Die evangelischen Zillertaler in Schlesien
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Buchvorschau
Die evangelischen Zillertaler in Schlesien - G. F. H. Rheinwald
Die evangelischen Zillertaler in Schlesien
Neuausgabe der 4. Auflage, Berlin 1838 mit einer Einleitung von Dr. Wilfried Beimrohr
eBook Edition 2012
Bildnachweis:
Privatarchiv Martin Reiter
Aufgrund ständiger Änderungen der Rechtschreibung erscheinen sämtliche Bücher in der vom Verlag dafür festgelegten Schreibweise.
© Edition Tirol
Alle Rechte bei:
Verlag Edition Tirol
St. Gertraudi 16
6235 Reith im Alpbachtal
Nachdruck und Vervielfältigung (auch auszugsweise) verboten.
Inhaltsverzeichnis
Das Tal, seine Dörfer
Eigentümlichkeit der Bewohner – Religiöse Verhältnisse
Das Evangelium in Salzburg – Verfolgungen
Schaitberger an seine Landsleute in Salzburg
Tiroler lernen auf Reisen das Evangelium kennen
Erste Schritte der evangelisch Gesinnten
Die Zillertaler vor Kaiser Franz
Stimmung der Tiroler gegen ihre evang. Landsleute
Klerus und Adel gegen die Evangelischen verbündet
Prinz Johann und der Erzbischof im Tale
Regierungsentscheidung – Entschluss der Zillertaler
Innere Verhältnisse der Evangelischen
Die Behandlung der ev. Kinder in den Volksschulen
Betragen der Priester am Krankenbett
Religionsgespräch zu Unterbichl
Pastoralkonferenzen
Der Schriftgelehrte Laie im Kampf mit einem Priester
Predigten zur Zurückführung der ev. Gesinnten
Verweigerung der Eheschließung – Außerkirchl. Versammlung
Begräbnis – Verweigerung des Eigentumerwerbs
Verweigerung der Pässe – Bürgerl. Verhalten
Religiöse Zustände
Bibelfestigkeit – Keine Art von Schwärmerei
Heim und Fleidl. – Die Leiter der ev. Gemeinde
Erbauungsbücher der Evangelischen
Seelsorge durch Laienpriester
Entbehren des Heiligen Abendmahls
Vorwürfe und Beschuldigungen der Gegner
Äußerlicher Protestantismus mancher Evangelischen
Provokationen; Die Heilige von Kaldern
Unbestimmte Haltung (Indifferentismus) unter den Katholischen
Berührungen der Zillertaler mit ihren Glaubensgenossen im Ausland
Ein Abgeordneter der Zillertaler in Berlin
Adresse der Evangelischen an den König
Aufnahme in den Preußischen Staat
Abzug aus dem Tal
Reise durch das Erzherzogtum
Die Evangel. Zillertaler in Offerding
Abschiedsszenen
Ein evang. Gottesdienst in den Tiroler Bergen
Urteile der Tiroler über die Ausw. – Benehmen gegen sie
Reise durch Mähren – Misshandlung in Iglau
Eintritt in Schlesien
Ankunft in Schmiedeberg – Dankfest
Zillertaler-Schule – Aufnahme in die Ev. Landeskirche
Religionsunterricht für die Zillertaler
Besuch eines Schlesiers
Bei den Zillertalern in Schmiedeberg
Ereignisse in der Gemeinde
Zeugnisse über die Eingewanderten
Verschiedene Ansichten der Kath. Kirche über die Zillertaler Angelegenheit
Anhang: Originalbriefe einiger Zillertaler
Grüß Gott
Liebe Leser!
Sie halten hier einen historischen Bericht in Händen, welcher sich wohltuend von so manch anderer Literatur zu diesem Thema abhebt. Denn nicht Polemik oder einseitige Parteinahme steht im Vordergrund, sondern „Erzählen wie das damals war", auf dass ich mir selbst ein Bild machen kann.
Beim Lesen staunt man über die große Zahl an Literatur-Quellen, auf welche Dr. Rheinwald in seinem Bericht verweist. Seine Abhandlung wird wohl im Zusammenhang mit den Untersuchungen des preußischen Königshofs zu sehen sein. Was Preußen sicher nicht wollte, war sich einen Haufen religiöser Fanatiker und politische Wirrköpfe ins Land zu holen.
Ein beredtes Zeugnis über die damaligen Zustände geben auch die darin enthaltenen Originalbriefe einiger Zillertaler.
Vor dem österreichischen Kaiser Franz auf dessen Frage „Was glaubt ihr denn? bezeugten sie: „… wir glauben an Christus als unseren Herrn und Heiland und alleinigen Seligmacher – aber das wollen sie eben im Zillertal nicht leiden, dass wir es sagen.
Diese, durch das Lesen in der Heiligen Schrift gewonnene Erkenntnis, war ihnen das Kostbarste in ihrem Leben geworden. Die Liebe zu ihrem Herrn und Heiland Jesus Christus war stärker als die Heimatliebe, die irdischen Bande.
Über den Charakter der Vertriebenen berichtet ein Zeuge: „Es ist sehr erfreulich, dass die polemische Richtung, in welcher die Einwanderer natürlich gegen die röm. Kirche stehen mussten, nirgends störend hervortritt. Es ist in ihnen bei allem frischen evangelischen Leben eine Milde und Versöhnlichkeit gegen das, was ihnen gegenüber stand und Ungemach verursacht hat, die ungemein wohl tut – auch alles separatistische Wesen, nach welcher Seite hin es sein mag …."
Beeindruckend auch das Zeugnis über die Zillertaler in Schmiedeberg: „Begierig nach der lauteren Verkündigung des göttlichen Wortes, benutzen sie jede ihnen dargebotene Gelegenheit mit sichtbarer Freude, sie sind voll Dankes für die glückliche Wendung, die ihr Zustand durch die huldvolle Vermittlung unseres Königs genommen hat. Sie verhehlen es nicht, wie schwer und tränenreich der Abschied von den im Tal Zurückgebliebenen ihnen geworden ist."
Unser besonderer Dank gilt auch Herrn Dr. Wilfried Beimrohr, Leiter des Tiroler Landesarchivs, für die freundliche Erlaubnis den von ihm im Jahr 2007 verfassten Artikel über die Austreibung der Zillertaler Protestanten hier mit veröffentlichen zu dürfen. Der Leser wird hier so manch wertvolles und interessantes Detail über die damaligen Umstände erfahren. Vielen Dank!
Das Glaubenszeugnis der Zillertaler Protestanten – eine Botschaft, die es wert war, dass man vor 175 Jahren dafür sein Heimatland aufgab, ist es wert auch heute noch gelesen zu werden. „… ja wir glauben an Christus, als unseren Herrn und Heiland und alleinigen Seligmache r…" Apg. 4,12
Anton Erharter
Obmann
Verein zur Förderung christlicher Gemeinschaft Unterinntal
Anschließend noch einige persönliche Worte von Ludwig Fankhauser. Als persönliches Herzensanliegen hat er den ersten Anstoß für die Neuausgabe dieses Büchleins gegeben. Danke Ludwig!
Liebe Leser dieses Buches!
Als Christ, dem die Bibel als der Maßstab gilt, ist es mir sehr zu Herzen gegangen, als ich vor einigen Jahren diese Schriften von einem Glaubensbruder in die Hand bekam. Ich habe auch das Buch vom röm.-kath. Bischof Franz Egger „Glaubenseifer und Tragik der Zillertaler Auswanderer" gelesen.
Ich bin in einer streng katholischen Familie erzogen worden und aufgewachsen und kenne auch die katholische Lehre. So gilt es an Hand der heiligen Schrift zu prüfen, was sagt uns unser Erlöser Jesus Christus wirklich, es gilt zu prüfen was echt und wahr ist.
Waren die Auswanderer wirklich Sektierer? Oder strebten sie nur nach der Wahrheit und wurden daran kräftig gehindert?
Der Leser bekommt hier einen Eindruck von der damaligen Situation und der geistlichen Erweckung in diesem Raum.
Mit heiligem Respekt bewundere ich ihr standhaftes Ausharren in vielen Bedrängnissen in ihrem biblischen Glauben. Sie mussten erleben was es heißt, wie in Matthäus 10,37 u. 38 geschrieben steht: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz nimmt und mir nachfolgt, der ist meiner nicht wert.
Von Ganzen Herzen wünsche ich Gottes Gnade und Segen beim Lesen dieses Büchleins.
Aschau, im April 2012
Ludwig Fankhauser
Joseph Schaitbergers „Evangelischer Sendbrief" bestärkte auch die Zillertaler Protestanten in ihrer Glaubenshaltung.
Die Zillertaler Protestanten oder Inklinanten und ihre Austreibung 1837
Von Wilfried Beimrohr, Tiroler Landesarchiv
Die österreichischen Erbländer waren im ausgehenden 18. Jahrhundert ein Bollwerk des Katholizismus. Den Habsburgern, die sich als katholische Herrscher verstanden und als solche die Staatsmacht verkörperten, war es gemeinsam mit der sich einer Reform unterziehenden katholischen Kirche gelungen, den virulenten Protestantismus niederzuhalten, abzudrängen und zu unterdrücken. In der Grafschaft Tirol hatte die offensive und rabiate staatlich-kirchliche Strategie, mit der auf die Herausforderungen der Reformation reagiert wurde, von den Historikern daher als Gegenreformation bezeichnet, leichteres Spiel. Zwar sprang die Reformation um 1520 sofort auf das Land über, breitete sich aber ungleichmäßig aus; Städte und Bergbaugebiete waren anfälliger für das neue religiöse Gedankengut als ihr ländlich-bäuerliches Umfeld. Eine ernsthafte Gefahr, dass die Grafschaft Tirol religiös kippen könnte, bestand im 16. Jahrhundert, das im Zeichen dieses Glaubenskampfes stand, trotzdem nicht. Eine stärkere Massenbewegung als etwa die Potestanten lutherischer Provenienz, die sich zur reichsrechtlich anerkannten Konfession entwickelten, womit in katholischen Territorien zumindest der Schutz von Leib, Leben und Vermögen ihrer Anhänger garantiert war, waren in Tirol die Täufer. Da die Täufer, die zeitgenössische Feindbezeichnung war Widertäufer, als religiöse und politische Radikale angesehen wurden, letztlich als Staatsfeinde, wurden sie gnadenlos verfolgt. Und zwar erfolgreich, denn für Täufer, die sich nicht bekehren lassen wollten, gab es nur eine Alternative: Flucht oder Tod. Unter dem Vorwand der „Ketzerbekämpfung", der sich in erster Linie gegen die Täufer richtete und eine massive Drohung für Leib und Leben war, war es kein großes Problem, so nebenbei auch dem Protestantismus den Garaus zu machen. Im katholischen Verständnis war die Grafschaft Tirol bereits im 17. Jahrhundert ein religiös befriedetes Land. Zum Zwangsmittel, religiöse Minderheiten kollektiv außer Landes zu vertreiben, musste erst gar nicht gegriffen werden.
Die katholische Reform mit ihrem reichen Angebot an Kultus und ihrer die Sinne ansprechenden religiösen Praxis, die zugleich kontrolliert und überprüft wurde, sollte im 17. und 18. Jahrhundert Tirol tief prägen. In dieser Zeit wurzelt die katholische Volksfrömmigkeit, die in ihrer spätmittelalterliche Gestalt im 16. Jahrhundert durch die Reformation verunsichert und beschädigt worden war. Die vielen barockisierten Kirchen, die zahllosen Kapellen, Bildstöcke, Kreuzgänge, Prozessionen und Bittgänge, auch die wieder belebten Passionsspiele sind bis heute die Zeugen katholischen Anstrengungen in dieser Zeit. Das von Staat und Kirche geförderte Selbstverständnis und Selbstbewusstsein, in Tirol leben ausschließlich Katholiken, wandelte sich, sobald es herausgefordert und in Zweifel gestellt wurde, zu einem gefährlichen ideologischen Konstrukt „Glaubenseinheit". Und eine solche katholische Identität, die jede andere ausschloss, war des inneren Friedens wegen unbedingt zu