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THE DIVINE CHRONICLES 3 - ZERSTÖRUNG
THE DIVINE CHRONICLES 3 - ZERSTÖRUNG
THE DIVINE CHRONICLES 3 - ZERSTÖRUNG
eBook403 Seiten5 Stunden

THE DIVINE CHRONICLES 3 - ZERSTÖRUNG

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Über dieses E-Book

Mein Name ist Landon. Ich bin ein Diuscrucis.
Aber das weißt du bereits.
Engel und Dämonen habe ich bekämpft, doch der Krieg, der nun auf mich zukommt, stellt alles in den Schatten.
Ich bin ein Geist, also was kann schon schiefgehen?
Wenn ich Pech habe: alles...

"Zerstörung" ist der dritte Band der Urban-Fantasy-Reihe von Michael R. Forbes
SpracheDeutsch
HerausgeberMantikore-Verlag
Erscheinungsdatum21. Jan. 2019
ISBN9783961880577
THE DIVINE CHRONICLES 3 - ZERSTÖRUNG

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    Buchvorschau

    THE DIVINE CHRONICLES 3 - ZERSTÖRUNG - M.R. Forbes

    EINS

    »Landon.«

    Die Stimme war ein Flüstern, eine himmlische Andeutung, die sich irgendwo tief in meiner Seele manifestierte, der vage Ruf einer Sirene.

    »Landon!«

    Ein bisschen stärker diesmal, fast laut genug, damit ich den Ursprung erkennen konnte. Fast laut genug, damit ich ihm folgte.

    »Landon!«

    Ich hörte es. Ich wusste es. Sarah. Sie rief nach mir. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, aber sie reagierten nicht. Sie verweigerten sich meinem Befehl. Wurde ich befehligt? Nein. Sie rief nach mir, fragend.

    »Sarah?«, fragte ich schließlich.

    »Hilf mir«, gab sie mir zur Antwort.

    Ihr helfen? Das hatte ich bereits. Soweit ich wusste, lagen wir noch immer auf dem alten Bett in dem verlassenen Bauernhaus, wo Dante uns kürzlich zurückgelassen hatte.

    »Josette?« Ich rief nach meinem Engel, versuchte mich zu konzentrieren und sie zu finden. Ich konnte meine Macht spüren, sah die Fäden. Sie waren noch immer ausgefranst nach dem Schaden, den das Biest angerichtet hatte, und ich war nicht sicher, ob sie jemals repariert werden konnten. Es war ein verworrenes Chaos, ich konnte Josette nirgends spüren. Ich konnte sie sehen, aber es war, als ob wir entzweit worden waren. Zeit würde das Einzige sein, das uns wieder zusammenbringen würde. Zeit, die wir nicht hatten.

    »Wo bist du?«, rief ich suchend nach ihr.

    Ihre Anwesenheit war ein Stups, ein Klopfen, ein leichtes Handzeichen.

    Ich sah einen kleinen Lichtpunkt, der sich auszubreiten begann, er dehnte sich, bis er wie ein Durchgang erschien. Die Tür war frisch, neue Eiche, aber die Oberfläche war mit tiefen Kratzspuren übersät. Ich hatte noch nie zuvor so einen Durchgang gesehen, aber ich wusste, worum es sich handelte. Josette hatte gesagt, dass sie mich so gefunden hatte, als der Dämon Reyzl meinem Leben ein Ende setzen wollte. Sie kam durch diese Tür und hatte mich gerettet. Jetzt würde ich ihre Tochter retten, schon wieder.

    »Ich komme«, sagte ich und fühlte, wie ich auf den Durchgang zuschwebte. Ich sah nichts anderes, nur eine unendliche Schwärze und die Tür aus Eiche, die in der Luft schwebte. Als ich mich ihr näherte, konnte ich ein Schluchzen dahinter hören. Ich legte meine Hand auf die Tür, ließ meine Finger über die Kratzspuren gleiten. Ein stechender Schmerz und ich zog meine Hand zurück, Blut floss über einen spitzen Spreißel. Ich konzentrierte mich und er verschwand. Die Wunde verschwand. Die Tür öffnete sich.

    Es lag nichts dahinter. Ein weißes, undurchdringliches Licht - und ich wusste vorher es kam; es war eine Form von Sarahs Seele. Ich zögerte nicht und ging hindurch. Das Licht blendete mich für einen Moment und dann war ich dort und sie war dort. Wir waren in ihrer Quelle, an dem Ort, wo ihr dämonischer Teil und ihr engelhafter Teil sich verbanden und ihre Macht sich vereinigte. Ich hatte einen ruhigen Ort erwartet, einen friedlichen, einen Ort mit Bedeutung für sie. Bei Josette war es der Raum, in dem sie als Kind gelebt hatte. Meiner war voll Fegefeuer, etwas, das ich vorher nicht verstanden hatte, aber von dem ich jetzt wusste, dass es die Folge davon war, dass ich die Macht des Biests angezapft hatte. Macht, die seit Tausenden von Jahren ausgelaufen war.

    Stattdessen war es ein Ort der Kontraste und des Chaos.

    Er war groß, größer, als ich es von jemandem erwartet hatte, der technisch gesehen noch immer sterblich war. Ein weitläufiger Wald umschloss mich, ein Mix aus dichter, grüner Vegetation und dem Grau des Todes und der Verwesung. Grüne Weinranken schlängelten sich um verfaulende Baumstümpfe, während trockene, dürre Zweige abzubrechen und von dem sonst gesunden Wachstum zu fallen drohten. Der Himmel war sowohl bedeckt, wie blau, mit dicken Wolken, die unnatürlich schnell über den hellen morgendlichen Himmel zogen. In einiger Entfernung konnte ich Vögel singen hören. Und ich konnte andere Tiere brüllen hören.

    Ich konnte ihr Schluchzen hören und folgte ihm in das Dickicht, stieg dabei vorsichtig über die Kadaver von Eichhörnchen und Hasen und verscheuchte ihre lebenden Gegenstücke.

    Donner ließ die Erde unter mir erbeben und ich hörte ein Knurren von den Bäumen zu meiner Linken kommend.

    »Landon!«, kam der Schrei von oben. Er was schriller jetzt, verzweifelter. Ich suchte die Bäume nach der Quelle des Knurrens ab, konnte aber nichts erkennen. Ich begann jetzt zu rennen und bemerkte dabei nicht den dicken Nebel, der sich um mich herum gebildet hatte.

    Meine Füße stampften auf dem Dreck selbst, als es anfing zu regnen, und nur wenig später war der Dreck zu einer matschigen Masse geworden. Ich musste mich anstrengen, um vorwärts zu kommen, um meine Füße aus dem Schlamm zu befreien und weiter zu kommen. Noch ein Knurren, diesmal zu meiner Rechten. Sie rief nach meiner Hilfe, aber irgendwas war hier. Etwas, das mich aufhalten wollte.

    Durch einen Brombeerstrauch konnte ich eine Lichtung sehen, mit einer kleinen, offenen Pagode, die in der Mitte stand. Ich konnte sie durch die Weinreben dort knien sehen, ihr Kopf lag in ihren Händen. Ich zögerte nicht, wurde nicht langsamer. Mein Körper kollidierte mit den Reben und Dornen, sie gruben sich in mein Fleisch, zogen an mir, taten ihr Bestes, meinen Rettungsversuch zu stoppen. Für einen kurzen Augenblick hatte ich das Gefühl aufgespießt zu werden, als ich mich durch den Brombeerstrauch drückte und er mich zurückzog, mich fest mit tausend schmerzenden Fingern festhielt.

    Ich konzentrierte mich, stärkte meinen Willen, keuchte und drängelte mich nach vorne. Ich konnte spüren, wie die Dornen mich freigaben, und ich stolperte auf die Lichtung, das Blut rann in meine Augen, über meine Hände, auf meine Füße.

    »Sarah«, sagte ich, näherte mich ihr und sah sie mit verschlafenen Augen an. Der Regen durchnässte mich, mischte sich mit dem Blut und verdünnte es mit dem Effekt, dass sich mein ganzer Körper rot verfärbte. Ihr Kopf hob sich langsam. Hier in ihrer Quelle besaß sie Augen, ein umwerfendes Rot und Gold, das durch den Schmerz getrübt wurde. Ich sah, wie sie sich weiteten, als sie begann, sich auf mich zu konzentrieren. Sie waren aufgrund ihres Schluchzens geschwollen.

    »Landon«, antwortete sie, ihre Stimme nur ein bisschen lauter als ein Flüstern. »Du bist zu mir gekommen.«

    Ich erreichte den Rand der Pagode, fast unterhalb des gestapelten Dachs, und war raus aus dem Regen. Der Nebel schwebte um meine Füße und stieg auf, aber die Innenseite der Pagode blieb trocken und unberührt.

    »Das werde ich immer«, gab ich ihr zur Antwort. Ich hob meinen linken Fuß, bereitete mich darauf vor, den letzten Schritt auf den Fußboden aus Bambus zu tun, um Sarah Gesellschaft zu leisten in der komfortablen und sicheren Behausung. Ihre Augen weiteten sich wie bei einem verängstigten Reh, und ich spürte die Präsenz neben mir, bevor ich das Knurren hörte. Etwas rammte in meine Seite, mächtig und scharf. Es vergrub sich in meinem Fleisch, tief in meine Lungen, bevor mich die Kraft von Sarah wegzerrte.

    Ich schrie nicht auf, als ich auf dem nassen, nebligen Boden aufschlug, durch den Schlamm schlitterte und Blut aus der Wunde schoss. Ich schaffte es, angestrengt Luft zu holen, aber ich konnte fast fühlen, wie die Luft wieder entwich, während mein linker Lungenflügel kollabierte. Ich konzentrierte mich, zwang mich, mich selbst zu heilen, griff nach einer Kraft, die ich nicht halten konnte. Hier war Sarahs Quelle, nicht meine. Ich hatte hier keine Macht.

    Ich hörte es kommen, spritzend durch den Regen. Ich griff nach oben und rieb meine Augen, versuchte das Wasser und das Blut wegzuwischen. Ich konnte meinen Angreifer durch den verschwommenen Blick nicht gut erkennen, aber ich konnte sehen, dass er direkt auf mich zukam. Verzweifelt griff ich um mich und ertastete mit meinen Fingerspitzen einen Zweig. Ich sammelte meine Kraft und schob mich zu ihm, bewegte mich gerade so viel, dass ich meine Hand um das dicke Ende schließen konnte. Mein Angreifer war in der Luft, sprang auf mich zu. Ich griff den Ast und schwang ihn nach oben.

    Der Zweig traf sein Ziel und zersplitterte, zerfiel in Hunderte verrottete Teile. Mein Feind war unverletzt und landete auf mir, drückte auf meine Rippen und zerquetschte sie unter dem Druck. Jetzt schrie ich vor Schmerz auf, suchte in meinem Inneren, flehte Josette oder sogar Ulnyx an, einen Weg zu finden, um mich zu retten. Meine Wörter fühlten sich leer an. Sie waren nicht da. Ich hörte ein neues Knurren und fühlte, wie eine Kralle sich in meine Gesicht vergrub, mir tiefe Wunden über der Wange zufügte. Noch ein Schrei, aber ich konnte meine Hand rechtzeitig heben, um den Schlag abzuwehren. Ich blinzelte verzweifelt, versuchte, meine Sicht zu verbessern, versuchte, meinen Angreifer zu sehen. Das Wasser rann aus meinen Augen, und es war fast genug, um meine Verteidigung aufzugeben.

    Es war Sarah.

    Meine Gedanken überschlugen sich, versuchten herauszufinden, wie Sarah weinend in der Pagode sein und gleichzeitig auf meiner Brust sitzen und mich windelweich prügeln konnte. Hatte sie mich hergelockt, um mich anzugreifen? War das noch einer der Tricks des Biests? Der Schmerz in meiner Lunge, der Schmerz in meinen Rippen, der Schmerz in meinem Gesicht erschwerten es mir, klar zu denken.

    »Sarah«, krächzte ich, versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erregen, sie zur Vernunft zu bringen. Ihr Arm schnellte nach unten und ich wehrte den Angriff ab. Sie benutzte ihren anderen Arm, um meinen wegzuschlagen. Noch ein Schlag, noch eine Platzwunde in meinem Gesicht. Ich blinzelte erneut und sah in ihr Gesicht. Es war kalt, so kalt. Wut und Angst darin, die so glühend heiß waren, dass sie es erstarren ließen. Der Regen tropfte von ihrem Gesicht, verdeckte ihre Tränen, aber ich konnte sie sehen, am Rand der tiefen, dunklen, rot-goldenen Augen. Ich wollte meine Hände erneut abwehrend heben, entschied mich jedoch dagegen. Ich hatte keine Macht hier, keine Kraft, um sie zu besiegen. Wenn sie mich töten wollte, konnte sie mich töten. Kämpfen würde es nur schlimmer machen.

    Ich atmete so tief ein, wie es mir möglich war, und entspannte mich, fühlte, wie mein Körper tiefer in den Matsch sank. Sarah saß auf mir drauf, ihre hasserfüllten Augen starrten zu mir herab. Sie knurrte und ihr Atem kam stockend, ihr Körper verkrampfte sich aufgrund der Anstrengung.

    »Geh runter von ihm!«, ertönte ein Schrei hinter ihr. Sarah bewegte sich auf mir, drehte ihren Körper, um hinter sich schauen zu können. Zu Sarah. Was zur Hölle ging hier vor?

    Sarah saß auf mir drauf, ihre Beine drückten auf meine gebrochenen Rippen, ihre Krallen schwebten über meinem Gesicht. Sarah kam auf mich zu, Sonnenlicht folgte ihr, der Nebel löste sich auf, wo sie hintrat. Ihre braunen Locken hüpften mit jedem Schritt, umrahmten ihr Gesicht, unterstrichen ihre Ruhe, ihre gütige, schöne Präsenz.

    Die andere Sarah drehte sich um und sah wieder zu mir herab, ihre hasserfüllten Augen wurden weicher.

    Ohne ein Wort ging so von mir runter und zog sich zurück, nahm eine Position hinter Sarah ein, die sich neben mich kniete und ihre Hand auf meine Stirn legte.

    »Es tut mir leid, Landon«, sagte sie. Ihre Augen waren vom Weinen aufgequollen. »Bitte, hilf mir.«

    Eine Wärme breitete sich von ihrer Hand auf meinen Kopf aus und der Schmerz verschwand. Das Blut verschwand. Der Regen und der Nebel und der Donner verschwanden. Die Anzeichen des Todes und der Verwesung blieben, aber sie waren weniger geworden. Sarah hatte Kraft zum Widerstand gefunden.

    »Dir helfen?«, fragte ich, stützte mich auf meine Ellbogen, sah beide Sarahs an und versuchte, das alle zu verstehen. »Du hast gerade mir geholfen.«

    Traurigkeit lag in ihren Augen. »Für den Moment«, gab sie mir zur Antwort. »Ich weiß nicht, wie lange ich es kontrollieren kann.«

    »Was ist ‚es‘?«

    Sie sah zu der anderen Sarah, die hinter ihr hockte und ihre Krallen im Dreck vergrub.

    »Sie ist ich. Mein anderer Teil. Meine geheime Schmach. Ich bin ein wahrer Diuscrucis, Bruder. Das Blut des Engels, Josette, und des Dämons, Gervais, fließt durch meine sterblichen Adern. Der Krieg draußen reflektiert in meiner Seele, ein Krieg in mir selbst. Ein Kampf der Kontrolle. Sie ist immer bei mir und ich bin immer bei ihr«

    Sie griff nach hinten und legte ihre Hand auf den Kopf der anderen Sarah, streichelte ihr zärtlich über das Haar.

    »Du kämpfst?«, wollte ich wissen.

    »Ja. Immer wenn ich schlafe, kämpfen wir. Es ist nicht immer physisch. Manchmal sucht sie meine Träume heim. Es ist schwer, Frieden zu finden, so schwer, normal zu sein. Ich habe es so lange bekämpft. Mein ganzes Leben schon habe ich es bekämpft.«

    Wir alle hatten unsere guten Seiten und unsere schlechten Seiten. Ob wir nur eines Morgens schlecht gelaunt aufwachten, einen schlechten Tag hatten oder vielleicht etwas Gutes passierte. Es war nicht so wörtlich bei den meisten von uns.

    Nicht, dass die zwei Sarahs weniger real waren – ihre Seele war gespalten, ein Gleichgewichtsakt zwischen Gut und Böse. Wie sie es gesagt hatte, ähnlich der Welt draußen. Alles was benötig wurde, war ein Schubs in die eine oder andere Richtung.

    Nur ein kleiner Schubs.

    »Was kann ich tun?«, fragte ich.

    Ich hatte mir nie vorgestellt, dass sie ihr Leben so lebte. Sie hatte mir nie von ihrem inneren Tumult erzählt, von ihrem Kampf gegen ihre böse Seite. Oder war es ein Kampf gegen ihre gute Seite? Eine ihrer Seiten hatte jetzt die Kontrolle. Aber was war mit den Kratzspuren an dem Türrahmen zu ihrer Quelle?

    Sie schüttelte den Kopf.

    »Mir kann man nicht vertrauen«, sagte sie. »Was mit Rebecca passiert war, mit dem Biest. Mit all diesen Menschen …« Sie entfernte ihre Hände von der anderen Sarah und vergrub erneut ihr Gesicht darin, ließ ihre Seele aufschreien vor Schmerz über die Leben, die sie ausgelöscht hatte.

    Ich stand auf und ging auf sie zu, doch sie wich zurück.

    »Ich will dein Mitleid nicht. Nicht hier«, sagte sie, holte tief Luft und fing sich wieder.

    Sie sah zu mir auf. »Ich will deine Hilfe«

    »Hilfe inwiefern?«, fragte ich. »Ich verstehe nicht, wonach du suchst.«

    »Hör mir zu, Bruder«, gab sie mir zur Antwort. »Ich war bereit gewesen, mich für das Bist zu opfern, jeden zu töten, damit ich aus meiner persönlichen Hölle befreit werden würde. Er hatte mir versprochen, dass er, wenn ich sterbe, mich zurückbringen konnte, mein wahres, einziges, ausbalanciertes Ich. Er hatte mir versprochen, Frieden zu finden, und wenn er fertig mit dieser Welt wäre, würde er sie mir überlassen, damit ich mit ihr tun konnte, was ich wollte, während er weiterziehen würde, um etwas Neues zu zerstören. Er sagte mir, dass ich sie zurückbringen könnte, dass ich dich zurückbringen könnte, wenn dies mein Wunsch wäre. Alles was ich tun musste, war, ihm zu dienen, indem ich dich und Charis tötete und dann mich selbst.«

    »Er hat dich angelogen«, erwiderte ich.

    Sie schüttelte ihren Kopf. »Ich hätte es gewusst, wenn er gelogen hätte. Er hatte es nicht.«

    »Warum hast du mir dann geholfen. Hast uns geholfen zu fliehen?«

    »Du hörst, aber du hörst nicht zu. Gleichgewicht, Bruder. Als Rebecca mich zu Gervais gebracht hat, wurde ich wütend, so wütend. Nicht nur darüber, was er mir angetan hatte, sondern was er meinen Leuten angetan hatte.« Sie griff nach hinten und umklammerte den Arm der anderen Sarah, zog sie grob auf die Beine.

    »Diese hier hatte die Kontrolle übernommen. Sie hatte meine Finger ausgestreckt und sie wurden zu Krallen. Sie benutzte sie, um seine Augen auszukratzen«

    Die andere Sarah lächelte. »Er hat es verdient«, sagte sie und sprach endlich.

    Ich erinnerte mich daran, was ich gefühlt hatte, als ich die Ruinen im Untergrund der Stadt gesehen hatte, ihre Bewohner als eine einzige blutige Masse. Ich erinnerte mich an Gervais kalte Überheblichkeit, als ich ihn konfrontiert hatte, seine verdrehten Wörter und Witze. Er hatte es verdient.

    »Ich kann nicht beurteilen, ob er es verdient hat«, sagte Sarah. »Dieser Teil von mir sagt, dass er es nicht verdient hat. Das nichts und niemand es verdient zu leiden, ungeachtet dessen, was er getan hat.«

    »Du hast mit mir gekämpft«, sagte die andere Sarah und sah Sarah an. »Die ganze Zeit hatte ich gespürt, wie du versucht hattest, zurückzukommen, die Kontrolle zu übernehmen.«

    »Ja. Bis ich Mutter gesehen hatte«, stimmte sie zu. Sie sah mich an. »Ich dachte, du hättest sie getötet und genommen. Als das passierte, hatte ich den Willen zum Kämpfen verloren. Warum hast du es mir nicht gesagt?«

    »Es tut mir leid«, erwiderte ich. »Ich wollte es dir sagen, aber ich hatte versucht, dich zu beschützen. Ich dachte, die Wahrheit würde noch mehr schmerzen.«

    »Die Wahrheit schmerzt niemals mehr«, sagten sie beide gleichzeitig. Das hatte ich auf die harte Tour lernen müssen.

    »Es tut mir leid«, wiederholte ich noch einmal.

    »Das weiß ich, Bruder«, sagte Sarah. »Deshalb habe ich dich zu mir gerufen. Das ist der Grund, warum ich deine Hilfe brauche. Sie ist fähig zu töten und dabei keine Schuld zu empfinden. Sie ist fähig selbstsüchtig zu sein und kein schlechtes Gewissen zu haben.« In ihren Augen sammelten sich erneut Tränen. »Ich bin nicht wie sie und ich kann die Reue, die Qual und das schlechte Gewissen nicht ertragen. Ich weiß nicht wie und ich fürchte, in meiner Schwäche werde ich nicht fähig sein, sie daran zu hindern, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Sie hätte es jetzt beinahe geschafft, wenn du nicht gekommen wärst.«

    Es war ein erschreckender Gedanke. Was wäre passiert, wenn sie aufgewacht wäre, während ich noch geschlafen hätte? Wenn sie mich dort vorgefunden hätte, ungeschützt? Wenn sie Charis dort gefunden hätte? Was hätte sie getan, wohl wissend, dass das Biest uns alle tot sehen wollte?

    Ich griff erneut nach ihr, aber erneut wich sie zurück. »Nein, Bruder. Bitte. Ich bin es nicht wert, berührt zu werden, ich bin es nicht wert, geliebt zu werden.«

    Ich spürte Tränen aufsteigen nach dieser Aussage. Ich sah sie beide an. »Du bist nicht böse, Sarah. Das Biest hat dich benutzt. Es wusste, was passieren würde. Es wusste, dass du die Kontrolle verlieren würdest.« Der Durst des Biests nach Zerstörung war nicht auf das Physische beschränkt.

    Noch ein Schritt. Sie wich erneut zurück. »Du weißt, was ich getan habe. Wie kannst du mich lieben?«

    Meine Gedanken kehrten zu den Leichen auf den Stufen von St. Patricks zurück, die auf ihren Befehl hin gestorben waren. Der Gedanke machte mich wütend und unendlich traurig. Ich hatte ihr versprochen, dass ich sie beschützen würde. Ich hatte ihrer Mutter versprochen, dass ich sie verteidigen und sie vor dem Böses schützen würde, von dem wir alle wussten, dass es in ihr war, dennoch hätte ich mir nie vorstellen können, dass es solche Ausmaße annehmen würde.

    Ich war nicht wütend auf sie, ich war wütend auf mich. Ich hatte das Problem ignoriert, als es zum ersten Mal aufgetreten war, und sie hatte den Preis dafür gezahlt.

    »Es war nicht deine Schuld«, sagte ich. »Es war meine. Ich bin nicht für dich da gewesen. Ich hatte dir versprochen, dich zu beschützen, und ich hatte das Versprechen gebrochen.«

    Sie starrte mich an, ihre Augen leuchteten in Rot und Gold auf. Die andere Sarah beobachtete mich ebenfalls und griff mich mit einem Knurren an.

    Ich war darauf vorbereitet. Ich fing ihr Handgelenk mit meiner Hand, verdrehte es und zog sie wirbelnd hinter mich. Ich hielt ihre Arme überkreuz vor ihren Körper und zog sie fest an mich.

    »Es ist auch nicht deine Schuld«, flüsterte ich in ihr Ohr. »Du hast nicht darum gebeten, hier zu sein. Keiner von euch wollte so sein, wie ihr seid. Es ist der Schmerz darüber, was Gervais euch angetan hat, der dafür verantwortlich ist. Als das Biest ihm gesagt hat, dass er dich haben kann, hat es auch sicherlich gesagt, wie er euch entzweien kann. Du verdienst ganz zu sein.«

    Ich drehte sie herum, hielt sie fest und zog sie an mich. Sie wehrte sich für einen kurzen Moment und entspannte sich dann an meiner Schulter. Vorsichtig kam Sarah auf uns zu. Sie hatte Angst davor, ihrem Gegenstück zu nahe zu kommen. Als sie nahe genug war, griff ich nach ihr und zog sie an mich.

    »Ich vertraue euch«, sagte ich zu ihnen. »Ihr seid nicht das, was ihr sein solltet. Ihr seid das, was ihr aus euch macht.« Ich küsste sie beide auf die Stirn. »Ich werde euch helfen. Ich habe eine Idee.«

    ZWEI

    Ich wachte vom Krähen eines Hahnes irgendwo außerhalb des Bauernhaues auf. Als ich meine Augen öffnete, sah ich, dass Sarah sich in der Nacht bewegt hatte, weg von mir, und fest schlafend auf ihrem Bauch lag. Es war vier Uhr dreißig, soweit ich wusste. Ich hatte fast zwölf Stunden geschlafen.

    Zwölf Stunden hatte das Biest Zeit gehabt, seine Kraft zu stärken.

    »Josette?« Ich schloss meine Augen und suchte nach ihr. Ich fühlte mich ausgeruht, aber da war ein Gefühl, das ich nicht einordnen konnte. Irgendwas stimmte nicht. Ich fand sie, aber wir waren beide noch immer zu zerrissen.

    »Ulnyx!« Ich versuchte, nach dem Wer zu rufen, aber ich erwartete keine Antwort. Er hatte sich, nach Lylyx Tod und als Charis ihm seine Rache genommen hatte, so weit wie möglich von mir entfernt, und im Moment war ich nicht annähernd stark genug, ihn aus seinem Versteck zu zwingen. Ich spürte nur einen kleinen Funken Sympathie für ihn, wissend, dass er sich geweigert hatte, mir die Kontrolle über meinen Körper zurückzugeben, als der Kampf schon verloren gewesen war. Er hätte uns beide in seiner Wut getötet.

    Ich erhob mich so leise wie möglich von der Matratze und ging aus dem Schlafzimmer und ins Badezimmer. Dort hing ein zersprungener Spiegel über einem verrosteten Waschbecken, den ich benutzte, um mir zu bestätigen, dass ich so schrecklich aussah, wie ich mich fühlte. Ich blinzelte mein Spiegelbild an, untersuchte die Überreste der Wunde, die Sarah mir mit Malizes Schwert zugefügt hatte. Das himmlische Licht hat nicht so geschmerzt wie es Höllenfeuer tat, und es heilte zumindest äußerlich recht gut, abgesehen von einer glatten, weißen Linie auf meinem Unterbauch, von der ich mir nicht sicher war, ob sie jemals ganz verschwinden würde. Stattdessen fühlte ich ein innerliches Ziehen, als ob ein Teil von mir weggebrannt worden war. Hinzu kam noch die Tatsache, dass ich so langsam heilte und mich immer noch so müde fühlte. Ich verließ das Badezimmer, schlich mich so leise wie möglich durch das Schlafzimmer und ging auf die Treppe zu.

    Charis grüßte mich mit einem müden Lächeln, als ich das kleine Wohnzimmer betrat, wo ich sie zurückgelassen hatte. Sie saß noch immer in dem Sessel vor dem leeren Kamin, ihre Augen waren blutunterlaufen und angeschwollen, ihre Lippen trocken und rissig.

    »Du siehst scheiße aus«, sagte sie.

    »Sieh dich mal selbst an«, gab ich ihr zur Antwort. »Obwohl, ich fühle mich wie überfahren. Malizes Schwert …«

    Sie schüttelte den Kopf. »Malizes Schwert hat das nicht getan. Himmlisches Licht ist nicht wie Höllenfeuer. Es kann nur Dämonen verletzen.«

    Es war verständlich, dass die Engel nichts besaßen, das ihrer Rasse Schaden zufügen konnte. Ich wünschte, ich könnte für diesen Umstand dankbar sein, aber in Wahrheit machte er mich noch besorgter.

    »Warum fühle mich dann so beschissen?«, fragte ich.

    »Du weißt warum, Signore«, sagte Dante und kam durch die Haustür, ohne dass ich gehört hatte, dass sie geöffnet worden war. Ich war in einer noch schlimmeren Verfassung, als ich gedacht hatte.

    »Das Biest?«, fragte ich.

    Er nickte. Er sah so aus, als ob es ihm viel besser gehen würde als uns. Zumindest einer von uns war keine totale Katastrophe. »Deine Macht kommt vom Fegefeuer. Die ganze Zeit hatte ich geglaubt, die Macht wäre ein Teil von mir gewesen, aber wie wir gelernt haben, gehörte sie dem Biest. Er zog etwas davon zurück in seinen Käfig, bevor ich ihn stoppen konnte. Er hat auch etwas davon von euch beiden abgeschöpft, als Sarah dich erstochen hatte.«

    Er sah sich um. »Wo ist sie?«

    »Sie ist oben, sie schläft«, gab ich ihm zur Antwort. Ich würde ihm nicht erzählen, was ich versprochen hatte, was ich für sie tun würde. »Sie fühlt sich schrecklich.«

    Er blieb regungslos. »Was sie fühlt, spielt keine Rolle«, erwiderte er. »Sie muss leben, so wie ihr zwei, bis wir das Biest erneut eingefangen haben.«

    Seine Worte empörten mich. »Spielt keine Rolle?«, fragte ich und meine Stimme wurde laut.

    Er hob seine Hand und ich war wie gelähmt. Ich hatte keine Kraft, um dagegen zu kämpfen. »Nein, Signore«, sagte er. »Es spielt keine Rolle. Was geschehen ist, ist geschehen, und das Biest ist frei auf dieser Welt. Es gibt kein Zurück, daher müssen wir uns auf die Zukunft konzentrieren und nur darauf. Es tut mir leid, wenn dich dies verstört, aber wir müssen fokussiert bleiben.«

    Er befreite mich und ich nickte. Er würde wirklich nicht mögen, was ich ihr versprochen hatte, aber daran konnte ich im Moment nichts ändern.

    »Okay«, sagte Charis. »So, irgendwelche Ideen, wie man etwas fängt, wofür zwei mächtige Engel Jahre gebraucht haben, um es einzusperren, und das jetzt binnen einiger Wochen geschehen muss?«

    Dante ließ seinen Kopf sinken. »Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich weiß es nicht. Ich habe seit Langem nicht ohne Herrn Ross arbeiten müssen. Ich weiß, dass seine Hilfe in einigen Fällen nur eine List gewesen war und in anderen nur seinem eigenen Vorteil gedient hatte, aber dennoch war es Hilfe gewesen. Ich hatte noch keine Zeit festzulegen, wie wir an die Informationen, die wir benötigen, kommen können.«

    Er hatte recht. Was das Biest getan hatte, hatte er aus Eigennutz getan, aber es hatte dazu beitragen, das Gleichgewicht herzustellen und aufrecht zu halten. Ohne ihn fehlten uns die Quellen für solche Informationen. Ich stellte ihn mir vor, wie er in seinem Käfig saß, in der Macht badete, die ausgetreten war und über uns lachte.

    »Was ist mit Malize?«, fragte ich Charis. »Er hat uns schon einmal geholfen, und er war es, der das Biest das erste Mal eingefangen hat.«

    »Er kann seine Höhle nicht verlassen«, gab sie mir zur Antwort. »Er ist aus einem guten Grund der Vergessene.«

    »Was für ein Grund?«

    »Ich weiß es nicht. Er hat es mir nicht gesagt.«

    Ich lachte. Ich konnte nichts dafür. Da alles so unmöglich schien, kam es mir als das Beste vor, das ich tun konnte.

    »Ich schätze, es spielt keine Rolle, warum«, sagte ich. »Wir können ihn aber zumindest fragen, was wir tun sollen.«

    Ich hörte leise Schritte und das Knarren einer der hölzernen Dielen. Wir drehten uns alle zu Sarah um. Sie kam langsam auf uns zu, ihre leeren Augenhöhlen geschwollen und rot, ihr Haar total zerzaust, mein Shirt noch immer um ihr Handgelenk gebunden, und das dünne Kleidchen, das das Biest ihr zum Anziehen gegeben hatte, war mit Blut verschmiert.

    »Wir können ihn in die Box sperren«, sagte sie. »Steckt ihn in die Box und verliert sie für alle Zeit.«

    Ich ging zur Sarah hinüber und nahm sie in meine Arme. »Wie geht es dir?«, wollte ich wissen.

    »Ich werde überleben«, sagte sie mit einem schwachen Lächeln und erwiderte meine Umarmung. Ich ließ sie los und drehte mich zu Dante und Charis um.

    »Von welcher Box spricht sie, Signore?«, fragte Dante.

    »Avriels Box«, erwiderte Charis. »Rebecca hatte Abaddon und den Erzengel befreit, um Landon darin zu fangen.« Sie lächelte und sah mich an. »Das hat wohl nicht wirklich geklappt.«

    Dante sah aus, als ob er gleich das Bewusstsein verlieren würde. »Du hast Avriels Box?«, fragte er.

    »Ich habe sie«, erwiderte Charis. »Ich habe sie bei den Templern gelassen, in Thailand.«

    Das waren noch mehr Neuigkeiten, auf die Dante nicht vorbereitet gewesen war. Er drehte sich ruckartig zu ihr um und sein Gesicht war dunkelrot vor Wut. Er hob seine Hand, hielt inne und starrte sie an. Er kniff seine Lippen zusammen und sein Körper sackte in sich zusammen.

    »Dante?«, fragte ich.

    Er hielt mir seine Hand entgegen. »Meine Gefühle sind genauso unwichtig, wie die des Mädchens«, sagte er.

    Er sah zurück zu Charis. »Ich fange an, vieles zu verstehen. Warum hast du meine Warnungen bezüglich der Templer nicht ernst genommen?«

    »Wo wären wir heute, wenn ich es getan hätte?«, stellte sie die Gegenfrage.

    Dante seufzte. »Avriels Box«, sagte er. »Das bedeutet, dass der Dämon Abaddon ebenfalls frei ist.« Er strich sich über sein Kinn und seufzte erneut. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen werde, aber ich denke, dass das tatsächlich sein Gutes hat«

    »Abaddon ist nichts, mit dem man spaßen sollte«, warf Charis ein. »Luzifer hat ihn mit der Erinnerung an das Biest erschaffen, hat in ihn denselben Hunger nach Tod und Zerstörung gepflanzt.«

    »Ja«, erwiderte Dante. »Aber er ist noch immer ein Dämon und kann zerstört oder zurück in die Hölle geschickt werden.«

    »Wir wissen, dass Avriel sich in den Abwasserkanälen unterhalb von Paris aufhält, und dass der Dämon dort bei ihm ist«, sagte ich. »Also, befreien wir uns von Abaddon, schnappen uns Avriel, nehmen ihn mit nach Thailand, und er kann uns zeigen, wie man die Box bedient. Das klingt einfach genug.«

    »So einfach, wie die Reimann-Hypothese zu lösen ist.« Dante lachte. »Weißt du,

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