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Mikis Theodorakis: Komponist, Friedensstifter, Volksheld
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eBook175 Seiten1 Stunde

Mikis Theodorakis: Komponist, Friedensstifter, Volksheld

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Über dieses E-Book

Mikis Theodorakis von Wassilis Aswestopoulos
Ohne Brille liest der 92-jährige Mikis Theodorakis auf einem Tablet Nachrichten, kommentiert sie, erzählt Analogien zu gelebter Geschichte. Theodorakis war Partisan, Verbannter, er überlebte brutale Folter und Weggefährten wie Fidel Castro und Mosche Dajan. In seinem Wohnhaus herrscht reger Besucherverkehr. Politiker, Musiker, Freunde und Journalisten holen sich Rat bei Griechenlands lebender Legende. Von ihren einstigen Herrchen ausgesetzte Hunde finden hier ihre
Herberge. "Die sind wie ich, alt und gebrechlich", sagt der mit seinem Tod Kokettierende. Dennoch schmiedet er Pläne. Im Sommer steht eine Konzertreise nach Deutschland an. "In Deutschland Geborene haben Glück! Sie wachsen in einem Land auf, in dem es weniger Missgunst gibt", philosophiert er und erzählt von seinem Traum, die ewig zerstrittenen Griechen endlich einig zu erleben. Seine Musik hat vieles und viele vereint. Die Bouzouki, das lange verbotene Instrument der Griechen Kleinasiens kombinierte er mit dem von ihm erfundenen Tanz, dem Sirtaki. Theodorakis Vertonung der Mauthausen-Kantate des KZ-Überlebenden Jakovos Kambanellis ist ein Fanal für die Liebe der Opfer einer der schwärzesten Perioden der Menschheit. Theodorakis provoziert mit Gegensätzen, um zu einen. Und er erzählt darüber mit Worten, Musik und Taten.
SpracheDeutsch
Herausgeberkurz&bündig
Erscheinungsdatum20. März 2019
ISBN9783907126158
Mikis Theodorakis: Komponist, Friedensstifter, Volksheld

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    Buchvorschau

    Mikis Theodorakis - Wassilios Aswestopoulos

    Komponist.

    Friedensstifter.

    Volksheld.

    Mikis Theodorakis

    von Wassilis Aswestopoulos

    kurz & bündig Verlag | Frankfurt a. M. | Basel

    »... weil ich der Gesellschaft mein Bestes vermachen wollte, die Musik!«

    Mikis Theodorakis

    Vorwort

    Das vorliegende Buch will einen Einblick in die Persönlichkeit des griechischen Komponisten und Politikers Mikis Theodorakis geben. Stets nach Harmonie strebend, provoziert Theodorakis sein Leben lang mit Gegensätzen, um zu einen. Und er erzählt davon mit Worten, Musik und Taten.

    Bereits als Kind hatte ich das Glück, ihn hautnah zu erleben, als er Aachen während der Militärdiktatur zu einem der griechischen Widerstandszentren machte. Hier trug der Exilant Anfang der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts im griechischen Restaurant Dinosaurus zum ersten Mal öffentlich seine 18 Lianotragouda tis Pikris Patridas (Die kleinen Lieder der bitteren Heimat) vor.

    Seine Konzerte im Audimax der RWTH Aachen waren politische Ereignisse für die Griechen und ein Erlebnis für die Einheimischen, die die Junta nicht mochten und die Dynamik seiner Musik liebten. Für mich als Kind war das Besondere, dass unzählige Menschen einen großgewachsenen Hünen anhimmelten und ihn gleichzeitig wie einen Freund mit seinem Vornamen, Mikis, anredeten.

    Bei einem Konzert versuchte ich, den Moment mit einer kleinen Pocketkamera zu verewigen. Es misslang. Geblieben ist die Sehnsucht, die Vita des Maestros zu protokollieren.

    Quellen für dieses Buch sind Gespräche mit Theodorakis, seine Interviews und seine Bücher, eigene Erlebnisse, der Wissensschatz meines Freundes und Theodorakis-Chronisten Asteris Koutoulas und die Arbeiten des befreundeten Journalisten Hansgeorg Hermann. Ich hatte das Vergnügen, beide bei einem Teil ihrer Arbeit begleiten zu dürfen, wofür ich ihnen hiermit noch einmal meinen Dank aussprechen möchte. Ohne diese Hilfe wäre der Versuch, dieses Buch zu verfassen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Theodorakis selbst fragte bei den vorbereitenden Gesprächen zu dieser Biographie: »Wie willst du das Material der ganzen Jahre erfassen?«

    Den Alltag und die politischen Entwicklungen kommentiert er gern mit Anekdoten und chronologischen Querverweisen aus seinem Leben. Aus der Diskussion über ein tagespolitisches Ereignis entwickelt sich im Dialog mit Theodorakis stets ein Diskurs über die jüngere griechische Geschichte und das Eigenleben seiner künstlerischen Kinder, der Musik und der Poesie. Den Komponisten Theodorakis vom Politiker oder Poeten Theodorakis zu trennen ist unmöglich.

    Dieses Porträt kann aufgrund seiner Kompaktheit keineswegs alle Ereignisse aus dem reichen Erlebnisschatz des Mikis Theodorakis wiedergeben. Sie soll jedoch einen Einblick in die Person Theodorakis vermitteln, wie sie von seiner Umgebung, aber auch von ihm selbst wahrgenommen wird.

    Chalkida, 22. März 2018

    Bei Mikis zu Hause

    Theodorakis stellt sich vor

    »Wenn ich heute jung wäre, würde man mich als Terroristen bezeichnen«, sagt Mikis Theodorakis 2013 im Film Recycling Medea über sich selbst. Kaum eine Persönlichkeit hat Griechenland in den vergangenen hundert Jahren so nachhaltig beeinflusst wie der heute zweiundneunzigjährige Komponist, Politiker und Partisan.

    Wer denkt nicht an Bouzouki und Sirtaki, wenn es um die Kultur der Griechen geht? Der Sirtaki ist jedoch kein traditioneller Volkstanz, sondern schlicht Theodorakis’ Erfindung für den 1964 gedrehten Film Alexis Sorbas.

    Zur damaligen Zeit war es im konservativ geprägten Land ein kultureller Affront, Hand an einen traditionellen kretischen Syrtos zu legen. Dazu kam, dass Theodorakis als Instrument die Bouzouki wählte, ein verrufenes Saiteninstrument, das bevorzugt von der Unterschicht der 1922 nach Griechenland geflüchteten Kleinasiengriechen benutzt wurde. Ein Instrument des Rebetiko, ein verfälschter Tanz und die Romanvorlage des von der Kirche verstoßenen kretischen Schriftstellers Nikos Kazantzakis machten Griechenlands größten Kinoerfolg möglich. Und Zorba’s Dance (wie er im Original hieß) rettete seinen Schöpfer vor der Exekution, als er, zu Zeiten der Militärdiktatur Griechenlands 1967 bis 1974, als Terrorist eingestuft wurde.

    Die beschriebene Szene spielte sich mitten im Zentrum Athens ab, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Archäologischen Museum und der Technischen Universität in der Bouboulinas-Straße Nr. 20 im Stadtteil Exarchia. Dort, in der Zentrale der Staatssicherheit, wurden die Oppositionellen von den Obristen eingesperrt und gefoltert. Zur Abschreckung der Bevölkerung fanden auf dem Flachdach des Gebäudes zahlreiche Folterungen statt. Ein Polizeioffizier hatte Theodorakis auf dieses Dach gezerrt. »Jetzt wirst du sterben«, drohte er und hob die Waffe.

    Seelenruhig pfiff Theodorakis dem Mann, der seine entsicherte Waffe auf ihn gerichtet hatte, die Melodie des Sorbas vor. »Ein Leben lang wirst Du sie überall hören und wissen, dass Du ihren Schöpfer erschossen hast«, sprach er und verunsicherte seinen potentiellen Mörder derart, dass dieser von seinem Vorhaben Abstand nahm.

    Der harte Kreter und seine Zigarren

    Solche Geschichten erscheinen auf den ersten Blick wie aus einem Politthriller gegriffen. Für zahlreiche derartige Filme hat Theodorakis die Musik geschrieben, doch umgekehrt haben Szenen aus seinem Leben auch die Vorlagen für Drehbuch- und Romanautoren geliefert. Der Film Z etwa, zu dem Theodorakis die Musik beisteuerte, arbeitete bereits 1969 die Schrecken der Militärdiktatur auf.

    Seine entwaffnende Ruhe, die Theodorakis vor dem drohenden Tod durch den Henker bewahrte, ist typisch für ihn. Der Mann, der vor Emotionen strotzende Lieder und Orchesterwerke komponiert hat, ist auf den ersten Blick ein kühler und berechnender Kopf. Wie ein moderner Aristophanes liebt er es, seine Gesprächspartner mit leicht ironischem Unterton aus der Ruhe zu bringen. Selbst in den emotionalsten Momenten behält er seinen Humor, der sich oft durch einen gegen die eigene Person gerichteten Sarkasmus auszeichnet. Freunde und Feinde beschreiben ihn als harten, disziplinierten Menschen, wobei Härte nicht mit übermäßiger Strenge zu verwechseln ist. Ohne sie hätte er die zahlreichen Prüfungen seines Lebens nicht überstehen können.

    Der Musiker ändert seine Tonlage nur, um zu singen. Ansonsten genießt er es, seinen Gesprächspartnern mit seiner sonoren Stimme in einem konstanten, ruhigen Tonfall zu antworten. Von sich selbst sagt Theodorakis, dass er nicht leicht zum Weinen zu bringen sei.

    Er ist stolz auf seine Herkunft von der Insel Kreta. Die Kreter, ein traditionsbewusstes Volk, zelebrieren die Männlichkeit noch heute in einer archaischen Form, ohne ins Machohafte zu verfallen. Auch in seinem zehnten Lebensjahrzehnt behält Theodorakis diese Lebensweise bei, und dazu gehört das Festhalten an alten Gewohnheiten, die der Meister aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit zum Teil allerdings modifizieren muss. In jüngeren Jahren war Theodorakis ein fanatischer Raucher. Auftritte in Staaten des Warschauer Pakts oder auf Kuba ließ er sich gern in Naturalien bezahlen und erhielt das Honorar in Form seiner heißgeliebten Zigarren. Heute käme er niemals auf die Idee, sich eine anzuzünden, da der Genuss nur von kurzer Dauer wäre und wegen seiner Atemprobleme dem Selbstmord gleichkäme.

    Stattdessen sitzt er entweder in seinem Wohnzimmer oder in seinem Büro im Sessel und knabbert stundenlang an einer Zigarre herum. Er hält sie in der Hand, riecht an ihr und behandelt das kostbare, in Handarbeit produzierte Tabakprodukt wie einen kleinen Schatz. Mit solchen Nuancen offenbart Theodorakis seinen Gesprächspartnern oder seinem Publikum einen Einblick in seine intensive Gefühlswelt. Dazu kommen seine Mimik und Gestik. Wenn er lacht, wirkt er trotz seines Alters keck wie ein Schulbube. Im persönlichen Dialog erscheint er keineswegs als über neunzigjähriger Greis, vielmehr wie ein junger, energiegeladener Mensch mit reichem Erfahrungsschatz. Ein Widerspruch? Nicht für den ewig rebellischen Mikis.

    Theodorakis schafft es bei Gesprächen, gleichzeitig Optimismus und bedrückenden Realismus zu verbreiten, ohne sich selbst zu widersprechen. »Der Mensch ist ein Fehler der Natur, weil er einen riesengroßen Widerspruch in sich trägt: Er kann nicht allein leben, aber auch nicht mit anderen zusammen. Das lehren uns die menschliche Geschichte und unsere eigenen Erfahrungen«, erschreckte er Koutoulas in einem Gespräch. Lachend konnte er dieser Vision, die er mit dem menschlichen Egoismus begründet, eine positive Seite abgewinnen: »Wenn der Mensch von der Erdoberfläche verschwindet – was eine sehr tröstliche Vorstellung ist –, wird die Natur glücklich sein, die Tiere werden glücklich sein. Die Flüsse werden wieder frei fließen. Die Wälder des Amazonas werden wieder sprießen. Denn die Natur ist eins mit sich … Allein der Mensch ist ein Missklang der Natur, und darum hat er seinen Untergang verdient.«

    Die Griechen lieben ihn für seine Harmonien, seinen Optimismus, seinen Humor und seine realistischen Analysen. Gleichzeitig aber hassen sie ihn sehr oft aus den genau gleichen Gründen.

    Sein musikalisch und gesellschaftspolitisch gelebtes Konzept, die Menschen über Gegensätze zu einen, lässt ihn in den Augen rechter Kritiker als gefährlichen Linken erscheinen. Die Linken hingegen beschimpfen Theodorakis wegen seinen als rechtsnational empfundenen Positionen.

    Die akademische Musikwelt beurteilt Theodorakis als Volks- oder Popmusiker. Für Vertreter dieser Genres ist er dagegen ein klassischer Komponist. Freunde derweil bezeichnen ihn gern als einen »musikalischen Anarchisten«. Die schrägste, aber auch gleichzeitig schönste musikalische Einordnung fand sich zu Theodorakis’ 90. Geburtstag auf der Internetseite des Musikmagazins Status Quo: »Respekt an Theodorakis: einer der letzten True Metaller jenseits der Alpen.«

    Das Wohnhaus – Treffpunkt und Museum

    Theodorakis’ Wohnhaus ist ein lebendiges Museum seines Wirkens. An den Wänden seines Arbeitszimmers hängen imposante gemalte oder fotografierte Porträts und Poster des Maestros. Sie zeigen Theodorakis, wie man ihn von den Covern seiner CDs kennt: leidenschaftlich ein Orchester dirigierend oder verschmitzt und weise den Betrachter anblickend.

    Dazwischen befinden sich an den Wänden und auf den Regalen, die mit Büchern und Partituren vollgestopft sind, kleinere Fotos von anderen Musikern und Freunden. Jedes Foto, jedes Buch hat seine eigene Geschichte. Ein Blick auf die Wände vermittelt dem Betrachter den Querschnitt eines ausgefüllten Lebens. Der Raum wirkt keineswegs steril, nichts scheint zufällig an seinem Platz zu sein.

    Das unscheinbare Haus mit seiner kleinen Einliegerwohnung liegt am Fuß des bewaldeten Philopapposhügels, direkt gegenüber vom Areopag, auf

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