Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Hessen mörderisch genießen: 20 Krimis und 20 Rezepte aus Hessen
Hessen mörderisch genießen: 20 Krimis und 20 Rezepte aus Hessen
Hessen mörderisch genießen: 20 Krimis und 20 Rezepte aus Hessen
eBook232 Seiten2 Stunden

Hessen mörderisch genießen: 20 Krimis und 20 Rezepte aus Hessen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Das wunderschöne Hessen hat nicht nur malerische Landschaften und eine deftige, zugleich köstliche Küche, sondern auch ganz andere Seiten zu bieten. Hinter der hübschen Fassade kocht und brodelt es vor krimineller Energie.
In 20 spannenden Krimis kommen neben Pfanne und Schöpflöffel auch Pistole und Garrotte zum Einsatz, und Kochen wird zum tödlichen Duell. Da wird gemordet und gebrutzelt, gemeuchelt und gebraten, betrogen und gebacken. Aber immer mit einem guten Tropfen und ausgesuchten hessischen Spezialitäten.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum4. Okt. 2019
ISBN9783954287949
Hessen mörderisch genießen: 20 Krimis und 20 Rezepte aus Hessen

Mehr von Kai Riedermann lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Hessen mörderisch genießen

Ähnliche E-Books

Regionale & ethnische Lebensmittel für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Hessen mörderisch genießen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Hessen mörderisch genießen - Kai Riedermann

    Viten

    Ebbelwoi-Express

    (Frankfurt)

    URSULA SCHMID-SPREER

    Oberkommissar Klaus Hofmockel lehnte sich entspannt zurück. Der Apfelweinbraten hatte ihm hervorragend geschmeckt.

    »Hätten Sie den Braten gerne in Begleitung von Rotkraut und Klößen?«, hatte ihn die Serviererin gefragt. »Und dazu natürlich einen Ebbelwoi!«

    Klaus strich sich über seinen Bauch, ließ die Zungenspitze sehen und sagte freundlich: »Nach dem dritten Becher freunde ich mich sogar mit diesem Getränk an. Aber verraten Sie mir doch bitte das Geheimnis des tollen Bratens.«

    Man sah der Serviererin an, dass sie geschmeichelt war. »Das ist ein altes Rezept meiner Oma. Gute Zutaten ergeben ein gutes Gericht. Das Gemüse hat Bioqualität und die Schweineschulter ist von hiesigen Bauern.«

    »Also glückliche Schweine …?«

    »Sicher!«

    Die letzten Wochen waren ziemlich stressig gewesen, er brauchte dringend etwas Erholung. Einen Cold Case musste er bearbeiten, bei dem alte Familiengeheimnisse ans Tageslicht gekommen waren.

    Seine Chefin hatte nur genickt, als er um ein verlängertes Wochenende bat. Er wollte zur Ruhe kommen und Kraft für neue Fälle tanken.

    Jetzt saß er in dieser Sachsenhausener Wirtschaft, ließ es sich schmecken und wartete auf den Ebbelwoi-Express.

    Am Nebentisch wurde dezent gestritten. »Mögen dir deine Ärmel beim Händewaschen langsam runterrutschen!«

    »Ha, und ich wünsche dir, dass du nachts viermal Harndrang hast, aber nur dreimal wach wirst!«

    Das waren ja zwei Herzchen, die sich da verbal attackierten. Klaus hatte jedes Wort verstanden. Er grinste; die beiden machten ihm in Sachen blöde Sprüche richtiggehend Konkurrenz.

    Er hob die Hand, um der Kellnerin zu signalisieren, dass er zahlen wollte. Die Tour durch die Mainmetropole würde bald beginnen. Er wollte schon immer mal mit einer historischen Straßenbahn fahren. Sie sollte durch die Altstadt, durch das Bahnhofsviertel und durch Sachsenhausen führen.

    Beim Gehen hörte er noch, wie der Mann zu der Frau sagte: »Weißt du, was der Unterschied zwischen dir und einem Joghurt ist? Dachte ich es mir, du hast keinen Schimmer, Joghurt hat Kultur.«

    Klaus reckte sein Gesicht in die Sonne. Vor ihm lagen zwei freie Tage. An nichts denken, sich treiben lassen, gut essen und vor allen Dingen nicht reden müssen. Erst auf dem Heimweg wollte er bei seiner Tante Hilde vorbeischauen. Auf einen kurzen Kaffee, deshalb hatte er sich Frankfurt für dieses Wochenende ausgesucht.

    »Einsteigen, Herrschaften! Herzlich willkommen zur Fahrt mit dem Ebbelwoi-Express

    Der junge Mann, er trug eine altmodische Uniform, hob sich damit von der grell bemalten Straßenbahn ab. Er schob sich die Mütze in den Nacken.

    Klaus nahm die Fahrkarte von ihm entgegen.

    »Für die paar Flocken gibt’s noch eine Flasche Ebbelwoi und eine Tüte Brezeln dazu. Oder möchten Sie lieber ein Wasser?«

    Klaus griente.

    »Hab ich’s mir doch gedacht. Ein Kenner. Genießen Sie die Fahrt.« Der Uniformierte reichte ihm die Flasche Ebbelwoi.

    Klaus nahm Platz und glaubte sich zu verhören, als er die leicht piepsige Stimme aus dem Café vernahm. Das Paar, das sich mit so einfallsreichen Ausdrücken beschimpft hatte. Das konnte ja heiter werden. Jetzt setzte sich das Pärchen auch noch seitlich von ihm hin.

    »Du schwitzt, Erwin.« Sie reichte ihm ein Taschentuch.

    »Nein, meine Haarwurzeln weinen, weil du so einen Stuss erzählst.«

    Aus dem Augenwinkel sah Klaus, dass sich die Frau eine lila gefärbte Haarsträhne aus der Stirn strich. Die Lippen hielt sie dabei fest aufeinander gepresst.

    »Herzlisch willkomme und viel Vergnüschen«, hörte man eine blecherne Stimme aus dem Lautsprecher. »Wie schön, dass Sie mit uns die urige Ebbelwoi-Fahrt genießen wollen. Wir fahren in einem Rundkurs viele Sehenswürdigkeiten der Stadt ab. Da heute Samstag ist, können Sie an den Haltestellen beliebig ein- oder aussteigen und zu einem späteren Zeitpunkt die Fahrt fortsetzen.«

    Der Schaffner erzählte noch einiges über Frankfurt, über den Ebbelwoi, über die Sehenswürdigkeiten und ab und zu machte er auch einen Witz. Klaus genoss die Fahrt und den wohl dosierten Dialekt.

    »Äbbelwoi«, hörte Klaus. »Kann mir das mal einer erklären,

    wie der gemacht wird, oder muss ich erst googeln? Und dann schreiben sie einmal Äbbelwoi und einmal Ebbelwoi. Was ist nun richtig?«

    »Erwin, reg dich doch nicht schon wieder auf.« Erwin trug eine Igelfrisur.

    »Ich bin noch nicht auf Betriebstemperatur, die sollen mal einen Ebbelwoi rüberwachsen lassen.«

    »Hier ist doch ein Fläschchen.« Klaus sah im sich spiegelnden Fenster, wie die lila Haarsträhne ihrem Gegenüber die Flasche hinhielt. Er versuchte, den Verschluss aufzuschrauben. Es gelang nicht sofort.

    Die lila Haarsträhne reichte ihm ein Taschenmesser. »Vielleicht geht’s damit leichter auf?«

    Erwin lockerte den Ring und der Verschluss ließ sich öffnen. Er trank gleich aus der Flasche und gab ihr das Messer zurück.

    »Was schaust du wie die Klofee beim Kacken?«

    Klaus fühlte so etwas wie Fremdschämen. Der Mann war so unangenehm wie Sodbrennen. Kamen solche Typen eigentlich schon als Arschloch auf die Welt?

    »Wir machen hier am Willy-Brandt-Platz einen Stopp. Dieser Platz liegt innerhalb des Bankenviertels an den Frankfurter Wallanlagen. Eine ringförmige Grünanlage, die aus sieben Abschnitten besteht. Sie tragen die Namen der ehemaligen Stadttore. Links sehen Sie die Städtischen Bühnen. Davor steht der Märchenbrunnen.«

    Die beiden stiegen aus, ohne weitere Erklärungen abzuwarten.

    Klaus konnte nur den Kopf schütteln ob so viel Desinteresses. Manchmal glaubte er wirklich, dass bei einigen Leuten im Kindesalter die Schaukel zu nah an der Hauswand gestanden hatte.

    »Sie können gerne aussteigen und sisch umgugge. Viel Spaß.«

    »Entschuldigen Sie«, sagte Klaus zu dem jungen Mann in Uniform. »Ich habe nicht ganz aufgepasst. Wie war das noch einmal mit dem Märchenbrunnen?«

    Der junge Mann lachte und antwortete: »Ich will Lehrer werden, da kann ich mich dann jetzt schon mal vorbereiten, wenn ich etwas erkläre und keiner hört zu.«

    »Entschuldigung«, murmelte Klaus. »Ist mir echt peinlich.«

    »Muss Ihnen nicht peinlich sein. Sehen Sie die Bronzefiguren? Die wurden im 2. Weltkrieg eingeschmolzen. Man fand Fotografien und hat sie wieder rekonstruiert.«

    Ein lauter Schrei unterbrach den Vortrag. Eine Frau gestikulierte wild. Klaus erkannte die lila Haarsträhne.

    Er war zu sehr Polizist, um nicht darauf zu reagieren. Mit wenigen Schritten war er bei ihr. Erwin lehnte zusammengesunken am Brunnen. Aus seinem Bauch ragte ein Taschenmesser. Seine Augen waren weit geöffnet. Klaus hielt zwei Finger an die Halsschlagader. Er konnte kein Lebenszeichen mehr spüren.

    Von irgendwoher erklang ein Schuss. Als er sich ruckartig umdrehte, sah er einen etwa 10-jährigen Jungen, der eben eine Brottüte hatte platzen lassen. Mit dem Finger zeigte dieser in Richtung Grünanlagen.

    Klaus zog etwas umständlich sein iPhone aus der Tasche und wählte den Notruf.

    »Hauptkommissar Breitwieser«, stellte sich der große stattliche Mann vor. Er hatte Anweisung gegeben, den Tatort abzusperren. Schaulustige wurden zurückgedrängt. Die Ehefrau war in ärztlicher Obhut, da sie einen hysterischen Weinkrampf erlitten hatte und sich nicht mehr beruhigen ließ.

    »Oberkommissar Hofmockel aus Nürnberg, zu Besuch hier.«

    »Und dann gleich ein Mord, Herr Kollege.« Klaus verzog gequält den Mund. Dann schilderte er knapp, was er bisher über den Toten mitbekommen hatte.

    »Das war wohl ein Herzchen«, sagte Breitwieser.

    »Das war ein Ekel«, schrie der kleine Junge. Er war ganz dicht an das Absperrband getreten.

    »Möchtest du etwas sagen?«

    »Ich habe es genau gehört, wie er zu der Frau gemein war.«

    Breitwieser bat den Jungen, unter dem Absperrband durchzuschlüpfen. »Erzähl uns, was du mitbekommen hast. Wie heißt du denn?«

    »Schorschi. Na ja, so nenn ich mich halt. Bei Nigel-Miguel bricht man sich ja die Zunge ab.«

    Klaus und Breitwieser sahen sich an, dachten wohl beide das Gleiche und bissen sich auf die Lippe.

    »Dann ist ein Punker gekommen und der hat ihn gefragt, ob er die Ebbelwoiflasche haben kann, weil da Pfand drauf ist. Der Alte hat wild um sich gefuchtelt, die Frau weggeschubst und was von Alaska gerufen.

    »Alaska?«, murmelte Klaus. »Was bedeutet das?«

    »Dann hat er ihm die Flasche hingehalten und der Punker ist gegangen.« Schorschi tat sehr wichtig und bemühte sich, Schriftdeutsch zu sprechen.

    »Alles klar«, Kommissar Breitwieser schlug sich mit der Hand an die Stirn. Und zu Klaus gewandt meinte er: »Der ist betrunken und verwaschen klingt alles klar wie Alaska

    Wo war er da nur hingeraten? Klaus zwirbelte seinen Pferdeschwanz. Das war ja schlimmer als im fränkischen Kommissariat mit seiner Chefin.

    »Warum hast du vorhin in Richtung Grünanlagen gedeutet?«, fragte Klaus den Jungen.

    »Hab ich nicht, ich habe zu der Frau da gezeigt. Dahinter sieht man den Park.«

    »Alaska«, sagte Klaus, dann lachte er, wiederholte »alles klar«, tippte sich an die Stirn und überließ Schorschi einem Kollegen von Breitwieser. Beide gingen zu Erwins Frau. Sie saß teilnahmslos auf der Bahre.

    »Ich hab’s nicht mehr ausgehalten«, weinte sie. »30 Jahre ertrage ich das schon. Jetzt sagt er zu mir, dass meine grauen Haare voll im Trend sind. Und wenn dann auch noch Übergewicht und meine Falten modern würden, dann wäre das jetzt mein Jahr.«

    Sie schwieg erschöpft.

    »Ich weiß nicht mehr, auf einmal hatte ich das Taschenmesser in der Hand. Als er dann noch sagte, dass ich mich sowieso nicht trauen würde, habe ich einfach zugestochen. Ganz tief hinein.«

    Klaus Hofmockel und Kommissar Breitwieser saßen in einem Lokal in der Klappergasse.

    »Das ging aber schnell mit der Aufklärung, fränkischer Kollege. Jetzt zeige ich Ihnen das wahre Sachsenhausen mit dem besten Apfelweinbraten, den Sie je gegessen haben, und dem Ebbelwoibembel. Da schmeckt das Säftche am besten draus. Dann sach ich Ihna, wie mir hessisch babbele und wie mir hier mit de Bagaasch umgehe.«

    »Ich hatte heute Mittag schon einen Apfelweinbraten«, unterbrach Klaus den Redefluss von Breitwieser.

    »Eihorrschemaa … so ein g’standnes Mannsbild wie Sie verträgt schon zweimal am Tag was Deftiges.«

    Auf den erstaunten Blick von Klaus antwortete er lächelnd: »Jetzt hören Sie mir bitte mal zu: Vom Fässje in de Bembel, vom Bembel ins Geribbde un vom Geribbde in de Hals. Eins, zwei, hopp, Schoppe in de Kopp! Prost, Kollege!«

    Apfelweinbraten

    Für 4 Portionen

    Zutaten:

    2 kg Schweineschulter (mit Schwarte)

    Salz, frisch gemahlener Pfeffer, Kümmel

    3 Möhren

    2 Zwiebeln

    1 Knolle Sellerie

    1 Stange Lauch

    etwas Öl zum Braten

    1 l Gemüsebrühe

    1 l Apfelwein

    Zubereitung:

    Backofen auf 180 Grad vorheizen.

    Schweinschulter mit Salz, Pfeffer und etwas Kümmel würzen.

    Möhren und Zwiebeln grob würfeln, Sellerie und Lauch putzen, waschen, Lauch in Ringe schneiden.

    Öl in einem Bräter erhitzen und die Schweineschulter darin von allen Seiten scharf anbraten.

    Gemüse hinzugeben und kurz mitbraten. Mit ca. 300 ml Gemüsebrühe ablöschen.

    Schweineschulter zugedeckt im vorgeheizten Backofen ca. 1 Stunde und 20 Minuten schmoren. Deckel abnehmen und weitere 30 bis 40 Minuten knusprig braun braten.

    Zwischendurch mit Bratensaft begießen. Braten herausnehmen und warm stellen.

    Sauce durch ein Sieb streichen und etwas einkochen lassen.

    Mit Apfelwein ablöschen und bei geringer Hitze ca. 10 Minuten köcheln lassen.

    Sauce zum Braten servieren.

    Dinner in the Dark

    (Bensheim-Auerbach)

    BRIGITTE LAMBERTS

    »Du Schmierfink«, hört Jörg einen Mann schreien, als er die geräumige Terrasse von Schloss Auerbach betritt. »Dich mache ich fertig. Das wirst du teuer bezahlen.« Knallend landet der Bergsträßer Anzeiger auf einem der Bistrotische und schon stürmt der Aufgebrachte an Jörg vorbei. Fast hätte er die Bedienung umgerannt, die gerade den Milchkaffee nach draußen bringt.

    »Wer war das?«, fragt Jörg irritiert und nimmt seine Tasse in Empfang.

    »Ein Mitglied des Stadtrates, Daniel Faber, sehr unangenehmer Mensch«, sagt die Kellnerin und geht zurück in den Frühstücksraum.

    Jörg schüttelt den Kopf. »Leute gibt’s.«

    Nach dem ersten Schluck greift er die Zeitung und liest den aufgeschlagenen Artikel. Dann blickt er auf das Städtchen Bensheim hinab, das sich vom östlichen Rand der Oberrheinischen Tiefebene bis zu den Hängen des westlichen Odenwaldes erstreckt.

    In diesem Moment erscheint Klaus auf der Terrasse, angelt sich den Stuhl neben seinem Freund, atmet ein paarmal tief durch und legt Jörg die Hand auf die Schulter. »Die Luft ist sagenhaft.«

    »Wir sind ja auch in einem Luftkurort«, entgegnet Jörg schmunzelnd.

    »Wo sind eigentlich die Kurhäuser?«, fragt Wolfgang, der den Freunden nach draußen gefolgt ist.

    »Bensheim-Auerbach ist ein reiner Luftkurort, da zählt nur die Luftqualität, es ist kein Kurort im herkömmlichen Sinne«, erklärt Jörg.

    »Aha.« Wolfgang grinst. »Unser Freund der Bestatter hätte hier wohl schlechte Karten.« Jörg runzelt die Stirn, er mag es nicht, wenn sie sich über seinen Beruf lustig machen.

    »Gestorben wird überall«, antwortet er gespielt verstimmt, »aber du als Hauptkommissar würdest dich in dieser Idylle zu Tode langweilen.« Er lacht, dann zeigt er auf Klaus. »Und du müsstest jeden Tag bis Kassel in die Rechtsmedizin fahren, um an deinen Leichen herumzuschneiden.«

    »Ein ruhiges, beschauliches Nest«, bemerkt Wolfgang.

    »Na, ganz so friedvoll ist es nicht«, erwidert Jörg und zeigt auf die Tageszeitung. »Sieht ganz danach aus, als wenn im Städtchen einiges los ist. In dem Bericht wird angedeutet, dass in den nächsten Tagen ein Skandal im Stadtrat aufgedeckt wird.« Die Freunde schauen ihn fragend an.

    »Ein Journalist will herausgefunden haben, dass Fördergelder für die Sanierung von Wohnhäusern für Asylanten unterschlagen wurden. Bensheim hat eine stattliche Anzahl an Flüchtlingen aufgenommen.«

    »Die Gier der Menschen nimmt einfach kein Ende«, seufzt Klaus. Dann blickt er die beiden an. »Schade übrigens, dass unser gemeinsames Wochenende morgen schon vorbei ist.«

    »Finde ich auch. Aber wir haben einiges gesehen, die Bergkirche, die Bachgasse mit ihren wunderschönen Fachwerkhäusern und das Fürstenlager, den Park mit den vielen exotischen Bäumen. Der hat mich echt beeindruckt.« Wolfgang nickt Jörg zu, der erleichtert lächelt. Wieder ist er für die Planung des verlängerten Wochenendes zuständig gewesen, das sie gemeinsam zweimal im Jahr unternehmen. Mal mit, mal ohne ihre Frauen. Doch jetzt sind die ehemaligen Schulfreunde unter sich.

    »Im Schloss zu wohnen ist schon ein Erlebnis, zumal sie eine super Küche haben«, bemerkt Klaus und schlägt vor: »Lasst uns doch zum Abschluss nochmals im Schlossrestaurant essen.«

    »Nix da, für den letzten Abend steht etwas ganz Besonderes auf dem Programm.«

    »Was denn?«, fragt Wolfgang neugierig.

    »Das verrate ich nicht, es soll ja eine Überraschung werden.« Jörg verschränkt die Arme vor der Brust.

    »Jetzt aber Butter bei die Fische«, fordert Klaus. »Ein wenig kannst du ruhig ausplaudern, nur eine Kleinigkeit«, bohrt er nach.

    Jörg windet sich, den erwartungsvollen Gesichtern seiner Freunde hält er nicht stand. »Okay, heute Abend gehen wir in das alte Dorfrestaurant, mitten im Herzen von Auerbach.«

    »Interessant.« Klaus fasst sich an die Stirn. »Was erwartet uns da?«

    »Ein Dinner in the Dark!«

    Zwei Augenpaare starren Jörg an.

    »Was? Wir sollen im Dunkeln dinieren? Wie kann das denn gehen?« Wolfgang ist irritiert.

    »Nein, nein, das verspricht eine wahre Explosion der Sinneseindrücke zu werden«, erklärt Jörg gestenreich.

    »So ein Quatsch«, wirft Klaus ein, »die Augen essen mit. Und ich muss doch sehen, wo mein Glas steht.«

    »Nun echauffiert euch nicht so. Ich stelle mir das sehr spannend vor«, verteidigt Jörg seinen Plan.

    »Was gibt es denn zu essen?«, lenkt Klaus ein.

    »Ein Drei-Gänge-Menü«, ist die knappe Antwort.

    »Was genau?«, drängelt Wolfgang.

    »Das ist mein Geheimnis. Wenn ihr das vorher wisst, ist der Gag weg und das kulinarische Erlebnis ruiniert.«

    »Du weißt aber, was es gibt, oder?« Klaus boxt sachte gegen Jörgs Schulter.

    Der grinst: »Eine hessische Spezialität!«

    Der Abend bricht an. Jörg öffnet die Tür zum alten Dorfrestaurant und lässt die Freunde eintreten. Sogleich werden sie von der Inhaberin begrüßt und schauen sich in dem modern gestalteten Foyer um. Sobald die letzten Teilnehmer eingetroffen sind, richtet sie

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1