Die Corona-Falle: Vom Wutbürger zum Angstbürger
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Über dieses E-Book
Die Regierenden bestimmen, was wir tun müssen und was wir nicht tun dürfen. Es geht schließlich um das Wohl aller im Lande – da muss der Einzelne eben Opfer bringen. Es geht um das Gemeinwohl – da müssen wir uns unterordnen. Wir haben uns schon daran gewöhnt – und werden uns weiter daran gewöhnen müssen. Corona schläft nicht. Wahrscheinlich werden noch strengere Gesetze kommen – und wir werden gar nicht mehr bemerken, woran wir uns schon gewöhnt haben.
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Buchvorschau
Die Corona-Falle - Walter Sonnleitner
2020
1. Das Corona-Virus und die neue Realität
1.1 Neue Gesetze – neue Regeln
Der Schock kam für die meisten Menschen unerwartet und ist ihnen auch gehörig in die Glieder gefahren. Dabei hatten die Medien schon seit November 2019 von einer neuen Virus-Epidemie in China berichtet, aber das war ja weit weg. Und so richtig aufmerksam war man erst auf Corona geworden, als von schlimmen Zuständen im benachbarten Italien die Rede war. Der Kampf gegen das Corona-Virus begann gleichsam mit einem Paukenschlag im März 2020, als die Regierung plötzlich radikale Beschränkungen für das öffentliche Leben im Parlament beschließen ließ. Das „COVID-19-Maßnahmengesetz" wurde am Sonntag, 15. März beschlossen und ist am Tag darauf, also am 16. März 2020, in Kraft getreten.¹
Die etwas übereilte, und vielleicht auch überfallsartige Gesetzeswerdung sollte sich später, im weiteren Verlauf der kommenden Krisenzeit noch als Quelle der Irrungen herausstellen. Rein formal sollte das Covid-19-Maßnahmengesetz zusammen mit einigen anderen die rechtliche Grundlage für die notwendigen Verordnungen sichern, die in der Folge von den einzelnen sachlich zuständigen Ministern zur Vermeidung einer weiteren Verbreitung der Krankheit erlassen werden müssten. Möglichkeiten für derartige Verordnungen hätten zum Teil auch auf der Basis des Epidemiegesetzes aus 1950 bestanden. Doch weil es sich ja diesmal – auch nach Feststellungen der Weltgesundheitsorganisation WHO – nicht um eine Epidemie, sondern um eine Pandemie handelte, wollte die Regierung auch weiter reichende und radikalere Maßnahmen verordnen können, sowohl bei Eingriffen in die persönlichen Freiheitsrechte der Menschen, als auch bei radikalen Eingriffen in das Wirtschaftsleben.
Das neu beschlossene „COVID-19-Maßnahmengesetz brachte gegenüber dem „Epidemiegesetz 1950
eine für die österreichische Wirtschaft extrem bedeutsame Änderung: Im §1 wurde festgelegt, dass Entschädigungsansprüche der Unternehmen im Falle von Betriebsschließungen – wie sie in den §§20/32 des alten Epidemiegesetzes noch bestanden hatten – ausgeschlossen sein würden. Im bisherigen Gesetz war es um die Vergütung eines Verdienstentganges bei angeordneter Schließung einer Betriebsstätte gegangen. Allerdings waren diese Gesetzesbestimmungen noch von der fallweisen Schließung eines einzelnen Unternehmens ausgegangen – und nicht von Betretungsverboten, die alle – oder fast alle – Betriebsstätten im Bundesgebiet betreffen konnten. Dieser sehr wesentliche Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums wurde aber später – im Gegensatz zu einer ganzen Reihe anderer gesetzlicher Bestimmungen und danach erlassener Verordnungen – vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform akzeptiert.²
Die Oppositionsparteien hatten in einer Art von „nationalem Schulterschluss den Gesetzen zugestimmt, sehr bald danach aber im Nachhinein kritisiert, dass die im Schnell-Verfahren durchgedrückten Gesetze doch an einigen Stellen nicht ganz durch die Verfassung gedeckt seien. Der Regierungschef versuchte damit zu beruhigen, dass diese „Notfalls-Bestimmungen
ohnedies nur befristet gelten und noch vor einer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof auslaufen würden. Die Realität hat ihn nur teilweise bestätigt. Die Verordnung über das Ausgehverbot mit dem generellen Aufenthaltsverbot in öffentlichen Räumen wurde erst nach seiner Aufhebung vom Verfassungsgerichtshof ausgehebelt. Aber es war sehr bald klar, dass noch weitere Verordnungen wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben werden könnten.
1.1.1 Die Informations-Rituale
Ab dem 16. März 2020 erlebte die österreichische Bevölkerung völlig neue „Notverordnungs-Informations-Rituale". Die Informations-Hauptabendsendung des ORF-Fernsehens (ZIB 1) wurde auf beiden Programmen durchgeschaltet - es gab im öffentlich-rechtlichen Medium nur noch staatliches Einheits-Fernsehen als Pflichttermin. Fast täglich trat zumindest anfangs – aber auch nachher immer noch sehr regelmäßig, die Regierung vor die Fernsehkameras, um ihre Botschaften der Nation zu verkünden.
Die Inhalte waren genau aufgeteilt: Generalansagen kamen vom Spitzenquartett aus Kanzler und Vizekanzler, sowie Innen- und Gesundheitsminister. Verordnungen aus Detailbereichen der Ministerien – im Bereich Gesundheit und im Bereich Wirtschaft - wurden von den jeweils betroffenen Regierungsmitgliedern vorgestellt und erklärt. Anschließend durften dann Fach-Experten oder Journalisten die verkündeten Anordnungen oder Verbote erklären und deren Sinnhaftigkeit bestätigen. Fachleute aus der Kommunikationsbranche sprechen hier von professioneller „Message control".
1.1.2 Neue Diktion – neue Präsentation
Auffallend an den Informationen war die durchgehende Verwendung eines fachbezogenen Vokabulars von bisher wenig gebräuchlichen medizinischen, statistischen und wirtschaftstheoretischen Begriffen, die gehörig Eindruck hinterlassen sollten. Immerhin könnte man hier auch einen gewissen edukativen Ansatz in der Methode vermuten. Die Grafiken im Einheits-Dokumentations-Stil wurden so wie im Fernsehen praktisch auch durchgehend von den Druck-Medien verwendet. Anfangs wurden sogar Schock-Varianten gezeigt, mit einem „Worst-Case"-Szenario an künftig möglichen Corona-Infizierten und Toten. Diese sollten die Argumentation der Politiker für die strengen erlassenen Verordnungen unterstreichen. Später, als sich die Zahlen – und damit auch die Grafiken – als Beweis für die Richtigkeit eben dieser strengen Vorgangsweisen verwenden ließen, hat man sie dann genauso eingesetzt. Eine Kontrolle der verwendeten Zahlen und Relationen war mangels existierender offizieller Informationen allerdings kaum möglich.
1.1.3 Danken – Warnen – Drohen
Ein fester Bestandteil der Informations-Rituale der Regierung waren die deutlich abgestuften Sympathiebotschaften in den Vorträgen. Zuerst wurde immer höflich und freundlich gedankt. Es gab Dank und Anerkennung für die Beschäftigten in den Infrastruktur-Betrieben und im öffentlichen Dienst, in den Spitälern und im Handel, einfach an alle, die trotz Ansteckungsgefahr ihren Dienst versehen mussten. Gedankt wurde aber auch der Bevölkerung insgesamt dafür, dass man die strengen Verordnungen bisher brav eingehalten habe. Nach der Vorstellung neuer Verbote und Verhaltensregeln wurde aber sofort auch davor gewarnt, diese nicht einzuhalten, weil sonst die Ziele in der Eindämmung der Pandemie verfehlt würden und jene, die gegen die Verbote verstoßen, die Gesundheit anderer Menschen gefährden könnten. Daraus ergab sich dann auch logischerweise die Drohung, dass solches Verhalten nicht geduldet und notfalls streng bestraft würde.
1.1.4 Abgestufte Kommunikations-Portionen
Die Aufteilung der einzelnen Verbots-Abschnitte im Lockdown-Prozess der Nation konnte mehrere Botschaften transportieren: Man konnte vermitteln, dass immer kurzfristig und situationsbedingt auf die neuen Notwendigkeiten mit neuen Maßnahmen reagiert wurde. Ein Zwei-Wochen-Rhythmus bei den Grundsatz-Auftritten der Regierungsspitze ließ erwarten, dass es auch mittel- und kurzfristig wieder Änderungen bei den erlassenen Verordnungen geben könnte. Und dass man sie in spätestens 2 Wochen erwarten durfte. An den 2-Wochen-Rhythmus sollte man sich gewöhnen.
Konsequent wurde bei der Bekanntgabe von neuen Verboten oder Verhaltensregeln darauf geachtet, dass Bestimmungen für das private und persönliche Umfeld der Menschen, wie beispielsweise Ausgehverbote oder das Tragen von Mund- und Nasenschutz-Masken grundsätzlich von Regelungen getrennt wurden, die ausschließlich die unternehmerischen Belange – etwa Betriebsschließungen oder Maßnahmen im Arbeitnehmerschutz betroffen haben. Das sollte Transparenz schaffen.
Daneben gab es aber stets – und quer über alle Medien – einfache Verhaltensregeln für den Alltag. Man möge das Händeschütteln vermeiden, solle in die Armbeuge husten oder niesen, und sich regelmäßig die Hände waschen und desinfizieren. Und es gab das Elefantenbaby, das an das Abstandhalten erinnern sollte.
Dieses Prinzip der abgestuften Kommunikations-Portionen wurde auch beibehalten, als es darum gegangen ist, die verschärften Verordnungen wieder zurückzunehmen – auch wieder in Abständen von zwei Wochen: Für Anfang Mai, Mitte Mai, Ende Mai, Mitte Juni, Anfang Juli und August sind dann auch jeweils neue Regelungen verlautbart worden. Auch hier hat man wieder ganz konkrete Daten und Anlässe gewählt, um Dinge, die verboten waren, wieder zu erlauben. So war es auch mit der stufenweisen Öffnung der Betriebe und Geschäfte, der Öffnung der Gastronomie, der Anzahl von Personen, die sich in Open-air-Veranstaltungen und innerhalb von geschlossenen Räumen versammeln durften, oder schließlich mit der weitgehenden Befreiung von der Mund- und