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Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall: auf Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen Sprachraum
Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall: auf Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen Sprachraum
Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall: auf Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen Sprachraum
eBook231 Seiten2 Stunden

Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall: auf Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen Sprachraum

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Über dieses E-Book

Vor dem Hintergrund der Kolonialgeschichte hat sich Dancehall als eigenständiges musikalisches Genre mit charakteristischen Sprachformen entwickelt. Die hier vorgefundenen Kreolsprachen und deren Besonderheiten erhalten als Forschungsgegenstand verstärkte Aufmerksamkeit. Die Arbeit bietet neben einem umfassenden Einblick in die historische und soziale Entwicklung dieses weltweit populären Musikstils auch eine vertiefte Analyse der Themenkomplexe in den Texten und deren linguistische Besonderheiten anhand ausgewählter Songbeispiele.
SpracheDeutsch
HerausgeberHirnkost
Erscheinungsdatum1. Feb. 2014
ISBN9783943774764
Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall: auf Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen Sprachraum

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    Buchvorschau

    Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall - Sabine Kirchleitner

    Wissenschaftliche E-Book-Reihe, Band 11

    Originalausgabe

    © 2012 Archiv der Jugendkulturen Verlag KG, Berlin und bei den AutorInnen

    Alle Rechte vorbehalten

    Herausgeber:

    Archiv der Jugendkulturen e.V.

    Fidicinstraße 3, D – 10965 Berlin

    Tel.: 030 / 694 29 34; Fax: 030 / 691 30 16

    E-Mail: archiv@jugendkulturen.de

    Ansprechpartner für die Wissenschaftliche Reihe: Klaus Farin; klaus.farin@jugendkulturen.de

    Vertrieb: www.jugendkulturen.de

    Lektorat: Gabriele Vogel

    ISBN (epub) 978-3-943774-76-4

    ISBN (pdf) 978-3-943774-75-7

    Die Wissenschaftliche Reihe im Archiv der Jugendkulturen

    Alljährlich entstehen an Universitäten und Fachhochschulen Hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten, die zumeist nur von zwei Gutachtern gelesen werden und dann unbeachtet in den Asservatenkammern der Hochschulen verschwinden. Dabei enthalten viele dieser Arbeiten durchaus neues Wissen, interessante Denkmodelle, genaue Feldstudien. Das Archiv der Jugendkulturen, Fachbibliothek und Forschungsinstitut zugleich zu allen Fragen rund um Jugendkulturen, hat deshalb damit begonnen, wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Jugend zu sammeln und öffentlich zugänglich zu machen. Mehr als 500 solcher Arbeiten enthält die Präsenzbibliothek des Archivs inzwischen – für jedermann kostenlos und frei zugänglich.

    In der Wissenschaftlichen Reihe publiziert das Archiv der Jugendkulturen seit 2007 zudem qualitativ herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu jugendkulturellen Zusammenhängen. Die Arbeiten werden von fachkundigen GutachterInnen gelesen und vor der Veröffentlichung professionell lektoriert. Da pro Jahr von 20 - 25 eingereichten Arbeiten nur zwei veröffentlicht werden, kann bereits die Aufnahme in den Verlagskatalog als Auszeichnung verstanden werden. Doch für die AutorInnen lohnt sich die Veröffentlichung auch materiell. Die Archiv der Jugendkulturen Verlag KG verlangt von ihren AutorInnen keinerlei Kostenbeteiligungen! Im Gegenteil: AutorInnen, deren Arbeiten wir in unserer Wissenschaftlichen Reihe veröffentlichen, erhalten bereits für die Erstauflage ein Garantiehonorar von 2.000 Euro!

    Seit 2011 wird diese Reihe durch eine elektronische Schwester ergänzt. Denn immer wieder mussten wir hervorragende Manuskripte ablehnen, da ein kleiner Verlag wie der unsrige sich nicht mehr als zwei wissenschaftliche Titel mit den gesetzten Qualitätsstandards (großformatige Hardcover, alle Bände sind reichlich illustriert, oft in Farbe) und dem bewusst sehr niedrig angesetzten Ladenpreis (um möglichst viele Menschen zu erreichen) leisten kann. Die E-Book-Reihe soll dieses Manko nun ausgleichen. Was für die Printreihe gilt, gilt auch für unsere E-Books: Sie werden ebenfalls unter der Fülle eingereichter Arbeiten sorgfältig ausgewählt und lektoriert, die AutorInnen erhalten ein kleines Garantiehonorar und werden am Umsatz beteiligt.

    Das Archiv der Jugendkulturen e.V.

    Das Berliner Archiv der Jugendkulturen e. V. existiert seit 1998 und sammelt – als einzige Einrichtung dieser Art in Europa – authentische Zeugnisse aus den Jugendkulturen selbst (Fanzines, Flyer, Musik etc.), aber auch wissenschaftliche Arbeiten, Medienberichte etc., und stellt diese der Öffentlichkeit in seiner Bibliothek kostenfrei zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt das Archiv der Jugendkulturen eine umfangreiche Jugendforschung, berät Kommunen, Institutionen, Vereine etc., bietet jährlich bundesweit rund 80 Schulprojekttage und Fortbildungen für Erwachsene an und publiziert eine eigene Zeitschrift – das Journal der Jugendkulturen – sowie eine Buchreihe mit ca. sechs Titeln jährlich. Das Archiv der Jugendkulturen e. V. hat derzeit 230 Mitglieder weltweit (darunter viele Institutionen). Die Mehrzahl der Archiv-MitarbeiterInnen arbeitet ehrenamtlich.

    Schon mit einem Jahresbeitrag von 48 Euro können Sie die gemeinnützige Arbeit des Archiv der Jugendkulturen unterstützen, Teil eines kreativen Netzwerkes werden und sich zugleich eine umfassende Bibliothek zum Thema Jugendkulturen aufbauen. Denn als Vereinsmitglied erhalten Sie für Ihren Beitrag zwei Bücher Ihrer Wahl aus unserer Jahresproduktion kostenlos zugesandt.

    Weitere Infos unter www.jugendkulturen.de

    Diplomarbeit

    Untersuchungen zum Sprachgebrauch

    im Dancehall auf

    Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen

    Sprachraum

    02.06.2009

    Erstgutachter: Prof. Dr. Guido Mensching

    Zweitgutachter: Prof. Dr. Peter Stein

    Inhaltliche Betreuung: Prof. Dr. Peter Stein

    INHALT

    1 EINLEITUNG

    2 BEGRIFFSKLÄRUNG

    2.1 DANCEHALL ALS MUSIKALISCHES GENRE

    2.2 KREOLSPRACHEN

    3 MUSIKALISCHE ANALYSE

    3.1 ENTSTEHUNG: URSPRÜNGE IN DER KARIBIK

    3.1.1 Afrikanische Wurzeln und Kolonialherrschaft

    3.1.2 Musikalische Entwicklung nach Abschaffung der Sklaverei

    3.2 VERBREITUNG UND ENTWICKLUNG DES DANCEHALL

    3.2.1 Vorstufe: Reggae auf Guadeloupe und Martinique

    3.2.2 Entwicklung und Etablierung des Dancehall

    3.3 VERGLEICH DER AKTUELLEN REPRÄSENTATION: JAMAIKA – GUADELOUPE UND MARTINIQUE

    3.3.1 Stilistischer Vergleich

    3.3.2 Thematischer und inhaltlicher Vergleich

    3.3.2.1 Dancehall-interne Charakteristika

    3.3.2.2 Soziale Themen

    3.3.2.3 Rude Bwoys und Gun Talk

    3.3.2.4 Slackness

    4 SPRACHLICHE ANALYSE

    4.1 DANCEHALL ALS GATTUNG DER ORALLITERATUR

    4.1.1 Formula

    4.1.2 Stilmittel

    4.1.3 Selbstinszenierung

    4.2 SPRACHLICHE INNOVATIONEN UND VERÄNDERUNGEN

    4.2.1 Probleme der schriftlichen Fixierung

    4.2.2 Phonologie

    4.2.3 Lexik

    4.2.4 Semantik

    4.2.5 Morphosyntax

    4.3 MEHRSPRACHIGER TEXTCHARAKTER

    4.3.1 Annäherung Französisch und Kreol

    4.3.2 Trilinguale Ebene: Code-Switching und Code-Mixing

    5 SCHLUSSBEMERKUNG

    QUELLENVERZEICHNIS

    BIBLIOGRAPHIE

    ELEKTRONISCHE QUELLEN

    VIDEOGRAPHIE

    INTERVIEWVERZEICHNIS

    DISKOGRAPHIE

    ANHANG

    GLOSSAR

    SONGTEXTE

    1 Einleitung

    Dancehall ist als in Jamaika entstandenes Musikgenre heute international bekannt und zeigt deutliche Präsenz in den Medien nahezu aller Kontinente, einerseits durch die jamaikanischen InterpretInnen, andererseits durch mittlerweile zahlreiche ImitatorInnen des Musikstils in verschiedenen Ländern. Dancehall bildete sich als Ausdrucksform der urbanen jamaikanischen Kultur, es handelt sich hierbei um ein komplex aufgebautes Genre, das sich vieler verschiedener, nur ihm eigener Verhaltensmuster und sprachlicher Eigenheiten bedient. Das hat, aufgrund mangelnder Kenntnis der Entstehungshintergründe, oftmals eine starke Divergenz zwischen der Aufnahme der Werte und Themen des Dancehall im Ausland und der eigentlich intendierten Aussage zur Folge. Die DancehallinterpretInnen erregen oft Aufsehen aufgrund ihrer Texte, die allein auf gewaltverherrlichende, sexistische oder in anderer Weise diskriminierende Aussagen reduziert wurden. Ohne diese durchaus auch existierende Dimension der Songs bestreiten zu wollen, kann dennoch behauptet werden, dass ein tieferer Einblick in die Hintergründe dieser thematischen Aufarbeitung der Lebenserfahrung der GhettobewohnerInnen mit einigen dieser Vorurteile aufräumen kann.

    Die häufig als „Poor People’s Music charakterisierte Musik bedient sich zu ihrer Entstehungszeit der damals noch verpönten Sprache der schwarzen Unterschicht der jamaikanischen Ghettos: des Kreolischen. Noch heute wird der Großteil der jamaikanischen Dancehalltexte in dieser Sprache vorgetragen, englische Dancehallsongs sind weiterhin eine Seltenheit. Das Verwenden des Kreolischen spielt eine zentrale Rolle für die Bewahrung des kulturellen Erbes der ehemaligen SklavInnen, unter anderem, da in ihm Elemente der afrikanischen Sprachen fortbestehen können. Das Kreolische im Dancehall wird als „Zentrum linguistischer Kreativität¹ beschrieben, zahlreiche Neukreationen und sprachliche Innovationen werden in Chester Francis-Jacksons Official Dancehall Dictionary des Jahres 1995 analysiert. Der Dancehall ist ein Genre, das sich ihm eigener, spezieller sprachlicher Mechanismen und Modifikationen bedient; hierbei handelt es sich um eine große Anzahl eigener Wortkreationen sowie phonologischer und semantischer Veränderungen des ursprünglichen kreolischen Vokabulars. Werke wie dieses Wörterbuch spielen eine erhebliche Rolle für weiterführende Forschung, da sie diese Besonderheiten betonen und außerdem illustrieren, wie deutlich sich diese Modifikationen von der sprachlichen Entwicklung anderer kreolischer Texte abgrenzen.

    Heute ist Dancehall nicht nur in Jamaika ein fest etablierter Musikstil, er konnte sich in den unterschiedlichsten Regionen der Welt ausbreiten, vor allem die Einflussnahme auf die Musikszene anderer Inseln der Karibik ist sehr groß. Im Umfang dieser Arbeit soll eines dieser Nachbargebiete, das einige deutliche Parallelen in der historischen und kulturellen Entwicklung aufweist, im Sinne der Etablierung und sprachlichen Verfestigung dieses Musikstils untersucht werden: Es handelt sich um die beiden französischen Antillen-Inseln Guadeloupe und Martinique. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird von der Entwicklung der französischen Antillen die Rede sein; hierbei ist zu beachten, dass diese Formulierung rein auf Guadeloupe und Martinique bezogen ist, die Inseln Saint-Barthélemy und Saint-Martin, die auch zu den französischen Antillen zählen, werden außer Acht gelassen.

    Im Vorfeld sind einige inhaltliche Aspekte der Themenwahl relevant. Der gewählte Titel der Arbeit Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Dancehall auf Martinique, Guadeloupe und im frankokreolophonen Sprachraum muss im Folgenden eine geringe Abänderung erfahren. Im Zuge der Textrecherche stellte sich die Befürchtung, es gäbe bei der Beschränkung auf zwei kreolsprachige Inseln nicht genügend Textmaterial zur Analyse, das heißt im Internet niedergeschriebene Songtexte der DancehallinterpretInnen, als grundlos heraus. Es erfolgt somit im Umfang dieser Arbeit keine Analyse des Dancehall in anderen frankokreolophonen Gebieten, da sich eine Beschränkung auf die französischen Antillen aufgrund der auffindbaren Sekundärliteratur und der geographischen Nähe zu Jamaika am sinnvollsten erwies. Die im Titel programmatisch festgeschriebene linguistische Untersuchung zum Sprachgebrauch des Kreolischen im Dancehall kommt des Weiteren nicht ohne eine vorhergehende Analyse und Darstellung der musikgeschichtlichen Entstehung des Genres aus. Diese Arbeit kann darum keine rein linguistische Analyse sein, da der historische und inhaltliche Hintergrund für das Verständnis der Texte von zentraler Bedeutung ist.

    Im Umfang dieser Arbeit soll das Genre Dancehall mit seiner sprachlichen Verfestigung in Guadeloupe und Martinique im Zentrum der Analyse stehen, der dortige Musikstil bedient sich sprachlich des französisch-basierten Kreol. Die Entstehung und Entwicklung des jamaikanischen Dancehall sowie seine sprachlichen Besonderheiten dienen dem Vergleich. Die Situation der französischen Antillen und die Jamaikas zeigt, was die soziale, musikalische und sprachliche Dimension betrifft, deutliche Parallelen. Dies wird in der gemeinsamen geschichtlichen Vergangenheit der Kolonialherrschaft und der daraus resultierenden sozialen und sprachlichen Hierarchie deutlich, die lange Zeit eine gesellschaftliche Zweiteilung zwischen französischsprachigen ehemaligen KolonialherrInnen und kreolischsprachigen ehemaligen SklavInnen hervorruft. Außerdem ist die musikgeschichtliche Situation der Dichotomie zwischen europäischen und afrikanischen Musikstilen, die sich mit der Zeit immer mehr vereinen, von Relevanz. Darüber hinaus kann durch die geographische Nähe von einer deutlich größeren Beeinflussung innerhalb des musikalischen Genres ausgegangen werden als beispielsweise bei einem Vergleich des Dancehall in Jamaika und in Europa.

    Das Forschungsziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu beantworten, ob die linguistische Kreativität, die in einigen Wörterbüchern und sprachwissenschaftlichen Textanalysen ihren Ausdruck fand, und die enorme Beeinflussung, die die Musik auf die Sprache des jamaikanischen Dancehall hat, gleichermaßen oder in vergleichbarer Weise im Dancehall der französischen Antillen auffindbar ist. Gibt es dort ähnliche linguistische Veränderungen, die Abweichungen von den sprachlichen Strukturen der französischen Kreolsprachen darstellen und die nur den kreolischen Dancehalltexten eigen sind? Falls dies der Fall ist, sind diese Phänomene inspiriert von den jamaikanischen Modifikationen oder handelt es sich um unabhängige Prozesse? Wie lassen sie sich begründen?

    Um eine Antwort auf diese Fragen geben zu können, ist zunächst eine umfassende Erläuterung der Hintergründe des Genres Dancehall nötig. Es handelt sich hierbei um einen Musikstil, der geprägt ist von einer spezifischen Symbolik, was die Sprache, die verkörperten Werte und die Art der Performance betrifft. Das erschwert Außenstehenden den Zugang zu den Songtexten und führt häufig zu Fehlinterpretationen. Die spezifischen Charakteristika können nur durch einen tiefen Einblick in die Geschichte des Dancehall deutlich werden, der nach einer kurzen Einführung in die Begriffe des Genres allgemein und der Kreolsprachen erfolgen soll. Da im Umfeld der Untersuchung nur einzelne Textauszüge zitiert werden können, sind der Vollständigkeit halber im Anhang alle behandelten Songtexte in gesamter Länge vorhanden, viele von ihnen, soweit im Internet vorhanden, auch mit einer französischen Übersetzung. Für eine Einheitlichkeit in der Orthographie der Musiktexte oder die Korrektheit der Übersetzungen kann hier nicht garantiert werden.

    Die Arbeit gliedert sich in fünf Teile. Der erste Hauptteil dieser Analyse befasst sich mit der musikgeschichtlichen Entwicklung. Zunächst sollen die für den Dancehall nötigen Vorbedingungen dargestellt werden. Hierbei liegt der Fokus auf den afrikanischen Wurzeln sowie der Bedeutung der Kolonialgeschichte Jamaikas und der französischen Antillen für die Entwicklung der Musik. Darauf aufbauend erfolgt eine Darstellung der Entwicklung verschiedener Musikstile in chronologischer Abfolge und ihrer Rolle für die Entstehung des Dancehall, wobei unter anderem Musikstile wie der Mento, der Ska und afrikanische Trommelmusiken wie der Burru eine zentrale Rolle spielen. Hierbei sind die sozialen Hintergründe von Relevanz, da es sich beim Dancehall um ein Musikgenre der Unterschicht handelt, das es erst in einem langen Prozess zu annähernder gesellschaftlicher Akzeptanz brachte. Des Weiteren geht mit der geschichtlichen Entwicklung eine fortschreitende Illustrierung der Eigenschaften des Dancehall einher, welche mit einer Beschreibung der aktuellen Verfestigung des Musikstils in Jamaika abgeschlossen wird. Für die Analyse dieser Position steht ein umfangreicher Korpus wissenschaftlicher Arbeiten zur Verfügung, die sich mit den lokalen Musiktraditionen und der geschichtlichen Entwicklung der Karibik befassen.

    Im nächsten Abschnitt der musikgeschichtlichen Analyse stehen die Verbreitung des Dancehall und seine Festsetzung auf den französischen Antillen im Mittelpunkt. Welche Faktoren spielen für die Übernahme und dortige Entwicklung des Musikstils eine Rolle? Hierbei sind die gesellschaftlichen Strukturen von elementarer Bedeutung. Warum kann sich die Jugend und vor allem die schwarze Bevölkerung der Unterschichten der französischen Antillen mit dem jamaikanischen Dancehall, der über die Vorstufe des Reggae diese Inseln erreicht, identifizieren? Welche Vorbedingungen sind hierfür nötig? In diesem Kontext ist nun zu untersuchen, wie der Prozess der Etablierung des Musikstils in Guadeloupe und Martinique vonstattengeht. Ein Aspekt, der diese Analyse wesentlich erschwert, ist der erhebliche Mangel an Forschungsmaterial. Während es eine Fülle linguistischer, sozialer und geschichtlicher Analysen zum Dancehall in Jamaika gibt, existieren zu dessen Verbreitung auf den französischen Antillen kaum Dokumente. Im Wesentlichen stütze ich mich daher auf die gesellschaftliche Dancehallanalyse Jamaikas und Martiniques von Mylenn Zobda-Zebina und eine 2008 in Guadeloupe produzierte Dokumentation der Geschichte des Dancehall der französischen Antillen.² Eine Differenzierung zwischen den Bewegungen in Guadeloupe und in Martinique kann folglich nicht vollzogen werden, im Umfang dieser Arbeit muss hier eine einheitliche Bewegung angenommen werden. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich innerhalb der Entwicklungen aufgrund der geographischen Nähe und der sehr ähnlichen politischen und gesellschaftlichen Situation Guadeloupes und Martiniques nur geringfügige Abweichungen ergeben haben.

    Nach der Veranschaulichung der Entwicklung und Etablierung des Genres gehe ich im Folgenden zum Vergleich Jamaikas mit den französischen Antillen über. An dieser Stelle ist sowohl eine musikalisch-ästhetische als auch eine inhaltliche Dimension relevant. Zunächst soll die Frage geklärt werden, ob sich der Dancehall Guadeloupes und Martiniques stilistisch von seinem Vorbild entfernt hat oder ob von einem einheitlichen Genre gesprochen werden kann, sowie anschließend, ob sich die behandelten Themen entsprechen. Trotz der ähnlichen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen gibt es hier dennoch zentrale Unterschiede, die dazu führen könnten, dass die AntillianerInnen andere Inhalte in ihren Songs behandeln. So könnte beispielsweise die Tatsache, dass Jamaika

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