Parker zieht dem "Tiger" Zähne: Butler Parker 155 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Über dieses E-Book
Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Butler Parker hielt seine Nerven unter Kontrolle. Er stand auf einem Parkplatz und blickte zur Brüstung eines Flachdaches, das gut und gern fünfzehn Meter hoch war. Er beobachtete mit Interesse die junge Frau, die dort oben stand und alle Anstalten traf, sich in die Tiefe zu stürzen. Sie sah selbst aus dieser Entfernung noch attraktiv aus, trug schulterlanges, blondes Haar und ein Kleid, das tief eingerissen war. Die Selbstmordkandidatin sah sich wie gehetzt um, sie schien offensichtlich verfolgt zu werden. Entsprechende Typen erschienen gerade links auf dem Flachdach. Es handelte sich um zwei Männer in schwarzer Lederkleidung, die mit Ziernieten übersät war. Sie lachten auf gemeine Art und schoben sich langsam an die ängstliche Frau heran, für die es kein Entweichen zu geben schien. »Bleibt stehen«, schrie sie und streckte abwehrend die Arme aus, »bleibt stehen, oder ich springe!« Die Antwort der Männer bestand in einem Lachen, das man nur als niederträchtig bezeichnen konnte. Parker war fast versucht, nach seiner Geheimwaffe zu greifen, nämlich der Gabelschleuder, die sich in der Innentasche seines schwarzen Covercoats befand. Doch dann verzichtete er und beobachtete weiter die Szene, von der eine gewalttätige Faszination ausging. Die beiden Männer kamen immer näher. Die junge Frau zog sich zurück und hatte nicht mehr viel Spielraum. Noch wenige Meter, und sie erreichte eine Brandmauer, die sie nicht erklimmen konnte. »Ich ... Ich springe!« drohte die Frau mit verzweifelt klingender Stimme. »Guten Flug«
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Butler Parker
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Parker zieht dem "Tiger" Zähne - Günter Dönges
Butler Parker
– 155 –
Parker zieht dem Tiger
Zähne
Günter Dönges
Butler Parker hielt seine Nerven unter Kontrolle.
Er stand auf einem Parkplatz und blickte zur Brüstung eines Flachdaches, das gut und gern fünfzehn Meter hoch war. Er beobachtete mit Interesse die junge Frau, die dort oben stand und alle Anstalten traf, sich in die Tiefe zu stürzen.
Sie sah selbst aus dieser Entfernung noch attraktiv aus, trug schulterlanges, blondes Haar und ein Kleid, das tief eingerissen war. Die Selbstmordkandidatin sah sich wie gehetzt um, sie schien offensichtlich verfolgt zu werden.
Entsprechende Typen erschienen gerade links auf dem Flachdach. Es handelte sich um zwei Männer in schwarzer Lederkleidung, die mit Ziernieten übersät war. Sie lachten auf gemeine Art und schoben sich langsam an die ängstliche Frau heran, für die es kein Entweichen zu geben schien.
»Bleibt stehen«, schrie sie und streckte abwehrend die Arme aus, »bleibt stehen, oder ich springe!«
Die Antwort der Männer bestand in einem Lachen, das man nur als niederträchtig bezeichnen konnte. Parker war fast versucht, nach seiner Geheimwaffe zu greifen, nämlich der Gabelschleuder, die sich in der Innentasche seines schwarzen Covercoats befand.
Doch dann verzichtete er und beobachtete weiter die Szene, von der eine gewalttätige Faszination ausging.
Die beiden Männer kamen immer näher. Die junge Frau zog sich zurück und hatte nicht mehr viel Spielraum. Noch wenige Meter, und sie erreichte eine Brandmauer, die sie nicht erklimmen konnte.
»Ich ... Ich springe!« drohte die Frau mit verzweifelt klingender Stimme.
»Guten Flug«, antwortete einer der beiden Männer und zeigte ihr das Messer, das er in der linken Hand hielt.
»Mach’s doch«, fügte der zweite Mann hinzu.
Parkers Gesicht blieb ausdruckslos wie das eines Pokerspielers. Es zeigte keine Regung. Der Butler ließ sich von der Dramatik der Szene einfangen, wie auch die übrigen Zuschauer auf dem Parkplatz.
»Worauf wartest du denn noch?« höhnte der erste junge Mann und hatte die blonde junge Frau fast erreicht. Er wagte einen kleinen Sprung nach vorn und fiel mit dem Messer aus. Sein Opfer wich noch mal zurück, strauchelte aber dabei und schien das Gleichgewicht zu verlieren. Man hörte einen entsetzten Schrei. Die junge Frau kämpfte mit dem Gleichgewicht, glitt mit dem rechten Fuß von der Brüstung ab und rettete sich im letzten Augenblick an der hoch aufsteigenden Brandmauer. Damit aber hatte sie nun keinen Spielraum mehr.
Die Verfolger genossen ihre Überlegenheit und nahmen sich Zeit. Sie riefen sich etwas zu, was Parker jedoch nicht verstand. Dann schienen sie Schluß machen zu wollen, drückten sich ab und liefen auf die Verzweifelte zu, die nun nach unten auf den Parkplatz blickte und sich nicht entschließen konnte, auch tatsächlich zu springen.
Es war ein Sprung in den Tod, wie man sich leicht ausrechnen konnte. Die beiden Männer waren nahe heran und streckten beide ihre Hände nach dem Opfer aus. Genau in diesem Moment drückte die junge Frau sich von der Ziegelmauer ab und ... sprang nach unten.
Sie breitete weit die Arme aus, als gäbe es doch noch eine Möglichkeit, dem tödlichen Aufprall zu entgehen. Dann überschlug sie sich fast elegant im Flug und prallte auf.
Parker war nicht in der Lage, den Blick abzuwenden.
Die junge Frau landete in einem gewaltigen Luftkissen, das über ihrem Körper zusammenschlug. Wenige Sekunden später stand sie schon wieder auf den Beinen und winkte lächelnd nach allen Seiten.
Beifall prasselte auf. Josuah Parker, der hochherrschaftliche Butler, rührte ebenfalls seine schwarz behandschuhten Hände und spendete Beifall, wenn auch gemessen und durchaus zurückhaltend. Die Blonde rutschte inzwischen über die hohe Kante des Luftkissens und wurde hier von einigen Männern in Empfang genommen, die ihr gratulierten.
Josuah Parker wandte sich um und schritt dann hinüber zu der Kamera, die diese Szene aufgenommen hatte. Er ging um sie herum, kümmerte sich nicht weiter um den Regisseur und die Aufnahme-Crew, sondern trat auf ein Wohnmobil zu, dessen Tür geöffnet war. Hier wartete er auf die junge Frau, die sich gerade mit dem Regisseur unterhielt. Es dauerte einige Zeit, bis sie sich endlich von ihm löste und auf Parker zukam.
Parker lüftete höflich seine schwarze Melone, als die Blonde ihn erreichte. Sie blieb wie angewurzelt stehen und machte einen völlig verblüfften Eindruck. Sie stand einem alterslos erscheinenden Mann gegenüber, der die Andeutung eines leichten Bauches zeigte und rabenschwarze Kleidung trug. Am angewinkelten linken Unterarm hing ein altväterlich gebundener Regenschirm.
»Parker mein bescheidener Name«, stellte der Butler sich vor, »Josuah Parker. Hat man die Ehre mit Miß Ann Lomings?«
»Ann Lomings«, erwiderte sie und nickte. »Was kann ich für Sie tun?«
»Mr. Horace Pickett empfahl Ihnen meine Wenigkeit, wenn ich nicht sehr irre, Miß Lomings.«
»Sie sind dieser Mr. Parker?« Sie schaute den Butler verdutzt an und lächelte dann ungläubig.
»In der Tat«, antwortete Parker, »laut Mr. Pickett scheint es Dinge in Ihrem gegenwärtigen Leben zu geben, die Sie ein wenig irritieren, wenn man es mal so ausdrücken darf.«
»Das haben Sie sehr schön gesagt«, meinte sie ironisch-bitter, »ich bin tatsächlich ein wenig irritiert. Man will mich nämlich umlegen!«
*
»Sollte es tatsächlich Dinge geben, die Sie in Angst und Schrecken versetzen können?« wunderte sich Josuah Parker andeutungsweise. Er deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf das Flachdach.
»Ach so, das meinen Sie?« Sie zuckte die Achseln und lächelte flüchtig, »das ist schließlich mein Beruf, Mr. Parker. Sie wissen ja wohl von Mr. Pickett, daß ich Stunts mache, nicht wahr?«
»Sie sind das, was der Laie wohl einen weiblichen Stuntman nennen würde?«
»Richtig«, bestätigte sie, »hat es Ihnen übrigens gefallen?«
»Meine Wenigkeit war versucht, helfend einzugreifen«, antwortete Josuah Parker in ehrlicher Bewunderung.
»Wie nett«, meinte sie schon wieder ironisch, »ich frage mich allerdings, wie Sie das hätten schaffen wollen.«
»Nun, es gibt Mittel und Wege, um auch aus gewisser Distanz intervenieren zu können, Miß Lomings.«
»Sie glauben also, Mr. Parker, mir helfen zu können?« Skepsis war in ihrer Stimme.
»Mr. Pickett deutete an, daß Sie sich bisher nicht an die zuständigen Behörden gewandt haben.«
»Wie, bitte, will die Polizei mir helfen?« erwiderte sie. »Eine Leibwache kann sie mir schließlich nicht stellen, oder? «
»Die erwähnte Polizei könnte aber nach jenem Phantom fahnden, das Ihnen nach dem Leben trachtet.«
»Ich könnte der Polizei noch nicht mal sagen, wer verdächtig ist«, äußerte Ann Lomings, »ich habe selbst keine Ahnung. Ich weiß nur, daß ich per Telefon seit einigen Tagen belästigt werde. Und dazu kommen dann noch diese Drohbriefe.«
»Die meine Wenigkeit vielleicht einsehen dürfte?«
»Sie trauen sich wirklich zu, mir helfen zu können?« Sie musterte den Butler ungeniert und lächelte plötzlich nicht mehr ironisch.
»Möglicherweise erzählen Sie meiner Wenigkeit, was sich bisher ereignet hat«, schlug Josuah Parker gemessen vor, »zudem sollte man wissen, wer bisher von diesen Morddrohungen weiß.«
»Kommen Sie mit in den Wagen«, sagte sie, »ich werde Ihnen die Briefe zeigen, Mr. Parker. Sie sind wirklich nur ein Butler? «
»In Diensten der Lady Simpson«, bestätigte Josuah Parker.
»Und Sie beschäftigen sich mit der Aufklärung von Kriminalfällen?«
»Wie es sich ergibt«, erklärte der Butler, »Mr. Pickett gegenüber bin ich zu Dank verpflichtet.«
Parker betrat das Wohnmobil und blickte sich unauffällig um. Das Innere des Wagens war sachlich eingerichtet und aufgeräumt. Im hinteren Teil gab es einen großen Schminktisch, der auf Ann Lomings’ Beruf hinwies.
Parker hatte sich natürlich bereits informiert. Er wußte, daß die junge Blondine ein bekanntes und begehrtes Double für weibliche Schauspieler war. In Film- und Fernsehkreisen hatte sie einen Namen. Man sagte Ann Lomings nach, daß sie kein Risiko scheute, um einen guten Stunt abzuliefern.
»Nehmen Sie Platz.« Sie deutete auf eine kleine Sitzecke hinter dem Fahrersitz, »möchten Sie etwas trinken?«
»Danke, nein.« Parker schüttelte unmerklich den Kopf. »Wer von Ihren Freunden und Bekannten weiß von den Morddrohungen, um diese Frage noch mal aufzugreifen?«
»Ich habe bisher keinen Menschen eingeweiht, nur eben Pickett«, entgegnete sie, »ich lernte ihn vor Monaten bei Außenaufnahmen kennen. Mr. Pickett war dort als Berater tätig.«
»Meine Wenigkeit hörte andeutungsweise davon«, erwiderte Josuah Parker, »und seit wann droht man Ihnen mit dem baldigen Tod?«
»Seit genau einer Woche«, antwortete Ann Lomings, »zuerst kamen die Anrufe, dann die Briefe. Hören Sie, Mr. Parker, mißverstehen Sie mich bitte nicht, aber trauen Sie sich tatsächlich zu, diesen Kerl zu fassen?«
»Sie gehen davon aus, Miß Lomings, daß es sich um einen Mann handelt?« fragte Parker.
»Nein, das will ich damit nicht gesagt haben«, erwiderte sie sofort und schüttelte den Kopf, »auf der anderen Seite kann ich mir allerdings nicht vorstellen, daß eine Frau solche Mordbriefe verfaßt haben könnte.«
»Briefe, die Sie meiner Wenigkeit sicher zeigen können, Miß Lomings.«
»Natürlich.« Sie öffnete einen Wandschrank neben dem großen Schminkspiegel und ... stutzte