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Riesenslalom
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eBook254 Seiten3 Stunden

Riesenslalom

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Über dieses E-Book

Romanze im Schnee um Liebe, Gefühle und Slalom: Kann man sein Glück in einem Preisausschreiben gewinnen? Gloria, Studentin aus Hamburg, ist misstrauisch. Doch ihr Hauptgewinn führt sie für eine Woche in ein Fünfsternehotel in die Alpen. Skikurs inklusive. Kaum angekommen trifft sie an einem Wasserfall den Mann ihres Lebens, der sich später als ihr persönlicher Skilehrer Markus vorstellt. Doch Markus ist ganz und gar nicht der, für den er sich ausgibt. Durch einen Zufall findet Gloria sein Geheimnis heraus.
-
- Gloria riss die Augen auf und starrte ihn an. Wie meinte er das? Und was sollte das? So einfach war das Leben nicht. Das Leben bestand doch aus dem, was man nicht bekam, was man nicht war, nicht haben konnte. Und nun saß da ein dunkelhaariger Schneekönig und schlug ihr vor, alle Bedenken, all die mühsam erworbenen Kompromisse mit der Realität einfach zu vergessen und in ein Märchen-Dasein abzutauchen?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum5. Dez. 2014
ISBN9783869922362
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    Buchvorschau

    Riesenslalom - Marina Kramper

    Marina Kramper

    Riesenslalom

    Für Gernot, der mir das Schreiben möglich macht,

    und für Uta, die mir beim Lesen geholfen hat.

    Marina Kramper

    Riesenslalom

    AtheneMedia

    Inhaltsverzeichnis

    Kapitel 1

    Preisausschreiben

    Kapitel 2

    Abflug

    Kapitel 3

    Ankunft im Hotel

    Kapitel 4

    Am Wasserfall

    Kapitel 5

    Treffen im Hotel

    Kapitel 6

    Hüttenabend

    Kapitel 7

    Lawinen

    Kapitel 8

    Skistunde

    Kapitel 9

    Zukunft

    Kapitel 10

    Slalomtraining

    Kapitel 11

    Heustadl und Russensauna

    Kapitel 12

    Ausritt

    Kapitel 13

    Trennungsstreit

    Kapitel 14

    Stripteasekegeln

    Kapitel 15

    Der Tag des Rennens

    Kapitel 16

    Advent

    Kapitel 17

    Weihnachten

    Kapitel 18

    Olympia

    Kapitel 1

    Preisausschreiben

    „Sie haben den ersten Preis in unserem Preisausschreiben gewonnen. Die Redaktion der ‚Exklusiv‘ sendet ‚Herzlichen Glückwunsch‘!"

    Gloria starrte skeptisch auf den Bildschirm ihres Computers.

    „Jeden Tag werde ich mit diesem Kram bombardiert. Soviel ‚Glück‘ kann man ja gar nicht haben. Die halten mich für total bescheuert! Souverän drückte sie auf die Löschtaste. „Obwohl – Gloria war heute in großzügiger Stimmung – „eigentlich könnte das Schicksal auch mal bei mir vorbeispazieren. Ich würde schon gerne mal etwas gewinnen!"

    Ihr Blick glitt durch das Zimmer. Unaufgeräumte Kleidungsstücke warteten auf Fürsorge und lagen verstreut auf dem großen Himmelbett, das den größten Teil ihres Zimmers in der Altbauwohnung einnahm. Das Prunkstück war als Weihnachtsgeschenk ihrer Eltern vor ein paar Jahren in ihren Besitz übergegangen. Es hörte, wie alle Produkte von Ikea, auf einen aberwitzig schwedischen Namen, Gloria nannte es wegen der Matratze aber nur noch „Sultans delight. Die schweren dunkelblauen Samtvorhänge hatte sie in einem Second Hand Laden gefunden. Sie verwandelten, wenn Gloria sie zuzog, „Sultans delight in ihre Traumkugel. Gloria vermutete, die blauen Verdunklungsstoffe seien einst Kinovorhänge gewesen. Sie hatten sicher schon Charlie Chaplin, Buster Keaton und vielleicht Ava Gardner auf der Leinwand gesehen und kannten sich deshalb mit Traumwelten gut aus.

    Der rote Bettüberwurf war an ein paar Stellen von der Sonne ausgeblichen, den müsste sie früher oder später mal ersetzen.

    Ein großer Schreibtisch, an dem sie einen großen Teil ihres Tages verbrachte, hatte mit all seinen wuchtigen Ausmaßen wahrscheinlich schon zwei Weltkriege überstanden. Gloria hatte ihn in einem alten Krankenhaus gefunden. Es schien, als hätte er dort auf sie gewartet. Das Krankenhaus wurde vor Jahren in eine Altenwohnanlage umgewandelt. Gloria war damals über den Zaun in den leer stehenden Bau geklettert, um zu fotografieren. Einsam und dekorativ prunkte der Tisch mitten in einem leeren Zimmer. Nur die Spuren an den Wänden rings herum zeugten von einem früheren Leben. Gloria hatte ihn für wenig Geld von der Krankenhausverwaltung kaufen können. Das war einfach, der Abtransport weniger. Er geriet zum Happening: Da niemand ein passendes Auto auftreiben konnte, hatte sie sich Umzugsbretter auf Rollen besorgt, die mit Montageband unter dem Schreibtisch geklebt wurden. Wie ein Schiff auf dem Trockenen schoben Gloria und ein paar Freunde das „Ding" quer durch die Straßen.

    Gloria erinnerte sich gut an das Bier, das danach geflossen war. Das Foto des einsamen Schreibtisches in dem leeren Chefarztzimmer hing seitdem in einem barocken Rahmen an Glorias taubenblau gestrichenen Wänden. Das Zimmer gehörte zu einer Zweieinhalb-Zimmer Wohnung im Hamburger Karolinenviertel, wo Gloria mit ihrer Freundin Louisa in chaotischer und trauter Zweisamkeit lebte.

    Der bleigraue Hamburger Himmel versprach nahende Regengüsse. Gloria zündete eine Kerze an, die in einem hohen Glas auf dem Schreibtisch stand und kaute versonnen an ihrem Bleistift. „Hat ‚Gewinnen‘ etwas mit Schicksal zu tun? Sie grübelte – war sich nicht sicher. „Woher kam das Glück überhaupt? Gibt es irgendwo eine Sphäre des Glücks, und man musste nur den Schlüssel dazu finden? „Genau genommen, dachte Gloria, „sind es drei Begriffe: Glück, Schicksal und Gewinnen. Und jetzt, Gloria wendete ihren Blick vom Bildschirm ab und sah aus dem Fenster, „stellt sich die Frage: Hängen die Drei zusammen oder haben sie ganz und gar nichts miteinander zu tun? Gloria wusste es nicht. „Ich glaube, niemand weiß das, murmelte sie vor sich hin. „Allerdings hat Novalis, der große Romantiker, irgendwo gesagt: 'Glück ist Talent für das Schicksal'.

    Als läge ihr Schicksal dort ausgebreitet, blickte sie hinunter auf die Straße. Tatsächlich lag dort nur eine Kreuzung. Sie mochte das Karolinenviertel. Benannt war es nach der Karolinen-Straße, die die Altbauhäuser vom Messegelände trennte. Im Süden schloss sich das Heiligengeistfeld an und in Richtung Westen wurde das Viertel durch den ehemaligen Schlachthof begrenzt. Schon vor Jahren waren in die alten Läden und Kneipen Szeneklamottenläden, Restaurants, Bioläden, Imbisse und ein Kiosk eingezogen. Gloria und Louisa kannten die meisten Menschen, die dort wohnten oder arbeiteten. Oder, die dort wohnten und gar nicht arbeiteten. Den türkischen Kioskbesitzer, der bis 2 Uhr nachts geöffnet hatte und die Kassiererin vom Supermarkt, die alle Kunden mit der gleichen Strenge behandelte. Und Jens, der DJ vom „Gegenüber, der einmal im Monat seine „Tage kriegte und in seinem Club so melancholische Mucke auflegte, dass man dazu nur Wodka bestellen und leise mitjammern konnte.

    Das Karoviertel lag zentral am Rande der eigentlichen City und war doch ein großes und ein bisschen dreckiges Dorf. Fünf Minuten mit dem Fahrrad zur Uni und zwei Minuten über das Heiligengeistfeld nach St. Pauli, mitten ins Nachtleben. Wenn der Hamburger Jahrmarkt, der Dom, aufgebaut war, schleppten Gloria und Louisa abends Currywurst oder gebrannte Mandeln in ihre Bude oder fotografierten sich gegenseitig kopfüber in der Achterbahn oder mit angstgeweiteten Augen in der Geisterbahn.

    Zwei U-Bahnlinien kreuzten sich hier, um sie mit dem Rest der Stadt zu verbinden. Nur am Samstag, da konnte man praktisch nicht vor die Tür treten. Auf der Straße wimmelte es von Touristen und anderen Kaufwilligen, aber die Läden mussten ja auch irgendwie existieren. Das konnte Gloria, da war sie ganz großzügig, verstehen.

    Eigentlich hatte sie sich gut eingerichtet mit ihrer Freundin, ihrer Wohnung, ihrem Viertel, ihrem Leben. Aber in letzter Zeit fühlte Gloria sich oft leer, unausgefüllt. Als fehle ihr etwas.

    Ihre Freundin Louisa hatte sie den Sommer über schmählich im Stich gelassen. Seit sie in der Mongolei auf einem Feldforschungsprojekt für ihre Abschlussarbeit an der Universität unterwegs war, ertappte sich Gloria von Zeit zu Zeit bei Selbstgesprächen. „Kein gutes Zeichen, du wirst langsam senil", sagte ihre Schwester, der sie dummerweise die neue Angewohnheit am Telefon gestand hatte.

    Gloria hatte sich fest vorgenommen, die „Louisa freie Zeit für die eigene Abschlussarbeit zu nutzen. Sie studierte Kunstgeschichte und ihre Examensarbeit schrieb sie zum Thema „Betende Hände, starke Schultern – Vom Kult des Körpers im Gebet. Stiftsfiguren im Naumburger Dom. Jeder, dem sie von ihrer Arbeit erzählte, schüttelte verständnislos den Kopf. „Was ist denn an denen so besonders, fragten die Gesprächspartner rat- und taktlos. „Ihre Lebendigkeit, erwiderte Gloria dann begeistert. Damit war das Gespräch dann in den meisten Fällen beendet. Nur Louisa verstand sie. Und sie verstand auch Glorias Faszination für das Mittelalter. Sogar Glorias Thema beeindruckte sie.

    Louisa kam wie Gloria aus dem Hamburger Westen. Der Westen bestand aus den Elbvororten. Die hießen so, weil sie sich, entlang der Elbe, westwärts Richtung Elbmündung zogen. Doch nicht nur die Elblage machte sie zu einer speziellen Spielwiese, sie lagen auch geografisch höher als der Rest der Hafenstadt. Die Endmoränen aus der letzten Eiszeit hatten sich hier ausgeruht und verpassten dem Hamburger Westen Hügel, Hänge und Schluchten. Die sahen immerhin aus, wie in einem mittleren Mittelgebirge und brachten so manchen Touristen zum Staunen und so manchen Radfahrer zum Schwitzen. Doch nicht nur die Landschaftsformation unterschied die Elbvororte vom Rest der Stadt. Auch die Bevölkerung war speziell. In den Elbvororten tummelten sich Einfamilienhäuser, die in der Sprache der Makler „Villen" genannt wurden. Und deren Bewohner unterschieden sich ebenfalls mächtig vom Rest der Stadtbewohner. Ob das nun gut oder schlecht war, hing vom Standpunkt des Betrachters ab.

    Die Nächte, die Gloria am Rechner verbringen musste, waren nicht das, was sie störte. Sie tat es sogar gern. Die Figuren am Naumburger Dom erschienen ihr oft lebendiger oder realer, als das Leben unten auf der Straße. War das, was in ihrem Viertel tagtäglich ablief, das wahre Leben? Und noch wichtiger: War das ihr wahres Leben? Bisher war es so gewesen. Lebendig, vielleicht ein bisschen inszeniert. In Szene gesetzt für Touristen und Kids aus den Vororten, die zum Einkaufen, Gucken und Piercen herkamen. Inszeniert wie die, von Gloria heiß geliebten Mittelaltermärkte, wo die Händler schöne und teure Dinge verkauften. Gloria grübelte, welche Art von Lebendigkeit denn wohl ihre Lebendigkeit wäre.

    Sicher, den größten Teil ihres Lebens war sie gut gelaunt, ein bisschen frech und, was ihre auffälligste Eigenschaft war, vollkommen versponnen. Sie war nicht eigentlich weltfremd, sie lebte nur auf einem eigenen Planeten. Und ein großer Kontinent auf ihrem Planeten war das Mittelalter. Nicht das Mittelalter aus den Vorlesungen mit Grabfeldforschung und Mangelernährung, sondern das romantische Mittelalter gespiegelt in der Fantasie einer Kunstgeschichtsstudentin mit langen, leicht gewellten braunen Haaren und blauen Augen. Die hellen Augen hatte Gloria von ihrer Mutter geerbt. Die war früher mal blond gewesen. Das war dann aber auch schon fast alles, was an ihre Mutter erinnerte. Gloria sah aus wie Gloria, und ihre Augen gaben ihrem Gesicht etwas Besonderes.

    Sie ging in die Küche, um sich eine Flasche Mineralwasser aus dem plastikverschweißten Sixpack, der neben dem Herd stand, zu pulen. Beim Bücken stieß sie sich die Hüfte an der Kante des Küchentisches. Jaulend massierte sie ihre Seite: „Überhaupt dieser Küchentisch!" Vor ihr stand ein hölzernes Unikum mit einer glänzenden Oberfläche. Der Küchentisch war überaus würdevoll. Unzählige Essenseinladungen und Trinkgelage hatte er überlebt und stammte ursprünglich aus der Erbschaft von Louisas Tante Hedwig. Die restliche Kücheneinrichtung setzte sich zusammen aus Stühlen, Schränken und Regalen von Antik über die Fifties bis in die Postmoderne. Goldgerahmte Schwarz-Weiß-Fotografien aus Glorias Kamera zierten die Wände. Auf ihnen sah man Landschaften, Porträts von Freunden und Szenen aus der Großstadt, wie sie eben in Großstädten zu finden sind.

    Über dem Herd hing ein Hirschgeweih. Louisas Onkel, der Gatte von Tante Hedwig, hatte den Vierzehn-Ender persönlich zur Strecke gebracht. Louisas und ihr gemeinsames Geschirr bestand aus einer Mischung aus dem goldgeflammtem Aussteuergeschirr ihrer Großmütter und dem nüchternen Charme von Ikeas unvergleichlichen Sonderangeboten.

    Gloria schlich mit ihrer eineinhalb Liter Flasche zurück in ihr Zimmer. Auf dem Bildschirm tauchte schon wieder eine Mail auf, die ihr einen Gewinn versprach. „Die Lifestyle und Sportredaktion der ‚Exklusiv‘ hat soeben die Preisträger des großen Wintersportpreisausschreibens ermittelt. Nur ein Teilnehmer konnte alle Fragen vollständig und richtig beantworten. Herzlichen Glückwunsch, das waren Sie! Wir werden Sie noch heute telefonisch benachrichtigen."

    Gloria betätigte ein weiteres Mal die Löschtaste und blickte wieder aus dem Fenster. Genau genommen starrte sie ins Leere. Nur ihre Gedanken tanzten Tango. „Eigentlich hab ich noch nie was gewonnen. Fehlt mir das Glück oder habe ich einfach nur Pech? Wenn ich es positiv sehe, könnte ich annehmen, das Schicksal hat mich für was anderes vorgesehen. Gibt es einen Masterplan, in dem jeder bekommt, was er verdient? Das wäre ein schöner Gedanke."

    Viele Kulturen kennen die Idee des Karmas. Gloria gefiel das. Das Karma ist so etwas wie die Wirkung der Ursache aller Taten, die man in früheren Leben und auch in diesem Erdendasein anhäuft. Und das Rad des Karmas konnte man nur stoppen, wenn man seine Fehler erkannte und sein Verhalten änderte.

    Man konnte sicher nicht alles, was einem passierte, auf Karma zurückführen, dachte Gloria. Karma, wie sie es verstand, konnte aufgelöst werden, aber es konnte auch passieren. Einfach so. Anders konnte sie sich Naturkatastrophen, Überschwemmungen, Kriege und Erdbeben nicht erklären.

    Sie riss sich von diesen Gedanken los, stemmte sich mit einem Ruck vom Schreibtisch hoch und wanderte, vor sich hin trällernd, zurück in die Küche, um sich Tee zu kochen. Das Handy schreckte sie auf. Tom, ihr Nachbar, hatte ihr kürzlich das „Star Wars Thema als Klingelzeichen aufgespielt und sie schaute sich noch jedes Mal verschreckt um, wenn jemand sie anrief. Genau genommen war sie noch gar nicht auf der Welt gewesen, als sich Luke Skywalker und Han Solo als Anführer der Rebellen mit der „Macht umgaben, aber schließlich war sie ja auch noch nicht geboren, als die Gebrüder Grimm Schneewittchen aus der Taufe hoben oder als Jane Austen ihre tugendhafte Heldin Elisabeth Bennet den arroganten Mister Darcy anschmachten ließ.

    „Hallo, mein Name ist Karin Meier, ich bin die Assistentin der Lifestyle Redaktion der Exklusiv. Ich wurde gebeten, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. „Hören sie, erwiderte Gloria, „wenn ich eine alte Frau wäre, hätte ich jetzt wahrscheinlich meinen dritten Herzinfarkt bei diesem Bombardement. Falls sie mir auf diese Art und Weise ein Abo verkaufen wollen, – Gloria hatte sich gerade Milch in ihren Tee geschüttet – „muss ich sie leider enttäuschen, ich bin nicht interessiert. Aber nehmen sie es nicht persönlich, ich habe gar nichts gegen das Magazin. Wenn ich beim Friseur oder Zahnarzt vorbeischaue, blätter´ ich es ganz gerne durch. Ich will nur nichts kaufen und nichts bezahlen, wenn sie verstehen. Fast konnte Gloria es hören, wie die Dame am anderen Ende ihre Augen verdrehte. „Wie sollte das nur werden, wenn wir alle Video-Telefone mit Blickkontakt haben? Trainieren wir uns bis dahin unsere Gefühlsausbrüche ab?"

    Während Gloria mit einer Hand den Hörer ans Ohr presste und mit der Anderen die Milch zurück in die Kühlschranktür quälte, blitzte ein Bild in ihrem Gedächtnis auf.

    Natürlich hatte sie an einem Preisausschreiben teilgenommen! Gloria sah sich am Schreibtisch sitzen und Bilder von ihrer Kamera auf den Rechner kopieren. Dabei war sie auf den Sportseiten der „Exklusiv hängen geblieben. Ein Skifahrer im hautengen Rennanzug hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Ohne Sinn und Sachverstand löste sie die Fragen mit der Sicherheit eines Zufallsgenerators. Warum sie dann tatsächlich auf „Senden gedrückt hatte, blieb das Geheimnis des Momentes.

    „Wir möchten ihnen wirklich kein Abo verkaufen. Sie haben in unserem Preisausschreiben ‚Geschichte des Skilaufens‘ den ersten Preis gewonnen. Wie sie ja vielleicht dem Text entnommen haben, wurde das Preisausschreiben gemeinsam von unserer Lifestyle- und Sportredaktion ausgeschrieben. Ein achttägiger Skiurlaub in einem Fünf-Sterne-Luxushotel inklusive Skibekleidung und einem vom Fremdenverkehrsverband gesponserten Skikurs sind in dem attraktiven Package inkludiert. Außerdem trainiert in dem Ort die deutsche Skinationalmannschaft. Es wird sie sicherlich freuen, dass sie Markus Landner persönlich kennen lernen werden."

    „Wer sagt mir denn, dass alles stimmt, was sie da sagen, und ich nicht bei der Radiosendung ‚Verarsche am Telefon‘ gelandet bin?"

    „Nun, so die pikiert klingende Stimme, „wir pflegen unsere Leser im Großen und Ganzen nicht zu verarschen, aber sie bekommen auf jeden Fall in den nächsten Tagen Post. Dort finden sie meine Angaben schriftlich bestätigt. Das sollte Ihre Bedenken zerstreuen. Sie haben doch an diesem Preisausschreiben teilgenommen?

    „Oh ja, ja, natürlich. Das hab ich und bitte, nichts für ungut, ich wollte nicht unhöflich klingen."

    Sie hatte tatsächlich bei einem Preisausschreiben gewonnen! Den ersten Preis sogar! Acht Tage Hochgebirgsaufenthalt erster Klasse mit Skikurs incl. Skibekleidung und einem Treffen mit Deutschlands Medaillenhoffnung Nummer Eins im Riesenslalom. „Do legst di nieder" entfuhr es ihr, während sie die Nummer wählte, um ihre Mutter anzurufen.

    Kapitel 2

    Abflug

    Die Reiseunterlagen kamen mit der Post. „Wie altmodisch", dachte sie, als sie den dicken DIN A4 Umschlag aus dem Postkasten ruckelte.

    „Im Lotto gewonnen? Tom aus der Wohnung nebenan schob gerade sein Mountainbike in den Hausflur, wo er es mit drei martialischen Schlössern an das Treppengeländer kettete. Tom und Gloria waren Nachbarn und Freunde. Ihre Freundschaft bestand aus gelegentlicher Hilfe sowie gemeinsamen „Weinproben, bei denen sie Tante Hedwigs Rotweinpokale klirren ließen. An besonders inspirierten Abenden spielten sie sich beim Bechern des Weines gegenseitig Szenen aus ihren Lieblingsfilmen vor. Für besondere schauspielerische Leistungen oder den Mut zur absoluten Blödheit gab es dann Extra-Punkte.

    Gloria liebte Filme. Wenn ein Film es in die Liga ihrer

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