Oskar oder Who the fuck is Waldheim?: aus dem Erzählungsband "Apanies Perlen"
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Über dieses E-Book
Verblüffende Wendungen, starke Charaktere und viel Gefühl: Judith W. Taschler beweist nach ihrem Bestseller "Die Deutschlehrerin" neuerlich, dass sie fantastisch Geschichten erzählen kann!
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Die Deutschlehrerin: Roman Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Bis der Tod uns scheidet: aus dem Erzählungsband "Apanies Perlen" Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSommer wie Winter: Roman Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Roman ohne U Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Apanies Perlen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
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Buchvorschau
Oskar oder Who the fuck is Waldheim? - Judith W. Taschler
Copyright © 2014 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien
Alle Rechte vorbehalten
Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien
Umschlagabbildung: © saul landell/mex
eISBN 978-3-7117-5242-0
Die Kurzgeschichte stammt aus:
Judith W. Taschler: Apanies Perlen
ISBN 978-3-7117-2010-8
eISBN 978-3-7117-5201-7
Informationen über das aktuelle Programm
des Picus Verlags und Veranstaltungen unter
www.picus.at
Judith W. Taschler, 1970 in Linz geboren, im Mühlviertel aufgewachsen. Studium der Germanistik und Geschichte. Sie lebt mit ihrer Familie in Innsbruck, arbeitete als Lehrerin und ist freie Schriftstellerin. Im Picus Verlag erschienen ihr Roman »Sommer wie Winter«, 2013 der Bestseller »Die Deutschlehrerin«, 2014 der Erzählband »Apanies Perlen« und der Roman »Roman ohne U«.
www.jwtaschler.at
OSKAR
ODER
WHO THE FUCK IS WALDHEIM?
Als Oskar mit achtzehn ein Auslandsjahr in den USA machte, begab er sich auf die Suche nach seinem leiblichen Großvater, der damals vor vielen Jahren als Besatzungssoldat seine Großmutter geschwängert und anschließend sitzen gelassen hatte. Mithilfe seiner Gasteltern fand er ihn, rief ihn an und wurde prompt eingeladen. Während des gemeinsamen Abendessens richtete der alte Mann unvermittelt ein Gewehr auf Oskar und sperrte ihn in seinen Keller, wo er drei Nächte und zwei Tage verbrachte, bevor er wieder ans Tageslicht gezerrt wurde. In diesen sechzig Stunden Gefangenschaft in dem fensterlosen Kellerraum machte Oskar die Hölle durch, eine wahnsinnige Angst lähmte alles an ihm, denn er war sich sicher, dass er bald sterben müsse. Sein kurzes Leben lief wie ein Film vor ihm ab.
Hätte Oskar eine Vagina gehabt, hätte ihn seine Mutter nicht zur Adoption freigegeben.
Er wurde am 24. Dezember 1968 geboren, doch für seine Mutter Agnes Matzerath war er kein Christkind. Als sie nämlich seinen kleinen Penis sah, fing sie an zu weinen, sie konnte sich gar nicht mehr beruhigen, so sehr musste sie schluchzen. Man konnte ihr den Säugling nicht auf den Bauch legen, was sie ohnehin nicht wünschte. Sie hatte sich sehnlichst eine Tochter gewünscht, ein Püppchen zum Ankleiden und Spielen, später eine Verbündete, mit der man von Frau zu Frau reden konnte. Nur eine Stunde nach der Geburt entschloss sie sich, das Baby zur Adoption freizugeben.
Sie tat es dann doch nicht so schnell, weil ihre Krankenzimmergenossin, eine erzfromme Religionslehrerin, sie dazu überredete, den Sohnemann zu behalten. Diese Lehrerin hatte gerade ihre dritte Tochter zur Welt gebracht und starrte unverhohlen gierig auf Oskars Geschlecht. Schließlich war sie es, die ihn die meiste Zeit wickelte, herumtrug und ihm die Flasche gab, denn er war zu einer Zeit geboren worden, in der Muttermilch als nicht gesund und steril genug für Babys erachtet wurde. Er durfte also nie an die prallen Brüste seiner Mutter, sie stillte unter Schmerzen ab und er nuckelte lustlos aus dem Gummisauger sein dünnes Süppchen.
Seinen Namen Oskar verdankte er dem kleinwüchsigen Oskar Matzerath mit der Blechtrommel, dessen Mutter wie seine Agnes geheißen hatte. Ein junger Deutschlehrer, der ihr erster großer Schwarm gewesen war, hatte vor einigen Jahren bei ihrem Namen aufgehorcht, gelacht und gesagt: Du heißt wie eine Figur in Günter Grass’ »Blechtrommel«. Daraufhin kaufte sie sich das Buch und begann es zu lesen, um den jungen Mann zu beeindrucken, sie schaffte es aber nicht einmal annähernd bis zum Schluss. Da sie sich nur einen Mädchennamen überlegt hatte, fühlte sie sich überrumpelt, als die Hebamme fragte: »Wie soll denn der stramme Kerl heißen?«, und sie dabei mehrere Augenpaare gespannt anschauten. In ihrer Verlegenheit lief die Zwanzigjährige rot an und hatte nicht den Mut zu sagen, dass sie keinen Bubennamen parat hatte und noch Zeit zum Nachdenken brauchte.