Verliebt – und stets für andere Menschen da: Der Arzt vom Tegernsee 43 – Arztroman
Von Laura Martens
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Über dieses E-Book
Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
»So, da wären wir, Herr Bach«, meinte Werner Hofer und fuhr mit seinem Taxi in die Auffahrt des Doktorhauses. Kurz darauf hielt er an. »Warten Sie, ich helfe Ihnen beim Aussteigen.« Er ging um den Wagen herum und öffnete auf der Beifahrerseite den Schlag. Amos Bach hatte bereits seinen Gurt gelöst. Er zog etwas den Kopf ein und stieg aus. Tief atmete er den Duft der Frühlingsblumen ein, die rechts und links der Auffahrt blühten. Was hätte er darum gegeben, nur eine einzige dieser Blumen auch sehen zu können, aber das war seit zwanzig Jahren vorbei. Schmerzlich wurde ihm bewußt, daß er damals auf die Schönheiten der Natur keinen Wert gelegt hatte und achtlos an Blumen und Bäumen vorübergegangen war. – Nein, er wollte nicht darüber nachdenken. Es tat zu weh. Auch nach all den Jahren konnte er sich nicht mit seiner Blindheit abfinden. Werner Hofer reichte ihm seinen Stock und öffnete die Fondtür. »Komm, Nero«, forderte er den schwarzen Labrador auf, der auf dem Rücksitz lag und schläfrig blinzelte. Nero richtete sich schwerfällig auf und kletterte aus dem Wagen. Gähnend streckte er sich, bevor er sich zu Füßen seines Herrchens niederließ. Liebevoll stieß er mit dem Kopf gegen Amos' Bein. Der alte Mann griff nach der Führungsleine.
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Der Arzt vom Tegernsee
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Buchvorschau
Verliebt – und stets für andere Menschen da - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 43 –
Verliebt – und stets für andere Menschen da
Laura Martens
»So, da wären wir, Herr Bach«, meinte Werner Hofer und fuhr mit seinem Taxi in die Auffahrt des Doktorhauses. Kurz darauf hielt er an. »Warten Sie, ich helfe Ihnen beim Aussteigen.« Er ging um den Wagen herum und öffnete auf der Beifahrerseite den Schlag.
Amos Bach hatte bereits seinen Gurt gelöst. Er zog etwas den Kopf ein und stieg aus. Tief atmete er den Duft der Frühlingsblumen ein, die rechts und links der Auffahrt blühten. Was hätte er darum gegeben, nur eine einzige dieser Blumen auch sehen zu können, aber das war seit zwanzig Jahren vorbei. Schmerzlich wurde ihm bewußt, daß er damals auf die Schönheiten der Natur keinen Wert gelegt hatte und achtlos an Blumen und Bäumen vorübergegangen war. – Nein, er wollte nicht darüber nachdenken. Es tat zu weh. Auch nach all den Jahren konnte er sich nicht mit seiner Blindheit abfinden.
Werner Hofer reichte ihm seinen Stock und öffnete die Fondtür. »Komm, Nero«, forderte er den schwarzen Labrador auf, der auf dem Rücksitz lag und schläfrig blinzelte.
Nero richtete sich schwerfällig auf und kletterte aus dem Wagen. Gähnend streckte er sich, bevor er sich zu Füßen seines Herrchens niederließ. Liebevoll stieß er mit dem Kopf gegen Amos’ Bein. Der alte Mann griff nach der Führungsleine.
»Ich hole Sie nachher wieder ab, Herr Bach«, versprach Werner Hofer entgegenkommend. »Sie wissen, ein Anruf genügt, und ich bin da.«
»Gott sei Dank kann ich mich auf Sie verlassen, Herr Hofer.« Amos Bach nickte in die Richtung des Mannes. »Sie sind mir wirklich eine große Hilfe. Bei Ihnen weiß ich wenigstens, woran ich bin. In fremde Wagen steige ich nicht gern.«
»Das kann ich gut verstehen«, erwiderte Werner Hofer. Er stellte es sich schrecklich vor, blind zu sein und sich dadurch fast in allen Dingen auf andere verlassen zu müssen.
Katharina Wittenberg kam aus dem Haus. Sie hatte vom Küchenfenster aus die Ankunft des Blinden beobachtet. Freundlich begrüßte sie den alten Mann und strich Nero über den Kopf. »Hätten Sie Lust, nachher mit mir eine Tasse Kaffee zu trinken, Herr Bach?« fragte sie. »Ich habe heute vormittag Schneckennudeln gebacken. Wenn ich mich recht erinnere, Ihr Lieblingskuchen.«
»Da kann ich natürlich nicht nein sagen«, erklärte Amos. Er verabschiedete sich von Werner Hofer, der ins Taxi stieg und davonfuhr.
»Und du bestimmt auch nicht, Nero.« Katharina beugte sich über den Hund. »Na, so was, deine Schnauze wird ja bereits weiß. Sieht aus, als würdest du langsam in die Jahre kommen.«
»Nero ist letztes Jahr zwölf geworden«, sagte Herr Bach aufseufzend. »Leider«, fügte er hinzu. »Ich wünschte mir, er wäre noch ein paar Jährchen jünger. Was hätte ich ohne seine Hilfe getan? Und jetzt…« Er schüttelte den Kopf. »Das Leben kann verdammt grausam sein.«
»Da haben Sie allerdings recht«, pflichtete ihm die Haushälterin bei. »Ah, da ist ja auch Franzl.« Sie schaute dem Hund entgegen, der aus dem hinteren Teil des Gartens kam. »Sieht aus, als hätte er nach Mäusen gegraben. Seine Schnauze ist voller Erde.«
Franzl rannte zu Nero und begrüßte ihn schwanzwedelnd. Die beiden Hunde kannten sich seit Jahren. Nachdem sie einander ausgiebig beschnuppert hatten, schmiegte sich Franzl an den Blinden. Der alte Mann verstand und begann, ihn ausgiebig zu kraulen.
»So, Franzl, es ist genug«, meinte Katharina Wittenberg. Sie ging Amos voraus und öffnete für ihm die Praxistür. »Vergessen Sie nicht, nachher wartet eine Tasse Kaffee auf Sie, Herr Bach.«
»Wie könnte ich das vergessen?« fragte er und betrat mit seinem Hund die Praxis von Dr. Baumann.
»Halt, du nicht!« Katharina packte Franzl, der hinter Amos Bach und Nero in die Praxis schlüpfen wollte, am Halsband. Er wußte genau, daß er dort nichts verloren hatte, trotzdem probierte er es stets von neuem.
Tina Martens kam Herrn Bach entgegen. Da er übermäßige Hilfe haßte, behandelte sie ihn nicht anders als die übrigen Patienten. »Es wird noch ein paar Minuten dauern. Frau Bölzle ist bei Dr. Baumann«, sagte sie, nachdem sie ihn zu einem Sessel gebracht hatte, der zwischen Aufnahme und dem Behandlungsraum der Krankengymnastin stand. »So, Nero, du kannst dich hier hinlegen.« Sie wies auf die linke Seite des Sessels. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Nero einen Keks gebe, Herr Bach?«
»Nein, er hat es durchaus verdient, ein bißchen verwöhnt zu werden.« Amos beugte sich zu Nero hinunter und tätschelte dessen Kopf.
Franziska Löbl trat in den Gang. Sie wollte ihren nächsten Patienten aus dem Wartezimmer holen. Als sie Amos Bach bemerkte, blieb sie für einen Augenblick stehen, bevor sie weiterging. Sie hätte sich gern mit dem alten Herrn unterhalten, aber da er blind war und sie nicht sprechen konnte, war das unmöglich. Die junge Krankengymnastin hatte sich an und für sich damit abgefunden, daß sie durch einen Unfall in ihrer Kindheit die Fähigkeit zum Sprechen verloren hatte. Meist unterhielt sie sich mit anderen Leuten, in dem sie aufschrieb, was sie sagen wollte, doch in Momenten wie diesem fühlte sie sich absolut hilflos.
Dr. Baumann brachte Frau Bölzle zur Aufnahme und bat seine Sprechstundenhilfe, einen Termin zur Blutuntersuchung mit ihr zu vereinbaren, dann wandte er sich dem Blinden zu und begrüßte ihn. »Wir haben uns ja schon ein paar Wochen nicht mehr gesehen«, meinte er, als er zusammen mit ihm und Nero ins Sprechzimmer ging.
Amos Bach wartete, bis der Arzt die Tür hinter sich geschlossen hatte, bevor er erwiderte: »Mir ging es auch ganz gut, Dr. Baumann, doch seit einigen Tagen habe ich ab und zu Schmerzen in der Nierengegend. Außerdem ist mir leicht übel, ich muß erbrechen und ich schwitze ziemlich viel.«
»Dann sollten Sie sich erst einmal freimachen, Herr Bach«, sagte Eric und führte den alten Mann zur Untersuchungsliege.
Nero legte sich neben die Tür. Früher hätte er sein Herrchen keinen Moment aus den Augen gelassen, jetzt döste er, den Kopf in den Pfoten vergraben, nur vor sich hin.
Nach der Untersuchung setzte sich Amos Bach dem Arzt gegenüber an den Schreibtisch. »Wie sieht es aus?« fragte er. »Könnte ich etwas mit den Nieren haben?«
»Das kann ich Ihnen im Moment noch nicht sagen, Herr Bach«, antwortete Dr. Baumann. »Auf jeden Fall sollten wir der Sache auf den Grund gehen. Wäre es Ihnen möglich, morgen früh zur Blutabnahme zu kommen? Und bringen Sie bitte Urin mit. Außerdem möchte ich eine Ultraschalluntersuchung machen.«
»Was vermuten Sie denn?«
»Ihre Schmerzen könnten zwar auch von der Wirbelsäule kommen«, sagte Eric nach kurzem Nachdenken, »aber ich nehme eher an, daß Sie womöglich Nierensteine haben. Jedenfalls deuten alle Anzeichen darauf hin.«
Amos Bach lehnte sich zurück. »Oder sie sind psychischer Natur«, meinte er, »weil ich mir so große Sorgen um Nero mache. Wie Ihre Haushälterin vorhin schon feststellte, er bekommt bereits weiße Haare und ich merke ja auch, daß er alt wird. Seine Aufmerksamkeit läßt nach.«
Das konnte Eric nur bestätigen. So wie Nero neben der Tür lag, machte er auf ihn den Eindruck eines müden, alten Herrn.
»Sie kennen den jungen Mann, der mich betreut, Jürgen Mangold, ein wirklich netter Bursche«, fuhr Amos fort. »Wir sind in den letzten Jahren gute Freunde geworden. Jürgen kommt auch oft außerhalb seiner Dienstzeit