Ich will nicht mehr 20 sein: Das Weltwissen der Babyboomer
Von Martin Rupps
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Buchvorschau
Ich will nicht mehr 20 sein - Martin Rupps
Martin Rupps
Ich will nicht mehr 20 sein
Das Weltwissen der Babyboomer
Herder Freiburg Basel Wien© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Datenkonvertierung eBook: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book) 978-3-451-33429-0
ISBN (Buch) 978-3-451-30214-5
Für J. Rodloff, noch einmal
„Verstehen kann man das Leben nur rückwärts.
Leben muss man es vorwärts."
Søren Kierkegaard (dänischer Philosoph, 1813 bis 1855)
Vorrede: Kunterbunte Lebensmitte
Die Lebensmitte ist auch nicht mehr, was sie einmal war.
Sie ist jetzt bunt, ja kunterbunt. Sie ist wechselvoll. Sie ist spannend. Und sie ist anstrengend geworden. Wer heute Anfang vierzig bis Mitte fünfzig ist, kann ein Lied davon singen.
Die Lebensmitte galt noch für unsere Eltern als eine Zeit der Ernte – der Mann hat im Beruf etwas erreicht, er bleibt in „seiner" Firma bis zur Rente. Die Frau hat wieder mehr Zeit für sich selbst, denn die Kinder sind aus dem Gröbsten heraus. Sie geht stundenweise arbeiten. Das Häuschen ist in einigen überschaubaren Jahren abbezahlt. Die Kinder werden langsam flügge, fahren aber noch mit den Eltern in Urlaub. Der Mann geht einmal die Woche Kegeln und die Frau trifft sich einmal die Woche mit Freundinnen zum Plausch. Die christlichen Feste und der Sommerurlaub regeln die Unternehmungen im Jahreslauf. Der Alltag geht seinen Gang, unterbrochen von kleinen und größeren Freuden.
Die Ehe ist intakt, die Kinder gedeihen, der Wohlstand steigt von Jahr zu Jahr – irgendwo in diesem Dreieck lag das private Glück.
Pustekuchen. Die Zeit ist über ein solches Szenario hinweggegangen. Zum Glück haben wir heute die Gleichstellung von Frau und Mann und moderne Rollenbilder von Mutter und Vater. Aber ich sehne mich auch nach meiner Kinder- und Jugendzeit zurück, als die Welt nicht nur für uns, sondern auch für unsere Eltern geordnet erschien. Jede und jeder wusste, wo der eigene Platz war. Heute müssen wir ohne Vorbilder und aus eigenen Vorstellungen heraus klarkommen. Das macht uns die Sache leichter und schwerer, schöner und kräftezehrender zugleich. Unser „Nachmittag des Lebens", wie die Lebensmitte gern genannt wird, verläuft so individuell wie nie zuvor.
Vom neuen, kurvenreichen, schönen, schwierigen Lebenslauf der Babyboomer, heute und in der Zukunft, handelt dieses Buch. Es schaut auf unser halbes Leben zurück, in dem viele Gewissheiten fortgespült wurden wie Muscheln im Sand. Es liefert eine Wasserstandsmeldung über unsere persönliche und gesellschaftliche Lage und eine Prognose über unsere persönliche und gesellschaftliche Zukunft. Auf was kommt es heute an? Und auf was morgen? Mit welchem Handwerkszeug meistern wir unsere Gegenwart und unsere Zukunft? Wer sind wir und was wird aus uns?
Zu erzählen ist über das „Weltwissen" derjenigen, die heute in der Lebensmitte stehen, über ihre bisherige Lebenserfahrung, über den Witz und den Ernst in ihrem Leben und darüber, wie und woran sie sich orientieren. Worin ihre Lebensschläue und Lebensklugheit besteht. Wo sie für ihre Zukunft schwach und wo sie stark aufgestellt sind.
Donata Elschenbroich hat vor bald zehn Jahren das „Weltwissen der Siebenjährigen" beschrieben, hat diskutiert, was ein Kind in seinen ersten sieben Lebensjahren erfahren haben, können und wissen muss. Ich beschreibe, was die Anfang Vierzigbis Mitte Fünfzigjährigen auf der Basis der bisherigen Erfahrungen beschäftigt und was sie in Zukunft erwarten können. Wo sie stehen. Wohin alles führt.
Was geht uns durch den Kopf? Was sind unsere Aufgaben von heute und morgen? Wo stehen wir in der ewigen Abfolge der Generationen?
Donata Elschenbroich hat ihr Thema „umwandert", und selbst wenn wir nicht vom selben schreiben, gefällt mir diese Methode gut. Ich möchte das Weltwissen von uns Babyboomern ebenfalls umwandern, umkreisen, zu seiner Erschließung verschiedene Blickwinkel wählen.
Zu erzählen ist über Persönliches, ja Intimes, und über Öffentliches, ja Politisches. Im wahren Leben gehen diese Bereiche bunt durcheinander, im Leben von uns Babyboomern ist das nicht anders.
Ich bin – ein Mann darf sein Alter preisgeben – Jahrgang 1964. Damit gehöre ich zum massenhaftesten aller deutschen Jahrgänge und zugleich zu einem, der in der Lebensmitte steht. Ich schreibe durch die Brille eigener Erinnerungen, Erlebnisse und Erfahrungen, aber so, dass auch Allgemeingültiges und Typisches über meine Generation zum Ausdruck kommt. Ich habe mich vor der Niederschrift heftig an meine erste Lebenshälfte erinnert, aber noch häufiger unzählige Babyboomer (gemeint sind natürlich immer Boomerinnen und Boomer) über ihre Erinnerungen und ihre Mittellage im Leben befragt.
Die Fülle der allesamt wahren Anekdoten und Geschichten, erinnerten Bilder, begründeten Behauptungen, schrecklichen Vorurteile und weisen Einsichten mag aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich viele Statistiken und viele Fakten über unsere Generation ausgewertet habe. Weil ich aber selbst nicht gern statistik-getränkte Bücher lese, möchte ich das auch niemand anderem zumuten.
Ein irgendwie objektives Buch über eine Generation ist entweder unmöglich oder dröge zu lesen. Ein Autor schaut stets durch eine persönliche Brille auf diese Generation, so sehr er sich auch bemüht, andere Sichtweisen einzublenden. Doch letztlich gibt es bei diesen Themen keine Wahrheit und keine Unwahrheit außer der eigenen. Die Leserin oder der Leser möge sich eine individuelle Vorstellung machen und mir darüber schreiben (siehe die Adresse am Schluss des Buches).
Die Lebensmitte ist so spannend geworden wie nie vorher in der Geschichte. Die Babyboomer, die jetzt in der Lebensmitte stehen, sind eine spannende, weil einmalige Generation. Sie sind die Kinder aus einer Zeit, als das Kinderkriegen noch geboomt hat. Es gab, als wir gezeugt wurden, noch keine Pille, nur die „Zeitwahlmethode (das Wort habe ich aus dem „Linder
, meinem Biologiebuch). In diesem Buch stand weiter, diese Methode sei „unsicher", und bei der Menge von uns Kindern muss es wohl so sein, damals wie heute.
Die ungeregelte, weil von keiner Pille gestoppte Fruchtbarkeit setzte Millionen von Deutschen in die Welt, in der Bundesrepublik genauso wie in der DDR. Nie zuvor und nie mehr danach waren es so viele an der Zahl. Schon wegen ihrer Masse haben die Babyboomer ihren Platz im Geschichtsbuch sicher.
Die Babyboomer sind eine glückliche Generation. Die Masse von ihnen ist erwachsen, zumindest befindet sie sich in einem Alter, in dem ihre Eltern bereits erwachsen waren. Sie sind zwar nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt. In der goldenen Mitte ihres Lebens sind sie die jüngsten, gesündesten, am besten gebildeten Nachvierziger und Vorsechziger in der deutschen Geschichte. Außerdem verfügen sie über mehr Geld als alle Generationen zuvor.
Die Babyboomer stehen auf dem Hochplateau ihres Lebens, und wie jede Generation vor ihr haben sie Grund zu der Annahme, dass kulturell nichts Besseres nachkommen wird – jedenfalls nicht mit den beiden Nachfolger-Generationen, der wehleidigen Generation Golf und der rastlosen Generation Praktikum.
Natürlich stehen auch wir vor den Herausforderungen des Alltags, ziehen Kinder groß, sorgen uns um den Arbeitsplatz, fühlen uns einsam, weil wir keinen Partner/ keine Partnerin finden – aber leider manchmal genauso einsam, wenn wir ihn/ sie gefunden haben. Keine Frage, es gibt auch in dieser Generation viele Frauen und Männer, die dem „Hochplateau des Lebens nichts abgewinnen können. Aber es ist ein Unterschied, vom Schicksal einer Generation zu sprechen, einem kollektiven Schicksal sozusagen, oder vom Schicksal einer oder eines Einzelnen. Ein Einzelschicksal kann von Krankheit oder materieller Knappheit betroffen sein. Ein Babyboomer kann wegen einer Krankheit nicht in seinem Beruf arbeiten. Eine Babyboomerin muss ihre Kinder allein großziehen, weil sich der Vater aus dem Staub gemacht hat und überdies keinen Unterhalt zahlt. Jemand verliert seinen Arbeitsplatz und findet, weil er in seinem Alter „schwer vermittelbar
ist, keinen neuen mehr.
Trotzdem teilen auch diese Einzelschicksale ein kollektives Schicksal mit den weiteren Angehörigen ihres Jahrgangs. Individuelle Lebensumstände mögen schwierig sein. Doch es bleibt dabei, dass die Babyboomer eine besondere, einzigartige Generation sind!
Ich widme mich also weniger den individuellen Lebensläufen, sondern dem, was die Angehörigen dieser Generation miteinander verbindet – die Lust und den Frust in einer spannenden, offenen Lebensphase.
Die Babyboomer haben nach einem halben Lebensweg viel erreicht und auch wieder viel verloren, eine Ehe, die Familie, den Arbeitsplatz oder einfach nur viel Geld, aber sie haben auch noch Zeit für eine Kehrtwende oder einen Neuanfang. Wir stehen nicht am Anfang eines Weges, sondern wir gehen mitten auf diesem Weg. Dabei werden wir älter, und das Älterwerden ist ja schon Herausforderung genug.
Ich möchte etwas vom persönlichen Lebensgefühl der Babyboomer einfangen. Privat sind sie Frau und Mann, Mutter und Vater, Single oder Lebensabschnittsgefährtin oder -gefährte. Das tue ich manchmal nüchtern und manchmal trunken von Erinnerungen, leichtfüßig und schwermütig, so objektiv wie nötig und so subjektiv wie möglich. Wer sich falsch „eingefangen" fühlt, möge auf der Homepage protestieren – und schon wird das Bild von der kunterbunten Lebensmitte noch bunter.
Und dann ist da noch die öffentliche, die politische Rolle der Babyboomer als Bürgerinnen und Bürger, Nachbarin und Nachbar oder Elternbeirätin und Elternbeirat. In Wirtschaft und Gesellschaft sind wir ebenfalls nicht nur eine wichtige, sondern die wichtigste Generation. Auch hier zeichnet uns vor allem unsere Masse aus.
Weiter rührt unsere Bedeutung von unserem materiellen Wohlstand her. Wir sind die Generation, die im Erwerbsleben angekommen ist, die regelmäßig Geld verdient, und das ist bei unserer Zahl an „Berufsjahren" kein Einstiegsgehalt mehr. Mit unserem Geld kaufen wir immer neue Möbel oder Festplatten-Rekorder (die wir allerdings kaum bedienen können). Im Vergleich zu anderen Altersgruppen erzielen wir das höchste Einkommen. Dafür bezahlen wir aber auch das Leben von bis zu vier Generationen: das unserer Eltern, das von uns selbst und das unserer Kinder – und manchmal das unserer Enkel.
Überwiegend tun wir das gern. Menschen in der Mitte des Lebens kennen ein gemeinsames Grundgefühl, wie Bischöfin Margot Käßmann schreibt, „diese Sorge für die Jüngeren und für die Älteren zugleich". Wir kümmern uns gern, aber wir haben auch keine andere Wahl. Wir sind, was das Geld angeht, die Melkkühe dieser Gesellschaft.
Trotz unseres Wohlstandes haben auch wir Grund zur Sorge. Wer nimmt unser politisches Schicksal in die Hand? Wenn es um unsere Zukunft geht, zum Beispiel die Zukunft unserer Rente, rückt die Politik nur scheibchenweise mit der Wahrheit heraus. Wie lange lassen wir uns das gefallen? Und wie verhindern wir, dass Jüngere, die im politischen Berlin bereits nachdrängen, die Themen unserer Generation übergehen?
Zum Glück für dieses Land melden sich die Babyboomer nicht geschlossen zu Wort, etwa mit einer Demonstration – sogar die Lüneburger Heide wäre als Versammlungsort zu klein.
Trotzdem ist die Masse, auch wenn sie kein geschlossenes Bild abgibt, sehr gegenwärtig, weniger auf den Straßen in Deutschland und auf Mallorca, aber mehr in den Köpfen derer, die unser Land politisch steuern. Die Babyboomer-Generation gilt Volkswirtschaftlern und Politikern als teurer, alle sozialen Systeme verwüstender Koloss, der bis weit in das angebrochene Jahrtausend durchgeschleppt werden muss, der mit Arbeitsplätzen, Arbeitslosengeld, Krankenhausbetten, Krankengeld, Rentenansprüchen, Mindestrente, Hüftgelenken, Schnabeltassen, Pflegeheimplätzen und last but not least Grabstellen zu versorgen ist. Wer soll das in dieser Masse zur Verfügung stellen und vor allem: Wer soll diese Versorgung bezahlen?
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst, wie eine Redensart lautet. Der englische Komiker Marty Feldman hat einmal einen Kurzfilm mit zwei Beerdigungszügen gedreht, die voneinander – jedenfalls zunächst – nichts wissen, aber beide die letzte freie Grabstelle auf dem Friedhof belegen wollen. Erst als in beiden Zügen schwermütige Blasmusik erklingt, bemerken sie einander – und erkennen die Gefahr, zu spät am Grab anzukommen. Langsam aber stetig erhöht jeder Zug das Tempo, man will ja schließlich die Form wahren. Man hofft auch darauf, der jeweils andere Zug habe die Gefahr noch nicht gewittert. Aber plötzlich siegt die nackte Angst und alle Tabus fallen – die Teilnehmer beider Züge rennen samt Särgen auf das schmale Loch mit dem Erdhaufen zu. Die Entscheidung wird in einer offenen Feldschlacht am offenen Grab gesucht! Die Züge stellen hierzu ihre Särge auf einer Wiese ab und geraten in eine große Prügelei.
So weit muss es nicht kommen, wenn die deutschen Babyboomer einmal ihre letzte Ruhe finden. Zum geordneten Abgang tragen schon die Volkshochschulen bei, die uns bereits heute einen Besuch im Krematorium anbieten. „Das Rhein-Taunus-Krematorium ist die neue Generation der Feuerbestattungsanlagen. Ganz in der Nähe – eingebettet im idyllischen Tal der Loreley … Auf dem Weg durch den benachbarten Ruhewald erhalten Sie einen Eindruck von dieser neuen Bestattungsform. Im Anschluss an unseren Besuch ist noch Zeit für eine Mittagsrast in Boppard."
Wer heute keine Zeit für eine solche Inspektion hat, kann dort auch noch in zehn, zwanzig oder vielleicht auch dreißig Jahren vorbeigehen. Das Problem unserer Masse besteht aktuell und wird es auch noch für lange Zeit tun.
Aber wer sind eigentlich die Babyboomer? Von wann bis wann reicht der Nachmittag des Lebens? Die Autoren einer Verbraucheranalyse, die kürzlich der Springer-Verlag in Auftrag gegeben hat, zählten die Jahrgänge 1954 bis 1968 zu den deutschen Babyboomern. Ich selbst habe diese Generation in meinem Buch „Wir Babyboomer. Die wahre Geschichte unseres Lebens" auf die Jahrgänge 1959 bis 1964 eingegrenzt.
Beide Vorschläge haben ihre Berechtigung, aber einen unterschiedlichen Zweck. Wenn es darum geht, die „großen Linien" der Spezies Babyboomer im Hinblick auf ihr Konsumverhalten zu beschreiben – wie im Fall der Springer-Studie – drängt sich ein Vergleich über einige Jahrgänge hin auf. Das Konsumverhalten von Angehörigen der Jahrgänge 1958 und 1968 ist offenkundig ähnlich – weshalb sollen die Jahrgänge dann nicht in einen gemeinsamen Topf wandern?
Ich selbst hatte bei meiner Eingrenzung auf die Jahrgänge 1959 bis 1964 die Alltagskultur der Babyboomer im Blick, die gemeinsamen prägenden Erlebnisse, die Themen in der Familie oder auf dem Schulhof. In dieser Hinsicht haben sich ein Babyboomer-Exemplar des Jahrgangs 1959 und eines von 1964 viel mehr zu erzählen als, sagen wir, jeweils eines von 1958 und 1968. Letztere wurden nicht mehr mit denselben Zeichentrickserien und Pop-Idolen groß.
Beide Festlegungen der deutschen Babyboomer-Jahrgänge, die weitere wie die engere, sind durch die Geburtenstatistik für Deutschland (West) und Deutschland (Ost) gedeckt. Die Fruchtbarkeit blieb in Deutschland nach 1945 zwar nicht aus, aber niedrig – die Männer waren im Krieg „gefallen, wie es emotionslos hieß, oder sie waren in Gefangenschaft, und selbst Paare mochten angesichts von Krankheit, Hunger und Wohnungsnot nicht gleich Kinder zeugen. Das änderte sich in den fünfziger Jahren, als das Wirtschaftswachstum eine steigende Geburtenrate mit sich brachte. 1959 machten die Zahlen einen ersten kräftigen Sprung, erreichten 1964 den Höchststand und fielen erst auf die siebziger Jahre hin rapide ab – Stichwort „Pillenknick
.
Mein Entschluss, die Babyboomer-Generation erst 1959 beginnen zu lassen, brachte mich fast um Kopf und Kragen, denn sowohl viele Angehörige der vorherigen Generation Z – die „Zaungäste" der 68-Generation, also ihre jüngeren Geschwister –, als auch frühe Angehörige der Generation Golf pochten in leidenschaftlichen Mails auf ihre Babyboomer-Zugehörigkeit.
Aus dem Mengenlehre-Unterricht, den viele Babyboomer zu Beginn ihrer glücklosen Mathematik-Karriere absolvierten, blieb mir das Wort von der „Schnittmenge" haften. Sie bezeichnet das Gemeinsame zweier verschiedener Mengen. Es gibt, um im Bild zu bleiben, eine Schnittmenge zwischen der Generation Z und den Babyboomern einerseits und den Babyboomern und der Generation Golf andererseits.
Der Begriff „Mitte" hat nur in der Mathematik eine exakte Bedeutung. Die Mathematik klärt uns über die Mitte ungefähr so auf: Wenn ein Boot fünf Meter vom linken und fünf Meter vom rechten Ufer entfernt fährt, befindet es sich in der Mitte des Flusses. Doch so genau geht es im Leben, leider oder zu unserem Glück, nicht zu.
Wo also liegt im Fluss des Lebens die Mittellinie, auf der wir Babyboomer jetzt für einige Jahre Boot fahren, am Morgen aufstehen, zur Arbeit gehen, hinterher chillen (ich weiß, kein Wort aus unserer Generation) und am späten Abend zu Bett gehen? Und wie lange dürfen wir von uns behaupten, die Mitte zu besetzen? Eine Lebensmitte zu definieren, heißt, manche von dieser Mitte auszuschließen.
In den neunziger Jahren schrieb Tom Peuckert einen Artikel über die „Hälfte des Lebens" und meinte damit die 35. Doch mittlerweile – und eigentlich sogar schon damals – ist die Lebenserwartung der Deutschen gestiegen, die Mitte ist zur 40 oder 45 hingerückt. Frauen werden älter als Männer, viele Frauen und Männer erreichen das 80., manche sogar das 90. Lebensjahr.
Anders als zu der Zeit, als Tom Peuckert