Hilfe, mein Mann läuft!: 42 Kolumnen auf dem Weg zum ersten Marathon
Von Jrene Rolli
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Über dieses E-Book
Als die Autorin erfährt, dass sich ihr Mann für seinen ersten Marathon angemeldet hat, geht bei ihr das Kopfkino los: Bananenberge und Pastapartys ohne Ende, blutende Brustwarzen und wund gelaufene Füsse. Kurzerhand beschliesst sie, ihre persönlichen Gedanken und Erlebnisse auf dem Weg zum Berlin-Marathon in 42 kurzen Kolumnen festzuhalten – eine für jeden Kilometer, der ihrem Mann noch bevorsteht.
Doch keine Angst: Es erwartet Euch kein monotones Trainingstagebuch. Freut Euch vielmehr auf einen unterhaltsamen Abenteuerbericht, der durch Bärengebiete in den Rocky Mountains, an Schlümpfen vorbei in die Schweizer Alpen und über Strandpromenaden mitten in Berlin führt. Dabei kommt die Autorin gut behüteten Geheimnissen auf die Spur: Wieso hassen Marathonläufer Laufbänder? Warum tragen Läufer enge Laufhosen und lockere Shorts darüber? Und: Wer hat eigentlich das Wörtchen ”run” in Brunch versteckt?
Ein kurzweiliges Buch, in dem sich nicht nur Leidensgenossinnen, sondern auch Läufer wiedererkennen werden.
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Buchvorschau
Hilfe, mein Mann läuft! - Jrene Rolli
haben.
Kilometer 1: Unsere duften Freunde
Des Läufers beste Freunde sind seine Laufschuhe. Die gehen mit ihm nämlich wortwörtlich durch dick und dünn – oder besser: über Stock und Stein und alle anderen Hochs und Tiefs. Dementsprechend sehen sie auch aus, denn: Nur mit Dreck macht ein Läufer glaubwürdig, dass er schon zig Kilometer abgespult hat.
Auch riecht ein Laufschuh höchst selten nach Chanel No. 5, sondern eher nach … Dreck. Aber bekanntlich zählen ja die inneren Werte, die sich am besten zeigen, wenn die Laufschuhe nach 15 Kilometern über die warme Heizung gestülpt werden. Ich vermute, so duftet es an Tag 13 eines Überlebenscamps im feucht-warmen Amazonasgebiet inmitten von zehn harten, bärtigen Jungs mit Rückenbehaarung.
Gute Freunde – wie eben diese Laufschuhe – nimmt mein Mann auch gerne überallhin mit. So waren mein Mann und ich auch nicht alleine, als wir nach der Arbeit spontan in ein Restaurant gehen wollten. Nein, er trug seine besten Freunde
nicht etwa an den Füssen. Ganz selbstverständlich klemmte er sie sich unter den Arm und transportierte sie vom Büro bis zum Tisch im Restaurant. Dort angekommen, wusste er jedoch auch nicht so recht, wohin mit ihnen. Beim Anblick der exponierten Laufschuhe konnte ich dann einfach nicht anders, als sie mir zu krallen und wenigstens für diesen einen Abend in meine – wie bei allen Frauen so üblich – überdimensionierte Handtasche zu verfrachten.
Während wir anschliessend genüsslich unseren Saibling mit Sellerie-Mandarinenpüree verspeisten, befand sich unter dem Tisch meine Handtasche in einem harten Überlebenskampf: Feinstes Leder, bisher umhüllt von sinnlich duftenden Handcremes und Parfums, kämpfte mit einem ihm unbekannten Eindringling. Eine Situation, die am ehesten vergleichbar ist mit einem Zugpassagier, der sich mit einem frischen Döner in das 1. Klasse-Abteil setzt.
Am Ende des Abends stand es 1:0 für die zehn bärtigen Jungs aus dem Amazonasgebiet. Selbst Chanel No. 5 war zu schwach, um meine Handtasche wieder zum Leben zu erwecken.
Noch 216 Tage.
Kilometer 2: Taxi, Taxi!
Das Klischee, Frauen würden übermässig viele Schuhe besitzen, relativiert sich im Zusammenleben mit einem Läufer. Keiner von uns stellt Fragen, wenn beim anderen mal wieder ein neues Paar in den Schuhschrank einzieht. Dieses respektvolle Schweigen funktioniert selbst dann, wenn mehrere gleiche Schuhpaare bei uns hausen. Vermutlich sieht so ein Zwischenlager eines kleinen Schuhladens aus oder die Kindergarderobe einer Octomum
.
Während ein Grossteil meiner Schuhe zwar hübsch aussieht, aber bereits nach drei Kilometern Druckstellen hinterlässt, schlüpft mein Mann in weiche Sportschuhe. Diese bewegen sich in Sachen Modegeschmack zwar in einem Grenzgebiet zwischen Wer hat denn hier neonfarbene Nylon-Trainingsanzüge aus den 80ern zu Patchwork-Schuhen weiterverarbeitet?
und Ist denn schon wieder Fasnacht?
, sind jedoch um Welten bequemer als meine Schuhe. Daher bin ich in der Regel auch diejenige, die bereits nach wenigen hundert Metern leicht hinkend einen Bus oder Taxi herbeijammert, während mein Mann augenrollend meine Lernfähigkeit bei der Schuhwahl hinterfragt. Aber: Wer schön sein will, muss ja nicht unbedingt leiden, finde ich. Irgendjemand hat ja schliesslich irgendwann einmal aus gutem Grund das Taxi erfunden.
Nach den absolvierten 42 Kilometern meines Mannes werde ich jedenfalls kein Wort über seinen vermutlich hinkenden Laufstil nach dem Zieleinlauf verlieren, gekonnt nach einem Taxi winken und ihn ins Hotel chauffieren lassen. Und gleich am nächsten Tag – wenn über seinen Laufstil noch immer respektvoll geschwiegen wird – werde ich beantragen, dass ich zukünftig bei mehr als neun Zentimetern unter der Verse auch Anrecht auf ein Taxi habe. In jeder Lebenslage.