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Verrate nichts: Wenn die Hoffnung schwindet - Teil 2
Verrate nichts: Wenn die Hoffnung schwindet - Teil 2
Verrate nichts: Wenn die Hoffnung schwindet - Teil 2
eBook348 Seiten5 Stunden

Verrate nichts: Wenn die Hoffnung schwindet - Teil 2

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Über dieses E-Book

Ranja kam zurück. Unerwartet stand sie an der Schwelle zu Docs Haus und bat darum, hereingelassen zu werden. Sie hatte ihren Platz gewählt, sich freiwillig für ein Leben an seiner Seite entschieden, festen Willens, mit ihm ein Imperium zu leiten.
Doch die CIA will ihre Vergehen nicht in Vergessenheit geraten lassen. Die Karten werden neu gemischt, interessante
Bekanntschaften geknüpft.
Aber wem kann Ranja nun noch vertrauen? Wer ist in dieser grausamen Welt, bestehend aus Mord und Verrat, in der sie nun lebt, Freund und Feind?
An den sonnigen Stränden Malibus ist eben nicht alles
Gold, was glänzt.
SpracheDeutsch
HerausgeberBurg Verlag
Erscheinungsdatum15. Nov. 2019
ISBN9783948397029
Verrate nichts: Wenn die Hoffnung schwindet - Teil 2
Autor

Ronja Anja Heim

Mein Name ist Ronja Anja Heim und ich wurde am 10.05.1990 in Kulmbach geboren. Trotz mehrerer Umzüge habe ich den Landkreis nie verlassen und bin nun in Rugendorf sesshaft geworden. Als Angestellte in der Auftragsbearbeitung bin ich für das Reha Team in Bayreuth tätig. Schon seit ich denken kann, schreibe ich in meiner Freizeit nieder, was ich erlebt habe, reime Gedichte und gestalte Karten für jeglichen Anlass. Auch an einem Roman habe ich mich früh versucht, jedoch nie beendet. Im letzten Jahr sollte es dann soweit sein und ich veröffentlichte meinen ersten Kriminalroman „Wenn die Hoffnung schwindet“. Seither halte ich an meinem Hobby, dem Schreiben fest und hoffe noch viele Ideen zu Papier bringen zu können.

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    Buchvorschau

    Verrate nichts - Ronja Anja Heim

    Artikel

    Ronja Anja Heim

    Verrate nichts

    Wenn die Hoffnung schwindet II

    Kapitel  1

    Doc bat Ranja herein. Sie waren beide sehr nervös. Doch er machte kein Geheimnis daraus, dass er sich über ihre Rückkehr freute. Seine Gefühle ihr gegenüber lagen schon sehr lange offen. Nun war es an ihr, den nächsten Schritt zu wagen, wenn sie das wollte.

    »Offensichtlich haben wir heute etwas zu feiern. Ich mixe dir einen Drink, wir sollten auf deine Rückkehr anstoßen.« Ranja schloss die Haustür hinter sich und sah einem aufgeregten Mann dabei zu, wie er durch das Wohnzimmer hinein in die angrenzende Küche eilte. Sie folgte ihm langsam. Dabei schaute sie sich in dem großen Raum um. Auf dem Sessel der Sitzgruppe legte sie ihren Rucksack ab. Er war nach wie vor ihr einziges Gepäckstück. Ihr noch übrig gebliebenes Leben befand sich einzig und alleine in ihm. In diesem Rucksack und ihren Erinnerungen. Der riesige Balkon hinter den großen Fenstergläsern, welche ebenso groß waren wie die Balkontüren an sich, strahlte regelrecht in der stetig wärmer werdenden Sonne. Das helle Holz ließ alles so warm und wohlig erscheinen. Auf seinem Geländer nahmen gerade zwei Möwen Platz. Eine der beiden Liegen war mit einem großen Badetuch bedeckt, ein leeres Glas stand noch auf dem kleinen Beistelltischchen. Über den Balkon hinweg konnte Ranja das blaue Meer sehen, wie es sich scheinbar endlos in die Ferne zu erstrecken schien. Es glitzerte im gleißenden Licht der Sonne. Selbst durch die geschlossene Balkontüre konnte sie das Rauschen der Wellen hören.

    Aus ihrer Bewunderung wurde Ranja nur durch Docs Geklimper in der Küche herausgerissen. Es hörte sich in ihren Ohren wie das Klirren kleiner Eiswürfel an. Neugierig folgte sie dem Geräusch. An der Küchenzeile zerteilte er gerade noch eine Limette. Ranja lehnte sich an das Holzmöbel und sah ihm bei der Arbeit zu. Die Ärmel seines schicken Hemdes hatte er etwas nach oben gekrempelt. Zu den schwarzen Lackschuhen und der ebenfalls schwarzen Anzughose trug er ein farbiges Hemd. Diese Farbe jedoch zu benennen, fiel ihr dieses Mal nicht leicht. Es war nicht rot und auch nicht rosa, sah beerenfarben aus und war dennoch nicht lila oder blau. Doch was es auch war, es gefiel ihr sehr gut und passte hervorragend zu ihm.

    Er bemerkte, wie sie ihn musterte, doch ließ sich davon nicht irritieren. »Du musterst mich aber ziemlich genau.« Etwas überrascht sah sie ihn an. Sie hatte vergessen, dass er derjenige der beiden Brüder war, welcher sein Herz auf der Zunge trug. »Mir gefällt dein Hemd sehr gut. Es steht dir hervorragend. Doch ich tue mich schwer, diese Farbe zu benennen«, lächelte sie ihn verlegen und ertappt zugleich an. Das Lächeln erwiderte er natürlich. Während er ihrem Drink mit einem Limettenblatt den letzten Schliff gab, sagte er: »Dieses Hemd habe ich mir sogar erst gestern gekauft. Die kräftige Farbe erinnerte mich an dein schimmerndes, dunkelrotes Haar.« Mit einem tiefen Blick in ihre Augen wandte er sich Ranja zu, als er diesen Satz vollendete, und reichte ihr das Glas. Nun brachte sie kein Wort mehr heraus und der Mund stand ihr offen. Ihr Herz schlug schneller, als hätte es längst begriffen, was geschehen war. Doch ihre Ohren und ihr Verstand schienen noch nicht ganz zu begreifen.

    Doc huschte an ihr vorüber und holte sein Glas, welches er beim Öffnen der Haustüre abgestellt hatte. Vor der Schlüsselschale des kleinen Beistelltischchens wartete es auf ihn. Als er zurückkam, stießen sie beide an. »Auf eine ungewisse Zukunft, denn nichts anderes kann ich dir versprechen«, sagte er. Fasziniert sah Ranja ihn an. Zustimmend nickte sie zu seinen ehrlichen Worten und beide tranken aus ihren dicken schwarzen Strohhalmen. »Ein eher weniger aufbauender Toast«, sagte Ranja leicht betrübt. »Welcher Spruch hätte dir denn besser gefallen?« Sie überlegte. Was erwartete sie sich überhaupt von der Zukunft? Mit welchen Hoffnungen war sie zurückgekehrt? War sie denn überhaupt in der Position, Wünsche äußern zu dürfen? »Wir sollten auf viele schöne Momente anstoßen, die noch kommen werden. Auf erfolgreiche Geschäfte und ein langes und glückliches Leben.« Er antwortete nicht sofort, doch schließlich sagte er: »Wenn es das ist, was du willst, dann sollten wir daran arbeiten.« Er lächelte, doch in seinem Blick lag etwas Unbestimmtes. Doch was drückte es aus? Hinter der Freude über ihr Wiedersehen war in seinen Augen noch etwas anderes zu erkennen. Es war ihr ein wenig unangenehm, wie sie spüren konnte, dass er nur darauf wartete und hoffte, dass sie sich nun endlich zu ihm bekennen würde. Wohl am besten sofort, mit einem Kuss hätte sie beide Wünsche besiegeln können. Und offenbar war sie auch dazu bereit, denn anderweitig hätte sie den Rückweg nach Amerika und zu ihm nicht angetreten, nach der Zeit, die sie alleine verbracht hatten. Mit dem Geld, das er ihr mitgegeben hatte, und den Papieren hätte sie sich überall auf der Welt absetzen können.

    Doch immer wieder dachte die so wandlungsfähige Frau an Daryll, stellte sich vor, ihn neben sich stehen zu sehen, und spürte seine Blicke auf sich ruhen. Sie war noch nicht bereit, ihn gehen zu lassen. Und dennoch, in dem Augenblick, als in der Küche die Stille zwischen ihnen einkehrte, verspürte sie kein stärkeres Verlangen, als Doc endlich zu küssen. Er sah es, fing den Moment auf und hoffte inständig, dass sie nur einen Schritt auf ihn zuginge, und er hätte ihr alles andere abgenommen. Doch diesen einen Schritt musste sie gehen, ganz alleine.

    Noch ehe sich die Situation entscheiden konnte, klingelte das Haustelefon. Doc stellte sein Glas auf der Küchenzeile ab und ging ins Wohnzimmer. Etwas enttäuscht sah Ranja zu Boden. Sie wusste nicht, ob sie über ihren Schatten hätte springen können, doch gerne hätte sie ihre Chance gehabt. »Ja, aber sehr gerne doch.« Etwas gedämpfter konnte Ranja die Gesprächsfetzen von Docs Telefonat mitverfolgen. Worum es ging, wusste sie nicht. Als er zurückkam, sah er auf seine edle Armbanduhr und sagte: »Wir sind für heute Abend eingeladen worden. Jemand hat wohl das freistehende Strandhaus neben uns gekauft und lädt nun die ganze Nachbarschaft ein.« Es gefiel ihr, wie er selbstverständlich von ihnen als »wir« und ihren gemeinsamen neuen Nachbarn sprach. Er sah sie an: »Es ist 12:30 Uhr, wir haben noch jede Menge Zeit. Ich mache dir einen Vorschlag. Wir trinken gemütlich aus, fahren in die Stadt, kaufen dir ein paar schöne Sachen und unter anderem etwas für heute Abend und machen es uns auf der Party nett.« »Das klingt großartig«, strahlte sie ihn an.

    Und so taten sie es auch. Zuvor schlüpften sie noch hinaus auf den Balkon und schlürften ihre kühlen Getränke in der Mittagssonne leer. Links neben ihnen zeigte Doc ihr das Haus, um welches es ging. Die Abstände der Häuser waren großzügig. Nur mit einem Fernglas hätte man erkennen können, was sich auf der Nachbarterrasse genauer abspielte. Das frisch verkaufte Haus war etwas größer und luxuriöser als jenes von Doc. Anstelle des großzügigen Balkons hatte der neue Nachbar eine riesige Sonnenterrasse. Statt seiner eigenen Treppe hinunter zum Strand hatte der neue Nachbar sich einen Teil davon privatisiert. Und dort, wo Doc seine Sonnenliegen und eine kleine Bar mit Grill und weiteren Sitzmöglichkeiten hatte, stand gegenüber ein Whirlpool, eine Tischtennisplatte und ein eingelassener Swimmingpool inmitten eines Kunstrasens.

    Sie unterhielten sich noch eine Weile locker und vertraut, standen eng beieinander, doch die freudige Umarmung zu ihrem Wiedersehen blieb vorerst der einzige Körperkontakt zwischen den zweien. Als sie beschlossen, dass es Zeit wurde, stellten sie ihre Gläser in der Küche ab. Von dort aus gelangten sie in die Garage. Doc drückte auf den Autoschlüssel in seiner Hosentasche und vor ihnen entriegelte sich in der sich nun erhellenden und sehr aufgeräumten Garage ein Audi RS7 Sportsback. »Ein 4.0 TFSI quattro performance MMI.« Ranja ließ sich beeindrucken. Eine auf Hochglanz polierte Limousine stand vor ihnen. Nagelneu, metallic schwarz, schönste Lederausstattung, mit einem geilen Facelift und allen Schikanen, die man sich nur erträumen konnte. »Wow, ein Wahnsinnswagen«, platzte es aus Ranja begeistert heraus. Als sie einstieg, fühlte sie sich wie eine Königin an Docs Seite. Er klappte seine Sonnenblende herunter, drückte auf den Transponder und öffnete somit sein Garagentor. Als er den Motor startete und langsam rückwärts aus seiner Einfahrt fuhr, übte das großen Eindruck auf die rothaarige Schönheit aus.

    Sie fuhren vom Grundstück. Es war großzügig nach vorne zur Straße gelegen und schön gestaltet von einem Landschaftsgärtner. Ein kleiner Weg hier, ein bewachsener Torbogen da, eine kleine Bank, die an einem Brunnen stand. Ranja liebte es. Sie stellte sich bereits ruhige Momente mit einem Buch und einer Tasse Kaffee dort vor. Docs Grundstück mochte nicht so pompös und modern sein wie das der meisten Nachbarn hier in dieser Gegend. Doch es hatte Charme, Esprit, es war ein kleiner Garten Eden, voller Charakter und Wohlstand, gutbürgerlich geblieben und dennoch überall mit einem großzügigen Hauch an Luxus. Die perfekte Mischung, und das offenbar nicht nur nach ihrem Geschmack.

    Gediegen fuhr er durch die Straßen Malibus, Kalifornien. Ranja bestaunte die Villen und die angelegten Gärten der Nachbarn. Sie folgten dem Pacific Coast Highway. Im Radio tönten fetzige Countrysongs. Von der tiefen Melancholie der Texte und den poppigen Elementen ließ sich Ranja treiben und fühlte sich großartig. Sie sah zu Doc hinüber, der sich seine schwarze Sonnenbrille aufgesetzt hatte und sich den Wind durch die gegelten Locken wehen ließ. Seinen Arm ließ er am offenen Fenster liegen. Er schien zufrieden und sie glaubte, auch er hörte genauer hin und verstand, worum es in dem Lied ging. Sie hatte einen selbstsicheren und gut aussehenden Mann an ihrer Seite, der nett und klug war und es offenbar verstand, die Momente so zu leben und zu lieben, wie sie es tat. Als ihr all das in diesem Moment klar wurde, sah sie ihn plötzlich mit anderen Augen. Rückblickend dachte sie an den letzten Abend in der niedlichen Pension. Als sie spontan tanzten und sich des Augenblicks erfreuten. Er verstand es, so zu leben, wie sie es immer wollte. Womöglich sah er, was sie sah. Als blickte er durch ihre Augen. Eine solche Person suchte Ranja insgeheim in ihrem Leben. Konnte sie diese Person in ihm gefunden haben? Er sah zu ihr hinüber und bemerkte, wie sie gedankenvertieft ansah. Doch sie lächelte, zuversichtlich und glücklich, und was er sah, gefiel ihm. Sein Herz schlug höher als das eines verliebten Schuljungen und er glaubte, dass sich sein Traum erfüllen könnte. Er bewunderte ihre schlichte Eleganz. Wie sie niemals versuchte, jemand anderes zu sein als sie selbst. Und dabei in seinen Augen einfach umwerfend war.

    Als sie in der Stadt angekommen waren, parkten sie am Rand der breiten Straße. Es wurde eben eine Lücke frei und die Menschen tummelten sich auf den Gehsteigen vor den Ladenzeilen. Trotz des verbreiteten Wohlstandes waren viele Blicke auf die schwarze Limousine von Doc gerichtet, als er einparkte. Erwartungsvoll stieg Ranja aus. Noch war sie mit ihren schlichten schwarzen Sneakers, der schwarzen, fransigen Röhrenjeans und dem knallroten und hautengen Longsleeve bekleidet. Für sie war dieser Stil sowohl hier fehl am Platz als auch dem Wetter nicht angepasst. Der Großteil trug natürlich sommerliche Klamotten, doch zu ihrem Erstaunen fand sie einige Exoten in der Menge, die ihren eigenen Stiefel fuhren. Doc kam um den Wagen herum und trat an ihre Seite. Er folgte Ranjas Blick in die Menge und sagte: »Ich nenne sie die Leopardenlady. Es gab noch nicht einen Tag, an dem ich in die Stadt kam und sie ohne ein gepunktetes Outfit sah. Das schwöre ich dir.« Lachend lotste er seine Begleitung in die erste Boutique hinein. Der helle Laden sah ordentlich und vornehm aus. Es duftete gut und im Hintergrund erklang eine wunderschöne Melodie. Eine hübsche junge Frau begrüßte sie höflichst und bot ihre Hilfe an. »Wir sehen uns erst einmal in Ruhe um, vielen Dank«, beschwichtigte Doc sie und führte Ranja tiefer in das Geschäft hinein. Beeindruckt flüsterte sie ihm zu: »Ich möchte ja nun wirklich nicht wie ein kleines Bäuerchen wirken, aber in einem solchen Laden war ich noch nie. Das ist ja der Hammer!« Er lächelte und beugte sich etwas zu ihr, um in ihr Ohr zurückflüstern zu können: »Das dachte ich mir, aber keine Sorge, du schlägst dich gut.« Sie warf ihm diesen gewissen Blick mit einem kessen Lächeln zu und musterte anschließend eine der Ausstellungspuppen. Das Outfit, welches ihr angezogen worden war, gefiel ihr prompt. »Nun, zweifelsohne hast du ebenfalls Spaß an solchen Shoppingtouren. Und einen guten Geschmack. Was auch immer du mir bereits besorgt hattest, war stets umwerfend«, sagte sie und dachte dabei an die mitgebrachten Tüten, welche sie damals in der alten Fabrik von ihm erhalten hatte. »Ich mag es, wie du es verstehst, dich gewählt auszudrücken.« Von ihr fasziniert starrte er nur Ranja an und ließ vorerst die Puppe außer Acht. Als sie zu ihm sah und seinen Blick auf das Ausstellungsstück lenkte, fragte sie ihn: »Also was glaubst du, wäre das nicht bereits etwas Schönes für heute Abend?« Er sah sich die Puppe an und winkte die freundliche Verkäuferin heran. »Dieses Outfit hätten wir gerne zum Probieren. Hosengröße 36, Größe S für das Oberteil und die Schuhe in 39. Suchen Sie noch eine passende Tasche dazu heraus.« »Sehr gerne«, strahlte die junge Dame und verschwand eifrig wieder. »Klare Ansage«, kicherte Ranja. Vor den Umkleidekabinen, welche größer und luxuriöser als alles andere waren, was die Rothaarige bis dahin gesehen hatte, waren Bänke und Tische hinter der Abtrennwand zum eigentlichen Laden aufgestellt, die an ein kleines Café erinnerten. Und tatsächlich ließ Doc an einer modernen Maschine für jeden von ihnen eine Tasse wohlduftenden Kaffee heraus, während sie auf die Verkäuferin warteten. »So kauft also Malibus Elite ein«, sagte Ranja und setzte sich überwältigt auf eine der Bänke. »Kann man so sagen.« Doc stellte ihr die weiße Tasse auf dem weißen Untersetzer vor die Nase. Selbst die Dekoration auf dem massiven Holztisch passte perfekt zu dem eleganten Laden als auch zu dem Polster der Bank, auf welcher sie saß. Mit seiner Tasse in der Hand setzte er sich ihr gegenüber. »Das lassen sie sich natürlich auch alles fürstlich bezahlen.« Zufrieden sah sie ihn an. »Und dank dem Deal kann ich mir zum ersten Mal in meinem Leben so etwas leisten, ohne dabei in Panik zu verfallen.« »Nicht doch. Behalte dein Geld. Es soll ein Notgroschen sein. Ich habe mehr, als ich ausgeben kann. Bei mir musst du nicht selbst bezahlen.« Verlegen lächelte sie und rührte in ihrem Kaffee herum. Sie wollte sich nicht aushalten lassen und trotzdem imponierte ihr das alles sehr. Doch verknüpfte er dies alles sicherlich mit Erwartungen, denen sie erst noch gerecht werden musste. So beeindruckend, wie Ranja das sich ihr bietende Leben bereits fand, so beängstigend war es für sie, da ihr das alles sehr fremd erschien. »Der Kaffee schmeckt hervorragend«, stellte sie also nüchtern fest, um Zeit zu gewinnen, ihre Gedanken zu sortieren. Die Verkäuferin hängte ihr die ausgesuchte Garderobe in eine der Kabinen. Entspannt trank sie dennoch erst ihren Kaffee aus und schlüpfte anschließend in die Ankleide, zog den Vorhang zu und probierte aufgeregt das Kostüm an. Es bestand aus einem sehr figurbetonten glockenförmigen Rock, der ihr bis zu den Knien reichte. Ganz in Schwarz. Die ebenfalls schwarzen Pumps hatten an den Zehen eine schöne abgerundete Form. Das gefiel Ranja bei Schuhen allgemein sehr gut. Die locker auf der Hüfte aufliegende Bluse war weiß und hatte viele große schwarze Punkte aufgedruckt bekommen. Um die Knopfleiste in der Mitte schlängelte sich der geschwungene, überstehende Saum des Designers von oben nach unten entlang. Dazu wurde ein schwarzer Blazer getragen und ein ebenso schwarzer, eleganter Hut, relativ flach, mit einer ebenfalls schönen Rundung. Er hatte einen etwas größeren Umfang und ein dickes, schwarzglänzendes Band, welches an der rechten Seite zu einer süßen Schleife gebunden war. Ranja sah in den Spiegel und dachte sofort an den Film Pretty Woman. Sie liebte dieses Outfit. Wie Julia Roberts trug sie ihr Haar rot und strahlte über das ganze Gesicht. Es machte aus ihr eine ernst zu nehmende Lady und dennoch wirkte es leicht verspielt. Würde sie nun ihr frisch gefärbtes Haar, das so wunderschön schimmerte, offen tragen ... Die dunkelroten Wellen passten perfekt in das Gesamtbild. Stolz zog Ranja den schweren grauen Vorhang zurück und präsentierte sich Doc und der wartenden Verkäuferin. Sie drehte sich verspielt einmal im Kreis. »Die Größe sitzt perfekt, ich liebe es!«, sagte sie. Die junge Verkäuferin ergriff zuerst das Wort. Ohne ihr übertrieben etwas vorzuheucheln, sagte sie: »Das können Sie wirklich tragen. Es steht Ihnen sehr gut.« Offenbar freute auch sie sich, wieder eine weitere Kundin glücklich gemacht zu haben. Dann sah Ranja zu Doc hinüber. Er betrachtete sie genau. »Ich denke, wir haben bereits etwas Passendes für heute Abend gefunden.« Es gefiel ihm. Dann wandte sich die Verkäuferin ihm zu. »Wir bieten einen ready-to-go-Service an. Wenn Sie sich in der Straße noch etwas umsehen möchten, können Sie gerne auf dem Rückweg die Kleidung frisch gewaschen und aufgebügelt für heute Abend mitnehmen.« »Na das ist doch perfekt. So machen wir das. Wie lange wird das in etwa dauern?« »In zwei Stunden könnten Sie es bereits wieder mitnehmen.« »Einverstanden«, nickte er.

    Ranja zog sich um und schlüpfte in ihre Klamotten hinein. Sie verblieben so mit der Verkäuferin, verließen den Laden und schlenderten die Straße entlang, Ausschau haltend nach noch etwas, das Ranja gefallen könnte. Doch immer wieder ließ sie sich von anderen Pärchen ablenken, die ihr ins Auge stachen. So auch die junge Brünette, die einen Mann an der Hand hatte, der locker Ranjas Großvater hätte sein können. Und das, obwohl sie davon überzeugt war, dass das Mädchen noch wesentlich jünger als sie selbst sein musste. »Überlegst du dir wieder, welche Geschichte hinter den verschiedenen Leuten stecken könnte?« Mit großen Augen sah sie Doc an. »Woher weißt du das denn bitte schön?«, ein verunsichertes Grinsen konnte sie sich noch abgewinnen. Doch mehr ließ das Gefühl, ertappt worden zu sein, nicht zu. »Weil ich das genauso mache«, lachte er los. »Ich könnte mich stundenlang in ein Café setzen und bräuchte nicht einmal eine Zeitung. Die vielen verschiedenen Menschen anzusehen, würde mir dabei vollkommen reichen und ich könnte stundenlang darüber philosophieren.« »Endlich jemand, der mich versteht!« Ranja war begeistert. Sie versuchte, es beiläufig aussehen zu lassen, doch sie war sehr nervös, als sie in diesem Moment versuchte, Docs Hand zu nehmen. Er sah bereits hinüber auf die andere Straßenseite, doch als er seine Hand um die ihre schloss, sah er sie dennoch kurz mit einem zufriedenen Lächeln an. In Ranjas Bauch schwirrten Tausende Schmetterlinge umher. So verliebt hatte sie sich bislang nur einmal zuvor gefühlt.

    In einem Laden nur für Herren wurde Doc von einem alten Mann mit weißem Haar und einem ebenso hellen Rauschebart herzlichst empfangen. »Mein Junge, schön dich wieder in meinem Geschäft begrüßen zu dürfen.« Es gab Küsschen links und Küsschen rechts. Auch der alte Herr war Italiener und zählte Doc zu seiner Stammkundschaft. »Wer ist denn diese bezaubernde junge Frau an deiner Seite?« »Das ist Ranja«, sagte er und trat einen Schritt beiseite. Der alte Herr gab ihr die Hand. »Und mein Name ist Giuseppe.« Er lächelte sie friedlich an und Ranja spürte sehr viel Wohlwollen von ihm ausstrahlen. »Es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, Giuseppe.« »Hast du etwas Neues für mich?«, fragte Doc ihn. »Sicher, mein Junge, ich habe immer etwas Neues auf Lager. Wer rastet, der rostet. Folgt mir.« Der Laden war etwas schmaler und kleiner als die anderen. Und trotz der vielen verspiegelten Wände hinter den einzelnen Regalen war das meiste hier eher weniger modern gehalten. Dunkles Dekor war ausgestellt und mit unzähligen Anzügen bestückt. Giuseppes Neuheiten befanden sich stets im hintersten Teil des Geschäfts. Auf ihrem Weg dorthin kamen sie an einem Regal vorbei, in welchem Ranja sofort die Hemden in der Farbe entdeckte, wie Doc eben eines trug. »Entschuldigung, Giuseppe?« Die Männer blieben stehen. »Das ist das gleiche Hemd, wie er es gerade trägt. Würden Sie mir sagen, wie sich die Farbe nennt?« Sie grinste Doc an. »Natürlich doch. Die verschiedensten Farben zu kennen, ist eine Kunst für sich. Man benötigt ein sehr gutes Auge«, betonte der alte Herr dabei. Er trat an Doc heran, starrte auf das Hemd und warf einen Blick in das Regal, an welchem Ranja noch stand. »Nun, das ist mittelviolettrot«, sagte er schließlich, zufrieden mit seiner Entscheidung. »Wärst du da jemals drauf gekommen?«, lachte sie Doc überrascht an. »Nein, sicherlich nicht«, er schüttelte mit einem Lächeln im Gesicht den Kopf. »Ich auch nicht!«

    Nach diesem kurzen, aber lustigen Moment gingen sie weiter. Am Ende des Ladens angekommen, stand ebenfalls eine Puppe mit der neusten Herrenkollektion auf einem Podest. Das mit Spots bestrahlte gute Stück war sehr ausgefallen gekleidet worden. Stolz präsentierte Giuseppe den Anzug, in einem extravaganten Grau gehalten. Dazu wurde unter dem Sakko ein mintgrünes Hemd getragen. Das gleichfarbige Einstecktuch befand sich in der Brusttasche des Sakkos, doch das eigentliche Highlight waren die Schuhe. Eine glänzende schwarze Lackspitze verzierte den Schnürschuh. Doch der restliche Schuh bestand aus echtem Krokoleder, das mit dunkelgrünen, schuppenartigen Farbklecksen versehen war. Ranja sah Doc seine Begeisterung bereits an. Er ging in die Knie und sah sich das Schuhwerk genauer an. Dann richtete er sich auf und fragte sie: »Was meinst du dazu, Süße?« »Es ist umwerfend, du könntest es problemlos tragen, ich würde dich gerne darin sehen.« »Abgemacht«, er wandte sich Giuseppe zu und reichte ihm seine Karte. »Meine neue Adresse. Du kennst meine Größen, stelle mir das komplette Set zusammen und sei so gut und lass es mir schicken.« »Natürlich doch, es ist mir ein Vergnügen, wie immer.«

    Auf dem Rückweg holten sie Ranjas Kostüm ab und machten sich auf den Heimweg. »Von dort bekommst du also immer deine tollen Anzüge.« »Ja, ich gehe schon seit bestimmt 15 Jahren zu Giuseppe. Er ist einfach der Beste.« »Und dein Landsmann, er ist wirklich sehr sehr nett.«

    Noch auf dem Rückweg nutzte Ranja einen unbeobachteten Moment und kniff sich in den Unterarm. Konnte das hier alles wirklich passieren? Jedes Detail, jeder Augenblick fügte sich zusammen, als hätte sie ihn sich nicht schöner erdenken können. Und das nach den letzten Jahren der Strapazen? Konnte das wirklich sein? Nur allzu gerne war sie bereit, sich dem hinzugeben, was da auf sie einströmte. Ihre Zweifel hatte sie in Deutschland zurückgelassen. Dieses große, weite Land schien wirklich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein.

    Als sie wieder am Strandhaus angekommen waren, öffnete sich das Rolltor zur Straße hin. Das Grundstück war von einem edel und dennoch nicht aufdringlich wirkenden Metallzaun umgeben. Er war sehr hoch und an den spitzen Enden käme so schnell niemand vorbei. Die meisten der anderen Grundstückbesitzer hatten sich jedoch für hochgezogene weiße Wände entschieden. Doc fand das sehr schade, man konnte so nichts von den schönen Grundstücken sehen und Einbrecher finden ohnehin immer einen Weg. Doch um diese sorgte er sich nicht. Hinter dem Rolltor stand an der Auffahrt zum Haus ein kleines Wachhäuschen. Bruno saß darin, las gerade seine Zeitung und beobachtete nebenbei die vielen kleinen Monitore. Das große Grundstück wurde dank zahlreicher Kameras gut überwacht. Am Zaun lief ein Neuer, den Bruno unter seine Fittiche genommen hatte, mit dem MG im Anschlag Streife. »Wer ist der Neue?«, fragte Ranja neugierig, als sie der Garage näher kamen. »Das ist Brunos Cousin. Er war bei den Marines und fragte an, ob er im privaten Bereich für mich arbeiten könne.« »Das heißt, du hast den Jungs Bescheid gegeben?« »Es ist noch nicht das komplette Team informiert. Ich bin mir noch nicht sicher, wie es weitergehen soll. Ich wollte aber Bruno an meiner Seite wissen. Er kam sofort her, als ich ihm erzählte, was passiert war.« »Er stieg als Erstes in euer Team mit ein, nicht wahr?« Doc nickte. »Ja, er gehört praktisch zur Familie. Und, na ja, brachte als Verstärkung eben Jack mit. Ich hatte gehofft, wir würden uns in Ruhe zusammensetzen und besprechen, wie wir weitermachen.« Damit meinte er nur sich und Ranja. Und auch sie hatte sich bereits insgeheim Gedanken darüber gemacht. Doch wie er wohl auch, war Ranja noch zu keinem Entschluss gekommen. »Ja, das machen wir«, sagte sie schließlich.

    Sie betraten die Küche. Ranja legte das vorbereitete Kostüm in der Folie über eine der Stuhllehnen und stellte die Schuhe am Boden davor ab. Die kleine glänzende schwarze Handtasche war in der Plastikhaube mit versteckt worden. »Ich habe hier noch eine kleine Überraschung für dich«, sagte Doc. Als sich Ranja umdrehte, reichte er ihr eine kleine Schmuckdose. Mit großen Augen nahm Ranja diese überwältigt an sich und öffnete sie. Darin lagen zwei funkelnde Silbercreolen. Nicht zu groß und nicht zu klein, sie waren perfekt. Ineinandergewunden wechselte sich die glänzende mit der mattierten Seite ab. »Sie sind wunderschön!«, flüsterte seine Königin fast schon andächtig. Sie sah ihn an. »Wie konntest du sie nur unbemerkt kaufen?« »Ein Mann braucht seine Geheimnisse«, lächelte er. »Sie gefallen dir also?« Da stand er vor ihr, der große, stattliche Traummann, und machte ihr teure Geschenke. »Sie sind umwerfend! Wirklich. Ich hoffe, ich werde mit ihnen an deiner Seite nachher einen guten Eindruck machen«, strahlte sie ihn an. Die überwältigte Frau wurde zunehmend verunsichert, da er ihr inzwischen etwas näher gekommen war. Doc fasste sie mit beiden Händen vorsichtig an den Armen an und zog sie sachte etwas auf sich zu. Dann nahm er ihr die Schmuckbox aus der Hand, legte sie auf den Tisch, wandte sich ihr wieder zu und sagte: »Wenn du mir nur dein Lächeln später schenkst, während es alle anderen sehen können, wirst du die Schönste für mich sein.« Sein Blick brannte sich in ihrem fest. Da gab es diesen einen Mann, der sie alle haben konnte, und stattdessen wollte er nur diese eine Frau. Und zwar sie. Sie, diese eine Frau an seiner Seite, die sich zu ihm bekennen würde und er somit all das hätte, was er sich mit seinem vielen Geld nicht kaufen könnte. Von seinen fast schon zu perfekt gewählten Worten berührt, war sie dennoch noch immer misstrauisch geblieben. Jedoch spürte sie, dass dies der Moment war, auf den sie beide den ganzen Tag über gewartet hatten. Und so schmiegte sie sich an ihn, reckte ihren Kopf ein klein wenig nach oben und er kam ihr auf halben Wege entgegen. Sie schloss die Augen und spürte, wie ihre Lippen seine berührten. Als sie dann ihren Mund öffnete und ihre Zunge ihren Gegenpart fand, entzündete sich in ihr ein Feuerwerk. Oft schon hatte sie sich versucht vorzustellen, wie dieser Augenblick werden würde. Bereits von dem Moment an, als sie gemeinsam vor der alten Fabrikhalle standen und sich den Himmel ansahen, spielte sie dieses Szenario immer und immer wieder durch. Und jetzt, wo es so weit war, konnte sie sich nicht darauf konzentrieren, was ihre Hände taten. Ob sie ihn zärtlich streichelten oder ihn schlicht festhielten, spielte nun keine Rolle für sie. Denn sie verschwand im Augenblick und gab sich ganz dem hin, was geschah, genoss seine Nähe, ohne darauf zu achten, wie sie sich gab. Ranja wusste nicht, wie lange sie sich in diesem schwebenden Zustand befanden. Doch als sie sich in die Augen sahen, gab es keine Worte, die mehr hätten sagen können.

    Der junge Abend war angebrochen und Ranja bezog mit ihren wenigen Habseligkeiten das Hauptschlafzimmer. Während sie sich im Badezimmer fertig machte, lag Doc schon zurechtgemacht auf dem Bett und zappte noch ein wenig durch die Fernsehprogramme. Um auf Ranja abgestimmt zu sein und ebenfalls glänzen zu können, trug er einen modisch geschnittenen weißen Anzug. Ein schwarzes Hemd und ein rotes Einstecktuch rundeten das Outfit des smarten Italieners ab. Als Ranja fertig war und aus dem Badezimmer herauskam, stellte sie sich vor ihn und sagte: »Mir gefällt, was ich sehe.« Sie lächelte ihn an und reichte ihm die Hand. Er ließ sich hochziehen und baute sich vor ihr auf. Ihre Haare trug sie offen und leicht gelockt. Sie ließ sie an ihrer linken Seite vor der Brust herunterhängen, ganz so, wie sie sich in ihrer Vorstellung bei der Anprobe sah. Nur leicht hatte sie etwas Make-up aufgelegt, um ihre Augen zu betonen. Ein zarter Kajalstrich und nur ein Hauch Rouge. Auch ihre Lippen hatte sie dezent betont. Ihm gefiel ebenfalls, was er sah. Durch Ranjas Absätze fehlte nun nur noch etwas mehr als ein halber Kopf, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein.

    Sie lächelten sich an und machten sich auf den Weg, liefen die Einfahrt hinunter, um Bruno noch Bescheid geben zu können. »Es freut mich,

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