Pubertät und wilde Zeiten: Wenn Hunde schwierig werden
Von Martina Nau
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Buchvorschau
Pubertät und wilde Zeiten - Martina Nau
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Wenn Hunde schwierig werden…
… dann beginnt die Pubertät. Bei manchen Hunden kommt sie schleichend, bei anderen trifft sie den Besitzer wie ein Schlag. Kein Hund wird erwachsen ohne sie, kein Hundebesitzer durchlebt sie ohne Seufzen. Es ist die Zeit, in der sich Junghundkurse leicht zu Selbsthilfegruppen entwickeln – gemeinsam durchlebt sie sich besser, diese Phase.
Manche Probleme sind in der Welpenzeit unbemerkt entstanden. Jetzt zeigen sie sich in aller Deutlichkeit. Das kann den erfahrensten Hundehaltern passieren, denn nun wird allmählich offensichtlich, was alles so in dem Hund steckt, der gerade noch Welpe war. Manches hätte man wahrscheinlich gar nicht vermutet, im positiven wie im negativen Sinne.
Aber selbst wenn man bisher alles richtig gemacht hat, birgt die Pubertätsphase überraschend neue Schwierigkeiten. Diese bereits im Ansatz zu erkennen, teilweise sogar vorauszusehen und sie effektiv zu überwinden, dazu möchte dieses Buch beitragen. Und es möchte jedem Leser Anregungen geben, diese bestimmt nicht leichte Entwicklungsphase seines Hundes dazu zu nutzen, die wichtigsten Schritte zu einem guten Team gemeinsam zu gehen – und dabei auf keinen Fall den Humor zu verlieren. Auch wenn dies nicht immer leicht ist: Später werden Sie noch häufig über die Einfälle Ihres Auszubildenden lachen – warum tun Sie es nicht schon jetzt ab und zu?
Rund um die Pubertät
Der Welpe ist noch klein und süß. Denken Sie daran, dass er groß und kräftig wird. Bis dahin sollte er alles gelernt haben, was er für sein Leben wissen muss.
Um die Pubertät herum gruppieren sich Entwicklungsphasen, die jeder Hund durchlebt. Die Wochen vor der Pubertät gehören zu den wichtigsten im Leben eines Hundes, erst in den Monaten danach wird er richtig erwachsen. In der Mitte liegen mehrere Monate, die für jeden Hund schwierig sind. In dieser Zeit werden die Weichen gestellt für viele Verhaltensweisen, die der erwachsene Hund später zeigen wird. Wir können die nicht immer einfachen Wochen der Pubertät unseres eigenen Hundes besser verstehen, wenn wir uns noch einmal kurz klarmachen, welche Entwicklungsphasen er durchläuft, bis er erwachsen ist.
Vom Welpen zum Junghund
Eberhard Trumler hat das Heranwachsen eines Hundes in Entwicklungsphasen eingeteilt und ihnen sinnvolle Namen gegeben. Beginnen wir am Anfang.
In den ersten zwei Wochen nach der Geburt besteht das Leben des Welpen beinahe ausschließlich aus Nahrungsaufnahme und Verdauung. Seine Handlungen basieren auf Reflexen. Wir sprechen von der „vegetativen Phase".
An die „Übergangsphase in der zweiten und dritten Lebenswoche – hier öffnen sich Augen und Ohren der Welpen – schließt sich nahtlos die „Prägungsphase
an. Zwischen der vierten und achten Lebenswoche werden die jungen Hunde auf ihre Umwelt, auf ihre Artgenossen und Menschen geprägt. Der Welpe wird zunehmend aktiver, er lernt schnell, wodurch sich wiederum in kurzer Zeit sehr viele Verknüpfungen im Gehirn bilden. In diesen wenigen Wochen wird aus einer tapsigen, ungeschliffenen Körpersprache eine feine Kommunikation. Unter vernünftigen Aufzuchtbedingungen lernen die Welpen nun die ersten sozialen Verhaltensweisen, sie lernen sich zu unterwerfen und sich zu behaupten. Was sie in dieser Zeit verpassen, ist nicht ganz so einfach nachzuholen. Ein Welpe, der wenige Umwelterfahrungen macht, wird es in seinem zukünftigen Leben schwerer haben als ein gut geprägter Welpe.
Zu Beginn der „Sozialisierungsphase, in der achten Lebenswoche, wechseln viele Welpen ihr Zuhause. Diese Phase reicht bis zur zwölften Woche. Das soziale Verhalten gegenüber Menschen, Hunden und eventuell anderen Lebewesen wird verfeinert und die Beißhemmung sollte verbessert wer den. Die Fähigkeit, sie zu entwickeln, ist zwar an geboren, muss jedoch ständig weiter trainiert werden. Der Welpe durchlebt in dieser Zeit seine erste Angstphase. Die Sozialisierungsphase ist nach der Prägungsphase die wichtigste Zeit im Leben eines Hundes. Sein Verhalten und seine spätere Reaktion auf Umweltreize und Erlebnisse werden in dieser sogenannten „kritischen Phase
geformt. Was wir in der viel späteren Pubertätsphase mit unserem Hund erleben, hängt in großem Maße von diesen wenigen Wochen ab.
Jeder Welpenbesitzer sollte bereits jetzt an die unausweichlichen pubertären Schwierigkeiten denken. Wer seinen Hund nun kontrolliert frei laufen lässt und seinen natürlichen Folgetrieb für Übungen und Spiele nutzt, wer eine gute Bindung zu ihm aufbaut und aufgestellte Regeln liebevoll konsequent durchsetzt, dessen Probleme werden sich in der Pubertät in Grenzen halten.
Darauf sollten Sie schon bei der Welpenerziehung achten:
• Häufig den Rückruf trainieren, eventuell Pfeife konditionieren
• Versteckspielen im Wald
• Keine regelmäßigen Spaziergänge, die vom Haus weiter fortführen, lieber ständig wechselndes Gelände mit dem Auto aufsuchen
• Bindungsübungen wie Kontaktliegen, Handfütterung und regelmäßiges gemeinsames Spiel
• Beißhemmung trainieren
Im vierten und fünften Lebensmonat befindet sich der junge Hund in der sogenannten „Rangordnungsphase". Sein Verhalten verändert sich allmählich, aus dem tapsigen Welpen wird ein Jung s pund. Der angeborene Folgetrieb lässt abrupt nach und unser Hund beginnt auszutesten, wie weit er gehen kann in seinen Handlungen. Er will wissen, wer das Familienoberhaupt ist. Der eine oder andere Liebling wird vielleicht sogar schon seinen Knochen oder sein Spielzeug mit einem Knurren verteidigen. Einfach nur so, um zu sehen, was passiert. Wie wir darauf reagieren sollten, das besprechen wir später.
Was ist nur mit meinem Hund los?
Im fünften und sechsten Lebensmonat sprechen wir nicht mehr von einem Welpen, sondern von einem Junghund. Er durchlebt die „Rudelordnungsphase". Der Name ist Programm, denn nun beginnt er seinen Platz in der Familie zu suchen. Findet er eine Autorität, akzeptiert er sie gern; findet er sie nicht, ist dies in seinen Augen auch nicht schlimm: Er wird versuchen, seinem armen, verwaisten Menschenrudel ein guter Chef zu sein. Aus unserer Sicht heraus bereitet ein solcher Hund viel Ärger. Der Zahnwechsel macht ihm an manchen Tagen schwer zu schaffen, manchmal hat er sogar ein wenig Fieber und er ist matt. Doch schon kurze Zeit später hat er wiederum tausend Hummeln im Hintern, weil das Leben so viel Spaß macht.
In diesen Wochen geschieht etwas Seltsames. Wir Menschen erleben das Seltsame zumeist sehr einseitig: Unser Welpe wird unausstehlich renitent, wir erkennen ihn kaum wieder, wir hoffen darauf, dass er wieder so wird wie früher … aber das wird er nicht.
Hunde beherrschen Hundeerziehung am besten von uns allen: Der Kleine war zu frech.
Beobachtet man ein Hunderudel im Umgang mit diesem Welpen (oder erwachsene Hunde im eigenen Haushalt), entdeckt man Erstaunliches. Innerhalb weniger Tage, manchmal von einem Tag auf den anderen, verliert der Welpe bei den älteren Familienmitgliedern seine Narrenfreiheit. Konnte er sich am Mittwoch noch alles erlauben, wird er am Donnerstag für die kleinste angedeutete Frechheit so stark diszipliniert, dass wir es kaum ansehen können. Was ist geschehen? Schneller als jeder Mensch hat ein Hund verstanden, dass es ab nun an der Zeit ist, deutlicher als bisher Grenzen abzustecken, ganz getreu dem Motto: Vorsorgen ist besser als Heilen. Hunde beherrschen Hundeerziehung am besten von uns allen.
Was ist Pubertät?
Eine verzweifelte Hundemutter beschreibt sie in einer E-Mail:
Liebe M., jetzt muss ich erst einmal mein Herz ausschütten.
Luna ist nun neun Monate alt und ich erkenne sie nicht mehr wieder. Als Welpe war sie pflegeleicht. Sie gehorchte immer gut, war schnell stubenrein und sprang nur ganz am Anfang einige Leute an. Wir hatten es ihr abgewöhnt, und es war kein Problem mehr.
Seit ein paar Tagen hat sie sich total verändert. Ihre Manieren sind so schlecht wie noch nie. Ziehe ich mir eine Jacke an, springt sie laut kläffend an mir hoch und zwickt mir mal in den Arm, mal ins Bein. Wenn ich sie mit einem knurrenden „Nein" ermahne – was sie bis vor einigen Tagen immer sofort akzeptierte –, steigert sie sich in dieses Verhalten hinein, bellt lauter und springt noch höher. Sie ist dann kaum zu beruhigen, weder durch konsequentes Ignorieren noch durch Schimpfen. Andere Hunde werden neuerdings erst einmal argwöhnisch begutachtet. Mit manchen spielt sie dann, vor manchen hat sie panische Angst. Das kenne ich überhaupt nicht von ihr. An der Mülltonne, die immer