Das Aufgebot ist bestellt: Kurfürstenklinik 100 – Arztroman
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Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist.
Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich.
»Dies sind deine letzten beiden Wochen als Junggeselle«, sagte Dr. Julia Martensen lächelnd zu Dr. Adrian Winter, als sie an diesem recht trüben Morgen gemeinsam die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betraten. Adrian war hier vor einigen Jahren Chef der Notaufname geworden, und seitdem hatte er die Station zu einer der besten im ganzen Land gemacht. Sie war technisch hervorragend ausgestattet, und er konnte sich auf ausgezeichnete Mitarbeiter stützen – wie eben die Internistin Julia Martensen, die sehr oft in der Notaufnahme arbeitete. Auch Dr. Bernd Schäfer gehörte dazu, Unfallchirurg wie Adrian selbst. Bernd war einige Jahre jünger als Adrian und noch Assistenzarzt, während Julia bereits auf die Fünfzig zuging, was ihr jedoch niemand ansah. Die drei waren auch privat miteinander befreundet. »Ja, zum Glück!« erwiderte Adrian lachend. »Ich bin alt genug, um endlich Ehemann zu werden, findest du nicht? Mit fünfunddreißig haben andere schon ein paar Kinder – und ich fange erst an.« »Das hat auch Vorteile«, bemerkte Julia weise. Sie war unverheiratet – und sie war es gern. Sie liebte ihre Unabhängigkeit, die sie für einen Mann wohl nur zögernd aufgegeben hätte. »Dann müßte die Liebe schon einschlagen wie der Blitz!« hatte sie einmal lächelnd gesagt.
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Kurfürstenklinik
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Das Aufgebot ist bestellt - Nina Kayser-Darius
Kurfürstenklinik
– 100–
Das Aufgebot ist bestellt
Doch wo ist eigentlich das Hochzeitspaar?
Nina Kayser-Darius
»Dies sind deine letzten beiden Wochen als Junggeselle«, sagte Dr. Julia Martensen lächelnd zu Dr. Adrian Winter, als sie an diesem recht trüben Morgen gemeinsam die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betraten.
Adrian war hier vor einigen Jahren Chef der Notaufname geworden, und seitdem hatte er die Station zu einer der besten im ganzen Land gemacht. Sie war technisch hervorragend ausgestattet, und er konnte sich auf ausgezeichnete Mitarbeiter stützen – wie eben die Internistin Julia Martensen, die sehr oft in der Notaufnahme arbeitete.
Auch Dr. Bernd Schäfer gehörte dazu, Unfallchirurg wie Adrian selbst.
Bernd war einige Jahre jünger als Adrian und noch Assistenzarzt, während Julia bereits auf die Fünfzig zuging, was ihr jedoch niemand ansah. Die drei waren auch privat miteinander befreundet.
»Ja, zum Glück!« erwiderte Adrian lachend. »Ich bin alt genug, um endlich Ehemann zu werden, findest du nicht? Mit fünfunddreißig haben andere schon ein paar Kinder – und ich fange erst an.«
»Das hat auch Vorteile«, bemerkte Julia weise. Sie war unverheiratet – und sie war es gern. Sie liebte ihre Unabhängigkeit, die sie für einen Mann wohl nur zögernd aufgegeben hätte. »Dann müßte die Liebe schon einschlagen wie der Blitz!« hatte sie einmal lächelnd gesagt. »Sonst bleibe ich lieber allein, denn mit mir komme ich ganz gut aus, darin habe ich ja nun auch schon ziemlich viel Übung.«
Jetzt fügte sie hinzu: »Wenn man nicht mehr ganz jung ist, weiß man über seine Gefühle besser Bescheid, man ist sicherer, kennt seine eigenen Fehler und Schwächen. Ich finde das gar nicht so schlecht, ein wenig länger zu warten.«
»Aber für Kinder ist es vielleicht schöner, ganz junge Eltern zu haben«, meinte er zweifelnd.
»Quatsch!« widersprach sie resolut. »Für Kinder ist es am schönsten, wenn die Eltern sie lieben – und wenn die Eltern einander lieben. Ob sie ein paar Jahre jünger oder älter sind, spielt in dem Zusammenhang keine große Rolle, das kannst du mir glauben. Ich habe ja etliche Nichten und Neffen, ich weiß, wovon ich spreche.«
»Stefanie behauptet auch, wir seien genau im richtigen Alter«, sagte Adrian. Er wollte noch etwas hinzufügen, doch dazu kam er nicht mehr, denn die Türen der Notaufnahme wurden aufgestoßen, und ihr Kollege Bernd Schäfer kam herein – er trug eine offensichtlich bewußtlose Frau.
Julia und Adrian eilten auf ihn zu. »Wer ist das, Bernd? Was ist denn passiert?«
Dr. Bernd Schäfer hatte in den letzten Monaten zahlreiche Pfunde abgenommen, aber er war noch immer sehr kräftig, und so wirkte die zierliche junge Frau, die er trug, leicht wie eine Feder auf seinen starken Armen. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Sie lag etwa zweihundert Meter von hier entfernt mitten auf der Straße. Passanten wollten eben einen Rettungswagen rufen, als ich vorbeikam, aber ich dachte, ich bin schneller, wenn ich sie selbst hierher trage. Sie ist bewußtlos, der Puls ist schwach, ab und zu stöhnt sie leise, aber sie wacht nicht auf.«
Adrian lief voran in eine der Behandlungskabinen, Julia und Bernd mit der Frau folgten ihm. Aus einer anderen Richtung kam jetzt auch Schwester Monika und fragte: »Braucht ihr mich?«
»Ja, bleib hier, Moni«, bat Adrian, »Bernd hat die Frau bewußtlos auf der Straße gefunden, wir wissen noch nicht, was mit ihr los ist.«
»Alkohol oder Drogen?« fragte Julia zweifelnd. »Obwohl sie eigentlich nicht so aussieht.«
»Keinerlei Alkoholgeruch«, sagte Bernd. »Das war natürlich der erste Gedanke, der mir auch gekommen ist, aber ich glaube nicht daran.« Er ließ die Frau vorsichtig auf die Liege gleiten, und nun erst sahen die anderen ihr Gesicht: Sie war eine sehr zarte Rothaarige, mit fast durchscheinend weißer Haut ohne eine einzige Sommersprosse. Ihr Mund war weich und voll, ihr Gesicht klar und klassisch geschnitten.
»Meine Güte«, sagte Julia, während sie mit der Untersuchung begann, »sie sieht ja aus wie eine Schönheitskönigin.«
Die anderen nickten zustimmend, dann jedoch konzentrierten sie sich darauf, herauszufinden, was ihrer Patientin fehlte. Sie wurde an Geräte angeschlossen, die die Funktion von Herz und Kreislauf überwachten, und Schwester Monika legte ihr außerdem eine Kochsalzinfusion an.
»Ich kann keine Verletzungen entdecken«, sagte Julia nach einer Weile.
»Gebrochen hat sie nichts«, bestätigte Bernd.
»Wir müssen sie irgendwie wachbekommen.« Adrian betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die Monitore. »Und wir brauchen ihre Hirnströme. Ich bin sicher, sie würden uns Aufschluß über das geben, was ihr fehlt.«
In diesem Moment öffnete die junge Frau die Augen und sah stumm von einem zum anderen. Auch ihre Augen waren wunderschön: Von einem klaren, sehr hellen Grün.
»Sie sind wach!« sagte Adrian erleichtert. »Können Sie uns sagen, was passiert ist?«
Stumm schüttelte sie den Kopf.
»Sie sind jetzt in der Kurfürsten-Klinik«, erklärte er, »in der Notaufnahme. Ich bin Dr. Winter, dieses sind meine Kollegen Frau Dr. Martensen, Herr Dr. Schäfer und Schwester Monika. Dr. Schäfer hat Sie bewußtlos auf der Straße gefunden und hierher gebracht.« Er schwieg und wartete auf eine Reaktion, doch die Frau blieb stumm.
»Wie heißen Sie?« fragte nun Julia.
Die Antwort kam so leise wie ein Hauch: »Iris Scheumann.«
Die Ärzte atmeten auf: Sie war also orientiert.
»Frau Scheumann, ist das schon öfter vorgekommen, daß Sie plötzlich das Bewußtsein verloren haben?« fragte Adrian.
»Nein, noch nie.« Ihre Stimme klang jetzt ein wenig kräftiger.
»Hatten Sie in letzter Zeit vielleicht öfter Kopfschmerzen? Oder wird Ihnen manchmal schwindelig? Haben Sie Gleichgewichtsstörungen?«
Sie nickte. »Ja – das ist vorgekommen. Aber… es ist immer wieder vergangen, ich habe nicht weiter darauf geachtet.«
»Wir müssen das untersuchen«, sagte Adrian ernst. »Sind Sie einverstanden, daß wir eine Computertomographie von Ihrem Kopf anfertigen?«
Iris Scheumann schloß die Augen. »Aber nicht… sofort«, bat sie. »Ich muß mich zuerst ein wenig ausruhen.«
»Natürlich müssen Sie das. Außerdem sollten wir vielleicht Ihre Angehörigen benachrichtigen. Wollen Sie das selbst tun oder möchten Sie, daß wir jemanden für Sie anrufen?«
»Meinen Vater«, sagte die Patientin leise. »Er soll dann… meinen Verlobten anrufen.« Sie diktierte die Nummer ihres Vaters Justus Scheumann, dann schlief sie ein.
Die drei Ärzte verließen den Raum, während Schwester Monika auf Adrians Bitte bei der jungen Frau blieb.
»Merkwürdig«, murmelte Julia.
»Was denn?«
»Na, daß wir ihren Vater anrufen sollen, nicht ihren Verlobten. Findet ihr das nicht merkwürdig? Ich hätte eher gedacht, daß der Verlobte den Vater behutsam informiert als umgekehrt.«
»Vielleicht hängt sie mehr an ihrem Vater als an ihrem Verlobten«, sagte Bernd mit mildem Spott. »Wer übernimmt den Anruf?«
»Das kann ich machen«, sagte Adrian, denn aus der Ferne rief Oberschwester Walli: »Ich brauche Julia hier, ganz dringend! Verdacht auf akuten Blinddarm! Und wenn ein Chirurg frei ist…«
»Wir kommen, Walli!« rief Julia.
Bernd und sie rannten los, und Adrian wählte die Nummer, die Iris Scheumann ihm diktiert hatte.
*
Justus Scheumann sog den Duft ein, der aus einem der Reagenzgläser aufstieg, die vor ihm standen und