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Niedersächsisches Kommunalrecht
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eBook721 Seiten4 Stunden

Niedersächsisches Kommunalrecht

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Über dieses E-Book

Dieses Werk in der mittlerweile 6. Auflage behandelt die wesentlichen Themen des niedersächsischen Kommunalrechts. Die angeführten Quellenbelege dienen nicht nur dem Nachweis, sondern eignen sich auch zum Vertiefen der Thematik.

Das Lehrbuch richtet sich hauptsächlich an Auszubildende, insbesondere an Studieninstituten und den Kommunen, und an Studierende an den Verwaltungshochschulen der Länder sowie an Universitäten. Der Leser hat mit diesem Werk die Möglichkeit, Wissen in diesem Bereich zu erarbeiten, zu festigen und die behandelte Materie zu rekapitulieren. Doch nicht nur für die Ausbildung und Lehre ist dieses Buch geeignet; es richtet sich ebenfalls an Praktiker, d.h. Mitarbeiter der Kommunal- und Landesverwaltungen und an die Mitglieder kommunaler Vertretungsorgane, um sich kommunale Themen zu erarbeiten oder bekannte Themen auf der Basis des neuen NKomVG im Zusammenhang dargestellt zu bekommen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Jan. 2020
ISBN9783786910114
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    Buchvorschau

    Niedersächsisches Kommunalrecht - Jan Seybold

    2019

    ERSTER TEIL

    KOMMUNALE KÖRPERSCHAFTEN, IHRE AUFGABEN UND VERFASSUNGSRECHTLICHE GRUNDLAGEN

    In der Bundesrepublik Deutschland bilden die Kommunen die Grundlage des demokratischen Staates. Der Gedanke, dass das »Verwalten« des Zusammenlebens in einer örtlichen Gemeinschaft bestehend aus allen in ihr wohnenden Menschen von ihr selbst und nicht von einer übergeordneten Person geregelt werden sollte, wurde in Deutschland seit Anfang des 19. Jahrhunderts verfolgt.¹ Nachdem die Herrschaft zunächst vom Adel ausgeübt wurde, bestimmte die in Preußen 1808 erlassene Städteordnung, dass Bürger über ihre Angelegenheiten selbst bestimmen können. Das Interesse für öffentliche Angelegenheiten und mithin am Staat sollte dadurch gefördert werden.² Damals wie heute ist es der gesetzgeberische Wille, die Demokratie von unten nach oben aufzubauen, um eine möglichst hohe Identifikation der Bürger mit dem Staat zu erreichen.³ Er entspricht der Erkenntnis, dass die Demokratie in den Kommunen wurzelt. In der örtlichen Gemeinschaft kann der Bürger die zu erfüllenden öffentlichen Aufgaben am ehesten verstehen und sich demokratisch an Fragen der Gestaltung ihrer Wahrnehmung beteiligen.

    Um die Zukunft zu gestalten, haben sich 189 Nationen im Jahr 2000 auf die Millenniumserklärung geeinigt und sich so gemeinsam verpflichtet, Armut zu bekämpfen, sich für Frieden, für Demokratie, Menschenrechte und Sicherheit einzusetzen und die gemeinsame Umwelt zu schützen.⁴ So entstanden 2001 die sogenannten MDGs, welche 8 Milleniumsentwicklungsziele formulierten, die es bis 2015 zu erreichen galt.⁵ Für die Zeit nach 2015 haben die Vereinten Nationen (UN) eine Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung aufgestellt.⁶ Zu den 17 Zielen nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) gehören neben dem Ziel 4, inklusive, gerechte und hochwertige Bildung für alle Menschen zu gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle zu fördern, auch das ausdrücklich auf Kommunen bezogene Ziel, Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu machen.⁷

    Unter Nachhaltigkeit verstand man ursprünglich den Erhalt der Ressource Holz und übertrug den Gedanken später auf die Fischereiwirtschaft.⁸ Von einem weiteren Begriff ging die Brundtland-Kommission 1987 aus, indem sie den Begriff der Langfristigkeit zusätzlich mit einschloss.⁹ Mit dem Ziel »Sicherung von Überleben« entstand neben dem Reproduktionsgedanken zunehmend auch ein Entwicklungsgedanke. Dieser erweiterte Begriff soll in den folgenden Ausführungen zu Grunde gelegt werden, indem der Fokus nicht bloß auf ökologische Aspekte gerichtet wird, sondern auch Determinanten des individuellen Nachhaltigkeitsverhaltens aufgezeigt werden. Es sind nämlich gerade Kommunen als soziale Gemeinschaften, in denen das menschliche Zusammenleben der jetzigen und zukünftigen Generationen gerechtigkeitsbasierend dauerhaft gesichert werden kann.

    Nachhaltiges Handeln beginnt bei jedem einzelnen Menschen, der nämlich durch seine Entscheidungen (Konsumverhalten, Unterstützung Schwächerer, Einsatz für eine soziale Gemeinschaft und für den Naturschutz usw.) die Zukunft bestimmt. Empathiefähigkeit, soziale und emotionale Kompetenz bilden bei Kindern die Grundlage für Lernbereitschaft, Wissensdurst und Neugierde.¹⁰ Sie werden durch eigene Erfahrungen anhand entsprechender Vorbilder herausgeformt und gefestigt, wobei die Kommune (und nicht die Kleinfamilie) das größte Spektrum an Vorbildern mit unterschiedlichen Kompetenzen bietet.¹¹

    Kommunen sind die kleinste staatliche Einheit und bieten die Möglichkeit, im Dialog mit ihren Einwohnern Lösungen zur Verbesserung der Lebens- und Umweltqualität zu finden. Indem sie als Akteure staatlichen Handelns wahrgenommen werden, können sie für ihre Bevölkerung vorbildhaft sein und so die für ein nachhaltiges Handeln notwenigen Einsichten und Verhaltensweisen herbeiführen.¹² Der Trend zur »Bürgerkommune« ist wegbereitend für die nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene. Indem auf eine stärkere Teilnahme der Bürger an der demokratischen Willensbildung und auf eine höhere Bürgerzufriedenheit mit kommunalen Dienstleistungen und Planungsprojekten geachtet wird, können auch notwendige Veränderungen in der Lebensweise wie dem Konsumverhalten herbeigeführt werden. Kommunalverwaltungen sollten Unterstützungsnetzwerke der Bürger stärken, um so ein Verantwortungsbewusstsein für die Gemeinschaft zu etablieren und zu fördern.

    Das Zusammenleben und Zusammenwirken der in einer Kommune beheimateten Menschen profitiert nicht von einer zunehmenden Vorschriften- und Verwaltungsdichte.¹³ Vielmehr sollten gerade auf kommunaler Ebene Erfahrungsräume geschaffen werden, die es ermöglichen, dass alle Einwohner ihre Beziehungen eigenverantwortlich gestalten und aufeinander zugehen, statt sich voneinander abzugrenzen. Die Freude an dem Einsatz für die Kommune mit den eigenen individuellen Begabungen und Talenten ist ein Antrieb, der diesen Schritt ermöglicht. Die deutsche Verfassung sieht diesen Weg vor, indem sie den Gemeinden die sogenannte kommunale Selbstverwaltungsgarantie gewährt.¹⁴ Die Freude an der eigenverantwortlichen Gestaltung der gemeinsamen Zukunft gilt es auf kommunaler Ebene zu fördern. Wenn Kindern und Jugendlichen in einer Kommune vorgelebt wird, dass allen Einwohnern die zukünftige Entwicklung ihrer Kommune am Herzen liegt, ist der Weg geebnet, Potentiale zu entdecken und zu entfalten.

    Mit dem Entwicklungspotential in der internen Verwaltungspraxis befasst sich aktuelle Forschung zur nachhaltigen Kommunalverwaltung: Nachhaltigkeitsmanagement, Verwaltungsmodernisierung und kommunale Haushaltssteuerung (Doppik) werden verknüpft, um eine »integrierte Nachhaltigkeitssteuerung« für Kommunalverwaltungen zu entwickeln.¹⁵ Ein Vorzeigeprojekt in der Nachhaltigkeitsforschung ist LÜNESCO (Lüneburg Network for a Sustainable Community).¹⁶ Es handelt sich um ein Lehrforschungsprojekt des Masterstudiengangs Nachhaltigkeitswissenschaft der Leuphana Universität in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Lüneburg, welches als Kern eine von der Stadt neu geschaffene Koordinierungsstelle hat. Diese vernetzt zahlreiche Nachhaltigkeitsaktivitäten miteinander und erforscht die Frage, wie Indikatorensysteme ausgestaltet werden sollten, um eine nachhaltige Gemeindeentwicklung stärker fördern zu können.

    Um den komplexen Zukunftsfragen gewachsen zu sein, spielt Bildung eine wichtige Rolle. Die Grundlagen für die Wertschätzung und den Erhalt kultureller Vielfalt hat die UNESCO durch internationale Konventionen gelegt. Für die Umsetzung sind Kommunen die geeigneten Orte, indem sie zusätzlich zu Familie, Schule und Universitäten Räume für Bildungsprozesse schaffen. Damit es so zu einer Aktivierung zivilgesellschaftlicher Potenziale kommen kann, spielt neben problem- und handlungsorientierten Bildungsstrategien vor allem die Anregung von kulturellem Wandel, die Unterstützung beim Ausprobieren von Neuem und die Förderung von Kreativität und Innovation eine besondere Rolle.¹⁷

    A.KOMMUNALE AUFGABEN

    Aber welche konkreten Aufgaben haben Kommunen wahrzunehmen? Bevor hierfür Beispiele genannt werden, ist zunächst die Aufgabenstruktur zu beleuchten. Hierbei soll das Augenmerk zunächst nur auf die Gemeinden gerichtet werden, auch wenn der Begriff Kommune weiter gefasst ist.¹⁸ Im Anschluss werden die Aufgaben der Gemeindeverbände dargestellt. Aufgabenstruktur bedeutet, dass es verschiedene Aufgabengruppen gibt, für die bestimmte, jeweils unterschiedliche Regelungen gelten für z.B. Fragen zur Aufgabenfinanzierung oder auch zu den Eingriffsbefugnissen der Aufsichtsbehörden. Aus dieser Perspektive sind in Niedersachsen entsprechend der dualistischen Betrachtungsweise¹⁹ zunächst zwei »Wirkungskreise« der Gemeinde zu unterscheiden, der »eigene« und der »übertragene« Wirkungskreis. Zum eigenen Wirkungskreis gehören die kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben, zum übertragenen Wirkungskreis die Staatsaufgaben, welche der Staat, also das Bundesland Niedersachsen durch Parlamentsgesetz zur Erfüllung auf die Kommunen übertragen hat. Eine Aufgabenübertragung des Bundes auf die Kommunen ist seit der Föderalismusreform 2006 nicht mehr möglich.

    I.Eigener Wirkungskreis der Gemeinden

    Der eigene Wirkungskreis umfasst diejenigen Angelegenheiten, deren Erledigung den Gemeinden bereits verfassungsrechtlich vorbehalten ist, auf Bundesebene in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und für Niedersachsen in Art. 57 Abs. 1 und 4 NV. Es sind die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Die Erledigung dieser Angelegenheiten kann ihnen daher weder vom Land noch vom Bund durch Gesetz oder Verordnung abgenommen werden. Eine solche Regelung wäre verfassungswidrig und könnte von den Gemeinden mit einer Verfassungsklage angegriffen werden.²⁰

    Auch im Europäischen Recht werden Regelungen getroffen, die sich unmittelbar auf kommunale Aufgaben auswirken.²¹ In Deutschland gilt seit 1987 die »Europäische Charta der Kommunalen Selbstverwaltung« als Bundesgesetz.²² Auch wenn diese vom Europarat verabschiedeten Grundsätze noch nicht in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gelten, wurde die politische Stellung der Kommunen durch sie gestärkt. Für Deutschland hat diese Entwicklung indes kaum Auswirkungen, auch weil die Regelungen von Kommunen nicht auf europäischer Ebene einklagbar sind. Wirksam werden die Kommunen somit weiterhin verfassungsrechtlich auf Bundes- und Landesebene geschützt.

    Das Bundesverfassungsgericht hat definiert, was unter Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft i.S.v. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zu verstehen ist. Es handelt sich danach um Angelegenheiten, die »[…] den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen«.²³ Es sind »[…] diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben […]«.²⁴ Zu dieser ohnehin recht unscharfen Definition kommt, dass sie keinen für allemal feststehenden Aufgabenkreis beschreibt, und nach Einwohnerzahl und Größe unterschiedlichen Gemeinden auch unterschiedliche Aufgaben zuschreibt.²⁵ Landesgesetzlich ist der eigene Wirkungskreis der Gemeinden in § 5 Abs. 1 Nr. 1 geregelt.

    1.PFLICHTAUFGABEN DER GEMEINDEN

    Kommunale Selbstverwaltung bedeutet, dass die Kommunen im Grundsatz frei entscheiden können, ob überhaupt und ggf. wie sie öffentliche Aufgaben erfüllen. Für bestimmte Aufgaben ist ihnen jedoch das erste Wahlrecht abgenommen, indem der Gesetzgeber sie zu sogenannten »Pflichtaufgaben« bestimmt.²⁶ Die Freiheit der Kommunen zur Aufgabenerfüllung in diesem Bereich besteht im Rahmen der Gesetze.

    Seit 2006 gilt in Niedersachsen das sogenannte »Konnexitätsprinzip«²⁷, geregelt in Art. 57 Abs. 4 S. 2 NV, auch für Pflichtaufgaben.²⁸ Es bestimmt, dass der Gesetzgeber die Kommunen mit den Finanzmitteln auszustatten hat, die für die Erfüllung neuer Pflichtaufgaben notwendig werden. Eine Rückwirkung auf die am 1. Januar 2006 bereits bestehenden Pflichtaufgaben wurde jedoch nicht geregelt.²⁹ Auch wenn Aufgabenstandards erhöht werden, ist der finanzielle Mehraufwand auszugleichen.³⁰

    Die landesgesetzliche Regelungssystematik des eigenen Wirkungskreises in § 5 Abs. 1 ist wie auch bereits in der NGO missverständlich, weil die Pflichtaufgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 4 in der Aufzählung einen zu § 5 Abs. 1 Nr. 1, »alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft«, zusätzlichen Punkt einnehmen.³¹ Tatsächlich können Pflichtaufgaben nur Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sein. Folgende Aufgaben sind von allen Gemeinden als Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises wahrzunehmen:

    a) Gemeindestraßen

    Gemäß § 48 S. 1 NStrG sind die Gemeinden »Träger der Straßenbaulast«, was bedeutet, dass ihnen der Bau und die Unterhaltung der Gemeindestraßen obliegt. Auch die Straßenreinigung, wozu auch das Räumen von Eis und Schnee gehört, obliegt den Gemeinden, wobei letztgenannte Pflicht gemäß § 52 Abs. 4 S. 1 NStrG per Satzung auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke übertragen werden kann. Wer eine Straße über ihren eigentlichen Zweck hinaus nutzen möchte, braucht eine Erlaubnis von der Gemeinde gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 NStrG.³²

    b) Grundschulen

    Nach § 102 Abs. 1 NSchG sind die Gemeinden Schulträger der Grundschulen und haben haben als solche gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 NSchG »[…] die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, mit der notwendigen Einrichtung auszustatten und ordnungsgemäß zu unterhalten.«

    c) Abwasserbeseitigung

    Die Pflicht zur Abwasserbeseitigung von Gemeinden in ihrem Gebiet ergibt sich aus § 149 Abs. 1 S. 1 NWG. Nach § 150 Abs. 1 S. 1, 2 NWG können sie sich zu öffentlich-rechtlichen Körperschaften zusammenschließen, um dieser Pflicht nachzukommen.

    d) Feuerwehr und Hilfeleistung

    § 2 Abs. 1 S. 1 NBrandSchG verpflichtet die Gemeinden u. a. zum abwehrenden Brandschutz, also der Bereithaltung einer den örtlichen Verhältnissen angemessenen Feuerwehr sowie zur Hilfeleistung. Ab einer Größe von 100.000 Einwohnern müssen Gemeinden eine Berufsfeuerwehr aufstellen, wie § 9 Abs. 1 NBrandSchG regelt. Kleinere Gemeinden können wahlweise eine Berufsfeuerwehr, eine Freiwillige Feuerwehr oder, wenn die hierzu erforderliche Mindeststärke nicht erreicht werden kann, eine Pflichtfeuerwehr aufstellen, §§ 11 Abs. 1, 15 Abs. 1 NBrandSchG. Die Gemeinden haben sich hierbei auch gegenseitig zu unterstützen.³³

    2.FREIWILLIGE AUFGABEN DER GEMEINDEN

    Die übrigen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises sind sogenannte »freiwillige Aufgaben«. Gemäß Art. 57 Abs. 3 NV sind die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen.³⁴ Die Gemeinden haben ein Anrecht darauf, vom Gesetzgeber mit finanziellen Mitteln in der Höhe ausgestattet zu werden, dass sie in gewissen Umfang noch freiwillige Aufgaben wahrnehmen können. Die finanzielle Situation vieler Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Niedersachsen dürfte aber gleichwohl schlecht sein.³⁵ Gemäß Art. 57 III NV sind die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen.³⁶ Zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen zählen:³⁷

    a) Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation und Personennahverkehr

    Im Rahmen der sogenannten »Basisversorgung« sind die Gemeinden für die Versorgung der Einwohner mit Energie und Wasser zuständig.³⁸ Entsprechende Versorgungseinrichtungen wie auch Telekommunikationsleitungsnetze einschließlich der Telefondienstleistungen sowie den öffentliche Personennahverkehr können sie durch sogenannte Unternehmen betreiben, die auch Gewinne erzielen dürfen.³⁹ Weil die Gemeinde hierdurch in Konkurrenz zu privaten Dritten treten könnte, ist diese Aufgabenwahrnehmung von weiteren Voraussetzungen abhängig. Der öffentliche Personennahverkehr wird automatisch zur Pflichtaufgabe des Landkreises, wenn die Gemeinden nicht tätig werden.⁴⁰

    b) Bildungs- und Kulturangebote

    Außerdem sind Gemeinden für das Unterbreiten von Bildungs- und Kulturangeboten zuständig. In Form von sogenannten »öffentlichen Einrichtungen«, auf deren Nutzung grundsätzlich jeder Einwohner einen Anspruch hat, werden zu diesem Zweck beispielsweise Museen und Volkshochschulen errichtet und unterhalten.⁴¹ Das Betreiben einer kulturell, sozial und traditionsmäßig bedeutsamen Einrichtung, wozu auch ein Weihnachtsmarkt gehören kann, zählt zwar grundsätzlich⁴² zu den freiwilligen Aufgaben, darf aber nicht ohne Weiteres aufgegeben werden, denn der Gemeinde obliegt auch die Sicherung und Wahrung ihres Aufgabenbereiches.⁴³

    c) Soziale Leistungen

    Die Gemeinden können freiwillig soziale Leistungen wie die Unterhaltung eines Jugendhauses, einer Sozialstation oder eines Altenclubs.⁴⁴

    d) Förderung des Vereinswesens, Erholungs- und Sportförderung

    Nicht nur im sportlichen Bereich können die Gemeinden Vereine personell und finanziell unterstützen. Als öffentliche Einrichtungen werden den Einwohnern Sportplätze, Hallen- und Freibäder und Parkanlagen zur Verfügung gestellt.⁴⁵

    e) Wirtschaftsförderung

    Zur Förderung der Wirtschaft vor Ort können die Gemeinden Maßnahmen ergreifen, um die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen zu fördern. Sie können aber auch gezielt einzelne Wirtschaftsbereiche fördern und auch gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 NSpG Sparkassen errichten, wenn es ihnen von der Sparkassenbehörde gestattet wird, § 1 Abs. 2 NSpG.

    II.Übertragener Wirkungskreis der Gemeinden

    Im übertragenen Wirkungskreis übernehmen die Gemeinden staatliche Aufgaben des Landes oder des Bundes. Hierbei sind sie nicht nur an Gesetze gebunden, sondern haben sich auch den Weisungen der Aufsichtsbehörden zu unterwerfen. Beispiele für den übertragenen Wirkungskreis sind:

    1.PERSONENSTANDSWESEN, MELDEWESEN UND PERSONALAUSWEISE

    In den Standesämtern der Gemeinde, § 1 S. 1 Nds.AVO PStG werden die Personenstandsregister, also gemäß § 3 Abs. 1 PStG das Ehe-, das Partnerschafts-, das Geburten- sowie das Sterberegister geführt. Gemäß § 1 S. 2 Nds.AVO PStG gehören diese Aufgaben zum übertragenen Wirkungskreis.

    2.ALLGEMEINE GEFAHRENABWEHR

    Die Aufgabe der Gefahrenabwehr haben die Verwaltungsbehörden und die Polizei gemeinsam, § 1 Abs. 1 S. 1 Nds.SOG. Auch hier werden die Gemeinden, welche als Verwaltungsbehörden⁴⁶ nach § 97 Abs. 1 Nds.SOG grundsätzlich sachlich zuständig sind, gemäß § 97 Abs. 6 Nds.SOG im übertragenen Wirkungskreis tätig.

    3.GEWERBEANGELEGENHEITEN

    Für Gewerbeangelegenheiten, also unter anderem für die Erteilung von Erlaubnissen zum Betreiben eines genehmigungspflichtigen Gewerbes, aber auch für das Anzeigeverfahren sind die Gemeinden regelmäßig zuständig, was in der ZustVO-Wirtschaft, § 1, Anl. 1, geregelt ist. Auch für einige Maßnahmen nach dem GastG sind die Gemeinden danach zuständig.

    III.Samtgemeinden

    In Niedersachsen können sich Gemeinden gemäß § 97 S. 1 freiwillig zu Samtgemeinden zusammenschließen, um die Verwaltungskraft zu stärken. Indem eine Samtgemeinde gebildet wird, gehen gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 bestimmte Aufgaben der Gemeinden des eigenen Wirkungskreises auf die Samtgemeinde über. In diesen Bereichen haben die Mitgliedsgemeinden dann keine Kompetenzen mehr, und sie dürfen die Entscheidungen der Samtgemeinde auch nicht unterlaufen.⁴⁷ Die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises gehen sämtlichst auf die Samtgemeinden über, wie § 98 Abs. 2 S. 1 bestimmt. Die Übertragung weiterer Aufgaben des eigenen Wirkungskreises von der Gemeinde auf die Samtgemeinde ist in § 98 Abs. 1 S. 2, 3 und in Abs. 2 geregelt. Die Gemeinden einer Samtgemeinde werden als Mitgliedsgemeinden bezeichnet. Gemeinden, die keiner Samtgemeinde angehören, heißen Einheitsgemeinden. Damit Gemeinden sich zu Samtgemeinden zusammenschließen können, müssen sie gemäß § 97 S. 1 mindestens 400 Einwohner haben. Eine Samtgemeinde soll nach § 97 S. 2 mindestens 7.000 Einwohner haben. In Niedersachsen sind von insgesamt 943 Gemeinden 653 Mitgliedsgemeinden und 290 Einheitsgemeinden.⁴⁸

    Auch für einen in § 98 Abs. 1 S. 1 aufgestellten Katalog von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden sind die Samtgemeinden zuständig. Darüber hinaus können alle oder einzelne Mitgliedsgemeinden einer Samtgemeinde weitere Aufgaben des eigenen Wirkungskreises auf die Samtgemeinde übertragen, § 98 Abs. 1 S. 2. Es ist möglich, die finanziellen Folgen der Aufgabenübertragung auch mit Rückwirkung zu regeln.⁴⁹

    IV.Landkreise und die Region Hannover

    So wie Samtgemeinden sind auch Landkreise Verbände von Gemeinden.⁵⁰ Im Unterschied zu Samtgemeinden sind Landkreise vom Grundgesetz vorgesehene Gemeindeverbände und haben so wie auch die Gemeinden einen eigenen Wirkungskreis.⁵¹ Niedersachsens 37 Landkreise⁵² und die Region Hannover sind daher sowohl Gemeindeverbände aber auch Gebietskörperschaften, was so auch in § 3 Abs. 1 betont wird.⁵³ Es gibt in Niedersachsen acht »kreisfreie« Städte. Die Landeshauptstadt Hannover und Göttingen haben eine Sonderstellung.⁵⁴ Alle anderen Gemeinden sind Mitglied eines Landkreises.

    Auch Landkreise erfüllen freiwillige und Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis sowie Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis.

    1.FREIWILLIGE AUFGABEN

    Die freiwilligen Aufgaben können in überörtliche, ergänzende und ausgleichende Aufgaben eingeteilt werden⁵⁵, welche für Niedersachsen in § 3 Abs. 2 S. 1 und 2 geregelt sind.

    a) Überörtliche Aufgaben

    Überörtliche Aufgaben i.S.d. § 3 Abs. 2 S. 1 sind solche, die sich auf den Verwaltungsraum des Kreises und die gemeinsamen Bedürfnisse seiner Einwohner insgesamt beziehen und sich so einer einzelgemeindlichen Wahrnehmung entziehen.⁵⁶ Hierzu zählt beispielsweise die überörtliche Wirtschaftsförderung und die Energie- und Wasserversorgung mit überörtlichem Einzugsgebiet.⁵⁷

    b) Ergänzende Aufgaben

    Im Rahmen ihrer ergänzenden Funktion werden Landkreise tätig, wenn Gemeinden ihre Aufgaben aufgrund mangelnder Finanz- oder Verwaltungskraft nicht erfüllen können.⁵⁸ Beispiele für diese ergänzenden Aufgaben sind die Unterhaltung von Altenheimen, Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen aber auch von Musikschulen oder Volkshochschulen.⁵⁹

    c) Ausgleichende Aufgaben

    So wie bei den ergänzenden Aufgaben unterstützen Landkreise im Rahmen der ausgleichenden Aufgaben kreisangehörige Gemeinden mit geringer Leistungsfähigkeit und wirken so auf eine ausgeglichene Lastenverteilung und eine gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung im Kreisgebiet hin.⁶⁰ Im Unterschied zu den ergänzenden Aufgaben bleiben die Gemeinden im Rahmen der ausgleichenden Aufgaben selbst Aufgabenträger und die Landkreise treten nicht nach außen als Aufgabenträger auf.⁶¹ So leisten Landkreise Beratungs- und Planungshilfen sowie technische und organisatorische Unterstützung.

    2.PFLICHTAUFGABEN DES EIGENEN WIRKUNGSKREISES DER LANDKREISE

    Zu den Aufgaben, die Landkreise als Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis wahrnehmen, gehören:

    a) Kreisstraßen, ÖPNV und Regionalplanung

    Nach § 43 Abs. 1 S. 2 NStrG sind die Landkreise Träger der Straßenbaulast für Kreisstraßen. Sie sind ebenfalls Träger des öffentlichen Personennahverkehrs mit Ausnahme des Schienenpersonennahverkehrs, für den das Land zuständig ist.⁶² Nach § 20 Abs. 1 S. 1 NROG sind die Landkreise Träger der Regionalplanung und haben als solche das Regionale Raumordnungsprogramm aufzustellen und zu verwirklichen sowie Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung und raumbedeutsame Maßnahmen abzustimmen, § 1 Abs. 2 Nr. 2 NROG.

    b) Berufsbildende und allgemeinbildende Schulen

    Die Landkreise sind mit Ausnahme der Grundschulen gemäß § 102 Abs. 2 NSchG Schulträger für alle Schulformen. Hierzu gehören die berufsbildenden und die allgemeinbildenden Schulen. Auch die Schülerbeförderung ist Aufgabe der Landkreise, was in § 114 Abs. 1 S. 1 NSchG geregelt ist. Anders als in den meisten anderen Bundesländern sind in Niedersachsen nicht die Kommunen, sondern gemäß § 120 Abs. 1 S. 1 NSchG das Kultusministerium und die Landesschulbehörde für die Schulentwicklungsplanung zuständig.⁶³

    c) Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung

    Nach § 6 Abs. 1 S. 1 NAbfG sind die Landkreise Entsorgungsträger, das heißt, sie haben nach § 15 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen zu verwerten oder zu beseitigen. Die den Gemeinden obliegende Abwasserbeseitigung kann ein Landkreis übernehmen, soweit die Gemeinden dies beantragen, § 97 Abs. 2 S. 1 NWG. Dann wird diese Aufgabe gemäß § 97 Abs. 2 S. 2 NWG zur Pflichtaufgabe des Landkreises.

    d) Brandschutz, Rettungsdienst und Krankenhäuser

    So wie die Gemeinden zum abwehrenden Brandschutz verpflichtet sind, obliegt den Landkreisen der übergemeindliche abwehrende Brandschutz.⁶⁴ Diesen erfüllen die Landkreise z.B., indem sie Ausbilderlehrgänge durchführen und eine ständig bereite Einsatzleitzentrale sowie eine Kreisfeuerwehr bereithalten. Außerdem sind Landkreise zum vorbeugenden Brandschutz verpflichtet, § 3 Abs. 2 NBrandSchG. Auch die Sicherstellung eines Rettungsdienstes⁶⁵ sowie einer Krankenhausversorgung, § 1 S. 1 NdsKHG, sind Pflichtaufgaben der Landkreise.

    e) Sozialhilfe, Grundsicherung, Jugendhilfe, Betreuungswesen und Kriegsopferfürsorge

    Die Sozialleistungen Sozialhilfe⁶⁶, Grundsicherung für Arbeitssuchende⁶⁷ und die öffentliche Jugendhilfe⁶⁸ sind ebenfalls Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises der Landkreise. Gemäß § 1 S. 1 und 2 Nds.AGBtR sind die Landkreise und kreisfreien Städte als »Betreuungsstelle« für Betreuungsangelegenheiten i.S.v. § 1 S. 1 BtBG zuständig.

    f) Kindertagesstätten, u.U. Kinder- und Jugendhilfe

    Gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 SGB VIII hat jedes Kind vom vollendeten ersten Lebensjahr an und bis zum Schuleintritt einen Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Dieser Anspruch ist in Niedersachsen konkretisiert durch § 12 Abs. 1 KiTaG, wonach als Tageseinrichtung die Vormittagsgruppe eines Kindergartens oder einer dem Kindergarten entsprechenden Kleinen Kindertagesstätte in Betracht kommen. Der Anspruch des Kindes auf Besuch einer Tageseinrichtung besteht gegenüber dem sogenannten »Örtlichen Träger«, was in Niedersachsen gemäß § 1 Nds. AG SGB VIII Landkreise und kreisfreie Städte sind. Von ihnen werden auch Leistungen zur Jugendhilfe erbracht, d.h. gemäß § 2 Abs. 2 SGB VIII u.a. Angebote der Jugendarbeit und die Förderung der Erziehung in der Familie. Gemäß § 13 Abs. 1 Nds. AG SGB VIII können Gemeinden im Einvernehmen mit dem örtlichen Träger Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnehmen.

    3.AUFGABEN DES ÜBERTRAGENEN WIRKUNGSKREISES DER LANDKREISE

    a) Hilfen für psychisch Kranke und Leistungen an Asylbewerber

    Den Landkreisen und kreisfreien Städten obliegen gemäß § 3 NPsychKG die Hilfen⁶⁹ und Schutzmaßnahmen⁷⁰ für psychisch Kranke. Sie sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 AufnG auch grundsätzlich für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständig, also für die Gewährung von Leistungen wie Unterkunft, Heizung, Ernährung, Kleidung und Körperpflegebedarf.⁷¹

    b) Natur-, Tier- und Waldschutz

    Als untere Naturschutzbehörden, § 31 Abs. 1 S. 1 NAGBNatSchG haben die Landkreise und die kreisfreien Städte den Landschaftsrahmenplan als fachliche Grundlage für den Naturschutz in ihrem Bezirk aufzustellen. Weitere Aufgaben sind der gesetzliche Artenschutz und das Ausweisen von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten. Bevor Bauvorhaben in diesen Gebieten genehmigt werden, ist die Naturschutzbehörde zu beteiligen. Auch für die Durchführung des Tierschutzgesetzes sind von einigen Ausnahmen abgesehen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 10 AllgZustVO-Kom ebenfalls die Landkreise und die kreisfreien Städte zuständig und haben so das Leben und Wohlbefinden, § 1 S. 1 TierschG, aller Tiere insbesondere bei deren Haltung, §§ 2, 3 TierschG, zu schützen.

    Letztlich haben die Landkreise und kreisfreien Städte gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 NWaldLG auch die Aufgaben der Waldbehörden und der höheren Forstbehörden wahrzunehmen.⁷² Erstaufforstungen und Waldumwandlungen bedürfen gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 NWaldLG und § 9 Abs. 1 S. 1 NWaldLG ihrer Genehmigung.

    c) Jagdwesen

    Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 NJagdG sind die Landkreise und kreisfreien Städte Jagdbehörden und Behörden i.S.d. Bundesjagdgesetzes und so für die Kontrolle der Jagdausübung und der Wildhege sowie für die Einhaltung des Jagdschutzes zuständig.

    d) Abfallbehörden

    Nach § 41 Abs. 2 NAbfG sind untere Abfallbehörden die Landkreise und die kreisfreien Städte sowie die Städte Celle, Cuxhaven, Göttingen, Hildesheim und Lüneburg. Sie führen unter anderem das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz aus und haben so die Abfallentsorgung der gewerblichen Wirtschaft zu überwachen.

    e) Katastrophenschutz, Zivilschutz und Deichwesen

    Landkreise und kreisfreie Städte sind gemäß § 2 Abs. 1 NKatSG die Katastrophenschutzbehörden und haben also solche die Bekämpfung von Katastrophen vorzubereiten und durchzuführen. Hierzu haben sie gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 NKatSG einen Katastrophenschutzstab zu bilden. Auch für Evakuierungsmaßnahmen zum Schutz vor besonderen Gefahren im Verteidigungsfall oder für Zwecke der Verteidigung sind sie gemäß § 1 Nr. 1 AllZustVO-Kom, § 10 Abs. 1 ZSG zuständig. Sie sind gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 NDG auch untere Deichbehörden.

    f) Kommunalaufsicht

    Letztlich üben die Landkreise gemäß § 171 Abs. 2 die Kommunalaufsicht⁷³ über die die Gemeinden, welche nicht mindestens den Status einer großen selbstständigen Stadt haben, sowie über die Samtgemeinden aus. Über die großen selbstständigen Städte, die kreisfreien Städte, die Landkreise und die Region Hannover ist indes nach § 171 Abs. 1 das Niedersächsische Innenministerium die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde.

    V.Kreisfreie und große selbstständige Städte, selbstständige Gemeinden

    Zehn niedersächsische Städte, nämlich Hannover, Göttingen, Braunschweig, Delmenhorst, Emden, Oldenburg, Osnabrück, Salzgitter, Wilhelmshaven und Wolfsburg nehmen nach § 18 auch die gesamten Aufgaben wahr, für die grundsätzlich die Landkreise zuständig sind. Bis auf Hannover und Göttingen handelt es sich gemäß § 14 Abs. 6 bei diesen Städten um »kreisfreie Städte«. Zwar sind Hannover und Göttingen keine kreisfreien Städte, doch finden die Vorschriften auch für sie entsprechende Anwendung, was in §§ 15 Abs. 2 S. 2, 16 Abs. 2 geregelt ist.

    Nur die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises der Landkreise nehmen die großen selbstständigen Städte und die selbstständigen Gemeinden wahr, soweit dies nicht anders geregelt ist, § 17 S. 1. Die nach den kreisfreien Städten nächstgrößere Rechtsstellung von Gemeinden ist die große selbstständige Stadt. Diese Rechtsstellung haben gemäß § 14 Abs. 5 die Städte Celle, Cuxhaven, Goslar, Hameln, Hildesheim, Lingen (Ems) und Lüneburg. Die Rechtsstellung einer selbstständigen Gemeinde haben Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnern, § 14 Abs. 3 S. 1. Ab 20.000 Einwohnern können sie nach § 14 Abs. 3 S. 2 von der Landesregierung zu selbstständigen Gemeinden erklärt werden, wenn sie dies beantragen, ihre Verwaltungskraft dies rechtfertigt und die zweckmäßige Erfüllung der Kreisaufgaben nicht gefährdet wird.

    Zu den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, die selbstständige Gemeinden zusätzlich erfüllen, gehören das Versammlungswesen, bestimmte Gewerbe-, Handwerks- und Gaststättenangelegenheiten, Waffen, Straßenverkehr und Wohngeld.⁷⁴ Aufgaben, die von Gemeinden ab der Größe einer großen selbstständigen Stadt erfüllt werden, sind beispielsweise das Aufenthalts- und Passrecht, die Bauaufsicht, die Personenbeförderung, der Güterkraftverkehr und der Denkmalschutz.⁷⁵

    B.RECHTSNATUR VON KOMMUNEN: RECHTS-, GESCHÄFTS- UND DIENSTHERRENFÄHIGKEIT

    Kommunen in Niedersachsen sind nach § 1 Abs. 1 die Gemeinden, die Samtgemeinden, die Landkreise und die Region Hannover. Alle Kommunen sind juristische Personen des öffentlichen Rechts und können als solche so wie natürliche Personen Träger von Rechten und Pflichten sein.

    I.Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände

    Die Gemeinden, die Landkreise und die Region Hannover sind gemäß § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 Gebietskörperschaften. Kennzeichnend für Körperschaften ist, dass sie Mitglieder haben.⁷⁶ Für Gebietskörperschaften gilt, dass alle Einwohner Mitglieder der Gemeinde und des Landkreises sind, in deren Gebiet sie ihren Wohnsitz haben.⁷⁷ Samtgemeinden sind besondere öffentlich-rechtliche Körperschaften und »sonstige öffentliche Körperschafen« im Sinne des Art. 57 Abs. 1 NV.⁷⁸

    Landkreise, die Region Hannover und die Samtgemeinden sind darüber hinaus auch Gemeindeverbände, § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 3, und genießen als solche den Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG. Gemeindeverbände sind Zusammenschlüsse von Gemeinden zur Erfüllung von Aufgaben, welche von den Verbänden besser als von der einzelnen Gemeinde wahrgenommen werden können.⁷⁹

    II.Rechts-, Handlungs-, Geschäfts- und Deliktsfähigkeit der Kommunen

    Alle Kommunen sind juristische Personen, nämlich Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. Als solche sind sie rechtsfähig, das heißt, sie können selbstständige Träger von Rechten und Pflichten sein. Dies gilt auch in privatrechtlicher Hinsicht, so dass Kommunen beispielsweise auch Eigentümer von Grundstücken sein können und auch erbfähig sind.⁸⁰ Anders als natürliche Personen und juristische Personen des privaten Rechts sind Kommunen aber nicht grundrechtsfähig.⁸¹ Grundrechte gewähren Freiräume des Bürgers, die vor Eingriffen des Staates geschützt sind. Indem Kommunen Aufgaben der Eingriffsverwaltung erfüllen, sind sie grundrechtsverpflichtet, haben also die geschützten Freiräume des Bürgers zu achten.⁸² Somit schränken Grundrechte ihre Handlungsmöglichkeiten ein und erweitern nicht ihre Freiräume.⁸³

    Als juristische Personen sind die Kommunen handlungsfähig, können also rechtserhebliche Handlungen vornehmen.⁸⁴ Sie handeln wie alle juristischen Personen durch ihre Organe.⁸⁵ Kommunen sind auch geschäftsfähig, können also rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben und sich dadurch wirksam binden. Die Organe heißen in Niedersachsen gemäß § 7 Abs. 1 die Vertretung, der Hauptausschuss und die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte. Die Aufgabenzuständigkeiten sind überwiegend im NKomVG geregelt. Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte vertritt

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