Der Läufer
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Über dieses E-Book
Der Ingenieur auf dem Schachbrett. Die Schachfigur in der Arbeitswelt. Muss ständig die Kohlen aus dem Feuer holen. Der Sündenbock, wenn etwas schief geht. Den Ruhm indes beanspruchen andere. "Der Mohr hat seine Pflicht getan; der Mohr kann geh‘n."
Kurztexte und Auszüge, unterhaltsam bis hinterfragend, manches wahr und wirklich geschehen, anderes Gedankenkonstrukte bis pure Fantasie, technisch bis Märchen, zeitkritisch, politisch bis bauernschlau. Rassistisch bis Weltbürger. Schließlich sind wir alle doch ein wenig von allem.
Eine bunte Mischung aus Themen, deren ursprüngliche Herkunft zumeist nur ein Wort war. Doch finden wir uns nicht alle irgendwo da drin?
Valsirion Scharona
Arndt Schmid, artist name Valsirion Scharona, was born in 1967 in Reutlingen / Germany. In 1977 he emigrated with his parents to Brazil and lived on the Amazon River. Very early, he started writing his first novel, still in school notebooks. For a few years, he also tried his hand as a comic artist. In 1988 he returned to Austria. After his military service, he completed an apprenticeship in mechanical engineering and graduated as a control engineer. Around 2002, he wrote the original script for his first novel in the series "In the Sign of the Black Unicorn," entitled "Sword Priest," with which he ventured his first publication. Professionally, he works as a process engineer in the development of plastics recycling in a leading global company.
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Buchvorschau
Der Läufer - Valsirion Scharona
Mittelalter
Der Läufer
Schon wieder ist es soweit! Ich stehe wieder irgendwo am Rande und komme mir ziemlich nutzlos vor. Gelegentlich starren alle für kurze Zeit auf mich, nur um mich im nächsten Moment wieder zu vergessen. Der Boss führt zur Abwechslung mal wieder Manöver aus, bei denen man sich fragen muss, ob er zuviel getrunken hat. Seine Anweisungen lassen an seinem Verstand ernsthaft zweifeln. Und dann sind da noch die anderen in unserem Team. Angefangen bei der Chefin bis zum einfachen kleinen Mann erwarten sie alle, dass ich sie schütze, meinen Kopf für sie hinhalte, ihnen vorausgehe, nur damit sie sicher nachrücken können und sich die Lorbeeren für die eventuell erfolgreichen Strategien einheimsen können. Ansonsten bin ich für sie nur gut, dass sie mich an den Rand stellen und ihnen nicht im Weg stehe.
Ich nutze die Zeit der Untätigkeit und blicke mich um. Weiter vorne rittern die verschiedensten Mitglieder unseres Teams um die besten Plätze. Anderorts bricht indes unser gemeinsamer Gegner völlig unbehelligt in unser Revier ein und nimmt uns wichtige Anteile weg. Das geht immer so lange gut, bis der Chef nicht mehr weiter weiß und ich in irgendeiner waghalsigen Aktion die Situation retten soll. Wie ich das mache und was dabei für mich herausspringt, ist mein Problem. Verliere ich dabei aufopfernd meine Stellung, winkt mir der Chef nur vage hinterher, wendet sich ab und hat mich schon vergessen. Mehr ist ihm mein Einsatz nicht wert. Eines Tages werde ich ihn mit seinen Problemen einfach hängen lassen, diesen Dreckskerl, damit er weiß, was für einen selbstlosen Mitarbeiter er an mir hat!
Heute ignoriert der Chef die Aktivitäten des Gegners in ganz besonderer Weise. Zug um Zug nimmt der uns Anteile weg. Unsere eigene Stellung wird immer schwieriger. Die Leute des Gegners wittern schon siegessicher ihre Beute. Immerhin geht es scheinbar dieses Mal damit nur dem Chef an den Kragen. - Geschieht ihm recht, den alten Tyrannen!
Ich blicke wieder auf meinen Arbeitsbereich und stelle nur gähnende Leere fest. Ich stehe am Rand und habe nichts zu tun, und um mich herum werken alle in eifriger Geschäftigkeit.
Ungestört nimmt uns der Gegner weitere Anteile weg. Er formiert sich bereits zu seinem vernichtenden Schlag. Das überlebt mein Chef jedenfalls nicht! Gleich ist es vorbei mit dem Drecksack!
Jetzt bekomme ich auf einmal den Befehl, vorzurücken. Natürlich, aber dieses Mal hat sich der Chef verrannt. Das wird ihn auch nicht mehr retten! Mein Aufgabenbereich ist leer und alle Tätigkeit nutzlos. Das Ganze stinkt nur wieder nach einem Kamikazebefehl, mit dem der Chef Zeit gewinnen will. Aber dazu hat er schon längst den Dingen viel zu lang ihren Lauf gelassen.
Na schön, ich rücke vor und betrete meinen neuen Platz am gegenüberliegenden Rand des Feldes. Ich sichere meine neue Position und entdecke in meiner unmittelbaren Nähe den König des Gegners völlig schutzlos mir ausgeliefert. Entgeistert starrt er mich an. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Seine Beine schlottern, während sein Blick eine Weile zwischen mir und der Spitze meines Degens hin und her wandert. Jetzt sucht er einen Ausweg. Noch nicht einmal einen seiner Leute kann er zu seinem Selbstschutz dazwischen ziehen. Die sind alle anderswo beschäftigt! Niemand kann ihm zu Hilfe eilen.
Schach Matt – in einem Zug.
Es lebe mein König, der alte Fuchs, der diesen arroganten Kerl so cool besiegt!
Alles was Recht ist
Recht ist ein schönes Wort und wird mit höchsten Würden bedacht. Aber was genau hat dieses hochgeschätzte Recht mit Ge–Recht gemeinsam? Wird nicht allzu oft im Namen vom Recht das Ge–Recht mit Füssen getreten?
Viele Staaten brüsten sich damit, ein Rechtstaat zu sein. Darunter wird bekanntlich verstanden, dass in diesen Staaten alles nach vordefinierten Gesetzten abzulaufen hat. Gesetzte werden von der Obrigkeit beschlossen und von dieser die Einhaltung überwacht. Dies soll in einem demokratischen Staat für klare Verhältnisse sorgen und den Bürger vor Willkür und Übervorteilung wie in einer Diktatur schützen. Aber wer überwacht die Obrigkeit beim Beschließen von diesen Gesetzen? Müssen deren Vertreter womöglich Konsequenzen fürchten, wenn sie sich dann noch nicht einmal an die von ihnen gemachten Gesetze halten? Schon die Bezeichnung Demokratie wird ja bekanntlich oft genug überstrapaziert.
Vor gar nicht langer Zeit fand in einem derartigen angeblich demokratischen Land – einen deklarierten Rechtstaat – eine bezeichnende Geschichte statt:
Eine streitbare Jugendliche hatte im Kampf um den Schutz ihres Volkes zwei Löwen erschlagen. Zu ihrem Pech wurden ihr die Kadaver noch am Ort des Kampfes gestohlen. Erst einige Wochen später entdeckte sie eine Gruppe jugendlicher Krieger sich mit den Fellen dieser erschlagenen Löwen vor ihren Kameraden brüsten, wie mutig und selbstlos sie ihr Volk vor der Gefahr beschützt und die Löwen erschlagen hätten. Die junge Amazone stellte die Diebe zur Rede. Sehr schnell kam es zum Kampf, den die wehrhafte Jugendliche trotz der Überzahl ihrer Gegner, bereits im Begriff zu gewinnen war – wenn da nicht gerade rechtzeitig die Obrigkeit eingeschritten wäre! Immerhin erstritt die Amazone in der folgenden Auseinandersetzung mit den Behörden ein Gerichtsverfahren. Dass ein solches überhaupt unter diesen Umständen stattfand, war an sich undenkbar genug. Dennoch wurde das eben noch minderjährige Mädchen zur Gerichtsverhandlung gar nicht zugelassen. Erst zur Urteilsverkündung durfte sie den Gerichtssaal betreten. In hochtrabenden Worten verkündete das Gericht, dass, wenngleich die Geschichte der jungen Krieger einige Lücken und Unstimmigkeiten aufweise, diese dennoch glaubhafter sei! Ein Mädchen sei zu solch einer Heldentat nämlich gar nicht fähig! Sie standen den Kriegern bei der Bewältigung ihrer schwierigen Aufgaben bestenfalls im Weg. Eher sorgten sie für unnötige Komplikationen. Mädchen waren eben minderbemittelt und total unfähig, die Aufgaben eines Kriegers überhaupt zu verstehen! Damit seien sie in den Augen der Gesellschaft als Krieger von vorne herein total unfähig, unbrauchbar und gerade mal einen Beutel voll Silber wert! Welch immer höhere Fähigkeiten Mädchen hätten, sei dies pure Verschwendung! Deswegen betrachte man Mädchen als Sache! Bei Geschäften um Ehe seien sie schließlich selbst die Ware! Mit den Worten „Wenn man einem Mädchen den Sieg gegen die Löwen zugestehe, könne man eben diesen genauso gut einem Kochlöffel zugestehen!
, beschloss der Richter seine Urteilsverkündung. Mit der Dreingabe „Was sei denn das für ein Bild, wenn man einen Kochlöffel den Sieg gegen eine so schwere Bedrohung durch ein Rudel Löwen zugestehe?" verabschiedete der Richter die Klägerin und das Gericht löste sich auf.
Und die Moral von der Geschicht´?
Recht lässt sich biegen, Gerechtigkeit nicht!
Wachsen
Das Lebenselixier eines jeden Unternehmens. Aber gibt es denn ein Wachstum ohne Ende? Ein Baum hört ja auch irgendwann zum Wachsen auf, oder? Er kann ja auch nicht buchstäblich bis zum Mond wachsen und dann immer noch ans Weiterwachsen denken. Meine Güte, hat die Erde überhaupt Platz für so einen Wurzelstock?
Zum Glück weiß der Mensch sowieso immer alles besser als die Natur und deshalb muss ein jedes Unternehmen wachsen, egal wie groß es bereits ist. Zu den größten sagt man bekanntlich Konzern.
Also, ein Konzern möchte wachsen. Dazu muss man den Markt ausbauen. Den Markt baut man aus, indem man neue Produkte verkauft, oder diese