In den Wahnsinn: Der exzellente Butler Parker 74 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Parker ließ die junge Dame nicht aus den Augen. Sie mochte etwa zwanzig Jahre alt sein, war langbeinig, schlank und sah ungemein attraktiv aus. Zudem war sie mit Sicherheit beschwipst. Sie hielt nur sehr mühsam das Gleichgewicht und konnte nicht verhindern, daß ihre hübschen Beine immer wieder durcheinander gerieten. Dann blieb sie kurz stehen, schien sich zu sammeln und zu konzentrieren, um dann steifbeinig weiterzugehen. Ihr Benehmen fiel allerdings kaum auf. Dazu war es viel zu spät. Mitternacht war längst vorüber und der Verkehr auf den Straßen nur noch gering. Parker war zu Fuß und kam aus einem kleinen Kino, in dem Filme aus dem alten, geliebten England gespielt wurden. Parker hatte sich solch einen Film zu Gemüte geführt und den Oxford-Akzent des Hauptdarstellers sichtlich genossen. Endlich hatte er seiner bescheidenen Ansicht nach wieder einmal echtes Englisch gehört, echt und ohne jenen breiten, gequetschten Akzent, den die Amerikaner bevorzugten. Aufgeräumt und sichtlich zufrieden strebte der Butler der Dachgartenwohnung zu, die sein junger Herr bewohnte. Parker bewohnte das Penthouse im Augenblick allein. Mike Rander war unterwegs und wollte erst in zwei oder drei Tagen zurückkehren. Wie schon gesagt, Parker ließ die junge, leicht beschwipste Dame nicht aus den Augen. Auch sie schien einen netten Abend gehabt zu haben. Gewiß, sie hatte etwas zuviel getrunken, doch das kam in den besten Kreisen vor, wie Parker es als Butler nur zu gut wußte. Sie schien nun einen leichten Schwächeanfall zu erleiden. Sie blieb neben einem Hydranten stehen und beugte sich etwas vor. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich das lange dunkle Haar aus der Stirn und … rannte plötzlich sehr zielbewußt und ohne jeden Übergang auf einen schweren Lastwagen zu, der über die Straße donnerte.
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Der exzellente Butler Parker
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In den Wahnsinn - Günter Dönges
Der exzellente Butler Parker
– 74 –
In den Wahnsinn
Günter Dönges
Parker ließ die junge Dame nicht aus den Augen.
Sie mochte etwa zwanzig Jahre alt sein, war langbeinig, schlank und sah ungemein attraktiv aus. Zudem war sie mit Sicherheit beschwipst. Sie hielt nur sehr mühsam das Gleichgewicht und konnte nicht verhindern, daß ihre hübschen Beine immer wieder durcheinander gerieten. Dann blieb sie kurz stehen, schien sich zu sammeln und zu konzentrieren, um dann steifbeinig weiterzugehen.
Ihr Benehmen fiel allerdings kaum auf.
Dazu war es viel zu spät. Mitternacht war längst vorüber und der Verkehr auf den Straßen nur noch gering. Parker war zu Fuß und kam aus einem kleinen Kino, in dem Filme aus dem alten, geliebten England gespielt wurden. Parker hatte sich solch einen Film zu Gemüte geführt und den Oxford-Akzent des Hauptdarstellers sichtlich genossen. Endlich hatte er seiner bescheidenen Ansicht nach wieder einmal echtes Englisch gehört, echt und ohne jenen breiten, gequetschten Akzent, den die Amerikaner bevorzugten.
Aufgeräumt und sichtlich zufrieden strebte der Butler der Dachgartenwohnung zu, die sein junger Herr bewohnte. Parker bewohnte das Penthouse im Augenblick allein. Mike Rander war unterwegs und wollte erst in zwei oder drei Tagen zurückkehren.
Wie schon gesagt, Parker ließ die junge, leicht beschwipste Dame nicht aus den Augen. Auch sie schien einen netten Abend gehabt zu haben. Gewiß, sie hatte etwas zuviel getrunken, doch das kam in den besten Kreisen vor, wie Parker es als Butler nur zu gut wußte.
Sie schien nun einen leichten Schwächeanfall zu erleiden. Sie blieb neben einem Hydranten stehen und beugte sich etwas vor. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich das lange dunkle Haar aus der Stirn und … rannte plötzlich sehr zielbewußt und ohne jeden Übergang auf einen schweren Lastwagen zu, der über die Straße donnerte.
Sie breitete dabei die Arme weit, fast sehnsüchtig aus. Sie schien diese tonnenschwere Masse aus Stahl und Blech mit ihren Händen stoppen zu wollen.
Der Fahrer des Lasters wurde völlig überrascht. Er trat nach der obligaten Schrecksekunde voll auf das Bremspedal, doch der schwere Laster schlidderte und rollte weiter. Direkt auf die junge Dame zu, die nicht im Traum daran dachte, noch zurückzuspringen.
Parker handelte augenblicklich, wie es sich für einen geschulten Butler gehörte.
Zum Glück dieser trunkenen, jungen Dame hatte er selbstverständlich seinen Universal-Regenschirm bei sich. Mit dem Bambusgriff dieses Regenschirms angelte er nach dem Hals der Frau und riß sie dann praktisch im letzten Moment aus der Bahn des Lasters.
Die Bremsen des Trucks quietschten und röhrten. Der Laster stellte sich leicht quer, wurde von dem Fahrer aber gebändigt und wieder auf Kurs gebracht. Dann rollte er neben dem Gehsteig aus.
Die junge Dame war zu Fall gekommen. Sie hatte durch den plötzlichen Ruck das Gleichgewicht verloren und landete Sekunden später in Parkers Armen.
»Ich bedaure es ungemein, falls ich Sie unnötig überrascht haben sollte«, erklärte Parker in seiner höflichen Art. »Doch ich hatte das Gefühl, eingreifen zu müssen, zumal der Bremsweg des Lasters wohl doch etwas zu lang war.«
Die junge Dame antwortete nicht.
Sie lag still an Parkers Brust und lachte plötzlich.
Parker war indigniert. Er konnte sich solch ein undamenhaftes Benehmen kaum erklären.
Der Führer des Trucks, der inzwischen aus dem Führerhaus geklettert war, lachte hingegen keineswegs.
Er schimpfte lautstark und mischte einige Worte unter, die Parker noch nie gehört hatte.
»Die Polizei sollte man holen«, schloß der Fahrer gereizt, »wär’ ich doch schuld gewesen, wenn was passiert wär’, oder? Dann heißt es, immer die Autofahrer, oder?«
»Ich bewundere Ihr schnelles Reaktionsvermögen«, antwortete Josuah Parker. »Ohne Ihre artistische Geschicklichkeit wäre es ganz sicher zu einem bedauernswerten Unfall gekommen, möchte ich meinen.«
»Na, und ob!« Der Kraftfahrer zündete sich eine Zigarette an und beugte sich zu der jungen Dame hinunter, die sich an Parkers Brust recht wohl zu fühlen schien. »Wer ist das eigentlich? Ihre Tochter? Ganz schön voll, wenn’s auch nich’ nach Schnaps riecht!«
»In der Tat, die junge Dame scheint wirklich keinen Alkohol zu sich genommen zu haben«, stellte Parker fest, »mir war das bisher entgangen. Sehr ungewöhnlich.«
»Den Hintern sollte man solchen Dämchen verhauen«, schimpfte der Lastwagenfahrer weiter.
»Ich schlage vor, Sie nehmen diesen Dollarschein«, meinte Parker, der an weiteren Auseinandersetzungen nicht interessiert war. Er griff in einer seiner Westentaschen und reichte dem Fahrer diskret eine Banknote. »Vergessen wir diesen peinlichen Zwischenfall.«
Der Fahrer warf einen prüfenden Blick auf den Geldschein und nickte verständnisvoll.
»Schon vergessen«, erklärte er dann überzeugend, »sorgen Sie nur dafür, daß die Kleine ins Bett kommt! Wenn Sie mich fragen, dann hat’se gekokst, wetten?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich um und ging zurück zu seinem Wagen. Wenige Minuten später rollte er bereits weiter, den Butler samt der jungen, offensichtlich doch nicht beschwipsten Dame allein zurücklassend.
Sie schien von dem ganzen Zwischenfall überhaupt nichts gemerkt zu haben. Sie lachte zwar nicht mehr, doch sie kuschelte sich nach wie vor an den Butler.
»Mir ist kalt«, sagte sie plötzlich und zog die Schultern hoch, »kalt ist mir, Darling!«
»Wie bitte?« erkundigte sich Parker, der schon seit einigen Jahren nicht mehr mit Darling angeredet worden war. »Hier liegt offensichtlich ein Mißverständnis vor …!«
Sie schien diesen Eindruck auch zu haben.
Sie druckte sich plötzlich von seiner Brust ab, lachte hysterisch auf und rannte davon. Sie war so schnell wie eine geübte Sportlerin. Sie taumelte nicht mehr und schien auch nicht mehr beschwipst zu sein.
Parker war ehrlich verblüfft.
Er faßte zuerst einmal nach seiner Brieftasche. Er hatte plötzlich den dunklen Verdacht, einer gerissenen Taschendiebin in die Finger gelaufen zu sein.
Die Brieftasche befand sich jedoch am gewohnten Platz. Dafür hatte die rätselhafte Dame aber ihre kleine schwarze Handtasche zurückgelassen. Sie lag neben dem Wasserhydranten und wartete nur darauf, von Parker aufgehoben zu werden. Nachdem Parker dies getan und sich nach der vermeintlichen Taschendiebin umgesehen hatte, war sie bereits in der Dunkelheit verschwunden.
Nichts deutete darauf hin, daß Parker eben noch eine dunkelhaarige, junge Dame in den Armen gehabt hatte. Nichts, außer den beiden dumpfen Schüssen vielleicht, die wenige Sekunden später deutlich zu hören waren …
*
Josuah Parker setzte sich sofort in Bewegung.
Die Schüsse waren offensichtlich aus einer engen Seitenstraße jenseits der breiten Fahrbahn an seine Ohren gedrungen. Er steckte die schmale schwarze Handtasche in die Tasche seines weit geschnittenen Mantels und beeilte sich, zum Tatort zu kommen.
Weit hatte Parker nicht zu gehen.
Er überquerte die breite Fahrbahn der Hauptstraße und näherte sich der Einmündung in die schmale Seitenstraße. Und dort schon entdeckte er die roten Schlußlichter eines Wagens, dessen Motor nicht abgestellt war. Im Licht der abgeblendeten Scheinwerfer machte er zwei Gestalten aus, die auf dem Boden herumsuchten und es offensichtlich sehr eilig hatten.
Parker wollte sich möglichst ungesehen an diese beiden Gestalten heranpirschen. Seiner Rechnung nach waren es die Männer, die geschossen haben mußten.
Doch er kam nicht weit.
Parker hatte eine dritte Gestalt übersehen, die neben dem Wagen wahrscheinlich in einem Hausflur stand.
Plötzlich wurde Parker mit einigen Schüssen überrascht, die gefährlich gut lagen. Josuah Parker sah sich gezwungen, erst einmal in Deckung zu gehen. Er verschwand hinter einer Hausecke und sah sich veranlaßt, seinen vorsintflutlichen Colt zu ziehen.
Es handelte sich um ein super-schweres Modell, das an einen Miniatur-Minenwerfer erinnerte. Jeder normale Schütze hätte solch eine Waffe strikt abgelehnt und sie dem nächsten Schrottplatz überwiesen. Parker jedoch hing an dieser Waffe, die zudem noch einige eingebaute Tricks besaß, über die er je nach Lage der Dinge gern verfügte.
Wie gut dieser alte, leicht angerostete Colt war, stellte sich wenig später heraus.
Parker schoß nämlich zurück.
Dröhnend verließen die schweren Geschosse den Lauf. Sie jaulten durch die Nacht und lädierten den Wagen nach allen Regeln der Kunst. Die Karosserie des Wagens wurde empfindlich beschädigt. Die einschlagenden Geschosse stanzten riesige Löcher in das Blech. Nach den dritten Schuß spritzten die Wagenscheiben explosionsartig auseinander, kurz, Parker zeigte deutlich, daß er keineswegs gewillt war, sich ins Bockshorn jagen zu lassen.
Diesen Eindruck hatten die Männer drüben am Wagen wohl auch.
Während einer kurzen Feuerpause heulte der Wagenmotor gequält auf. Dann tourten Reifen kreischend und singend durch. Bald darauf jagte der Wagen mit hoher Geschwindigkeit los.
Parker steckte seine handliche Feuerwaffe ein und inspizierte den Tatort.
Er erwartete, einen Toten vorzufinden. Er hatte sich damit vertraut gemacht, jene junge Dame wiederzufinden, die er in den Armen gehalten hatte. Zu seiner ehrlichen Überraschung fand er nichts, weder Spuren noch die leicht beschwipste Dame.
Parker wollte es natürlich genau wissen.
Er zog einen handlichen Kugelschreiber aus einer der vielen Westentaschen und schaltete die darin eingebaute Taschenlampe ein. Mit dem stark gebündelten Lichtstrahl suchte er den Boden ab.
Er fand, wonach er gesucht hatte.
Auf dem Pflaster dieser kleinen, engen Straße ließen sich Blutspuren ausmachen. Nur wenige Zentimeter davon entfernt entdeckte der Butler