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Ich & Schorsch
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eBook242 Seiten3 Stunden

Ich & Schorsch

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Über dieses E-Book

Der 33jährige Neusingle Thomas ist beziehungsgeschädigt und zynisch. Perfekte Voraussetzung für eine große Flirtkarriere im Internet, wo kapitale Dachschäden als liebenswerte Ecken und Kanten verkauft werden. Zwei Jahre lang ist Thomas in diversen Online-Flirtportalen aktiv. Er trifft auf Plateausohlen, Perlhühner, intellektuelle Supermuttis, Schw...mädchen, die Ex-Schwiegertochter eines deutschen Fußballidols und jede Menge verstrahlte Uschis...
SpracheDeutsch
Herausgeber110th
Erscheinungsdatum11. Dez. 2014
ISBN9783958654440
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    Buchvorschau

    Ich & Schorsch - Thomas Oberdobler

    werden.

    Kurzinhalt

    Der 33jährige Neusingle Thomas ist beziehungsgeschädigt und zynisch. Perfekte Voraussetzung für eine große Flirtkarriere im Internet, wo kapitale Dachschäden als liebenswerte Ecken und Kanten verkauft werden. Zwei Jahre lang ist Thomas in diversen Online-Flirtportalen aktiv. Er trifft auf Plateausohlen, Perlhühner, intellektuelle Supermuttis, Schw…mädchen, die Ex-Schwiegertochter eines deutschen Fußballidols und jede Menge verstrahlte Uschis...

    Inhaltsverzeichnis

    _Vorwort

    _Brad und Schorsch

    _Ein IQ namens Claudia

    _Mona aus der Gruft

    _Die Friendscout-Freakshow

    _Steffi und Locke

    _Hamsterbacke und Slang-Susi

    _Führer-Verkehr

    _Gastspiel in der Ukraine

    _Schwäbische Buletten

    _Salzburger Kipferl

    _Schwanzmädchen

    _Melanie und Victor

    Vorwort

    Etwa drei Millionen deutsche Männer suchen im Internet die Frau fürs Leben. Zur Not auch nur für eine Nacht. Einer dieser Männer war eine Zeit lang ich.

    Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich nach mehr als 13 Jahren in einer festen Beziehung mit Mitte 30 so etwas wie meine zweite Pubertät erlebt habe. Und zwar so, wie man sich das als Teenager schon beim ersten Mal wünschen würde: ohne Stimmbruch, ohne Pickel, ohne Eltern. Dafür mit eigenem Geld, eigener Bude, eigener Karre und einem Internet voller paarungswilliger Frauen, die Dinge schreiben, sagen und tun, von denen ich bis dahin glaubte, so was gebe es nur in Büchern. In richtigen Büchern …

    Es folgte das, was Pubertät ebenso ausmacht: amoklaufende Hormone, viele neue Entdeckungen oberhalb und unterhalb der Gürtellinie, dazu reichlich Gefühlschaos und irgendwann die Einsicht, dass man bedauerlicherweise dann doch kein Teenager mehr ist.

    Zwei Jahre lang war ich in diversen Internet-Flirtportalen aktiv und habe mich dabei quer durch Süddeutschland, Österreich und die Schweiz gedatet. In diesem Buch habe ich meine schrägsten (Sex-)Erlebnisse aus all dem Online-Dating-Wahnsinn aufgeschrieben. Die Namen der Personen sind selbstverständlich alle geändert, auch mein Name ist ein Pseudonym.

    An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei den Damen bedanken, die in diesem Buch vorkommen: Mädels, ihr habt mir zwei großartige Jahre bereitet! Es tut mir leid, wenn ich manchmal etwas arschig war. Aber es war nun mal eine schräge Zeit.

    Lieber Leser, ich hoffe, Sie haben bei der Lektüre genauso viel Spaß, wie ich ihn bei meinen Erlebnissen hatte.

    Herzlichst

    Thomas alias Schorsch Kluhni

    Brad und Schorsch

    Strapse. Noch nie stand ich drauf und dennoch finde ich sie in diesem Moment irgendwie geil. Was auch daran liegen könnte, dass ich die Strapsträgerin erst seit zwei Stunden kenne und sie mir jetzt schon die Zunge aus dem Hals saugt. Heftig. Schmerzhaft.

    Sie schmeckt nach Apfelschorle, Lippenstift, Make-up und Spucke. Wir sitzen in meinem Auto. Fahrersitz. Sie auf mir. Meine Hände sind unter ihrer Bluse. Ich schiebe ihren schwarzen Spitzen-BH nach oben und knete ihre kleinen festen Titten. Sie wirft den Kopf nach hinten und keucht. Ihr Minirock ist hochgeschoben, sie reibt sich heftig an meinem schmerzhaften Ständer. Ich schiebe meine Hand nach unten und versuche, sie zu fingern. Sie ist warm und feucht, windet sich, fängt an zu stöhnen. Als ich ihr meinen Mittelfinger reinschiebe, zuckt sie nach hinten und knallt gegen die Hupe. Wir lachen und sie sagt:

    „Ich wohne nicht weit von hier. Fahr mir einfach nach." Sie zieht ihre Bluse nach unten, steigt aus und geht zu ihrem Auto.

    Ich liebe Internet-Dates! Keine nächtelangen Streifzüge durch Bars und Clubs. Keine peinlichen Abfuhren, keine teuren Einladungen. Einfach anklicken, anschauen, anschreiben, ausführen, flachlegen. Unverbindlich, gefahrlos und so gut wie kostenlos. Genial!

    „Neutrale" Plattformen wie nachtagenten.de, lokalisten.de, werkenntwen.de oder clubstars.net sind für diesen Zweck perfekt: Die riechen nicht so verzweifelt nach Beziehung, Hochzeit und Familie wie die einschlägigen Singlebörsen. Denn während Frauen auf Singlebörsen ihre künftigen Exmänner nach knallharten Checklisten in Sachen Alter, Größe und Beruf selektieren, sind die Mädels auf den Freizeitseiten deutlich entspannter. Frei nach dem Motto: Solange ich den Richtigen nicht gefunden habe, kann ich ja noch ein wenig mit den Falschen rummachen.

    Ich bin einer von den Falschen: mit Mitte 30 eigentlich zu alt für Münchens kinderlose, ungeschiedene Single-Szene bis Ende 20. Mit 1,76 Metern zudem deutlich zu klein. Alleine schon die Größe sorgt dafür, dass ich bei den meisten Singlebörsen durchs Raster falle: Alle Männer unter 1,80 Metern und unter 70 Kilo können sich die Monatsgebühren bei Friendsscout und Co. getrost sparen. Sie sind dort mangels Größe und Masse nur schwer vermittelbar.

    Dass diese Messlatte auch für Til Schweiger, George Clooney oder Brad Pitt zu hoch angesetzt wäre, ist der versammelten Damenwelt vermutlich nicht bewusst.

    Dieser Vergleich hinkt in meinem Fall zugegebenermaßen ein wenig, denn auch sonst bin ich nicht gerade ein Traummann: Neben den oben genannten Hindernissen habe ich Geheimratsecken und Brille. Mein Job bei einer großen deutschen Versicherung ist gerade so gut bezahlt, dass das Konto am Monatsende eine schwarze Null anzeigt. Eine einigermaßen sportliche Figur und ein treffsicherer Geschmack in Sachen Mode machen zwar einiges wieder wett, ein athletisch gebauter Hüne oder ein sonnengebräunter Sugardaddy im Porsche werde ich dadurch allerdings trotzdem nicht.

    Beides gibt es in München in Hülle und Fülle, so dass für den halbwegs gutaussehenden, durchschnittlich verdienenden Durchschnittsmann wie mich eben auch nur die halbwegs gut aussehende, durchschnittlich begabte Durchschnittsfrau übrig bleibt. Was an sich ja durchaus in Ordnung geht, wenn man auf Durchschnitt steht.

    Dummerweise bin ich eines dieser oberflächlichen männlichen Auslaufmodelle, die sich bei der Auswahl potenzieller Partnerinnen primär an primären Geschlechtsmerkmalen orientieren. Erst wenn diese meinen nicht geringen Ansprüchen genügen, mache ich mir die Mühe, so schnell wie möglich zu den inneren Werten vorzudringen. Horizontal versteht sich.

    Wenn zur umwerfenden Hülle dann noch eine gute Portion Sympathie gepaart mit einem Schuss Humor kommt, ist es im Handumdrehen um mich geschehen. Leider nur dann. Wenn schon die Verpackung keine Lust auf mehr macht, interessieren mich innere Werte nicht die Bohne.

    Diese Einstellung wäre an sich überhaupt kein Problem. Wenn ich Fußball-, Tennis- oder Golfprofi wäre. Bin ich aber nicht. Leider. Und so gab es bis zur Erfindung des Internet für Männer wie mich in München nur ein einziges Mal im Jahr eine Veranstaltung, in der man ohne jegliche sportliche oder finanzielle Begabung erfolgreich in der optischen Liga eines FC-Bayern-Profis wildern konnte: das Oktoberfest!

    Ein völlig unscheinbarer Kollege mit einer nicht zu übersehenden Ähnlichkeit mit Harry Potter erzählte mir nach durchzechter Wiesn-Nacht einmal mit geilem Funkeln im Blick:

    „Da kriegst du Frauen, an die kommst du sonst nie ran!"

    Warum Harry Potter mich offenbar optisch in seiner Liga sieht, sei an dieser Stelle dahingestellt. Ich ging nicht weiter auf seine Aussage ein, da mir diese Erfahrung ohnehin verwehrt bleiben wird: Ich hasse Bier, ich hasse Schlager, ich hasse Preußen in Lederhosen und mache allein schon aus dem Grund jedes Jahr einen großen Bogen um das Oktoberfest. Dass ich mit dieser Einstellung Münchens einziger Mann im zeugungsfähigen Alter bin, der zur Wiesn ungevögelt bleibt, wurmt mich allerdings schon ein wenig.

    Bei all den Oktoberfestgeschichten war ich aber ohnehin nur Zaungast, denn ich lebte zu der Zeit in einer festen Beziehung und war so treu wie ein Deutscher Schäferhund. Ich führte ein unglaublich spießiges Leben. Pärchenabende in gediegenen Restaurants waren der regelmäßige Höhepunkt meiner Wochenenden. Die wilden Nächte auf dem Oktoberfest kannte ich nur vom Hörensagen. Die Münchner Clubszene nur von einem kurzen Blick auf die Warteschlangen vor den Clubs, wenn ich mit meiner Freundin auf dem Heimweg von einem Innenstadtrestaurant war.

    Sehnsüchtig blickte ich dann auf die Hotpants der Szenegängerinnen, die vor dem 8 Seasons, dem Crown´s Club oder dem Pascha Schlange standen. Ich stellte mir vor, wie sich die Bunnys in den Clubs zu rhythmischen Beats an der Stange räkeln, mir mit lasziven Bewegungen vielsagende Blicke zuwerfen, bevor sie zu mir an die Bar kommen, sich an mich schmiegen, von mir einladen, begrapschen und flachlegen lassen. Wie einfach, wie schön, wie aufregend das Leben doch sein könnte, wenn man nicht liiert wäre.

    Stattdessen ging´s ab nach Hause ins traute Heim. Die samstagnachmittägliche Routinenummer längst hinter mir, Frühstück, Abwasch, Sonntagsausflug vor mir. Alles aber auch irgendwie schön. Nur halt genau dann nicht, wenn man an der Frischfleischtheke vorm Pascha vorbeifährt und sich untenrum die sexuelle Unterversorgung schmerzhaft bemerkbar macht.

    Wenn dein Schwanz anfängt zu denken, dann ist das Hauptproblem nicht etwa, dass dein Schwanz gar nicht denken kann. Genau genommen ist das sogar völlig egal. Das Hauptproblem ist vielmehr, dass Dein Schwanz sehr genau weiß, was er will und dies viel klarer, einfacher und eindrucksvoller kommunizieren kann als das Hirn: Wenn er andere Uschis ficken will, schickt er einfach Tittenbilder an die Augen. Und zwar so lange, bis dein Hirn kapituliert und dein Schwanz erfolgreich einen einfachen Wunsch da oben platziert hat: `Wär ich doch nur Single, dann würden mir all diese blutjungen willigen Sexsklavinnen jederzeit nach Belieben und bis zur totalen Erschöpfung zur Verfügung stehen …´

    Das dumme an Wünschen ist: Manchmal gehen sie in Erfüllung. In meinem Fall keine vier Wochen später. Durch einen blöden Zufall in Kombination mit einem blöden Versprecher und einem noch blöderen Geständnis erfährt meine Freundin, dass ich im Jahr zuvor auf eine andere ziemlich scharf war. Genauer gesagt hätte ich mich praktisch jederzeit und zu jeder sich bietenden Gelegenheit von eben dieser anderen flachlegen lassen. Wie gesagt – „hätte".

    Die andere fand mich nur leider nicht halb so geil wie ich sie. Ich habe also wirklich und wahrhaftig keinen Millimeter fremde Haut berührt und dennoch kippt in diesem Moment meine Beziehung komplett hinten runter.

    Es folgt der übliche Scheiß: Tränen, Vorwürfe, stundenlange Diskussionen, Nächte auf der Couch und schließlich die Sinnfrage, die zumindest meinerseits mit der Aussicht auf ausschweifende Sexgelage im Münchner Nachtleben mit „Nein" beantwortet wird.

    Nach mehr als 13 Jahren in einer festen Beziehung bin ich wieder Single. Und so stopfe ich 14 Plastiktüten und 17 Kleiderbügel in mein Auto und ziehe aus der 100 Quadratmeter Dachwohnung im Münchner Norden in ein 30 Quadratmeter großes Kellerappartement am Tegernsee: Eine ehemalige Vermieterin von mir hatte dort gerade ein Ferienappartement frei. Ich staune nicht schlecht, als ich die Bude zum ersten Mal betrete: dunkel, feucht, winziges Bad, aber eine waschechte Hollywoodschaukel mitten im Zimmer.

    Ich bin 33 und in Sachen Frauen völlig unerfahren: Als ich das letzte Mal auf dem Markt war, da lebte ich in Niederbayern, trug lange Locken und Indianerarmband. Handys hatten nur Börsenmakler und Internet war nur was für mozzarellafarbene Stubenhocker.

    Dreizehn Jahre später trage ich Anzüge und Maßhemden, dazu Designerbrille und Geheimratsecken. Und im Internet bekommt man jetzt Frauen.

    Leider hat meine neue Wohnung kein Internet.

    Das führt dazu, dass ich meine privaten Surf-Sessions im Büro von den bislang üblichen drei bis vier Stunden pro Tag auf fünf bis sechs Stunden erweitern muss. Was nicht weiter tragisch ist, da ich in meinem Job ohnehin hauptsächlich damit beschäftigt bin so zu tun, als ob ich beschäftigt wäre.

    Nun habe ich wenigstens etwas Sinnvolles zu tun: Zum Beispiel rausfinden, wie man so schnell wie möglich an die geilen Uschis aus dem Münchner Nachtleben kommt. Und zwar nicht erst tief in der Nacht an den folgenden Wochenenden, sondern am besten direkt hier und jetzt – per Download im Büro.

    Also tippe ich auf blöd einfach mal die drei erstbesten Clubs in google ein, die mir zu München einfallen: P1, Pascha, 8 Seasons. In den Suchergebnissen ganz weit oben erscheint nachtagenten.de.

    Das Ding erweist sich als Volltreffer: eine Event- und Partyplattform mit Registrierungen für Gästelisten und Ticketverkauf, auf der außerdem geflirtet wird wie verrückt. Dazu jede Menge wirklich heiße Partyfotos zum Münchner Nachtleben und eine Datenbank voller feierwütiger Partypeople, die die Bilder durchstöbern, kommentieren und sich auf das kommende Wochenende einstimmen.

    Den vollen Blick auf wilde Partys und heiße Bunnys gibt´s freilich nur mit eigenem Profil. Ich überlege nicht lange und klicke auf „anmelden".

    „Herr Meier" ist mein erster Profilname bei nachtagenten.de. Mein Foto ein wenig unscharf, die hohe Stirn angeschnitten, die Falten durch das Dämmerlicht des Urlaubsschnappschusses schmeichelnd abgesoftet. Zu erkennen bin ich praktisch nicht, was mir nur recht ist, da mir das Ganze ja schon irgendwie ein wenig peinlich ist.

    Dann trage ich noch zwei oder drei Belanglosigkeiten bei meinen Hobbys ein und schalte meinen Beziehungsstatus auf „Single". Für Mädels genügt das völlig, um bei den nachtagenten.de sehr schnell sehr viel Post zu bekommen.

    Bei mir sieht die Sache leider völlig anders aus: Zwar sorgt mein Amok-Geklicke durch die anwesende Damenwelt für einige süffisant-amüsierte „Hallo Herr Meier, wie geht es Ihnen …? Als potenzieller Samenspender komme ich bei der Anfang bis Mitte 20-jährigen Zielgruppe auf nachtagenten.de aber offensichtlich nicht in Frage, da der „Herr im Namen dann doch etwas zu sehr nach „Papi" klingt. Und so werden meine debil-albern-notgeil-verzweifelten Antworten auf die wenigen `Hallos…´ ausnahmslos ignoriert.

    Ein Blick auf die Konkurrenz hilft leider auch nicht wirklich weiter: Namen wie „Kuschelbär_77, „Einsamer_3, „Ironman_1982 oder auch „Porsche-911-Fahrer mögen zwar einen Funken Wahrheit oder zumindest eine gute Portion Wunschdenken ausdrücken. Dass sie den Flachlegfaktor des Namensträgers bei der versammelten Damenwelt jedoch auch nur marginal zu erhöhen in der Lage sind, bezweifle ich ernsthaft.

    Die Lösung erscheint noch am selben Abend im Fernsehen: Sie stapft Seite an Seite mit dem guten alten Brad Pitt über irgendeinen roten Teppich, grinst von einem Ohr zum anderen und winkt fröhlich in die Menge. Ein wenig kleiner, ein wenig runder, ein wenig eleganter, ein wenig grauer, ein wenig schlauer als Pitt: George Clooney! Cooler Typ, 1,78 groß, Anzug, offenes Hemd, höchst erfolgreich bei Models.

    Wie ich halt. Nur ohne Models und aus Bayern. „SchorschKluhni" finde ich als Profilnamen zunächst zwar etwas anmaßend, mit einem Schuss Größenwahn und einem Spritzer Selbstironie dann aber doch auch wieder irgendwie vertretbar. Sag ich jetzt mal so.

    Nun musste nur noch ein gutes Foto her. Nachdem ich in der Zwischenzeit einige junge Kolleginnen auf diversen Profilen und Partybildern erkannt hatte, wurde mir ein echtes Bild zu heiß. Außerdem hatte mir mein `Herr Meier´ eindrucksvoll bewiesen, dass man mit Stirnglatze und Falten bei den nachtagenten gar nichts flachlegen wird. Und vermutlich auch sonst nirgends.

    Ein Fake-Foto ist immer eine Gratwanderung: Ist das Foto zu offensichtlich zu gut, ist man auf den ersten Blick als Fälscher zu erkennen. Wer nicht schon vor dem Start disqualifiziert werden will, braucht etwas Unverdächtiges. So etwas wie einen vermeintlichen Schnappschuss, der mehr oder minder zufällig entstanden zu sein scheint. Der Lust auf mehr macht, ohne zu viel zu verraten. Aber vor allem: einen Kerl, der optisch in einer Liga spielt wie man selbst. Der zur Not und im Dämmerlicht gerade noch so durchgehen könnte, wenngleich die Dame immer wieder mit etwas verwirrtem Blick versuchen wird, Erinnerung und Realität in Einklang zu bringen.

    Nach zwei Stunden Bildrecherche auf google finde ich einen Typ, der nur im Profil zu sehen ist. Zwar gutaussehend, aber relativ Normalo. Dunkle Haare, schlank. Vorsichtshalber schicke ich das Bild noch meiner guten Freundin Isabel zur Freigabe. Sie meint nur:

    „Ja, kommt ungefähr hin …"

    Damit erteilt sie mir den virtuellen Jagdschein, denn von nun an kann ich anonym und ohne Rücksicht auf Verluste drauflos flirten.

    Das Beste an meinem virtuellen Alter Ego: Der Kerl steht mit Pfanne in der Hand in einer Küche. Was eigentlich echt frech ist, denn kochen kann ich null. Als Gesprächsaufhänger sollte sich das Motiv aber als unbezahlbar erweisen: Praktisch jede zweite Auftaktmail dreht sich mehr oder minder um die Frage, was ich denn da Leckeres koche.

    Ich schenke den Mädels immer sofort reinen Wein ein, fixe sie zugleich aber auch ein wenig mehr an:

    „Ehrlich gesagt – ich kann gar nicht kochen! Auf dem Foto habe ich nur Lichtmodel gespielt, bevor die wirklich schönen Menschen randurften: Ich arbeite als Marketingberater und bei dem Shooting hab ich dem Fotograf geholfen, die richtige Einstellung zu finden."

    Eine Lüge gebeichtet, zwei Schlüsselreize gesetzt: Die Kombination aus „Marketing und „Berater zieht fast immer. Zumindest aber ist sie ein guter Aufhänger für die weitere Mailerei in Richtung innerer Werte. Dazu kommt, dass ich zwar bei einem stinklangweiligen Versicherungskonzern arbeite, dem Klischee des Werbers nach außen aber dennoch ganz gut entspreche: teure Klamotten, dicke Uhr, Designerbrille, Sportwagen, schicke Wohnung. Selbst mein Kontostand passt zur Branche: stabil unter null.

    Die folgenden Wochen sind die spannendste Zeit, die ich im Büro je hatte: vier bis sechs Stunden täglich online. Hunderte hübscher Frauen, die nur darauf warten, von mir erobert zu werden. Ich, der Hecht im Nachtagententeich. Der Kluhni aus Bayern! Gentleman und Modeljäger. Wer kann dazu schon nein sagen?

    Viele können. Erschreckend viele. Ich bin aber auch aus der Übung, Herrgott nochmal…

    Nach einer Woche fange ich an mich zu fragen, auf welches Niveau mein Marktwert in den letzten 13 Jahren wohl gesunken ist? Etwa auf die Dicke mit der Brille? Oder auf die gepiercte Alte mit den auftoupierten Haaren, die faltig von ihrem Profilbild grinst? Vermutlich alles nur noch eine Frage der Zeit. Ein Zitat von meinem Bio-Lehrer fällt mir ein: „Je länger das Manöver, desto schöner die Putzfrau…" Mit 16 fand ich das irre komisch.

    Jetzt nicht mehr.

    Ein IQ namens Claudia

    Die Erlösung kommt nach knapp zwei Wochen und heißt Claudia.

    „Was kochst du denn Gutes?"

    Ist Claudias erste Nachricht an mich.

    Ich fühle mich heftig geschmeichelt, denn dass ich aktiv angesprochen werde, passiert mir im realen Leben echt selten. Erst recht nicht von Frauen, die ich auch nur im entferntesten als Sexualpartner in Betracht ziehen würden. Geschweige denn für alle anderen Aktivitäten, die einen Funken Tageslicht erfordern. Dass die Nachricht durch ein falsches Bild von mir ausgelöst wurde, ist mir in dem Moment völlig egal. Ich finde Claudia toll.

    Claudia ist eigentlich überhaupt nicht mein Typ: rotblonde Haare, grüne Augen, bleiche Haut, herbes Gesicht, Sommersprossen, kreativer Klamottenstil.

    Fairerweise muss ich dazu sagen, dass ich eigentlich auch so gar nicht in das Beuteschema von Claudia passe: Sie steht

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