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Pflaumenmus, Badestube und die Partei
Pflaumenmus, Badestube und die Partei
Pflaumenmus, Badestube und die Partei
eBook151 Seiten2 Stunden

Pflaumenmus, Badestube und die Partei

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Über dieses E-Book

Eine kleine Gemeinde in Ostdeutschland, in der neu gegründeten DDR, mitten im Herzen Sachsen-Anhalts, ist Schauplatz des Geschehens dieser heiter besinnlichen Dorfgeschichte.
Die beginnenden 50er Jahre lassen Erinnerungen an eine Zeit wach werden, die so ganz anders war. Obwohl die Menschen hart arbeiteten und mit mancherlei politischen und gesellschaftlichen Veränderungen zurechtkommen mussten, versuchten sie füreinander da zu sein, denn die kleine Welt in der sie lebten, war ihre Welt.
Es werden komische und nachdenkliche Begebenheiten über kauzige, manchmal schrullige Dörfler erzählt, die ein Bauerndorf aus mancherlei Perspektiven zeigen.

„Pflaumenmus, Badestube und die Partei“ ist eine Dorfgeschichte, die von einer Generation zu erzählen weiß, der Härte und Unbill nicht fremd war, und die sich doch immer wieder aufgerappelt hat.
Der Reigen aus ineinander verwobenen Episoden wurde bewusst in der für diese ländliche Region Ostmitteldeutschlands damals typischen Mundart geschrieben.

Kurzweil für alle, die gerne in Erinnerungen an vergangene Zeiten schwelgen, und für jene, die schon immer mal einen unterhaltsamen Einblick in den dörflichen Alltag der ostdeutschen Nachkriegszeit gewinnen wollten.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum1. Aug. 2013
ISBN9783959260510
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    Buchvorschau

    Pflaumenmus, Badestube und die Partei - Maggy Sehl

    Maggy Sehl

    Pflaumenmus, Badestube und die Partei

    - eine anhaltische Dorfgeschichte –

    Impressum:

    Pflaumenmus, Badestube und die Partei

    - eine anhaltische Dorfgeschichte -

    von Maggy Sehl

    Copyright © 2015 Maggy Sehl

    Alle Rechte vorbehalten

    Autorin: Maggy Sehl

    Kontakt: info@maggysehl.de

    Lektorat: Mario Niemann, Potsdam

    Umschlaggestaltung: Die BildNomaden GbR, Potsdam

    Titelbild: Die BildNomaden GbR, Potsdam

    E-Book-ISBN: 978-3-95926-051-0

    Verlag GD Publishing Ltd. & Co KG, Berlin

    E-Book-Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Besuchen Sie Maggy Sehl im Internet unter:

    www.maggysehl.de

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne schriftliche Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung in jeder Form.

    Inhalt

    Von Fliegen und Schmetterlingen

    Frauengeschwätz und Pflaumenmus

    „... uns ist ein Kind geboren..."

    Verflucht schönes Weib

    „... und der Herr sprach ... es werde Licht..."

    Das Glück dieser Erde...

    Schlachtefest

    „...in meiner Badewanne bin ich Kapitän..."

    Volksfeste und wie man sie feiert

    „Einen erwischt es immer..."

    „...Schlaf, Kindlein schlaf..."

    Von Katzen und Frauen

    Des einen Leid, des andern Freud

    Kurze Geschichtsepisode

    …vom Erwachsenwerden…

    Veränderungen

    Ein kleiner Knall um Ziegel

    Das Vehikel, das fährt wirklich

    Von Fliegen und Schmetterlingen

    Juni 1950

    Über einer von Hahnenfuß, Wicken, und Gänseblümchen bestückten Wiese fliegt ein Schmetterling. Es ist ein Zitronenfalter.

    Lichtes Gelb zeichnet seine Flügel an diesem lauen Sommertag.

    Durch die Hitze des Mittags schaukelt er hinauf und hinunter, dreht seine Pirouetten. Ein koketter Geselle dieser Falter.

    Die Schwüle ist geschwängert von einer Landluft, die nach Regen riecht, ganz schwer, schwer wie ein Sack voll Korn, oben unter dem Dach. So ist die Luft, so riecht sie und so schmeckt sie auch. Der kleine Tagvogel kreiselt scheinbar ziellos umher, dreht sich in einem Takte, dem nur er folgen kann. Seine zarten Flügelchen flattern unentwegt. Aber vielleicht tanzt er ja gar nicht, jener Zitronenfalter, sondern kämpft gegen das Bleierne, Drückende der Luft. Der Staub liegt schwer auf seinen Flügeln. Und wir Menschen, die wir glauben, er schwebe, wir amüsieren uns über seine Leichtigkeit.

    Schmetterlinge fliegen noch über Schlachtfelder hinweg, wenn längst der Tod die Menschen gerichtet hat.

    Oh sieh an, da ist ja einer, ein Mensch. Er sieht nicht aus wie ein Schmetterling, wie er so auf seinem verrosteten Fahrrad sitzt und strampelt und schwitzt. Aber er, der Mensch, und dieser kleine Zitronenfalter haben etwas gemeinsam. Sie verbindet der Kampf gegen die unerträgliche Schwüle des Tages.

    Der Mensch, ein Mann, fährt auf seinem Zweirad. Zuerst, als ginge es um sein Leben, doch dann ermattet er langsam, und verliert etwas an Fahrt.

    Zu seiner Ehre sei gesagt, eine der Pedalen ist so locker wie der Zahn einer Sechsjährigen. In immer kleiner werdenden Abständen wischt sich der Mann auf dem Rad mit einem kleinen, speckigen Tuch seine Stirn.

    Sein Hut, er trägt trotz der Hitze oder gerade deshalb einen Hut aus Filz, ist ihm auf den Hinterkopf gerutscht und gibt nun einen tiefen Abdruck auf seiner Stirn frei. Die geöffnete Jacke wird vom Fahrtwind nach hinten gedrückt. Der Atem des Mannes geht schwer und schnell zugleich. Sein Gesicht verfärbt sich vor Anstrengung ins Rötliche. Er sieht aus wie ein Ballon oder ein Frosch, so sehr plustern sich seine Wangen.

    Ihm fällt sie gar nicht auf, die Landschaft, die kargen Felder, die ausgedörrt von der Sonne sind. Den spärlichen Wald aus Kiefern und ein paar wenigen Laubbäumen, den sieht er gar nicht.

    Das Fahrrad hält. Was hat er vor? Er entledigt sich seiner Jacke und schnallt sie auf den wackligen Gepäckträger. Wurde auch Zeit, ich hab mich schon gefragt, wie er bei den Temperaturen ein Sakko über einer Weste und einem Hemd tragen kann. Seiner Weste fehlt ein Knopf. Ein Zustand, den er nicht als erwähnenswert ansieht, seit seine Frau mit einem anderen auf und davon ist. Seiner jüngeren Schwester, die sich um ihn kümmert, fehlt eben jegliches Gespür für die Notwendigkeit, einen Knopf anzunähen. Mit seiner krempenreichen Kopfbedeckung wedelt er sich Luft zu, um sein erhitztes Gemüt zu kühlen.

    Der Weg bis zum Dorf scheint sich heute ins Endlose zu ziehen, denkt er.

    Den ganzen Weg ist er nur gestrampelt, hat geflucht und getreten, jetzt wird er denken. Nachdenken, nimmt er sich vor.

    Und während er so nachdenkt und weiter in die Pedalen tritt, fängt er plötzlich an zu lachen, fast ein wenig hysterisch. Kein Wunder bei den Temperaturen.

    Sitzt ein Mensch auf seinem Fahrrad und lacht lauthals.

    Der kleine Zitronenfalter, ich habe ihn nicht vergessen, der noch immer schaukelt und gaukelt, lacht ebenso, lässt sich anstecken, aber das hört keiner.

    Da huscht eine Biene haarscharf an dem Mann vorbei. Huch, denkt sie, Glück gehabt. Doch eine kleine Fliege landet auf seiner Zunge, wird mit dem bisschen an Speichel im Munde des Mannes ausgespuckt. Sein Lachen erstirbt.

    „Scheiß auf alle Fliegen dieser Welt, verscherzen einem das Lachen. Vernebelt die Hitze meinen Geist?", er fragt sich das und radelt, strampelt erschöpft, aber nimmermüde.

    Da, die ersten Häuser am Horizont, rote Dächer, endlich. Der Fahrradfahrer holt noch einmal tief Luft, setzt zum Endspurt an.

    Den linken Arm ausgestreckt, er ist in Irrsinnigkeiten ein sehr korrekter Mensch, biegt er vom Feldweg ein auf die löchrige Straße, die zum Dorf führt. Er holpert über zwei Löcher, die er in seiner Schläfrigkeit nicht wahrgenommen hat. Nach guten dreihundert Metern steigt er von seinem treuen Gefährt, gönnt ihm und sich ein wenig Ruhe und schiebt die letzten Meter ins Dorf hinein. Der Schmetterling sitzt weit ab von der kleinen Ortschaft auf einer Blume, taucht seinen Rüssel in die Blüte und trinkt den süßen Nektar, ruht aus und genießt es, einfach nur ein Zitronenfalter zu sein.

    Die Straßen des Dorfes sind leer, die leicht erhöhten Fußwege ohne einen Menschen. Ein Hund bellt auf einem der Gehöfte. Dann lässt er sich wieder dösig vor seine Hütte auf die Erde fallen und schläft weiter. Nicht einmal die alte Mischken, die sonst immer auf ihrem Tritt sitzt und die Straße beobachtet, ist zu sehen. Der Mann schiebt sein Rad weiter durch das ausgestorben wirkende Nest, durch den tiefen Schlaf, in den es versunken scheint. Der Mann, nennen wir ihn Lehrer, denn das ist er, grübelt über Dornröschen nach, über die hundert Jahre schlafende Einsamkeit, scheintot und darüber, wie er den Kindern in der Schule das Märchen erzählte. Dann steigt er noch einmal auf seinen treuen Freund, fährt siegessicher um eine Kurve und über die Zielgerade. Er hält vor der Kneipe am Ende der Straße, stellt sein Fahrrad an der Hauswand ab, nimmt die Jacke vom Gepäckträger, öffnet die Tür der kleinen Schankwirtschaft und riecht den Duft frisch gezapften Bieres.

    Die Kneipe ist ein düsterer Raum. Schlichte Tische, befleckte Decken. Die Stühle hart und bereits von Holzwürmern bewohnt. Aber sie halten noch den Gewichtigsten. Der Mann blinzelt. Er muss sich erst an das dunkle Licht der Wirtschaft gewöhnen.

    Am ersten Tisch sitzt ein alter Mann, der Vater vom Tischler, isst eine Suppe und trinkt ein Bier. Dort in der Ecke, am Stammtisch, sieht er sie dann versammelt. Drei Männer des Dorfes. Den Schulzen, den Schmidt und den Walter, alle, deren Familien schon seit Anbeginn jedweder Zeit hier wohnen und somit auch ein Teil der kleinen Welt sind. Sie sitzen da seit zwei Stunden wohl und trinken ein Bier und dann noch eines und noch eines, schweigen sich an. Doch jetzt, jetzt blicken sie auf den Neuankömmling. Der bestellt beim feisten, mächtig wirkenden Wirt einen Korn.

    Der Kneipenwirt, ein Mann ohne Gedanken, gießt dem Lehrer den billigen Schnaps in ein Glas. Der Lehrer setzt an und trinkt den Fusel in einem Zug hinunter. Die Kehle fängt Feuer, ein Zustand, der ihm, dem nicht so ganzen Kerl, einen Hustenanfall abnötigt. Er stellt sein Glas zurück auf die Theke, verlangt ein Bier mit Schaumkrone so hoch wie der Sandkietenberg, den die Kinder im Winter hinunter rodeln. Die Schaumkrone ist so klein wie ein Maulwurfshügel. Mit dem Glas in der Hand geht der Lehrer zum Stammtisch, klopft mit seiner rechten Faust auf die Tischplatte und setzt sich zu den anderen.

    Da sitzt der Schulze mit den feinen Äderchen im Gesicht, der knolligen Nase und dem grauen Haarkranz, mit seinen 52 Jahren. Er schaut auf den dahinschmelzenden Schaum seines Bierglases.

    Schmidt sitzt da, schnieft und gähnt, als ginge ihn alles und nichts etwas an.

    Dann ist da auch noch der Walter, dessen blaue Mütze auf dem Kopf festgewachsen scheint, zuckt ganz leicht mit seinem Auge, ein Überbleibsel aus dem Krieg. Sie sitzen da, einfach so, festgeklebt auf ihren Holzstühlen.

    „Und, Herr Lehrer, was haben die von da oben denn nu mit unserem Herrn Bürgermeister jemacht? Wissen Se was Jenaues? Sind doch hoffentlich nicht umsonst den weiten Wech in die Kreisstadt und wieder zurück?", der Walter zuckt und zuckt so stark vor Aufregung beim Sprechen, dass einen das Hinsehen nervöser macht als ein Gang zum Zahnarzt.

    Der Herr Lehrer nimmt erst einmal seinen Hut vom Kopf, legt ihn auf seine Knie, mit denen er leicht auf und ab wippt. Er kraust seine Stirn, scheint nachzudenken, das Erlebte in seinem Kopf Revue passieren zu lassen.

    „Unser Bürgermeister, mein Vetter, sitzt in Untersuchungshaft. Ich habe mit Helma gesprochen, der Frau eines Freundes. Sie ist Sekretärin beim Kunolt von der Stadt..."

    Der Lehrer schnieft, sicherlich nur Pollenstaub.

    „Die Helma hat mir gesagt, man zweifle an der politisch korrekten Einstellung meines Vetters. Bestechlichkeit und Unterschlagung werden ihm vorgeworfen. Ein anonymes Schreiben, dem nachgegangen worden ist, hätte dies bestätigt. Mehr weiß sie auch nicht."

    Ein Schluck aus dem Glas, der Maulwurfshügel ist bereits verschwunden, kleiner Maulwurf war das. Dann wieder Schweigen. Schweigen, nichts sagen, vielleicht auch nichts denken, das können die Männer gut, die an diesem Tisch sitzen. Einfach nur da hocken und gelegentlich einen Schluck aus dem Krug, bloß nicht zu heftig, wegen der Hitze und dem Kopf, wenn man nachher wieder auf die Straße muss.

    „Der Ziejel von der Partei, die mischt sich auch überall mit ein, wird morjen hier auftauchen, wenn es um so was jeht, ja. Er will die vom Jemeinderat zusammenrufen. Habe ein Telefonat erhalten. Dann wird über den neuen Bürjermeister geredet. Soll halt schnell ein andrer einjesetzt werden. Wisst ihr, ich möchte zu jern wissen, wer das Schwein war, der das nach oben jereicht hat...", der Schulze kratzt nachdenklich seinen grauen Haarschopf und bestellt noch eine Runde Bier.

    Bier, so lautet seine Philosophie, ist das anregendste Elixier, um die kleinen grauen Gehirnzellen ein wenig aufzurütteln, das hilft beim Nachdenken und in der Liebe. Augen zu und durch.

    „Das wirst du nie erfahrn", meint der Walter zuckender Weise, schüttelt resigniert den Kopf. Der Schmidt, der die ganze Zeit schweigend dasaß, eine Pose, die ihm durchaus steht, hebt zu reden an. Die Stimme ein wenig krächzend, fast wie bei einem Vogel.

    „Un, was würdet ihr denn machen, wenn ihr erfahrn würdet, wer´s war? Euch in die Brennnesseln setzen, das würdet ihr. Wollt ihr den, der das jemacht hat, verprüjeln oder teeren und federn, hä? Nur weil der das vielleicht für seine Pflicht jehalten hat. Musst dich schließlich mit veränderten Zeiten arrangiern."

    Der Mann mit dem Rad und dem Bier ohne Sandkietenberg schaut ihn durchdringend an.

    „Du redest, Schmidt, als müsstest du dich selber verteidigen?"

    Die Augen vom Lehrer werden schmal. Der Schmidt aber, der

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