Der Landrat im Spannungsverhältnis zwischen der Leitung der Aufsichtsbehörde und seiner möglichen Wiederwahl
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Durchschnittlich ist in Baden-Württemberg jeder dritte Kreisrat ein Bürgermeister. Der Landrat stellt sich folglich zum Teil den Kreisräten zur Wahl, die von der unter seiner Verantwortung stehenden Aufsichtsbehörde kontrolliert werden. Insbesondere bei einem seine Wiederwahl anstrebenden Landrat besteht die Gefahr eines Interessenkonflikts: Die Aufsichtstätigkeit könnte seinen Rückhalt bei den Bürgermeister gefährden und ihn zu einer nachsichtigeren Amtsführung bewegen.
Bei seiner Arbeit untersucht der Verfasser nach Nennung rechtlicher Grundlagen die Existenz von Interessenkonflikten des Landrats. Er stellt das von der Verfassung ermöglichte Instrument der Unvereinbarkeit von Bürgermeisteramt mit Kreisratsmandat sowie die in Deutschland mehrheitlich praktizierte Volkswahl der Landräte vor. Nach einem Blick auf andere Kommunalverfassungen werden einige Reformvorschläge auf ihre Eignung für die Verhinderung der aufgeworfenen Interessenkonflikte untersucht. Nach einer Beschreibung des aktuellen politischen Zustandes und einem Ausblick auf zur Debatte stehende zukünftige Entwicklungen präsentiert der Verfasser das Ergebnis seiner persönlichen Abwägung und die von ihm favorisierten Reformvorschläge.
Heinrich Philippe Waldmann
Heinrich Philippe Waldmann absolvierte von 2013 bis 2016 sein Studium "Bachelor of Arts - Public Management" an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl.
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Buchvorschau
Der Landrat im Spannungsverhältnis zwischen der Leitung der Aufsichtsbehörde und seiner möglichen Wiederwahl - Heinrich Philippe Waldmann
Reformvorschläge.
1. RECHTLICHE GRUNDLAGEN IN
BADEN-WÜRTTEMBERG
2.1 Der Landkreis und das
Landratsamt
2.1.1 Wesen des Landkreises
Der Landkreis ist hauptsächlich eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts.¹ Er besteht aus allen kreisangehörigen Gemeinden und den gemeindefreien Grundstücken (§ 6 Abs. 1 LKrO). Oberhalb der Gemeinden und unterhalb der staatlichen Landesverwaltung bilden die Kreise eine eigene Ebene im Verwaltungsaufbau.²
Definiert wird der Landkreis allerdings lediglich über seine Aufgaben. Er fördert nach § 1 Abs. 1 S. 1 LKrO das Wohl seiner Einwohner, unterstützt die kreiseigenen Gemeinden bei der Aufgabenerfüllung und trägt zu einem gerechten Lastenausgleich bei. Ein Hauptpfeiler der Kreisfinanzierung, die Kreisumlage, ist gleichzeitig ein Instrument dieser Funktion.³ Die kreisangehörigen Gemeinden entrichten einen vom Kreistag in der Haushaltssatzung festzulegenden Umlagesatz⁴ auf ihre Steuerkraftsumme. Weil finanzstarke Gemeinden somit größere Lasten tragen, sollen so einheitlichere Lebensverhältnisse hergestellt werden.⁵
Da die Landkreise (neben ihres vorrangigen Charakters der Gebietskörperschaft⁶) auch Gemeindeverbände⁷ i. S. d. Art. 28 Abs. 2 GG sind⁸, besitzen sie wie die Gemeinden auch das Selbstverwaltungsrecht. Ihre Allzuständigkeit ist allerdings subsidiär, sie sind für die die Leistungsfähigkeit der Gemeinden übersteigenden Aufgaben zuständig.⁹
Die Aufgaben der Kreise gliedern sich wie bei den Gemeinden in Pflichtaufgaben nach Weisung sowie freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben ohne Weisung. Unter letztere fallen beispielsweise die Sozial- und Jugendhilfe, die Berufsschulen, die Kreisstraßen, das Krankenhauswesen und die Abfallbeseitigung.¹⁰
2.1.2 Aufbau und Rechtsstellung des
Landratsamtes
Das Landratsamt ist nach § 1 Abs. 3 LKrO nicht nur die Behörde des Landkreises, sondern auch eine untere Verwaltungsbehörde. Deren Aufgaben fallen nicht unter die aufgeführten dreigeteilten Kreisaufgaben, sondern sind davon unabhängige Staatsaufgaben.¹¹ So ist das Landratsamt beispielsweise nach § 46 Abs. 1 Nr. 3 LBO i. V .m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG eine untere Baurechtsbehörde. Weil im nach außen stets als einheitliche Behörde auftretenden Landratsamt zwei Behörden zusammengefasst sind, umschreibt man diese „Doppelstellung,¹² auch mit dem Begriff der „kombinierten Einheitsbehörde
¹³, oder bildlich ausgedrückt als „Janusköpfigkeit"¹⁴.
Die Bediensteten des Landratsamtes werden für beide Behörden tätig und können zwischen ihnen ausgetauscht werden.¹⁵ Das Land stellt die für die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde erforderlichen Beamten des höheren Dienstes (§ 52 Abs. 1 S. 1 LKrO).
2.1.3 Funktion der Kommunalaufsicht als
Rechtsaufsichtsbehörde
Art. 28 Abs. 2 GG gibt den Gemeinden das Recht, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Sie sollen „ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und in eigener Verantwortung solidarisch gestalten
.¹⁶ Der Staat, dessen Teil die Gemeinden sind (§ 1 Abs. 1 GemO), hat zur Einhaltung des geltenden Rechts ein „notwendiges Gegenstück¹⁷, ein „verfassungsrechtlich gebotene[s] Korrelat der Selbstverwaltung
¹⁸ geschaffen: die staatliche Rechts- und Fachaufsicht.
Die Rechtsaufsicht stellt die Gesetzmäßigkeit der weisungsfreien Aufgaben sicher (§ 118 Abs. 1 GemO). Somit wird nicht die eventuelle Unzweckmäßigkeit einer Maßnahme, wohl aber die korrekte Ermessensausübung geprüft.¹⁹ § 119 GemO bestimmt das Innenministerium als oberste und das Regierungspräsidium als obere Rechtsaufsichtsbehörde für die Gemeinden. Das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde übt die Rechtsaufsicht über alle kreiseigenen Gemeinden mit Ausnahme der großen Kreisstädte aus und kann somit als Kommunalaufsichtsbehörde bezeichnet werden. Rechtsaufsichtsbehörde für die Landkreise und großen Kreisstädte ist das Regierungspräsidium. Dass im Landratsamt die staatliche Aufsicht von einem kommunalen Träger ausgeübt wird, ist nach herrschender Meinung unproblematisch.²⁰
Die Kommunalaufsicht übt von Amts wegen²¹ ihre Befugnisse im öffentlichen Interesse aus. Ein subjektiver Anspruch auf Einschreiten der Kommunalaufsicht besteht nicht.²² Ihr Ziel, die Sicherstellung der Bindung der Gemeinden an Recht und Gesetz²³ soll die Aufsicht stets mit Zurückhaltung erreichen: Nach § 118 Abs. 3 GemO darf sie „die Entschlusskraft und die Verantwortungsfreudigkeit" der Gemeinden nicht beeinträchtigen. Somit steht die beratende Tätigkeit im Vordergrund.²⁴
Um allerdings die Einhaltung von Recht und Gesetz überprüfen und notfalls erzwingen zu können, stehen der Kommunalaufsicht ein Informationsrecht (§ 120 GemO), ein Beanstandungsrecht (§ 121 GemO), ein Anordnungsrecht (§ 122 GemO), die Möglichkeit der Ersatzvornahme (§ 123 GemO) und die Bestellung eines Beauftragten nach § 124 GemO zur Verfügung. Gem. § 92 Nr. 1 LBG nimmt die Kommunalaufsicht gegenüber Bürgermeistern zudem dienstaufsichtsrechtliche Funktionen wahr. Darunter fallen insbesondere die Aufgaben der Disziplinarbehörde (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 LDG) und die Bearbeitung von Dienstaufsichtsbeschwerden.²⁵
Die Fachaufsicht kontrolliert im Gegensatz zur Rechtsaufsicht bei Weisungsaufgaben auch die Zweckmäßigkeit (§ 118 Abs. 2 GemO). Allerdings verfügt sie nur über ein Informationsrecht und muss sich zur Durchsetzung von Aufsichtsmitteln der Rechtsaufsichtsbehörde