abb. 1: Stilisierte Kirlianfotografie eines rohen und eines erhitzten Champignons

    Eine intensive Leucht- und Strahlkraft gilt bei der Kirlianfotografie als Zeichen für ein hochwertiges Nahrungsmittel. Doch ist dem wirklich so?

    Grenzen der Kirlianfotografie

    Viele Rohköstler greifen bei ihrer Ernährung gerne auf Samen zurück. Nimmt man die Bilder der Kirlianfotografie zu Hilfe, so sind unerhitzte Samen eindeutig erhitzten vorzuziehen. Doch verträgt unser Organismus überhaupt Samen? Diese Frage kann die Kirlianfotografie mit ihren noch so intensiv strahlenden Funkenbildern nicht beantworten: Samen beinhalten oft eine Reihe von Fraßschutzmitteln, wodurch sich die Pflanzen auf natürliche Weise vor Fressfeinden schützen. Für uns Menschen können solche Stoffe in kleiner Menge anregend wirken, häufig aber stellen sie unsere Leber vor eine übermäßige Zusatzaufgabe und belasten unseren Stoffwechsel. Samen sollten daher eher zurückhaltend und in kleinen Mengen gegessen werden (S. 268).

    Meine Suche nach einem zuverlässigen Indikator dafür, welche Lebensmittel mir guttaten und welche nicht, war also noch nicht zu Ende. Ich hielt weiter nach einem geeigneten Hilfsmittel Ausschau, bis ich schließlich auf einen ganz besonderen Schatz stieß, den wir von der Natur mitbekommen haben: unsere Sinne.

    Abb. 2: Unsere Sinne

    Dank unserer Sinne können wir hören, riechen, sehen, schmecken und tasten (fühlen). Am wichtigsten für die Nahrungsaufnahme ist natürlich unsere Zunge: Mit ihr können wir salzig, süß, sauer, bitter und umami² schmecken. (Letzteres charakterisiert häufig proteinreiche Lebensmittel und wird auch mit „herzhaft oder „fleischig umschrieben.) Neuere Studien zeigen, dass wir mit unserer Zunge zusätzlich noch Fett schmecken können und dabei sogar fähig sind zu unterscheiden, ob es sich um gesättigte, ungesättigte oder ätherische Fette (bzw. Öle) handelt.³

    Bei der Nahrungsaufnahme verlassen wir uns allerdings nicht nur auf unsere Zunge: Es ist bekannt, dass vor allem der Geruchssinn für den empfundenen Geschmack verantwortlich ist. Jeder von uns hat schon einmal bei einem starken Schnupfen erlebt, dass plötzlich das ganze Essen nach gar nichts schmeckte, eben weil wir mit unserer Nase nichts mehr riechen konnten.

    Auch nehmen wir Röstaromen und „deftig" war, Beispiele für AGEs, auf die ich später noch zurückkomme (siehe auch S. 356). Geschmack ist also das Ergebnis von dem Zusammenspiel verschiedener Sinne. Doch warum hat sich unser Geschmacksempfinden überhaupt im Laufe der Evolution herausgebildet?

    Die Schutzfunktion unseres Geschmacks

    Unser Geschmacksempfinden hat sich nicht nur herausgebildet, damit wir Essbares entsprechend genießen können, sondern damit wir uns bei der Nahrungsaufnahme vor verdorbenem oder (noch) nicht genießbarem Essen bzw. vor giftigen Stoffen schützen können. Für unsere Vorfahren in der unzivilisierten Natur war diese Schutzfunktion überlebenswichtig: Sie bewahrte vor dem Genuss von giftigen Pflanzen, welche meistens äußerst unangenehm schmecken. Sie schmecken „zu herb, „zu scharf, „zu bitter, „zu zusammenziehend (adstringierend), „klebrig" usw. Dass wir Saures schmecken können, ist möglicherweise als Schutz vor dem Genuss von unreifen Früchten und vor Oxalsäure anzusehen, welche häufig in Pflanzen vorkommt und für den Organismus in höheren Dosen schädlich ist.⁴ Auch unangenehme Gerüche besitzen eine solche warnende Funktion und gelten als Indikator für eine schlechte bis schädigende Lebensmittelqualität (S. 277).

    Interessanterweise scheint der modernde Mensch diese wichtigen Schutzfunktionen seines Organismus kaum noch wahrzunehmen. Wir scheinen verlernt zu haben, auf die Signale unseres Körpers zu achten, da wir allzu häufig Lebensmittel zu uns nehmen, die uns de facto nicht guttun. Dass unser Geschmack Warnsignale aussendet, entfaltet bei der Nahrungsaufnahme kaum noch eine Wirkung: Wir essen, was auch immer sich gerade an Essbarem anbietet, und überhören – mehr oder weniger bewusst – die leisen Botschaften unserer Sinne! Diese Tatsache mag einerseits darauf zurückzuführen sein, dass heutzutage in vielen Lebensmitteln Aromastoffe enthalten sind, welche die eigentliche Nahrungszusammensetzung überdecken und dadurch die warnende Funktion unseres Geschmacks außer Kraft setzen. Andererseits sind wir gewohnt, vor allem auf uns bekannte Geschmacksrichtungen zurückzugreifen, und essen selten ein Nahrungsmittel für sich allein, sondern meistens in Kombination mit anderen Lebensmitteln. Auch dies kann zu einer Täuschung unserer Sinne führen.

    Beispiel: Oxalsäure in rohem Spinat

    Es gibt Rohköstler, die rohen Spinat gerne in Kombination mit anderen Lebensmitteln verwenden. In rohem Spinat ist allerdings Oxalsäure enthalten, welche in höheren Dosen gesundheitsschädlich ist. Oxalsäure erschwert außerdem die Eisenaufnahme, so dass es in der Folge zu einer Verarmung von Mineralstoffen im Körper kommen kann (S. 300). Blanchiert man jedoch Spinat (wie in der Kochkost üblich), löst sich die Oxalsäure zu einem großen Teil im Kochwasser und wird daher beim anschließenden Verzehr nicht mitgegessen. Babyspinat hingegen ist meist von sich aus oxalsäurearm.

    Normalerweise würde unser Geschmackssinn uns davor warnen, ungeeignete Blätter roh zu essen, da sie bald viel zu säuerlich, leicht metallisch-bitter und etwas adstringierend (zusammenziehend) schmecken. Wer nun aber zum Beispiel für ein Obst-Gemüse-Getränk größere Spinatblätter mit Mangos süßt, trügt seine Sinne: Die instinktive geschmackliche Sperre, welche unser Geschmackssinn normalerweise auslösen würde, bleibt durch die überdeckende Süße der Mangos aus, sodass wir viel zu viele schädliche und schädigende Stoffe auf einmal aufnehmen.

    Erste Erfahrungen mit dem natürlichen Geschmackssinn

    Schon als Kind hatte ich das Glück, mit Geschmacksrichtungen vertraut zu werden, die über eine Ernährung mit ausschließlich konventionellen Lebensmitteln hinausgehen: Ein Großteil unserer Lebensmittel stammte aus dem eigenen Garten oder der umliegenden Natur. Dabei hatten meine Eltern und Großeltern wohl einen natürlichen Sinn dafür, welche Obst-, Gemüse- und Wildpflanzensorten man essen konnte und welche nicht: So brachten mir meine Eltern bei, nur junge Löwenzahnblätter als Salat zu essen – in ihnen ist im Vergleich zu älteren Löwenzahnblättern viel weniger Oxalsäure enthalten (S. 153). Auch Bärlauch war ein gern in meiner Familie verwendetes Lebensmittel; meine Großmutter fuhr oft in einen nahe gelegenen Park oder verließ die Stadt, um ihn und andere Wildpflanzen zu sammeln.

    Dass auch der Reifegrad einer Frucht darüber entscheidet, ob etwas zum Verzehr geeignet ist oder nicht, wusste schon meine Urgroßmutter: Sie besaß einst ein Obst- und Gemüsegeschäft und aß mit Vorliebe nur solche Bananen, deren Schale mit kleinen, braunen Tupfen übersät war – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Banane reif war und nun gegessen werden konnte. Ihre Kunden aber verlangten in der Regel nur nach den blass-gelben, unreifen Bananen, und zwar selbst dann, wenn sie zum direkten Verzehr bestimmt waren (S. 73).

    Obwohl diese Erfahrungen und das damit verbundene Wissen an mich weitergegeben worden sind, bin ich selbstverständlich mit weitaus weniger natürlichen Nahrungsmitteln in Kontakt gekommen als jemand, der sich ausschließlich von den Schätzen der Natur ernährt. Welche Geschmacks- und Sinneseindrücke mit einer solchen Ernährungsweise verbunden sind, habe ich erst in den letzten Jahren erfahren. Diese intensive Auseinandersetzung, insbesondere mit Wildpflanzen, ist heute grundlegender Bestandteil meiner Lebensmittelpyramide (siehe 4. Säule).

    Unsere Sinne im Einsatz bei der Nahrungsauswahl

    Wie das Spinat-Beispiel verdeutlicht, werden unsere Sinne vor allem durch die Kombination von verschiedenen Lebensmitteln getäuscht. Um wirklich entscheiden zu können, ob uns ein Lebensmittel guttut oder nicht, müssen wir es zumindest zuerst ungemischt, also für sich allein genommen probieren. Nur dann kann die von der Natur aus eingebaute Sperre greifen, und nur so können wir uns unser Geschmacksempfinden mit seiner natürlichen Schutzfunktion zurückerobern. Wann sich bei der Nahrungsaufnahme der wahrgenommene Geschmack verändert, dieser Zeitpunkt tritt bei jedem unterschiedlich ein: Bei manchen geschieht dies früher, bei anderen später. Meist haben wir jedoch, wie gesagt, nicht gelernt, ihn wahrzunehmen. Nur allzu selten hören wir tatsächlich auf uns und unseren Körper und beobachten ihn und seine Reaktionsweisen. Wer sich aber bewusst und den eigenen Bedürfnissen entsprechend ernähren möchte, sollte darum bemüht sein, seine Sinne (wieder) aktiv zu benutzen und einzusetzen: sie gezielt für die Auswahl von Lebensmitteln und die Zusammensetzung der Nahrung zu tarieren. Als Vergleich benutze ich gerne das Bild einer Küchenwaage: Sie wird vor dem Wiegen auf Null gestellt, damit sie das tatsächliche Gewicht der zu wiegenden Lebensmittel angibt. Das Gleiche gilt für unsere Sinne: Wir sollten lernen, unsere Sinne wieder zu öffnen, und sie sozusagen auf Null zurückstellen, damit sie uns für jede neue Geschmacksbewertung direkte Rückmeldungen geben können. Wir müssen wieder lernen zu schmecken: Denn das Herausschmecken ermöglicht uns nicht nur, einen Überblick über die Inhaltsstoffe eines Lebensmittels zu bekommen, sondern hilft uns dabei, seine Auswirkungen auf uns zu beobachten und zu analysieren. Erst vor diesem Hintergrund können wir wirklich wissen, wie unser Organismus auf etwas Essbares reagiert, ob und in welchen Mengen er es gerade verträgt oder ob er es gar nicht verträgt.

    Die nachfolgenden Versuche sollen Ihnen dabei helfen, schrittweise Ihre Wahrnehmung durch Ihre Sinne neu auszurichten. Im Rahmen der Lebensmittelpyramide (4. Säule) werde ich Ihnen viele weitere solcher Tarierungsversuche vorstellen. Sie alle dienen dazu, sich zu sensibilisieren und bewusst wahrnehmen zu lernen, wie sich der eigene Organismus im Hinblick auf ein bestimmtes Lebensmittel verhält, bzw. zu entdecken, worin sich die Nahrungsmittel einer bestimmten Gruppe unterscheiden und welche bevorzugt gegessen werden sollten.

    Versuchsreihe zur Tarierung der Sinne

    1. Der Kohlrabi-Versuch

    Besorgen Sie sich einen Kohlrabi aus konventionellem und einen aus biologisch-dynamischem Anbau oder, falls Sie darüber verfügen, aus dem eigenen Garten. Schneiden Sie beide Gemüse auf, und riechen Sie an ihnen. Die auf natürlichere Weise herangezogene Knolle wird anders riechen. Eventuell können Sie bei dem konventionell angebauten Gemüse sogar Düngemittel (Nitrat) oder Schädlingsbekämpfungsmittel herausriechen und -schmecken. Oder Ihnen fällt der intensivere Gehalt an Mineralstoffen beim Bio-Kohlrabi auf.

    Kohlrabi esse ich zwar nur selten, doch fielen mir bei ihm die genannten Unterschiede zum ersten Mal am stärksten auf. Ähnliches habe ich auch bei Bio- und konventionellen Bananen und deren Schalen beobachtet. Dank unseres Geruchssinns können wir also offenbar Fremdsubstanzen in Lebensmitteln erkennen, eine Tatsache, die auch bei Wurzelgemüse sehr stark ins Gewicht fällt, da diese oft Nitrate und andere Düngemittel anreichern.

    Hinweis:

    Wenn Sie am Anfang Geruchsund Geschmacksunterschiede weniger stark wahrnehmen, könnte dies daran liegen, dass Sie Ihren Zinkspeicher erst wieder auffüllen müssen (siehe S. 310).

    2. Der Salat-Versuch

    Kaufen Sie sich einen grünen, eher bitteren Blattsalat, z. B. Endivie, oder nehmen Sie Löwenzahnblätter. Essen Sie von den Blättern, bis Sie merken, dass der angenehme Geschmack ins z. B. Bittere umschlägt. Bereiten Sie nun aus den verbleibenden Salatblättern einen durchmischten, mit Salz, Öl und Essig angereicherten Salat zu. Sie werden merken, dass Sie nun viel mehr Salatblätter essen können. Dies zeigt, dass unser Geschmackssinn als Sperre für Stoffe, die der Körper nicht mehr haben möchte, bei gemischten Produkten nicht bzw. nicht so gut funktioniert. Oder probieren Sie dies mit jungen Brennesselblättern. (Achtung: Nesselgift!)

    Die Wurzel der Wilden Möhre

    3. Der Ananas- bzw. Karottenversuch

    Kaufen Sie sich eine reife (Hawaii-)Ananas (oder ersatzweise, je nach Bedarf und Saison, einen Bund Karotten). Verfahren Sie bei dem Verzehr bis zum Umschlagen des angenehmen Mundgefühls wie folgt:

    •Zuerst schneiden/beißen Sie ganze Stücke ab und essen diese, bis es Ihnen nicht mehr angenehm ist.

    •Setzen Sie nun mit kleinen „nudeligen" Stücken fort, bis sich auch bei ihnen ein unangenehmes Mundgefühl einstellt.

    •Bereiten Sie danach aus dem verbleibenden Rest einen Ananas- bzw. Karottensaft zu.

    •Wenn der Saft nicht schmeckt, können Sie noch Zucker hinzufügen.

    Reife Ananas

    Sie werden merken, dass Sie umso mehr von dem jeweiligen Lebensmittel essen können, je mehr es verarbeitet ist. Dies liegt daran, dass wir durch die Verarbeitung den ansonsten deutlichen Geschmacksumschlag weniger gut wahrnehmen können.⁵ Wird der Saft noch gezuckert, fällt die Sperre im Mund vollkommen weg: Unser Geschmackssinn kann das Bitterwerden der Substanz nicht mehr registrieren.

    Normalerweise wird eine Ananas bei längerem Kauen richtig sauer, ja sogar ätzend, weil sie die Mundschleimhaut angreift. Unser Körper benötigt nämlich zu ihrer Vorverdauung ein eigenes Enzym. Ist dieses Enzym verbraucht, brennt die Frucht plötzlich sehr unangenehm. Diese Beobachtungen können allerdings nur dann gemacht werden, wenn man eine Ananas für sich allein und vor allem ungezuckert verzehrt. So zeigt auch dieses Experiment, wie sehr Manipulation unsere Sinneseindrücke und damit unsere Nahrungsauswahl verändert. Die Gefahr einer Überlastung und Fehlernährung ist dadurch relativ groß.

    4. Der Pflanzenteile-Versuch

    Suchen Sie in der Natur eine Wilde Möhre. Sie erkennen Sie an der rotschwarz gefärbten Blüte inmitten einer Vielzahl von weißen Doldenblüten. Brechen Sie ein grünes Ästchen vom Pflanzenstängel ab, reiben Sie ein Blatt zwischen den Fingern und riechen Sie daran. Der Geruch erinnert sehr stark an unsere Gartenmöhre, die Karotte.⁶ Probieren Sie davon: Das Blatt schmeckt in der Regel in sich abgerundet und weist in geringen Mengen eine sehr angenehme Wirkung auf (S. 163). Das Grün der gezüchteten Karotte hingegen schmeckt im Vergleich dazu direkt oft „zu scharf".

    Ziehen Sie nun die Wilde Möhre aus der Erde, und betrachten Sie die zierliche, dünne, außen braune und innen weiße Wurzel. Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass sie aufgrund ihrer äußeren Beschaffenheit kaum dazu geeignet ist, ein wesentlicher Bestandteil unserer Nahrung zu sein. Trotzdem hat der Mensch gerade diesen Pflanzenteil hochgezüchtet. So konnte er auch im Winter ungünstigerer Breitengrade das Betacarotin durch Zerkleinern und Erhitzen für sich verfügbar machen.A1 Die Karotte wurde vor allem für das Zubereiten von Suppen und warmen Speisen gezüchtet. Aufgrund ihrer leichten Lagerungsmöglichkeit bot sie früheren Generationen eine gute Möglichkeit, im Winter über die Runden zu kommen. Um die durch das Kochen verlorenen Inhaltsstoffe wieder auszugleichen, wird die Karotte normalerweise mit Fett (Beta-Carotinaufnahme) und einem Gewürz aus derselben Pflanzenfamilie ergänzt: mit Petersilie oder neuerdings auch mit Wiesenkerbel. Roh verzehrt stellt die Karotte allerdings eine Belastung für unseren Organismus dar: Sie ist schwer verdaulich und sollte zumindest sehr gut zerkleinert werdenA18.

    Abb. 3: Natürliche und hochgezüchtete Pflanzen im Vergleich: Von der Wilden Möhre zur Karotte, ergänzend dazu die Blätter des Wiesenkerbels

    Wenn wir noch einmal das Äußere der Wilden Möhre betrachten, also bewusst unseren Sehsinn einsetzen, wird deutlich, welchen Pflanzenteil wir in einer funktionierenden Rohkostküche stattdessen verwenden sollten: das Pflanzengrün! Das Verzehren von hochgezüchteten, unseren Organismus belastenden rohen Karotten ist nicht notwendig. Wenn wir andere geeignete Grünpflanzen aus derselben Pflanzenfamilie zu uns nehmen, wie zum Beispiel den Wiesenkerbel oder den ebenfalls sehr beliebten Giersch (S. 163, 165), führen wir uns außerdem auf eine gut verträgliche Weise auch die Inhaltsstoffe zu, die in der Karotte aufgrund ihrer Hochzüchtung nicht mehr enthalten sind. So unterstützen schon ein paar Blättchen dieser Pflanzenfamilie am Tag eine optimale Versorgung; so kommen wir auch mit viel weniger Pflanzenmasse aus.

    Ergebnis der Versuchsreihe

    Wenn wir unseren Sinnen die Möglichkeit geben, uns auf die richtige Spur zu führen, wenn wir ihre Signale wahrnehmen und analysieren, ist es uns möglich zu erkennen, welche Lebensmittel oder welche Teile davon für unseren Organismus wirklich vorteilhaft sind. Verwirren wir aber unsere Sinne, indem wir ihnen eine Fülle von Geschmacksrichtungen gleichzeitig servieren, werden unsere instinktive Sperre und damit unser natürliches Alarmsystem außer Kraft gesetzt. Wollen wir eine für uns geeignete Ernährung finden, müssen wir lernen, unsere Sinne neu zu tarieren, damit wir sie bewusst bei unserer Nahrungswahl einsetzen können. Bei der Tarierung unserer Sinne geht es langfristig darum, die Wahrnehmung zu intensivieren. Sie hilft zu erkennen, welche spezifischen Inhaltsstoffe ein Lebensmittel enthält und wie sie auf uns wirken.

    Sekundäre Pflanzenstoffe

    In Obst und Gemüse sind neben Mineralstoffen und Vitaminen auch sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die für unseren Organismus positiv oder eher negativ, d. h. schädigend sein können. Unter sekundären Pflanzenstoffen versteht man Begleitstoffe, die nur durch spezielle Zelltypen zum Beispiel zum Schutz vor UV-Strahlung und Parasiten hergestellt werden (S. 274).

    Beispiel:

    Alkaloide und Glutamate und ihr reifebedingtes Vorkommen in der Tomate

    Eine bestimmte Gruppe von Pflanzenstoffen wird Alkaloide genannt, zu ihnen gehören unter anderem Koffein und Nikotin (S. 291). Ihr Genuss kann für den Menschen je nach Pflanzenart in kleineren Mengen anregend, in größeren jedoch giftig sein. Die Solanum-Alkaloide kommen zum Beispiel bei den Nachtschattengewächsen vor. Dazu gehören unter anderem die Tollkirsche, Kartoffeln und Tomaten. Während die Tollkirsche durch ihren hohen Alkaloid-Anteil bereits in kleiner Menge tödlich wirken kann, müsste man schon viele rohe Kartoffeln essen, um sich zu vergiften. Tomaten enthalten Alpha-Tomatin, das ebenfalls ein Solanum-Alkaloid ist. Damit Tomaten zum Verzehr geeignet sind, hat man sie so gezüchtet, dass der Gehalt an Alpha-Tomatin relativ gering ist und sie sogar ohne Blanchieren oder Kochen genießbar sind. Interessanterweise nimmt der Alkaloidgehalt bei der Tomate mit zunehmender Reife ab: Während grüne Tomaten noch 870 mg Alpha-Tomatin auf einem Kilogramm aufweisen, sind es bei gelben Tomaten nur noch 450 mg/kg. Werden Tomaten rot geerntet und lässt man sie dann noch etwas nachreifen, sinkt der Gehalt auf immerhin 360 mg/kg. Bleiben die roten Tomaten allerdings noch 2–3 Tage länger an der Pflanze, bevor sie geerntet werden, ist das Alpha-Tomatin nicht mehr nachweisbar. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist nachvollziehbar, dass Ernährungswissenschaftler zum Beispiel von der Zubereitung einer Marmelade aus grünen Tomaten abraten. Außerdem scheint der unterschiedliche Gehalt des Alpha-Tomatins bei roten Tomaten darauf hinzudeuten, dass eine Pflanze erst dann abgeerntet werden sollte, wenn auch ihre Samen vollständig ausgereift sind: Erst dann ist der Reifeprozess tatsächlich abgeschlossen.

    Tomaten aus eigener Ernte

    Isst man vollständig ausgereifte Tomaten, macht sich dies auch an den Geschmacksstoffen bemerkbar. Zu ihnen gehört unter anderem Glutamat, dessen Vorkommen in der Tomate während des Reifeprozesses kräftig ansteigt (bei grünen Tomaten sind es nur etwa 10 mg pro 100 ml Saft, bei vollständig ausgereiften Tomaten etwa 100 mg pro 100 ml Saft).

    Abb. 4: Die reifungsbedingte Abbnahme des Alpha-Tomatin-Gehalts und die Zunahme der Glutamatsalze in Tomaten

    Wenn Sie die Möglichkeit haben, Tomaten direkt zu ernten, können Sie den Unterschied zwischen gerade rot gewordenen und vollständig ausgereiften Tomaten geschmacklich selbst überprüfen. Essen Sie hierzu eine rote Tomate, die bis zur kompletten Ausreifung an der Pflanze hängen geblieben ist, im Vergleich mit einer Tomate, die gerade erst ihre rote Färbung erhalten hat. Die vollkommen ausgereifte Frucht schmeckt saftig und in sich abgerundet. Ein solches geschmackliches Empfinden ist auf das fehlende Alpha-Tomatin sowie auf das konzentriert vorhandene Glutamat zurückzuführen. Ja, das Glutamat, Salz der Glutaminsäure (Anm.: nicht essentielle Aminosäure), das auch gerne als Zusatz in der Gastronomie und bei Convenience-Produkten verwendet wird, um reife Zutaten in der Zubereitung vorzutäuschen, auch wenn diese gar nicht gegeben sind. In komplett reifen Tomaten sind also Aminosäuren mit Mineralstoffen biochemisch so verbunden, dass sie herzhaft, umami (S. 22) für uns schmecken.

    Inhaltsstoffe identifizieren lernen

    Am Anfang mag es Ihnen noch sehr schwer fallen, die jeweiligen Inhaltsstoffe eines Lebensmittels zu identifizieren. Auch ich habe einige Zeit gebraucht, meine Sinne dahingehend zu schulen. Nährstofflisten und -tabellen sind daher vor allem zu Beginn der Ernährungsumstellung eine gute Hilfe nachzulesen, welche Inhaltsstoffe und insbesondere welche sekundären Pflanzenstoffe in einem Lebensmittel enthalten sind (S. 75). Ebenfalls sind Vergleichsverkostungen zu empfehlen, da sie (wie das Tomaten-Beispiel verdeutlicht) dabei helfen können, die charakteristischen Eigenschaften einer Frucht, eines Gemüses oder einer gesamten Lebensmittelgruppe herausschmecken zu lernen. Aus diesem Grund finden Sie im Rahmen der Lebensmittelpyramide viele Vorschläge, welche Nahrungsmittel Sie im Vergleich zueinander verkosten können, so dass sich Ihr geschmackliches Gespür immer weiter entwickeln kann (ab S. 127). Dabei sollten Sie Ihren eigenen Fähigkeiten vertrauen und sich von der Fülle an verschiedenen Geschmacksrichtungen nicht entmutigen lassen. Sich auf diese Art und Weise mit unserer Nahrung auseinanderzusetzen ist möglich und lernbar: Auch ich habe gelernt, neu zu schmecken und meine Sinne aktiv und bewusst bei meiner Nahrungsauswahl einzusetzen. Und je mehr ich meinem geschmacklichen Rückmeldesystem vertraute, desto besser wurde auch meine Intuition, über die Auswirkung eines Lebensmittels.

    Das gezielte Erschmecken von Inhaltsstoffen kann außerdem noch ganz konkret bei der Ernährungsumstellung helfen: Wenn mir in der Anfangszeit manche Speisen aus der konventionellen Küche partout nicht aus dem Kopf gehen wollten, nahm ich dies als Zeichen dafür, dass in ihnen noch ein oder mehrere Inhaltsstoffe enthalten waren, die ich bislang mit meiner Rohkosternährung nicht abdecken konnte. Wieder versuchte ich, für diese Nahrungsmittel durch Erschmecken einen entsprechenden Ersatz zu finden – was ist darin, dass dieses Nahrungsmittel so besonders macht und wo könnte ich diese(n) besonderen Inhaltsstoff(e) noch finden? Bei meiner Suche griff ich dann nicht nur auf Lebensmittel zurück, die ich im Geschäft kaufen oder in meinem eigenen Garten anbauen konnte. Ich sah mich auch direkt in der Natur nach Essbarem um und konnte so immer wieder alte Bedürfnisse durch neue Lebensmittel stillen. Dabei habe ich eine Vorgehensweise entwickelt, wie man verträgliche von unverträglichen oder gar giftigen Wildpflanzen unterscheiden kann.

    Wie erkenne ich in der freien Natur, ob etwas essbar ist?

    •Zuerst sehe ich mir die entsprechende Pflanze genau an und prüfe, ob sie Hinweise auf eine mögliche Giftigkeit besitzt; manchmal gibt es in der Natur Signalfarben, die vor einem Verzehr warnen, wie dies zum Beispiel beim roten Fliegenpilz der Fall ist. Häufig aber weiß ich nicht, ob die entsprechende Pflanze essbar ist. Also reiße ich ein Blatt in der Mitte durch und rieche daran.

    •Riecht es angenehm oder unangenehm?

    •Hat es einen Milchsaft? (Siehe Infokasten.)

    •Dann reibe ich das Blatt noch zwischen meinen Fingern hin und her, weil dadurch der Geruch oft intensiver wird. Wenn ich mir danach nicht wirklich sicher bin – und das kann bei anderen als den verschiedenen Minz- oder Karottensorten, die meist sehr intensiv riechen, durchaus vorkommen –, tupfe ich mit dem Blatt vorsichtig auf meine Zunge.

    •Brennt es oder ist es unangenehm? In diesem Fall gebe ich das Blatt weg.

    Wenn es unauffällig oder gut schmeckt, gebe ich ein kleines Stück in den Mund und kaue daran. Sollte es nun zu einem Brennen kommen oder das kleine Pflanzenstückchen ansonsten unangenehm schmecken, spucke ich es aus. Fühlt es sich weiterhin in Ordnung an, kaue ich länger daran. Sowie sich dabei mein Empfinden ins Unangenehme verändert, gebe ich es weg.

    •Schmeckt das Blattstückchen nach einer kleinen Weile immer noch in Ordnung und brennt nicht, dann schlucke ich es hinunter; allerdings nur diese kleine Menge: Es geht mir nämlich zunächst darum, den Nachgeschmack zu prüfen und am Gaumen zu beobachten, wie der Abgang ist, ob sich im Nachhinein noch etwas Unangenehmes bemerkbar macht.

    •An neuen Pflanzen teste ich normalerweise nur eine am Tag und wiederhole den Vorgang auf gleiche Weise noch einmal nach 2–3 Tagen Pause. Nur auf diese Weise kann ich abschätzen, ob und wenn ja, welche und wie viele sekundäre Stoffe in der Pflanze enthalten sind und wann sie sich bemerkbar machen.

    Milchsaft bei Pflanzen

    Manche Pflanzen sondern einen weißlichen oder gelblichen Saft ab, wenn man von ihnen ein Blatt oder einen Stängel abbricht. Dieser Milchsaft dient der Pflanze in der Regel als Wundverschluss bei Verletzungen und als Schutz vor Infektionen. Für uns Menschen kann er ein Hinweis darauf sein, dass in der Pflanze möglicherweise Alkaloide enthalten sind, die toxisch bzw. ätzend wirken können. Viele dieser Substanzen wurden früher in der Kräutermedizin bewusst eingesetzt: Bekannt sind der Milchsaft des Mohns, der unter anderem zur Schmerzlinderung verwendet wird, und der gelbe Saft des Schöllkrauts, mit dem bei längerem Gebrauch Warzen weggeätzt werden können. Ein weiteres Beispiel ist das Harz des Weihrauchbaums: Es ist für seine entzündungshemmende Wirkung bekannt (S. 193).

    Zusammenfassung

    Wenn Sie anfangen, sich zu tarieren, werden Sie viele neue Erfahrungen mit Ihrem Gaumen machen. Sie werden lernen zu beobachten, wie Ihre Sinne und damit Ihr gesamter Organismus auf ein Lebensmittel reagieren, und können so bewusst entscheiden, ob und wie viel Sie von diesem Lebensmittel essen möchten bzw. sollten. Je größer der Raum ist, den Sie Ihren Sinnen bei der Nahrungsauswahl geben, das heißt, je mehr Sie Ihr geschmackliches Alarmsystem berücksichtigen, desto aktiver können Sie Ihr Essverhalten gestalten und hierdurch letztlich Ihre Gesundheit direkt und positiv beeinflussen.

    Achten Sie grundsätzlich darauf, dass Sie sich immer nur auf ein bestimmtes Nahrungsmittel tarieren. Kombinationen können, wie es die Salat- und Ananas-Versuche sowie das Spinat-Beispiel gezeigt haben, unsere Sinne trügen. Wenn Sie einmal rohe größere Spinatblätter für sich alleine probiert haben, werden Sie lernen, Oxalsäure zu schmecken. Erleben Sie diesen Geschmack später bei einem anderen Lebensmittel oder besonders stark wie bei manchen Sauerampferarten (Nelkenartige S. 209) oder Sauerklee (Sauerkleeartige), wissen Sie nun, dass sie aufgrund des vorhandenen Oxalsäuregehalts von diesem neuen Lebensmittel nur wenig oder gar nichts zu sich nehmen sollten. Durch Vergleichsverkostungen werden Sie mit der Zeit immer geschulter darin zu erkennen, welche Stoffe worin enthalten sind, und können so Ihr Geschmacksempfinden mehr und mehr verfeinern. Dass dies durchaus möglich ist, zeigt uns übrigens eine ganze Berufsgruppe: In der Lebensmittelindustrie gibt es Menschen, die wie Detektive einzelne Inhaltsstoffe herausschmecken, um entweder dem Geheimnis von Mitbewerberprodukten auf die Schliche zu kommen oder weil sie versuchen, die Natur möglichst genau zu imitieren.

    Warum Tarierungen für eine auf lange Sicht funktionierende Rohkosternährung so wichtig sind, soll das folgende Unterkapitel über den Ernährungsinstinkt veranschaulichen. Zwar sind die Ausführungen für das weitere Verständnis der anschließenden Kapitel (Säulen) nicht notwendig, helfen aber zu verstehen, warum im Buch zahlreiche Tarierungsvorschläge gegeben werden. Im Anschluss an dieses Extra-Kapitel werden wir uns dann der nächsten Säule zuwenden: unserer Verdauung.

    Blüte der Wilden Möhre

    Gibt es einen Ernährungsinstinkt?, oder: Warum Tarierungen so wichtig sind

    Der Zoologe und Verhaltensforscher Konrad Lorenz prägte den Ausdruck „Instinkthandlungen" für genetisch programmierte, das heißt angeborene Reaktionen auf Umweltreize, die durch einen Auslösemechanismus aus den Außenreizen herausgefiltert werden; Instinkthandlungen haben lebens- und arterhaltende Funktion.⁷ So wird auch im Rahmen der Rohkostliteratur immer wieder darüber diskutiert, ob es einen Ernährungsinstinkt gibt oder nicht: Manche Autoren bejahen dies, andere streiten es ab. Zweifellos reagieren wir auf Durst- und Hungergefühle und auch relativ stark auf bittere Substanzen (z. B. als Warnung vor alkaloidhaltigen, d. h. möglicherweise toxisch wirkenden Lebensmitteln). Gerüche und geschmackliche Einordnungen in „wohl oder „übel schmeckend helfen uns ebenfalls dabei zu bestimmen, was und wie viel wir in dem Moment trinken und/oder essen sollten. Dabei ist jedoch der momentane Bedarf an einem Lebensmittel einmal größer und einmal kleiner, nie aber eine genau festgelegte Portion (Menge). Die Frage aber ist, ob der Mensch tatsächlich imstande ist, instinktiv seinen allgemeinen Nährstoffbedarf erfassen und danach seine Nahrungsauswahl gestalten zu können.

    Im letzten Jahrhundert haben Mediziner und Verhaltensforscher diesbezüglich verschiedene Tests und Studien durchgeführt; als besonders interessant ist die in den 30er Jahren durchgeführte Studie „Freie Auswahl der Nahrung durch kleine Kinder" der Kinderärztin Dr. Clara M. Davis zu erwähnen.⁸ Diese Studie wurde zwar später aufgrund der methodischen Vorgehensweise kritisiert,⁹ weist jedoch einige beeindruckende Resultate auf:

    Historischer Rückblick

    Im Zusammenhang mit der Erforschung eines möglicherweise existierenden Ernährungsinstinkts sind zunächst u. a. die Arbeiten von Dr. Claude Bernard (1813–1878) und Dr. Walter Canon (1871–1945) zu erwähnen; Bernard betonte die interne Regulierung des inneren Milieus (Stoffwechsels), Canon die Selbstregulierung (Homöostase): Der Mensch sei imstande, sein inneres Milieu wie ein Seemann zu korrigieren, der aufgrund der Wellen und des Windes in eine gewisse Himmelsrichtung steuere und den Kurs korrigiere; im Hinblick auf die Nährstoffaufnahme bedeutet dies, dass er eine bedarfsbedingte Anpassung seiner Lebensmittelauswahl vornehmen könne, sodass sein inneres Milieu (der Soll-Zustand) konstant gehalten werde.¹⁰

    In der Tradition dieser Forschungen stehen dann die späteren Studien von Dr. Curt Paul Richter (1894–1988): Bei seinen Arbeiten nahm das Konzept des Instinkts in Bezug auf die Regulierung des inneren Milieus den Mittelpunkt seiner Forschung ein. Eine von ihm durchgeführte Studie beschäftigte sich schon 1938 mit dem Nährstoffbedarf für normales Wachstum und für die Fortpflanzung von Ratten und Schweinen durch die Selbstauswahl der Tiere. Bei den Versuchen wurden den Tieren jene Lebensmittel zur Auswahl gestellt, die sie auch in der Natur zur Verfügung haben; unter anderem auch zum Teil mit Vergleichsgruppen, die gesondert Einzelstoffe wie Salz und

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