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Rache aus zweiter Hand
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eBook308 Seiten3 Stunden

Rache aus zweiter Hand

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Über dieses E-Book

Eine Frau wird vergewaltigt, sie und ihr ungeborenes Kind ermordet. Ihr Ehemann verletzt.
Die Polizei kennt die Täter, kann ihrer aber nicht habhaft werden, da diese sich ins Ausland abgesetzt haben. Die Polizei ist machtlos. Völlig verzweifelt sinnt der Mann auf Rache.
Eine Organisation tritt an ihn heran, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Straftäter zu verfolgen, die durch die Justiz nicht belangt werden können, oder wo ein ausreichendes Strafmaß gesetzlich nicht möglich ist.
Ziel der Organisation ist es Menschen zu helfen, die begangenes Unrecht nicht auf sich beruhen lassen wollen.
Der Mann sagt zu!

Die Handlung des Buches, sowie alle Personen, deren Taten und Äußerungen sind frei erfunden. Dieses Buch hat auch nicht die Absicht bestimmte Personen oder Personengruppen zu diskriminieren, sondern will aufzeigen, wozu Menschen fähig sein könnten, wenn ihnen furchtbares Leid angetan wird.
Das Rechtsystem in der demokratischen Welt lässt der Selbstjustiz keinen Raum und das ist auch gut so.
Aber es sollte alle Möglichkeiten der Strafverfolgung ausnutzen, nicht nur um Verbrecher zu bestrafen, sondern auch um die Menschen vor ihnen zu schützen.
Denn was wäre wenn…
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum18. Mai 2022
ISBN9783347598195
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    Buchvorschau

    Rache aus zweiter Hand - Peter Schlifka

    Autobahn A 24 Berlin-Hamburg

    Auf der Autobahn fuhren im Sekundentakt die großen Laster vorbei in Richtung Norden.

    Die Reifen erzeugten ein zischendes Geräusch auf dem Asphalt und gelegentlich war ein ungeduldiges Hupen zu hören, wenn ein Fahrzeug einem anderen nicht schnell genug an dieser Kolonne vorbeifuhr.

    Alle hatten es eilig an diesen ersten warmen Frühlingstagen. Der Himmel ringsherum war blau. Nur am Horizont zeigten sich vereinzelte Federwolken.

    Die Landschaft, die von der Autobahn wie mit einem Messer durchschnitten war, lag flach und mit erstem Grün bedeckt vor den fahrenden Autos.

    Die drei Männer, die unter der Autobahnbrücke lagerten hatten keinen Blick dafür übrig. Weder für die Landschaft, noch für die vorbei rasenden Fahrzeuge. Ein Stück von ihnen entfernt, auf dem Randstreifen standen zwei Autos. Ein 5 er BMW und ein VW GTI. Beim BMW war die Motorhaube hochgeklappt. Die Männer sahen irgendwie uniformiert aus, mit ihren schwarzen, wie gegeelt wirkenden Haaren und den kurz gehaltenen Vollbärten. Auch ihre Bekleidung, Lederjacke und weißes Shirt trugen zu diesem Eindruck bei.

    „Scheißidee das. Es ist saukalt und außerdem stinklangweilig." Der etwa zwanzigjährige Mann stand auf und schlang die Arme um seinen dürr wirkenden Körper.

    Sein schmales Gesicht verzog sich verärgert. Seine fettigen schwarzen Haare lagen wie angeklatscht auf seinen Kopf und der schmale Schnurrbart unter seiner, vermutlich bereits mehrfach gebrochenen Nase, sah aus wie angeklebt.

    „Halt endlich die Klappe Ali, hier trink einen Schluck dann wird dir warm."

    Der große, stämmige, trug eine randlose Brille. Er erhob sich halb aus seiner liegenden Stellung und trank nahm erst selbst einen großen Schluck aus der Wodkaflasche ehe er sie weiterreichte. Der Dürre wehrte ab.

    „Du hast keinen Respekt vor Allahs Geboten. In der Hölle wirst du schmoren. Genau wie Mahmoud. Der isst sogar Schwein." Der Dürre schüttelte sich vor Abscheu.

    „Und warum bist du dann mit uns zusammen?" lachte der Stämmige.

    „Ihr seid meine Freunde, seid Familie. Ich werde euch schon auf den Pfad Allahs zurückbringen. Das ist dann eine gute Tat, sagt der Mullah."

    Der Stämmige lachte schallend.

    „Aber in einem hast du Recht, es ist stinklangweilig. Wir wollten doch auf unserer Fahrt ein paar Weiber aufreißen. Wie weit wollen wir denn noch fahren?", wandte er sich an den dritten Mann.

    „Genau, warf der Dürre ein. „Außerdem wollten wir unterwegs unsere Kasse aufbessern. Außerdem wenn wir hier noch lange halten, haben uns die Bullen am Arsch.

    Mit den letzten Worten wandte er sich an den Dritten. Dieser schnippte seine Zigarettenkippe in Richtung Autobahn und stand langsam auf.

    Er war deutlich kleiner als die beiden anderen und hatte mit seinen schwarzen Haaren und der stämmigen Gestalt eine entfernte Ähnlichkeit mit dem ersten Mann. Nur war er offensichtlich etliche Jahre älter.

    „Die Bullen können uns mal. Wir haben eine Panne. Na und? Außerdem haben wir einen Migrationshintergrund, wie das jetzt so schön heißt. Das gibt Pluspunkte." Er grinste hinterhältig.

    „Die Deutschen wissen gar nicht, wie blöd sie sind. Du musst Ausländer sein, oder schwul, behindert, am besten alles zusammen. Dann lebt man hier auf Staatskosten. Aber eigentlich sind wir ja Deutsche, wir sind hier geboren. Nicht einmal richtig türkisch reden können wir."

    „Mir hat mal jemand gesagt, eine Ratte die in einem Pferdestall geboren wurde, ist nicht automatisch ein Pferd, sagte Amir kopfschüttelnd. „Dem habe ich es aber gegeben. Acht Wochen lag er im Krankenhaus. Die Narben vom meinem Messer hat er heute noch. Von wegen Ratte. Leider wollte der Richter von Notwehr nichts wissen…immerhin kam ich mit 20 Stunden sozialer Arbeit davon. Da bin ich aber nicht oft hingegangen."

    „Dafür kann deine Großmutter kein Deutsch, obwohl sie schon mehr als vierzig Jahren hier lebt, warf der Stämmige lachend ein. „Und wenn du es genau wissen willst, wir sind Türken und werden es immer bleiben, mit oder ohne deutschen Pass.

    Die beiden anderen nickten beifällig.

    Amir war trotzdem nicht zufrieden.

    „Was wollen wir nun hier?"

    „Halts Maul Amir, entgegnete Mahmoud unwirsch. Ihr wisst genau, dass wir uns in der näheren Umgebung nichts mehr leisten können. Deshalb doch unsere Ausfahrt. Weg von Berlin, weg von Neukölln. Wieder mal andere Luft schnuppern. Da wo uns keiner kennt. In zwei Stunden wird es dunkel. Bis dahin sind wir in Hamburg. Wir knacken den einen oder anderen Kiosk, schnappen uns das Bargeld, Schnaps und Zigaretten und, mal sehen, vielleicht finden wir das eine oder andere Püppchen. Er grinste und entblößte dabei eine Reihe Zähne denen der mittlere obere Schneidezahn fehlte.

    „He, was soll das denn wieder?" Seine Worte galten Ali.

    „Du kannst es einfach nicht lassen, Ali?"

    Dieser stand mit einer Sprayflasche in der Hand am Brückenpfeiler und sprayte mit grüner Farbe - Allah il Allah - an die Mauer.

    „Ich verewige mich nun einmal gerne kicherte er und beendete den letzten Buchstaben mit kühnem Schwung. „Außerdem kann man das den Ungläubigen nicht oft genug sagen.

    „Du hättest die Koranschule besuchen und Vorbeter werden sollen", herrschte der Ältere seinen Kumpan an.

    „Los jetzt, wir fahren."

    Sein befehlsgewohntes Auftreten verriet, dass er der Anführer der Bande war.

    Dem entsprechend folgenden ihm die beiden anderen zwar murrend, aber gehorsam.

    „Ich fahre jetzt!" Amir stellte sich herausfordernd vor dem BMW.

    „Hast Du das gehört, Ali?" Der Anführer wandte sich an den anderen. Dieser rückte wortlos an seiner Brille herum, fiel aber pflichtschuldigst in dessen lautes Lachen ein.

    Dann wandte sich der Wortführer an den Stämmigen.

    „Du spinnst wohl! Hab ich jemals jemanden mit meiner Karre fahren lassen? Außerdem bist Du sowieso die Fleppen los. Steig jetzt bei Ali ein, Amir, und mach keine Zicken."

    „Aber Du bist mein Cousin. Bitte Mahmoud, nur eine Weile!"

    „Nenn mich nicht immer Mahmoud, für dich bin ich der Boss, genau wie für die anderen. Ob Cousin oder nicht." Der Boss warf die Motorhaube runter, setzte sich in den BMW und startete den Motor.

    „Nun macht schon. Amir du fährst mit Ali. Nächste Ausfahrt für uns ist Hamburg. Wie besprochen Ausfahrt Hamburg- Stillhorn. Das sind nur noch knapp zweihundert Kilometer. Man sieht sich Leute"

    Mit durchdrehenden Reifen und ohne sich um das Hupen der Autofahrer zu kümmern, schwang der Boss seinen schweren Wagen in den Sicherheitsabstand zwischen zwei Fahrzeuge, wechselte auf die Überholspur und raste davon.

    „Den holen wir nie wieder ein." Amir sah seinem Cousin trübsinnig hinterher.

    „Was sollen wir eigentlich in Hamburg? Hat er Dir was Genaueres erzählt?"

    „Der Boss schweigt sich gerne aus Ali öffnete die Fahrertür seinen Volkswagen. „Frag nicht so viel, er weiß schon was er will. Und Du weißt, er wartet nicht gerne. Also komm.

    Er stieg ein, wartete bis der Jüngere auf dem Beifahrersitz angeschnallt war und nutze eine Lücke im Verkehr um auf die Autobahn zu kommen.

    *

    Hamburg

    Die Stadt kam langsam zur Ruhe. Es war zwar noch hell, aber bereits kühl genug um die letzten Spaziergänger aus dem Stadtpark zu vertreiben. Zuerst verschwanden die jungen Frauen mit ihren Kinderwagen und selbst die hartnäckigsten Sonnenanbeter gaben langsam auf.

    Nur hier und da führte noch jemand seinen Hund über die weit verschlungenen Parkwege.

    Restaurant Parkaue stand auf dem Schild über den Eingang, der mitten im Park gelegenen Gaststätte. Wobei das Attribut Gaststätte für dieses Etablissement reichlich übertrieben war.

    Es handelte sich eher um einen größeren Kiosk mit Biergarten, beides sah schon reichlich heruntergekommen aus.

    Die Holzhütte hätte schon lange einen neuen Anstrich gebraucht. Die Glasscheibe des Kastens, in dem eigentlich eine Speisekarte hängen sollte, war zerschlage und etliche der Laternen im Biergarten waren längst zur Zielscheibe Zerstörungswütiger geworden.

    Auch die Tische und Klappstühle im Biergarten sahen aus, als wenn sie schon seit Jahrzehnten ihren Dienst taten.

    Alles das schien den untersetzten, kräftig wirkenden Mann mit nicht zu stören. Hingebungsvoll scheuerte er mit einem, nicht mehr sehr sauberen Lappen die Tische im Biergarten, von denen nur noch zwei besetzt waren. Aber das war an einen Donnerstagabend nicht anders zu erwarten. Ab Morgen und übers Wochenende würde das schon anders aussehen, sofern das gute Wetter anhielt.

    „He, Paule! Bring uns noch zwei Helle und für mich einen Kurzen und für Helga einen…na du weißt schon. Irgendwas Süßes für meine Helga." Der Mann lachte meckernd.

    Der, Paule genannte, Wirt seufzte auf und wies auf das Schild neben dem Eingang. Oktober bis Mai bis 18.00 Uhr geöffnet. Wie zum Beweis erklangen aus der Ferne sechs Glockenschläge.

    „Feierabend. Ich komme gleich abkassieren."

    Der junge Mann am Nebentisch trank hastig sein Bierglas aus und zückte seine Geldbörse. Paule nahm ihm das Geld für das eine Bier ab, an dem sich der junge Mann seit einer Stunde festgehalten hatte. Solche Gäste liebe ich, dachte Paule. Stundenlang auf den Laptop rumklimpern, aber kaum was trinken. Trinkgeld ist auch keins zu erwarten.

    „Mensch Paule, dröhnte der Mann mit dem meckernden Lachen. Ich denke, du bringst uns noch was, damit mein Engel so richtig in Fahrt kommt. Wieder ertönte das meckernde Lachen. Paule antwortete nicht, sondern legte wortlos den Kassenbon auf den Tisch und nahm, ebenso wortlos das Geld entgegen. Immerhin war diesmal ein, wenn auch kleines, Trinkgeld dabei.

    „Mann, Mann, Mann Paule. Seit du keinen Gehilfen mehr hast bist du völlig überarbeitet".

    Jetzt kam doch Leben in den Wirt.

    „Hör mir auf mit dem Kümmeltürken. Hat sich gedrückt wo er konnte. Ramadan hier, Mittagsgebet dort. Dabei hat der nicht mal an seinen Allah geglaubt. Hat gesoffen wie ein Loch und mehr Bratwürste verdrückt als verkauft. Ich war froh ihn wieder loszuwerden. Dabei hat er mich dann auch noch beklaut. Fünfzig Euro aus der Kasse. Weg".

    „Warum stellst du keinen Neuen ein?"

    Der Wirt machte eine wegwerfende Geste. „Will doch keiner mehr arbeiten heutzutage. Und einen Muselmanen hole ich mir nicht noch einmal auf den Hals."

    „Nun übertreib mal nicht, Paul. Als ich noch in meiner Bude malocht habe, kannte ich auch ein paar von denen. Die waren gar nicht so übel und haben gearbeitet wie alle anderen auch. Meist noch besser."

    „Dir gegenüber wird das denen nicht schwergefallen sein", winkte der Wirt ab. Der Gast lachte nur.

    „Na dann, bis Morgen, Paule."

    Den Arm um seine Helga gelegt, zog der Mann leicht schlingernd ab.

    Endlich, dachte der Wirt. Andererseits sind das die Stammkunden, von denen ich lebe. Er sicherte die Stühle seines Biergartens mit Ketten an den Tischen und zog sich dann in seinen Kiosk zurück. Hier gab es immerhin noch einen Tresen mit Bierhahn, drei Tische mit Stühlen und zwei Stehtische. Im Nebenraum, eigentlich mehr eine Abstellkammer, stand ein alter Schreibtisch neben einem Schrank mit Aktenordnern und einem Regal an der Wand, auf der eine Mikrowelle ihr Dasein fristete. Aber dieses Gerät, war die Ursache, dass er seinen Ausschank Restaurant nannte. Damit machte er die Bockwurst und die Buletten warm, die außer Brot und Kartoffelsalat, auf der Speisekarte standen.

    Hier drin gab es nicht mehr viel für ihn zu erledigen. Er nahm aus der Kasse die Einnahmen des heutigen Tages, Dank des schönen Wetters, fast zweihundert Euro. Wie fast jeden Tag legte er das Geld in eine eiserne Kassette, deren Schlüssel er sorgsam in seiner Geldbörse barg. Die Kassette wiederum stellte er in die Mikrowelle. Ein Versteck von dem er annahm, dass niemand außer ihm davon wusste. Ein kurzer Blick in die Runde, dann verließ er den Kiosk, schloss die Tür ab und fuhr mit seinem Fahrrad in die zunehmende Dunkelheit.

    *

    Hamburg

    Inzwischen war es richtig dunkel geworden. Niemand beachtete die drei Männer, die rauchend auf einer Parkbank in der Nähe des Restaurants „Parkaue" saßen.

    „Der Alte ist endlich weg. Wir warten noch ein paar Minuten, vielleicht hat er ja was vergessen und kommt noch einmal zurück, dann gehen wir rein."

    Mahmoud schnippte seinen Zigarettenstummel im hohen Bogen auf den Parkweg.

    „Wie bist du denn auf den Laden gekommen, Mah…eh Boss?"

    „Ihr wisst doch, wir, also meine Eltern und Geschwister, haben mal in Hamburg gewohnt. Mein Alter hat damals auf der Werft malocht. Schön blöd gewesen der Alte", er lachte verächtlich auf.

    Ali schaute verwundert auf.

    „Und wie ist er so schnell reich geworden? Ihr habt doch dutzende von Geschäften in Berlin."

    Mahmoud grinste selbstgefällig.

    „Er hat sich mit seinem Bruder in Frankfurt am Main zusammengetan. Sie machen Geschäfte." Mahmoud unterbrach sich und fuhr ihn an:

    „Aber das geht dich nichts an."

    „Ja. Ist ja schon gut. Aber was hat das mit dem Laden hier zu tun?" Ali konnte vor Aufregung nicht stillsitzen.

    Na, ich habe mir damals hier als Aushilfe ein paar Piepen verdient und nebenbei das eine oder andere abgezweigt. Bis mir der Wirt auf die Schliche gekommen ist."

    „Er hat dich rausgeschmissen stimmt’s?" Amir schrie fast vor Schadenfreude.

    Mahmoud sah ihn finster an. „Ja, und dafür wird er jetzt büßen. Ich weiß wo er das Geld versteckt."

    Ali mischte sich ein. „Viel kann im Laufe eines Tages nicht rumkommen. Das lohnt sich bestimmt nicht", zweifelte er.

    „Das glaubst du. Mahmoud reckte sich genüsslich. „Wenn der Alte sich nicht sehr geändert hat, liegen dort die Tageseinnahmen der ganzen Woche. Der Alte ist nämlich faul. Bis zur Bank ist es weit, und da er sowieso täglich Wechselgeld braucht, versteckt er die Scheinchen bis Freitagabend im Laden. Und welchen Tag haben wir heute?, legte er verschmitzt nach. Er stand auf und reckte sich.

    „Na?"

    „Donnerstag!", antworteten Ali und Amir wie aus einem Munde.

    „Ok, los jetzt." Mahmoud, wieder ganz der große Boss, erteilte seine Befehle.

    „Amir, die Lampe", sagte er und zeigte auf die einzige noch intakte Straßenlaterne unmittelbar am Eingang zum Biergarten. Amir verstand sofort, suchte sich einen Stein und klirrend senkte sich die Dunkelheit über den Kiosk und den Biergarten.

    „Zieht euch die Handschuhe an und wartet hier, falls jemand kommt, gebt ihr mir ein Zeichen." Mahmoud schaute sich noch einmal um und ging gemächlich auf den Kiosk zu.

    Kaum zwei Minuten später rief er halblaut.

    „Los kommt."

    Zu dritt standen sie im Schankraum des Kioskes und sahen sich im Schein von Mahmouds Taschenlampe um.

    „Und wo ist nun die Kohle", fragte Ali ungeduldig.

    „Kohle sehe ich nicht, aber Wodka." Amir drehte knackend eine Flasche auf und nahm einen großen Schluck. Ali verdrehte die Augen.

    „Still!" Mahmoud schaltet die Taschenlampe aus. Im Dunkeln, war jetzt überlaut, das aufgeregte Atmen der Männer zu hören.

    „Was ist los?", flüstert Amir.

    „Ich glaube ich habe Stimmen gehört. Mahmoud schlich auf Zehenspitzen zur Tür. „Da draußen ist jemand.

    Ali schaute vorsichtig aus dem Fenster und lachte halblaut auf.

    „Ein Liebespaar. Er versucht sie gerade auf einem Gartentisch flach zu legen, aber sie will anscheinend nicht. Vielleicht sollten wir rausgehen und mithelfen."

    „Ja. Geil. Gehen wir." Amir schien die Idee gut zu finden.

    Aber der Boss dachte anders darüber. „Erst die Kohle."

    „Sie sind weitergezogen", ließ sich Ali nach einer Weile vernehmen.

    „Wo ist denn nun das große Geld?"

    „Nebenan. Mahmoud öffnete die Tür zum Nebenraum und zeigte mit großer Geste auf die Mikrowelle. „Dort.

    Die beiden schauten ihn ungläubig an.

    „Na los", ermunterte er sie grinsend.

    Ali öffnete die Mikrowelle.

    „He, sagte er, nahm die Geldkassette heraus und wiegte sie abschätzend in der Hand. „Wird schwer aufzukriegen sein.

    Mahmoud grinste immer noch.

    „Sag bloß, du weißt auch wo der Schlüssel ist?"

    Mahmoud grinste weiter. „Den trägt der Alte mit sich herum. Aber er hat nie herausbekommen, wo der zweite Schlüssel abgeblieben ist. Und da er nicht nur faul, sondern auch geizig ist, hat er sich keine neue Kassette zugelegt."

    Er griff in die Hosentasche und holte den Schlüssel raus.

    „Da ist er."

    Amir schüttelte den Kopf.

    „Und warum sind wir erst jetzt hergefahren?"

    Mahmoud tippte sich bedeutungsvoll an die Stirn. „Weil der Laden im Winter nichts abwirft. Darum. Jetzt gab es die ersten warmen Tage. Es müsste sich also lohnen."

    Ali stellte die Kassette auf den Tresen. „Mach auf."

    Als der Deckel hochklappte beugten sich die drei erwartungsvoll vor. Als erster fand Amir die Sprache wieder.

    „Mann, da bekomme ich ja mehr Harz4."

    Mahmoud griff hinein, holt die Handvoll Euros heraus und zählte durch. Viel zu zählen gab es nicht. Dreihundertachzig Euro und ein paar einzelne Münzen.

    „Scheiße! Nur das Wechselgeld und die Tageseinnahmen von heute. Der Alte hat seine Gewohnheiten doch gewechselt. Na für das Benzin reicht es." Mahmoud steckte die Scheine ein.

    Los wir hauen ab.

    *

    Hamburg

    Stadtteil Stillhorn

    Dunkel war es geworden über den Stadtteil Hamburg-Stillhorn. Dunkel und so still, wie der Name es schon anzeigte.

    „Mann, Boss! Hier ist doch nichts los. Ali tänzelte ungeduldig hin und her. „Die ganze lange Fahrt für nichts und wieder nichts.

    „Ganz ruhig Ali. Oder musst du pünktlich nach Hause zu deiner Alten ins Bett." Wieder lachte Mahmoud meckernd.

    Drohend baute Ali sich vor ihm auf.

    „Meine Alte habe ich im Griff. Die macht was ich ihr sage. Die ist froh wenn ich überhaupt nach Hause komme. Aber es wäre schön etwas Geld mitzubringen."

    Mahmoud wich keinen Schritt zurück.

    „Stimmt ja, deine Aische verdient das Geld. Sie hält dich wohl kurz?"

    „Außerdem trägt sie kein Kopftuch. Die Leute reden schon darüber in der Moschee. Du hast sie nicht im Griff."

    „Blödsinn."

    Ali wand sich.

    „Sie kümmert sich um die Kinder und den Haushalt. Und ja, sie hat einen guten Job. Mir ist das recht und egal ob sie das Geld mit oder ohne Kopftuch nach Hause bringt."

    Mahmoud lenkte ein.

    „Mir ist das alles auch egal. Ich will nur nicht die Fahrt umsonst gemacht haben. Wir fahren in Richtung Blankenese. Da gibt es bestimmt ein paar Läden, die richtig Kohle haben. Tankstellen oder so was."

    Er straffte sich und kehrte wieder den großen Boss heraus.

    „Los jetzt."

    Mahmoud stieg in den BMW und winkte aus dem offenen Fenster.

    „Fahrt mir nach", schrie er.

    „Na los." Ali seufzte und stieg mit Amir ein.

    „Halt wieder an! Amir schrie es fast heraus. Ali stieg auf die Bremse. „Was ist los, spinnst du?

    „Schnell. Gib dem Boss ein Lichtzeichen, fahr ein paar Meter zurück und mach dann das Licht aus." Amir zitterte richtig vor Aufregung.

    Mahmoud schien schnell kapiert zu haben, dass etwas nicht stimmte. Er wendete den BMW und hielt neben den Beiden.

    „Was soll der Blödsinn? Warum habt ihr angehalten? Hier ist doch nichts."

    Amirs Stimme kam jetzt zischend, stoßweise.

    „Da hinten, siehst du den leeren Parkplatz an der Schwimmhalle. Eine Frau…noch jung. Bitte Mahmoud. Du hast versprochen, wir reißen noch ein paar Weiber auf."

    „Die ist doch schwanger", sagte Mahmoud verächtlich.

    „Uns egal, was Ali?"

    Ali nickte mit leuchtenden Augen.

    „Dann haben die so schöne pralle Titten."

    Mahmoud überlegte kurz. Er war der Boss und musste seinen Männern auch mal was gönnen.

    „Ok. Schnappen wir sie uns. Amir du passt auf, dass keiner kommt."

    Amir war empört.

    „Ich habe sie zuerst gesehen. Mahmoud, das kannst du nicht machen. Ich will auch dran!", schrie er fast.

    „Ja, Ja. Sollst du auch. Aber einer muss aufpassen. Du bist der jüngste. Also, ich nehme die Frau zuerst, danach Ali. Dann halte ich Wache und du bist dran."

    Amir wollte noch einmal aufbegehren, fügte sich aber schnell Mahmouds finsteren Blick.

    „Ok, aber beeilt euch", murmelte er und sah zu, wie sich Mahmoud und Ali, durch die Büsche, die den Parkplatz umgaben, seitwärts auf die Frau zubewegten. Er bemerkte, wie die Frau immer wieder nervös auf ihre Armbanduhr blickte. Die wartet doch

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