Weil ich dachte, dass ich muss
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Über dieses E-Book
Über den Zeitraum von zwei Wochen, zeichnete der Künstler Alexander Denkert seine Erfahrungen als Arbeiter im Messebetrieb mit und verpackte diese in ein zerschmetterndes Memoir über die Zermürbung von Ambitionen durch den Prozess der monotonen Arbeit.
Alexander Denkert
Alexander Denkert wurde 1985 geboren, hat Malerei an der HfBK Dresden studiert und lebt und arbeitet in Berlin.
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Buchvorschau
Weil ich dachte, dass ich muss - Alexander Denkert
Inhaltsverzeichnis
Ertrag es
IFA Tag 1
IFA Tag 2
IFA Tag 3
IFA Tag 4
IFA Tag 5
IFA Tag 6
IFA Tag 7
Mach es
InnoTrans Tag 1
InnoTrans Tag 2
InnoTrans Tag 3
InnoTrans Tag 4
InnoTrans Tag 5
So ist es
Ertrag es
Schon beim Frühstück war ich nervös, auch etwas ängstlich. Insgesamt angespannt. Nicht nur, dass ich nicht wollte. Erste Tage fühlen sich einfach meistens grauenvoll an und ich hatte schon so viele davon in diesem Jahr.
Ich war bereits fertig mit dem Essen, machte frischen Kaffee und versuchte mich selbst zu beruhigen, da meldete mein Telefon einen Anrufer. Die Nummer sagte mir nichts und als ich den Anruf entgegen nahm, meldete sich Herr Schmidt, der Mann bei dem ich vor zwei Tagen erst den Vertrag unterschrieben hatte. Er sagte mir, man würde mich heute nicht brauchen und es täte ihm leid. Ich fühlte Erleichterung. Dann fragte er mich, ob ich an den restlichen Tagen statt 14.30 Uhr nicht schon 11.00 Uhr kommen könnte. Ich sagte 11.00 Uhr ist nicht 14.30 Uhr. Ich war bereit die ganze Geschichte abzublasen. Am Telefon kam es zu keiner Klärung. Wir wollten beide nicht nachgeben und so verblieben wir. Die Anspannung war gelöst. Ich lief redend durch die Wohnung und wollte mich grad einer viel lustigeren Sache widmen, als Herr Schmidt erneut anrief. Er sagte, das sei nun der peinliche Anruf, in dem er mich fragen müsse, ob ich nicht doch heute arbeiten könnte. Ich war enttäuscht, aber willigte ein. Und da fragte er mich noch ein Mal, ob ich die restlichen Tage nicht doch schon um 11.00 Uhr kommen könnte. Und auch da sagte ich: ist okay.
IFA Tag 1
Ich laufe zum Bahnhof Bornholmer Straße, da an der Ringbahn gebaut wird. An der Bornholmer Straße wird auch gebaut, aber nur die Straße. Die Anspannung ist wieder da. Ich gehe in schnellen Schritten, muss aber feststellen, dass die Bahn, die ich erreichen wollte, grad wegfährt. Ich hätte eher losgehen müssen, ich hatte mich verlesen. Ich spüre, wie die Anspannung in mir größer wird. Von hier fährt so ziemlich alles über Friedrichstraße, denke ich mir. Aber da kommt lange nichts. Ich beginne zu rechnen. Das macht mich nur noch nervöser, aber ich kann es nicht lassen. Endlich kommt eine Bahn. Umsteigen Friedrichstraße ist kompliziert, denn auch da wird gebaut. Ich gehe einen umständlichen Weg zum richtigen Bahnsteig und stelle fest, es wäre auch einfacher gegangen. Ich rechne wieder und steige in die nächste Bahn, die zum Westkreuz fährt und steige da aus. Auf der Fahrt dahin, bekomme ich eine Panikattacke, weil ich kurz glaube, ich sei zu weit gefahren. Ich habe noch zehn Minuten. Das wird knapp. Aber wenn ich den Weg gleich finde, dann sollte das reichen. Ich finde den Weg gleich, laufe durch den Fußgängertunnel und über die riesige Kreuzung vor der Messe und bin pünktlich.
Herr Schmidt ist es nicht. Ich warte wie verabredet am Tor 9 auf ihn. Es ist hektisch am Tor 9. Ständig kommen Autos von der großen Straße in die Einfahrt gefahren und ich stehe im Weg. Außerdem strahlt die Sonne heute sehr heiß und ich suche Schatten und Herrn Schmidt. Da ruft er mich an und sagt, er würde noch fünf Minuten brauchen. Insgesamt warte ich mindestens 20 Minuten. In der Zwischenzeit hat ein Ordner mir gezeigt, wo ich warten soll. Er hat es mir eher befohlen. Herr Schmidt begrüßt mich freundlich. Er ist ohnehin ein sehr freundlicher Mann. Klein, aber gutaussehend. In einem schmal geschnittenen Anzug, mit Einstecktuch, aber ohne Krawatte.
Er führt mich über einen kompliziert wirkenden Weg zu seinem Auto. Er gibt mir eine schwarze Hose. Ich trage bereits eine schwarze Hose, doch für den Fall, die wären damit nicht zufrieden, soll ich besser mal die neue anziehen. Wir gehen weiter, benutzen Fahrstühle, Rolltreppen, gehen durch schwere Türen. Ich habe längst die Orientierung verloren. Wir kommen bei einem Mann mit Schnauzer und Brille an, der mich fragt, in welcher Größe ich mein schwarzes Polohemd haben will. Ich denke S und sage M. Er schaut mich an und fragt Sicher? Sie müssen das in die Hose stecken! Ich nicke und unterschreibe einen Zettel auf dem steht, dass ich ein schwarzes Polohemd, Größe M erhalten habe. Ein junger dicker blasser Mann, vielleicht um die 20 ist zu uns gekommen und erklärt mir, was ich mit meinem Hemd mache, sollte es schmutzig oder durchgeschwitzt sein. Er hat Spaß dabei. Der schnauzbärtige Mann steht aufmerksam neben uns und bestätigt lobend. Der blasse und ich gehen in einen Raum, in dem wir uns umziehen. Die Hose ist verdammt weit. Das Polo auch. Ich fühle mich wie ein Clown. Meine Sachen stopfe ich in meinen Rucksack, den Rucksack in einen Gitterwagen voller anderer Rucksäcke und Taschen. Dann verschließt der Mann, der mir mein weites Polo gegeben hat, den Gitterwagen mit einem Schloss.
Nachdem mir alles zur Kleidung erzählt wurde, folge ich nun wieder Herrn Schmidt. Wir fahren mit der Rolltreppe nach unten, kreuzen den Weg einer Hostess. Er sagt Diese Hostessen! Ich sage Nicht in der Hose. Und er antwortet Frauen, die nur auf Äußerlichkeiten achten ohne die Absicht, diesen Satz noch beenden zu wollen. Ich bemerke, wir reden von Hostessen. Nach einer Weile kommen wir zu zwei Fahrstühlen, die sich gegenüber voneinander befinden. Die Türen befinden sich an der Außenseite des Gebäudes, aber es gibt einen kleinen offenen Vorraum für sie. Herr Schmidt trifft hier und auf dem ganzen Weg schon immer wieder Leute, die er freundlich und locker mit Handschlag begrüßt.
Wir fahren in den dritten Stock, gehen durch eine Spülküche und kommen in einen Raum voller Männer in schwarzen Polohemden. Hinter drei zusammengeschobenen Tischen sitzen zwei Männer und eine Frau, natürlich alle komplett in schwarz. Herr Schmidt sagt, dass ich mich nun jeden Tag bei denen anmelden soll. Am besten fünf bis zehn Minuten vor Dienstbeginn. Einer der Männer, er ist sehr dick, fragt mich nach meinem Namen und trägt diesen und die Uhrzeit in eine Tabelle auf einem DIN A5 großen Blatt Papier ein, das jetzt quer vor ihm liegt. Dann beachtet mich keiner mehr. Ich nehme an, dass ich nichts weiter