Auf Schneeschuhen übers Gebirge: Die Memoiren der norwegischen Polarforscher, Zoologen, Diplomat und Friedensnobelpreisträger
Von Fridtjof Nansen
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Buchvorschau
Auf Schneeschuhen übers Gebirge - Fridtjof Nansen
Fridtjof Nansen
Auf Schneeschuhen übers Gebirge
Die Memoiren der norwegischen Polarforscher, Zoologen, Diplomat und Friedensnobelpreisträger
Musaicum_LogoBooks
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musaicumbooks@okpublishing.info
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0462-5
Inhaltsverzeichnis
Cover
Titelblatt
Text
Bergen, im März 1884
Es war am Sonnabend, 26. Januar, in diesem Jahre des Heils 1884. Ich ging abends vom Museum nach Hause. Der Regen peitschte mir das Gesicht mit einer Heftigkeit, die selbst hier in Bergen ungewöhnlich war. Am Himmel jagten schwarze Wolken. Das Thermometer zeigte viele Grade Wärme, das Barometer sank und sank und stand auf Erdbeben. Wahrhaftig ein Wetter, das der Verzweiflung nahe bringen konnte. Das sollte also der norwegische Winter sein!
Die Geschäftsleute hasteten die Straße entlang, den Regenschirm gegen den Wind, den Kopf tief zwischen den Schultern. Nach vollbrachter Wochenarbeit strebten sie dem gemütlichen Heim zu.
Morgen war Sonntag. Erst noch einen Abstecher nach dem Postamt, um nach Post zu fragen; dann nach Hause, um es mir gemütlich zu machen und alle Schlechtigkeit der Welt und des Wetters zu vergessen.
Ich hatte mich im Lehnstuhl zurechtgesetzt. Einen flüchtigen Blick in das eben angekommene Sportblatt; dann wollte ich mich in meine Studien vertiefen. Doch was stand da? Schneeschuhwettlauf auf der Husebyhöhe am 4. Februar. War es möglich? Sollte es wirklich irgendwo in norwegischen Landen Schneeschuhbahn geben?
Schneeschuhe und Schneeschuhbahn waren wohl das, was noch vor einem Augenblick meinen Gedanken am fernsten gelegen hatte. Nun ergriff es mich mit unwiderstehlicher Gewalt: Lockend weiß stand der Nadelwald unter der Schneedecke; die Dörfer mit den Halden, Hügeln und den Bergen lagen blank und weiß da und glitzerten im Sonnenschein. Alles so frisch und so leicht in der klingenden Winterkälte. . .
Der Sonntag kam und brachte noch mehr Sturm und Regen. Am nächsten Morgen wollte ich aufs Meer hinaus zur Tiefseeforschung. Aber die Gedanken gaben keine Ruhe. Ich mußte in den Zeitungen der letzten Tage nach den Wetterberichten schauen. Nein, Wärmegrade übers ganze Land, nirgends konnte es Schneeschuhbahn geben. Da unternahm ich lieber meine Meerfahrt.
Am Nachmittag aber half nichts mehr: fort mußte ich, und ich ging zum Oberhaupt des Museums, zum alten Doktor Danielsen. Er war verständnisvoll wie immer, und ich bekam Reiseurlaub. Nun galt es, alles für meine Abwesenheit zu ordnen, dann konnte ich am nächsten Morgen um halb sieben Uhr mit dem Zuge abfahren.
Alle vernünftigen Freunde meinten natürlich, es sei Wahnsinn, in dieser Zeit über das Gebirge reisen zu wollen, und schüttelten den Kopf – aber Jugend hat keine Tugend. . .
Endlich saß ich im Abteil, und es ging nach Voß hinauf. Der Regen trommelte auf das Wagendach. Na ja, ein schönes Schneeschuhwetter das! Aber höher oben würde es wohl besser werden. Durch Tunnels und Einschnitte ging es, an Abgründen vorüber, die engen Fjorde entlang. Als wir weiter hinaufkamen, begannen die Abhänge der Berge hoch oben weiß zu werden. Das hob sofort die Hoffnung: im Gebirge gab es sicher Kälte und Schnee.
Um zwölf Uhr brachen der Hund und ich von Voß auf. Wir schlugen den Weg durch das Rauntal ein; von dort wollten wir nach Gol im Hallingtal hinübergehen. Das ist ein etwas weiter Weg übers Gebirge. Dafür wird aber der Weg nach dem Ostland um so kürzer.
Die Schneeschuhe auf den Schultern, stieg ich getrost in rieselndem Regen aufwärts. Es würde schon besser werden, wenn ich erst ins Gebirge hinaufkam; dorthin wollte ich bis zum Abend gelangen. Ich ging und ging, aber beständig lag der Nebel dicht und schwer über den Abhängen zu beiden Seiten des Tals, und die Regentropfen fielen gleich schwer und ungemütlich.
Unterwegs fragte ich, ob jemand wisse, wie die Schneeschuhbahn im Gebirge sei. Aber man schüttelte nur den Kopf und meinte, bei solchem Wetter sei