Melkvieh Mittelschicht: Wie die Politik die Bürger plündert
Von Clemens Wemhoff
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Über dieses E-Book
Das Buch räumt auf mit den Lügen und falschen Versprechungen der Politik. Es erläutert auch für Laien verständlich die wirklichen Zusammenhänge und Hintergründe. Der Autor zeigt, was sich ändern muss, damit die Plünderung der Mittelschicht beendet wird – und sich Arbeit endlich wieder lohnt!
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Buchvorschau
Melkvieh Mittelschicht - Clemens Wemhoff
bleiben.
Kapitel 1
»Die Leute haben mehr Geld«
Das Jahr 2008 darf für sich behaupten, als ein Jahr der extremen Stimmungsschwankung in die Geschichte eingegangen zu sein. Vom Jahresanfang bis in die zweite Jahreshälfte hinein hielt sich dabei die Jubelstimmung eines bereits länger andauernden, kräftigen Wirtschaftswachstums. Nun, so propagierte es die politische Klasse, sei der Aufschwung bei allen angekommen und es gelte, die Früchte zu ernten und gerecht zu verteilen. Daher sei es sogar vorstellbar, dass irgendwann die Arbeitnehmer entlastet würden – aber erst später, 2011 vielleicht. Und natürlich nur, wenn nichts dazwischenkomme. Leider kam etwas dazwischen. Denn aufgrund der Finanzmarktkrise kippten gegen Jahresende die Konjunkturaussichten – und damit die Stimmung – plötzlich mit einer nie gesehenen Geschwindigkeit. Begünstigt durch eine gewisse deutsche Begeisterung für Weltuntergangsszenarien sahen plötzlich alle wieder schwarz. Nun begann erneut der Wettbewerb um die düstersten Prognosen ebenso wie die Aufforderung an die Arbeitnehmer, sich auf harte Zeiten einzustellen. Dabei warteten viele von ihnen doch noch immer darauf, dass der letzte Aufschwung endlich im eigenen Geldbeutel ankommen möge. Insofern ist das Jahr 2008 ein gutes Beispiel, um die Verlierer-rolle der Arbeitnehmer in den letzten Jahrzehnten zu verdeutlichen. Denn unabhängig davon, ob die gesamte wirtschaftliche Situation gerade gut, mittelmäßig oder richtig schwierig war, eine Entwicklung blieb immer stabil: der immer gieriger werdende Griff des Staates nach den Arbeitseinkommen der abhängig Beschäftigten.
Über die letzten Jahrzehnte wurden die Abzockmechanismen perfektioniert und konzentrierten sich insbesondere darauf, von den Bruttoeinkommen immer größer werdende Teile einzubehalten. Neben einem der kompliziertesten und ungerechtesten Steuersysteme der Welt sind Arbeitnehmer gezwungen, etwa 40 Prozent ihres Einkommens für die verschiedenen Bereiche der sogenannten Sozialversicherungen abzugeben. Die Konstruktion der Steuern und Sozialversicherungen ist dabei so ausgerichtet, dass die Gesamtbelastung mit jeder Lohnerhöhung weiter steigt – ohne dass es die Arbeitnehmer wirklich bemerken. Diese weit überproportionale Belastung ist auch die einfache Erklärung dafür, warum schon bei einem geringen Wirtschaftswachstum zwar die Steuereinnahmen des Staates explodieren und sich die Sozialkassen über erhebliche Mehreinnahmen freuen, die Arbeitnehmer aber das Gefühl haben, dass bei ihnen der Aufschwung nicht ankommt. Politiker reagieren dann genervt und treffen Aussagen wie: »Die Löhne sind um 3 Prozent gestiegen, die Inflation beträgt nur 2 Prozent. Also habt ihr, liebe Arbeitnehmer, nun wirklich mehr Geld in der Tasche. Jetzt hört auf zu jammern und geht einkaufen.« Das klingt zunächst ja ganz plausibel. Die Frage lautet also: Wer hat recht? Sind die Arbeitnehmer vielleicht überhaupt keine Melkkühe des Staates, sondern einfach nur etwas wehleidig? Wir werden sehen. Zur Beantwortung dieser Schlüsselfrage ist es hilfreich, sich bei der Gelegenheit grundsätzlich mit dem Aufbau einer Lohnabrechnung zu beschäftigen. Dazu lässt es sich leider nicht vermeiden, dass Ihnen auf den folgenden Seiten viele Zahlen und auch etwas Prozentrechnung begegnen. Dann haben Sie aber auch das zahlenträchtigste Kapitel hinter sich – und werden mit interessanten Erkenntnissen belohnt. Denn mal ehrlich – wer kann denn den Aufbau seiner Gehaltsabrechnung wirklich nachvollziehen? Und nur wer wirklich weiß, wie und wo sein Geld verschwindet, kann an die Politik konkrete Forderung stellen, was geändert werden soll. Damit sich Arbeit auch wieder für diejenigen lohnt, die sie tun.
Als Beispiel für die Belastung mit Steuern und Sozialabgaben dient im Folgenden die Gehaltsabrechnung eines ledigen Durchschnittsverdieners. Der Brutto-Durchschnittsverdienst eines ganztags Beschäftigten liegt bei ca. 3.100 Euro monatlich. Dies ist eine unstrittige, offizielle statistische Größe. Trotzdem geht in der politischen Debatte schon an dieser Stelle die Trickserei los. Viele Politiker reden nämlich lieber von einem Durchschnittseinkommen von etwa 2.500 Euro. Diese Größe gibt es auch, sie wird von der gesetzlichen Rentenversicherung ausgegeben. Allerdings ist hier jedes Arbeitsverhältnis gleich gewichtet, unabhängig davon, ob es sich um eine Vollzeit- oder um eine Teilzeitbeschäftigung handelt. Es ist aber logisch, dass das Durchschnittseinkommen sinkt, wenn viele Teilzeitbeschäftigungen einfließen. Dazu auch ein Beispiel: Eine Person arbeitet für 3.000 Euro ganztags, zwei weitere Personen sind jeweils halbtags für 1.500 Euro beschäftigt. Alle drei Personen verdienen also gleichwertig, das Durchschnittseinkommen liegt aber durch die Teilzeitbeschäftigungen nur bei 2.000 Euro. Warum verwenden Politiker lieber das niedrigere Durchschnittseinkommen und nicht den korrekten Wert? Der Grund ist simpel: Je niedriger das Durchschnittseinkommen angesetzt werden kann, desto mehr Personen verdienen plötzlich überdurchschnittlich – und sind damit automatisch eine »starke Schulter« und geeignet, zusätzliche Belastungen aller Art aufgebürdet zu bekommen. Die Konsequenz ist mehr als bedenklich: Wer einen Ganztagsjob hat und beispielsweise 2.800 Euro brutto bekommt, verdient somit real unterdurchschnittlich, in der politischen Diskussion wird er aber schon als »Besserverdiener« geführt – und entsprechend belastet.
Konjunkturpaket II
Das haben Arbeitnehmer vom Konjunkturpaket II:
Senkung des Beitragssatzes für den Gesundheitsfonds um 0,6 Prozent durch höheren Bundeszuschuss in 2009 und 2010.
2009: Erhöhung des Grundfreibetrages um 170 Euro, Erhöhung aller Tarifeckwerte um 400 Euro, Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 14 Prozent.
2010: Erhöhung des Grundfreibetrages um weitere 170 Euro, Erhöhung aller Tarifeckwerte um weitere 330 Euro.
Kinderbonus von 100 Euro je Kind für 2009.
Die folgenden Gehaltszettel unseres Durchschnittsverdieners gelten für das zweite Halbjahr 2009. Alle »Entlastungen« durch das Konjunkturpaket II sind also mit einberechnet. Zur Erinnerung: Die große Koalition hatte sich um den Jahreswechsel 2008/2009 auf zwei sogenannte Konjunkturpakete mit einem Gesamtvolumen von 80 Milliarden Euro geeinigt. Steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer hatten die Regierungsparteien ursprünglich gar nicht vorgesehen. Erst als sich der kleinste Koalitionspartner querstellte und seine Chance zur Profilierung nutzte, beschloss die Regierung mit dem zweiten Konjunkturpaket doch einige kleinere Entlastungen für die arbeitende Bevölkerung. Zum einen wurde mit Steuergeldern die Explosion des Beitragssatzes des Gesundheitsfonds auf 14,9 Prozent gedeckelt. Zum anderen gab es einige eher symbolische Änderungen bei den Steuern. Hier wurde der Grundfreibetrag geringfügig angehoben, die gesamte Steuerprogression etwas verschoben und der Eingangssteuersatz immerhin um einen vollen Prozentpunkt gesenkt. Bei unserem Durchschnittsverdiener führt dieses enorme Entlastungspaket zu 20 Euro mehr im Monat. Damit hat er bei unverändertem Einkommen unter dem Strich den gleichen Betrag wie 2008 zur Verfügung, wenn er damals bei einer günstigen Krankenkasse mit 12,5 Prozent Beitragssatz versichert war.
Die Gehaltsabrechnung eines Durchschnittsverdieners
Zurück zu der Mustergehaltsabrechnung. Natürlich verdient kaum jemand ebenfalls exakt 3.100 Euro. Das Beispiel soll auch nur die grundlegenden Zusammenhänge und Wirkungsweisen verdeutlichen, denn die Prinzipien gelten in vergleichbarer Form für fast alle Einkommen der normalverdienenden, abhängig Beschäftigten.
Die einzelnen Werte setzen sich folgendermaßen zusammen: Die Lohnsteuer ergibt sich aus der Lohnsteuertabelle, in diesem Fall nach der Steuerklasse 1. Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 Prozent, die Kirchensteuer 9 Prozent der Lohnsteuer. Wer etwas Kirchensteuer sparen will, sollte übrigens nach Bayern oder nach Baden-Württemberg ziehen, dort liegt der Satz nur bei 8 Prozent. Die Höhe der Beiträge für die einzelnen Sozialversicherungen ergeben sich jeweils als Prozentsatz vom Bruttolohn. Anfang 2009 galten folgende Werte: Rentenversicherung 9,95 Prozent, Arbeitslosenversicherung 1,4 Prozent, Krankenversicherung 7,9 Prozent und Pflegeversicherung 1,225 Prozent. Bitte haben Sie noch einen Augenblick Geduld, falls Sie eigentlich andere, nämlich ungefähr doppelt so hohe Sätze erwartet haben. Die kommen gleich noch. Hier geht es zunächst um die Sätze, mit denen bei einer Gehaltsabrechnung gerechnet wird.
Tabelle 1: Was einem Durchschnittsverdiener vom ausgewiesenen Bruttoeinkommen übrig bleibt, auf volle Euro gerundet.
Annahmen: Steuerklasse 1, ledig, keine Kinder, Wohnsitz NRW.
Stand 01.09
Von dem ausgewiesenen Bruttoeinkommen von 3.100 Euro erhält der Durchschnittsverdiener 1.816 Euro – das sind gerade noch 58,5 Prozent. Immerhin, so mag man als unverbesserlicher Optimist denken, noch knapp über die Hälfte. Es ist übrigens reiner Zufall, dass hier im Beispiel die gesamten Steuern fast genauso hoch sind wie die Summe der Sozialversicherungsbeiträge. Allerdings ist das auch nur auf den ersten Blick so, denn hier wird ein raffinierter Taschenspielertrick angewendet. Die Höhe der Sozialabgaben ist nur ungefähr zur Hälfte ausgewiesen, die andere Hälfte wurde einfach in »Arbeitgeberbeitrag« umbenannt. Die Arbeitgeberbeiträge erscheinen gar nicht auf der Lohnabrechnung – und schon sieht das optisch alles nicht mehr ganz so schlimm aus. Sachlich ist das natürlich Unsinn, jeder Arbeitgeber rechnet diesen sogenannten Arbeitgeberanteil auf die Lohnkosten um. Anders formuliert: Jeder Arbeitnehmer muss natürlich die gesamten Sozialversicherungsbeiträge selbst erarbeiten und selbst verdienen. Diese Stelle eignet sich deshalb auch, auf eine wirklich bemerkenswerte Fähigkeit von Politikern und ihrer Beamtenschaft hinzuweisen. Sie erzielen immer wieder beeindruckende Ergebnisse in der Kunst, wohlklingende Begriffe zu erfinden. Und die Kreation der Bezeichnung »Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung« sticht hier als besondere Leistung heraus. Streng genommen ist dabei außer der Präposition »zur« jede einzelne Silbe fragwürdig. Erstens ist, wie gerade festgestellt, dieser sogenannte Arbeitgeberbeitrag natürlich Bestandteil des Lohns des Arbeitnehmers und von diesem zu erarbeiten. Die künstliche und sachlich unsinnige Aufteilung in sogenannte »Arbeitgeber- und Arbeitnehmerteile« ist ein simpler Trick, um über die tatsächliche Höhe der Belastung zu täuschen. Zweitens handelt es sich nicht um einen »Beitrag«, denn ein Beitrag ist eine freiwillige Zahlung (z. B. ein Vereinsbeitrag), hier handelt es sich jedoch um eine gesetzlich vorgeschriebene Zwangsabgabe. Und dass die sogenannten Sozialversicherungen kaum sozial sind und höchstens teilweise den gängigen Definitionen und Anforderungen an eine »Versicherung« genügen, werden die Kapitel 3 und 5 noch zeigen. Der korrekte Begriff wäre also eher »Zweite Hälfte der Zwangsabgaben an staatliche Kollektivsysteme«. Das klingt aber zugegebenermaßen nicht so besonders prickelnd.
Tabelle 2 zeigt die vollständige Lohnabrechnung.
Tabelle 2: Was einem Durchschnittsverdiener von seinem tatsächlichen Lohn übrig bleibt, auf volle Euro gerundet.
Annahmen: Steuerklasse 1, ledig, keine Kinder, Wohnsitz NRW.
Stand 1.09
Wenn man nun die sogenannten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für die Sozialversicherungen addiert, erhält man die Prozentsätze, die in der politischen Diskussion auch immer wieder genannt werden. Tabelle 3 zeigt diese im Überblick.
Tabelle 3: Zusammensetzung der Beitragssätze zur Sozialversicherung für einen alleinstehenden Kinderlosen. Für alle, die Kinder haben, reduziert sich der Arbeitnehmeranteil zur Pflegeversicherung um 0,25 Prozent. Ansonsten sind die Beitragssätze unabhängig vom Familienstand. Stand 1.09.
Der gesamte Beitragssatz zur Rentenversicherung beträgt also 19,9 Prozent und der zur Arbeitslosenversicherung 2,8 Prozent. Diese werden jeweils zur Hälfte als Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag verbucht. Etwas komplizierter als diese simple »Fifty-fifty-Methode« sieht es bei der Kranken- und Pflegeversicherung aus. Der Beitragssatz für den umstrittenen Gesundheitsfonds beträgt 15,5 Prozent. Davon übernimmt bis auf Widerruf der Finanzminister (und damit alle Steuerzahler) im Rahmen des Konjunkturpaketes 0,6 Prozent. Die verbleibenden 14,9 Prozent setzen sich nach der bisherigen Terminologie aus 7 Prozent Arbeitgeberanteil und 7,9 Prozent Arbeitnehmeranteil zusammen. Da unser Muster-Durchschnittsverdiener kinderlos ist, zahlt er bei der Pflegeversicherung einen erhöhten Beitragssatz von 2,2 Prozent. Davon werden 0,975 Prozent als Arbeitgeber- und 1,225 Prozent als Arbeitnehmeranteil verbucht.
Die Darstellung ist grob vereinfacht, es fehlen noch einige weitere Ausgaben, etwa Beiträge zu Berufsgenossenschaften. Aus Arbeitgebersicht sind die Lohnkosten sogar noch höher, da viele sogenannte Gemeinkosten auf die einzelnen Mitarbeiter umgeschlüsselt werden. An dieser Stelle soll aber nur das interessieren, was der Arbeitnehmer mit Recht als »sein Gehalt« ansehen kann. Und bei dieser korrekten Betrachtung – also mit Berücksichtigung der sogenannten Arbeitgeberbeiträge – sieht es schon sehr traurig aus. Selbst ein Durchschnittsverdiener bekommt gerade einmal 49 Prozent seines Gehaltes ausbezahlt. Nicht einmal über die Hälfte des eigenen Arbeitslohnes hat man selbst die Entscheidungsfreiheit. Keine andere Gruppe in Deutschland wird vergleichbar enteignet, und fast nirgendwo auf der Welt werden Arbeitnehmer so dreist entmündigt. Neben dem Trick mit dem sogenannten Arbeitgeberbeitrag hat die Politik noch einen zweiten, höchst effizienten Weg gefunden, um auf das Arbeitseinkommen der Beschäftigten zuzugreifen. Arbeitnehmer sind insofern ein dankbares Opfer, da die Arbeitgeber zwangsweise die Funktion des staatlichen Erfüllungsgehilfen übernehmen müssen und direkt von dem eigentlichen Arbeitseinkommen – dem Bruttolohn des Arbeitnehmers – große Teile an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger überweisen müssen. Bei Selbstständigen beispielsweise ist das anders, diese erhalten erst das gesamte Geld für ihre Leistungen und müssen es erst danach versteuern. Der direkte Zugriff auf den Bruttolohn hat für den Staat erhebliche Vorteile. Zum einen kann er sicher sein, sofort und vollständig die Steuern und Sozialabgaben vereinnahmen zu können. Viel wichtiger für die praktische Durchführung aber ist ein simpler psychologische Effekt: Dadurch, dass die Arbeitnehmer erst gar nicht die Verfügungsgewalt über ihr komplettes Arbeitseinkommen erhalten, tut die Enteignung »nicht so weh«. Würde nämlich dem Arbeitnehmer die komplette Gehaltssumme auf sein Girokonto überwiesen, und müsste er dann Monat für Monat die Beträge für drei Steuerarten und vier verschiedene Sozialkassen überweisen, wäre der »Trennungsschmerz« erheblich größer. Um sich das selbst zu verdeutlichen, kann man jedem Arbeitnehmer nur Folgendes empfehlen: Nehmen Sie Ihre Gehaltsabrechnung zur Hand und rechnen sich Ihr gesamtes Gehalt aus – also das ausgewiesene Bruttoeinkommen zuzüglich des sogenannten Arbeitgeberanteils. Wer sich die genaue Berechnung des Arbeitgeberanteils sparen will, kann auch einfach die auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesene Summe der Sozialabgaben verdoppeln. Wenn Sie dann ein zusätzliches Aha-Erlebnis haben möchten, heben Sie den so errechneten Betrag von Ihrem Konto ab, für den hier dargestellten Fall des Durchschnittsverdieners wären das 3.699 Euro (Tabelle 2). Sie können das Geld am selben Tag wieder einzahlen, aber Sie erhalten einen ganz anderen Bezug zu Ihrer Gehaltsabrechnung, wenn Sie diese einmal mit »echtem Geld« physisch nachvollziehen. Wenn Sie also Ihre gesamte Lohnsumme vor sich auf dem Tisch liegen haben, vollziehen Sie entsprechend Tabelle 2 Ihre Gehaltsabrechnung nach. Zählen Sie die einzelnen Positionen ab und verteilen Sie die Beträge jeweils auf die Stapel »Sozialversicherung« und »Steuern« oder – wenn Sie wollen – noch detaillierter, also statt eines Stapels »Sozialversicherung« mehrere kleine Posten »Rentenversicherung«, »Arbeitslosenversicherung« etc. Viele Menschen reagieren danach sensibilisiert, wenn Politiker die Sozialversicherungen mit ständig neuen Ausgabeprogrammen belasten wollen.
Gehaltserhöhung – Wie Fiskus und Sozialversicherungen die Hand aufhalten
Naja, sagen die vereinigten Umverteilungspolitiker, das ist ja trotzdem alles gar nicht so schlimm, den Arbeitnehmern gehe es ja dennoch immer besser – und wiederholen die bereits eingangs getroffene Aussage: Die Löhne steigen um 3 Prozent, die Inflation um 2 Prozent, also bliebe doch richtig was über. Diesen Eindruck hatten Arbeitnehmern aber selbst in den Aufschwungjahren nicht – selbst dann nicht, wenn sie zu den Glücklichen gehörten, die tatsächlich 3 Prozent Lohnerhöhung erhalten haben. Denn diese 3 Prozent beziehen sich zunächst nur auf das Bruttogehalt – sie stehen also im wahrsten Sinne des Wortes nur auf dem Papier, nämlich der Gehaltsabrechnung. Relevant ist auch hier wieder, was unter dem Strich übrig bleibt. Dazu auch hier einmal die konkreten Zahlen am Beispiel des Durchschnittsverdieners. Er bekommt sogar, um die Rechnerei zu vereinfachen, einen besonders kräftigen Gehaltsaufschlag, nämlich satte 3,2 Prozent oder genau 100 Euro und damit ein neues Brutto von 3.200 Euro. Aus Gründen der Übersichtlichkeit zeigt die folgende Tabelle für die Steuern und Sozialabgaben nur Summenwerte. Die zweite Spalte beinhaltet die Werte der bisherigen, weiter oben im Detail gezeigten Gehaltsabrechnung, die dritte Spalte weist die Werte nach der Gehaltserhöhung um 100 Euro aus. Die beiden rechten Spalten zeigen die Veränderung der einzelnen Summenwerte vor und nach der Gehaltserhöhung in Euro bzw. prozentual.
Tabelle 4: Was einem Durchschnittsverdiener von einer Lohnerhöhung bleibt, auf volle Euro gerundet.
Nun lohnt es sich, die Ergebnisse genauer zu vergleichen. Das Nettoeinkommen hat sich um 42 Euro auf 1.859 Euro erhöht – das sind 2,3 Prozent. Der Bruttolohn ist aber mit 3,2 Prozent deutlich stärker gestiegen. Das ist kein Fehler und kein Versehen, sondern hat System und ist so politisch gewollt. Und damit haben wir auch die wesentliche Ursache dafür, dass die Arbeitnehmer mit ihrem Gefühl richtig liegen, dass der Aufschwung nicht bei ihnen ankommt. Denn der Nettolohn, also das, was wirklich auf das Girokonto überwiesen wird – steigt prozentual wesentlich langsamer als der Bruttolohn. Und das immer – bei jeder einzelnen Erhöhung. Noch erschreckender fällt das Bild aus, wenn auch hier die sogenannten Arbeitgeberbeiträge berücksichtigt werden. Denn die Erhöhung des Bruttolohns um 100 Euro kostet den Arbeitgeber insgesamt rund 120 Euro. Klar, dass der Arbeitgeber dies nur zahlt, wenn der Wert der Arbeitsleistung auch um mindestens 120 Euro gestiegen ist. 120 Euro höhere Lohnsumme, von denen gerade mal 42 Euro beim Arbeitnehmer ankommen. 78 Euro – also zwei Drittel der Summe – greifen sich dagegen Staat und Sozialversicherungen ab. Diese Plünderung der Lohnerhöhung erfolgt direkt beim Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer bekommt diese Beträge erst gar nicht zu sehen und wird das wahre Ausmaß des Verlustes, so das Kalkül, gar nicht richtig bemerken. Den