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Mehr unheimlich Heimliches
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eBook231 Seiten3 Stunden

Mehr unheimlich Heimliches

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Über dieses E-Book

Baden im See – wundervoll, wenn Sie ein reines Gewissen haben. Vorsicht beim Unterschreiben von Schriftstücken ist dringend angeraten. Und beim Küssen ungeschminkter Frauen! Kennen Sie schon das Privatleben der Vampire? Hier erfahren Sie einiges darüber sowie über die Hexen unserer Zeit.
Mehr als hundert Jahre alte Verbrechen werden aufgeklärt, und eine seltsame Weihnachtsgeschichte wird erzählt. Lassen Sie sich in den Wilden Westen entführen – nicht nur vom Urenkel des angeblichen „Lügenbarons“ – und in die Welt von tausendundeiner Nacht.
Lachen und weinen, vielleicht sogar gleichzeitig, sind garantiert mit diesem neuen Dutzend schaurig humoriger Geschichten, aufgewertet durch viele einzigartige Illustrationen.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum22. März 2015
ISBN9783955010843
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    Buchvorschau

    Mehr unheimlich Heimliches - Norbert Rychly

    norbert rychly

    mehr unheimlich heimliches

    Noch ein Dutzend Gruselstories

    Impressum

    Gestaltung und Grafik: Hansjörg Bisswurm

    Lektorat und Layout: Elsa Rieger

    Illustration: Hansjörg Bisswurm

    Digitalisierung: Gunter Pirntke

    ebook24

    Gunter Pirntke Verlag

    http://das-ebook24.de/

    © 2014

    Mail: ebook24verlag@aol.de

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Hinweis

    Das Buch ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das Übersetzen in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es auch nicht gestattet, diese Bücher oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten oder zu verbreiten.

    Inhalt

    Impressum

    Vorwort

    Nächtliches Glück

    Der Vertrag

    Guppy

    Jugendsünden

    Wasser

    Das unerzählte Abenteuer

    Schichtarbeit

    Nicht nur Hexen hexen

    Die Geisterstadt

    Der Dschinn

    Glück und Glas

    Voodoo

    Über das Buch

    Über den Autor

    Kontakt

    Vorwort

    Wenn der Fehdehandschuh gezückt wird und ein Bikinioberteil fällt, die Harley zum Traumobjekt wird oder ein Einspänner in der Dämmerung verschwindet, wenn Flachbildschirme und CD-Player uns aus vermeintlich historischen Schauplätzen in die Gegenwart versetzen – dann kann es sich nur um die neuen Stories von Norbert Rychly handeln. So virtuos wie die Szenerien, Zeiten und Perspektiven wechseln, so geschickt versetzt uns der Autor in ein Wechselbad der Stimmungen, sodass die Handlung oft in den Hintergrund tritt.

    Norbert Rychly, ein Freund von mir, hat dieses Buch geschrieben, Hansjörg Bisswurm hat es in seinem unnachahmlichen Stil illustriert – ein Kleinod, das nicht dem Mainstream folgt, sondern sich mit Witz und Phantasie vom Gewohnten abhebt.

    Da zieht Nebel durch die düsteren, feuchten und schmutzigen Gassen Londons am Ende des 19. Jahrhunderts, die Hitze steht zwischen den Schluchtwänden im Atlasgebirge oder brütet über Sümpfen Louisianas, Eiseskälte manifestiert sich im lauen Wasser eines harmlosen Sees, um nur einige Schauplätze zu erwähnen. Die vielfältigen Gefühle, Befindlichkeiten und Geisteszustände der handelnden (oder misshandelten) Personen vereinnahmen die Leserinnen und Leser in einer Weise, dass es schwer ist, das Buch wegzulegen.

    Die Geschichten um Hexen im Alltagsgewand, kreolische Voodoo-Priesterinnen, arabische Dschinns und polyglott agierende Vampire unter Spuk-, Grusel-oder Gespenstergeschichten zu subsumieren, greift zu kurz. Norbert Rychly bewegt sich in bester Tradition mit den Meistern angloamerikanischer Erzähltradition. Ein kleiner Macho-Ganove könnte in seiner Diktion einem Roman von Dick Francis entstammen; die Herren im einsamen Landsitz erinnern uns an Poe’sche Zusammentreffen in dunklen, abgelegenen Herrschaftshäusern, und wenn eine „Wassernixe" in einem Buch von Henry Slesar oder Roald Dahl blättert, weiss die Leserschaft, in welchem literarischen Genre sich der Autor zu Hause fühlt. Darüber geben auch die Zitate Aufschluss, die den Stories wohlbedacht vorangestellt sind.

    In der Geschichte um einen schlitzohrigen Gewürzhändler wird nicht nur die Zukunft unserer Ölvorkommen gesichert, sondern auch der orientalischen Erzähltradition Referenz erwiesen. Der namenlose Fremde aus so manchem Film reitet durch das Buch – was hat er mit einem der vielen Massaker an den Ureinwohnern Amerikas zu tun?

    Und trotzdem: Dieser Autor ist kein Moralist. Es geht in seinen Geschichten nicht um richtig oder falsch, wahr oder unwahr, gut oder böse, denn nicht immer gewinnen die „Guten". Seine Geschichten verfolgen die psychologische Variante der klassischen Ghost Story, sie locken die Leserinnen und Leser in eine Atmosphäre des Zweifelns. Ist die Beschreibung der nächtlichen Vorkommnisse in einer stillgelegten Fabrik nun Ausdruck der kranken, wahnhaften Phantasie des Ich-Erzählers? Oder ist es tatsächlich präsent, das Übernatürliche? Antworten erhalten wir nicht. Andeutungen, Leerstellen und Symbolik verdichten sich zu einer Atmosphäre, in der alles möglich ist und der wir uns nicht entziehen können.

    Gebrochen wird das allzu Ernsthafte und Mörderische durch den lakonischen Sprachstil, das Augenzwinkern, die Selbstironie und natürlich durch die Zeichnungen von Hansjörg Bisswurm, der auch diesen Band wieder mit seinen Bildern illustriert hat. Diese an Holzschnitte erinnernden Tuschzeichnungen von derbem Gruselcharme sind schaurig und humorvoll zugleich.

    Meine Lieblingsgeschichte ist übrigens die der zauberhaften Schneiderin, die einzigartige Kleider herstellt, welche nur einen Tag lang tragbar sind. Ihre Freude an Knöpfen, Litzen, Spitzen, Bändchen und Stoffen ist so anschaulich beschrieben, dass der kleine Laden mit seinem Schaufenster sofort vor dem geistigen Auge erscheint. Und da frage ich mich, hat Norbert Rychly hier die weibliche Perspektive perfekt erfasst oder ist das nun echte Hexerei?

    Barbara Giuliani

    Basel, im Oktober 2014

    Nächtliches Glück

    Draculas Körper zerfiel innerhalb

    weniger Sekunden vor unseren

    Augen zu Staub…

    Bram Stoker

    Sie waren ein schönes Paar, obwohl er um einige hundert Jahre älter war. Schließlich hatte er sie auserwählt, und sie hatte sich ihm, wenn auch nicht ganz freiwillig, hingegeben. Ihr gemeinsames Eheglück dauerte nun schon fast dreihundert Jahre, hatte alle Veränderungen in der menschlichen Gesellschaft und deren Weiterentwicklung überstanden, ebenso wie die dadurch notwendigen Anpassungen. Sie waren also nicht nur optisch ein schönes Paar, sondern harmonierten genauso wunderbar in ihrer Ehe, die nach altem Vampirbrauch ohne zeremoniellem Aufwand in aller Bescheidenheit geschlossen worden war. Seither jagten, speisten und schliefen sie gemeinsam, allerdings in verschiedenen Särgen, die, wo immer sie sich gerade befanden, nebeneinander stehen mussten. Doppelsärge wären für so verliebte Paare natürlich angenehmer gewesen, aber rund achthundert Jahre Erfahrung haben ihn gelehrt, dass diese zu auffällig sind. Die überwiegende Mehrheit der einfältigen Menschen steht Bluttrinkern grundsätzlich noch ablehnend, ja sogar feindlich gegenüber, obwohl niemand mehr an ihre Existenz glaubt.

    Die offizielle Meinung, dass Vampire als ausgerottet gelten, wenn sie denn je existiert haben, ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Untote darauf aus wären, die Herrschaft über die Welt zu ergreifen und die Menschheit auszulöschen, indem sie sich möglichst schnell und rücksichtslos vermehren, sind die Vampire, ganz im Gegensatz zu den Menschen, die nur von sich auf andere schließen, nicht so dumm, ihren Quell der Nahrung zu vernichten. Sie sind im Gegenteil darauf bedacht, möglichst wenige neue Vampire zu schaffen, um ein möglichst großes Gebiet konkurrenzlos für sich zu haben, was die Nahrungsaufnahme erleichtert und wesentlich dazu beiträgt, unauffällig überleben zu können. Daher hüten sie sich davor, Menschen bis zum Tode auszusaugen. Vielmehr legen sie Wert darauf, dass die unfreiwilligen Blutspenden nach Möglichkeit unbemerkt bleiben, was schließlich und endlich dazu führte, dass ihre Existenz von den Menschen ins Reich der Phantasie verbannt wurde, was allen nachtaktiven Geschöpfen sehr entgegenkommt.

    Ausnahmen gab es seit jeher und wird es immer geben. Er hatte sich unsterblich in sie verliebt, und sie war sehr angetan von seiner Zuwendung gewesen, also hatte er sie zu seiner Gefährtin und bald darauf zu seiner Gattin gemacht. Sie gewöhnte sich schnell an das neue Leben, genauer das Untotsein, und sie waren glücklich, wenngleich das praktizierte Sexualverhalten unter Vampiren sie anfangs nicht ganz befriedigte.

    Es ist nichts Genaues über die innere Biologie von Vampiren bekannt, weil sie nicht seziert werden können und sich jeglicher Vivisektion aus verständlichen Gründen widersetzen. Es kann jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass beim Übergang von der lebenden zur untoten Existenz der Magen das nicht länger pumpende Herz ablöst. Er entwickelt Gase und somit Druck, der das zugeführte Blut in die wichtigsten Bahnen befördert, wo es durch seine Auflösung die Organe, Muskeln und Gewebe nährt und somit am Untotsein erhält. Leider wird das Glied der männlichen Vampire vom Blut nicht in genügender Menge erreicht, was natürlich für die Fortpflanzung keine Rolle spielt, weil die Vampirin mangels Eisprung nicht gebären kann.

    Sie hatte sich gezwungenermaßen den vampirhaften Sexualpraktiken angepasst und fand bald ihr Vergnügen daran, zumal sie abwechslungsreicher untot war, als sie vorher gelebt hatte, denn sie reisten viel, weil Vampire grundsätzlich vermeiden, über einen längeren Zeitraum in einem engen Revier tätig zu sein, um die Häufung von Symptomen nicht auffällig werden zu lassen. Also verlegen sie oftmals die Ruhestätte ihres Sarges, um von dort aus sternförmig ausschwärmen zu können, was ihnen wiederum intellektuell zu Gute kommt, denn reisen bildet. Ferner ist zu bemerken, dass Blutsauger nicht zwangsläufig jeden Tag im selben Sarg schlafen müssen, aber im eigenen Bett schläft man nun einmal am besten, und mit Särgen verhält es sich ebenso.

    Sie zogen nach Norden, weil beide die skandinavischen Länder nicht kannten. Als vorteilhaft erwies sich dabei, dass je nördlicher desto sparsamer mit Knoblauch gekocht wurde, wodurch die unangenehmen Auswirkungen der allen Vampiren eigenen Allergie vermieden werden konnten. Ohne Ausnahme sind sie nicht nur gegen Knoblauch, sondern auch gegen Sellerie und Spinat allergisch, ein biologisches Phänomen, das weitgehend unbekannt ist. Manche Vampire leiden zusätzlich unter anderen Allergien, und wie beim Menschen können durch diese verschiedene Reaktionen ausgelöst werden, zum Beispiel Anschwellen, Niesen, Hautausschläge und so weiter. Auch von Phobien sind Vampire nicht grundsätzlich frei, wobei Klaustrophobie, Flug-und Höhenangst zum Glück nicht vorkommen, dagegen treten Abscheu oder gar Angst vor Spinnen, Schlangen, Pudding, Comicfiguren und vielem mehr unerwartet häufig auf. Viren und Bakterien jedoch können ihnen nichts anhaben. Ein niesender Vampir mit laufender Nase und tränenden Augen hat entweder „Heuschnupfen oder ist sehr unglücklich. Religiöse Symbole wie Kreuz, Davidstern, Halbmond und andere sowie Pentagramme und ähnlicher Zauberkram wirken auf Blutschlürfer nicht anders als auf Menschen. Untote haben mit Religion nichts am Hut, außer sie sind selbst gläubig, was öfter vorkommt, als der Mensch sich das vorstellt. Um gleich noch mit anderem von Büchern und Filmen verbreitetem Unsinn aufzuräumen, sei gesagt, dass Weihwasser und Metalle – Silber, ha! – Vampiren genauso viel oder wenig schaden können wie Menschen, weil sie mit dem Teufel, Dämonen oder „dem Bösen schlechthin nichts zu tun haben; sie sind lediglich eine andere, bislang unbegreifliche und dazu unverstandene Existenzform, von uns Menschen nicht zu unrecht als „untot – „unlebend wäre ebenso richtig – bezeichnet, weil sie zwischen Leben und Tod liegt.

    Den Nachteil der nördlichen Gefilde bemerkte das turtelnde Paar recht bald: Endlose Monate lang geht die Sonne nicht unter. Sicher, es ist auch viele Monate lang Nacht, scheinbar verlockend für Vampire, aber das ist kein Segen für sie, denn sie verlieren jegliches Zeitgefühl, sodass sie, in Gegenden mit normalem Tag-Nacht-Wechsel zurückgekehrt, leicht von der aufgehenden Sonne überrascht werden können, was ihnen sofort zum Verhängnis wird. Noch so ein unerklärtes biologisches Phänomen, worüber nur gemutmaßt werden kann.

    Bald reisten sie wieder südwärts, das Nachtleben in allen großen Städten Europas in vollen Zügen genießend sowie Knoblauch, Sellerie und Spinat tunlichst meidend. Sie gingen tanzen oder ins Casino, besuchten Nachtclubs und Bars, aber auch Oper und Theater. Sehr gern gingen sie ins Kino, am liebsten um Horrorfilme zu sehen, namentlich Vampirfilme, denn für sie waren das Komödien. Sie mussten sich oft genug beherrschen, um nicht laut aufzulachen, wenn sich rundherum die Leute grauten und fürchteten ob der gezeigten Schrecken und Verhaltensweisen von Mensch und „Unmensch", die so gar nicht der Realität entsprechen, wie sie Vampire nachtnächtlich zu erleben pflegen. Die schöne, junge Vampirin hatte fast hundert Jahre gebraucht, um die meisten Vorurteile abzulegen, beispielsweise nicht vor Kreuzen zu erschrecken.

    Jeden Abend verbrachten sie auf-und anregende Stunden bis Mitternacht, wobei sie sich unter der Menschenmenge nach „Blutspendern umsahen. Geduldig und vorsichtig verfolgten sie danach vielversprechende Subjekte, gaben oft genug auf, wenn ihnen das Unternehmen zu gefährlich schien, und wandten sich einem anderen „Imbiss zu. So nennen Nachtversorger jene Ahnungslosen, welchen sie aus Gründen der Selbsterhaltung ein wenig Blut aussaugen; „Opfer" würden sie von den Menschen genannt, wüssten diese darum. Wegen der schon genannten Allergien müssen Vampire genau darauf achten, was die Auserwählten in den letzten zwölf bis zwanzig Stunden konsumiert haben. Drogensüchtige und Alkoholiker werden von alleinstehenden Vampiren tunlichst gemieden, weil Fälle bekannt sind, dass berauschte Vampire ihren Sarg gar nicht mehr oder zu spät gefunden haben.

    Als Paar konnte sich mal der eine, mal die andere einen kleinen Schwips gönnen, wenn ihnen danach war, denn sie verließen sich blindlings darauf, vom liebenden Ehepartner sicher zur täglichen Ruhe gebettet zu werden. Voraussetzung war dabei immer, dass, wer nüchtern bleiben sollte, zuerst speiste, damit bei einer unvorhersehbaren Unpässlichkeit desselben der oder die andere voll aktionsfähig blieb, denn es war schon einmal vorgekommen, dass ein für koscher befundener Imbiss dies nicht war, sodass die treusorgende Ehefrau ihren medikamentenvergifteten Gatten mit viel Mühe zu Sarg bringen musste, um danach selbst hungrig schlafen zu gehen. Damals hatte sie erkennen müssen, dass Vampire keineswegs übermenschliche Kräfte besitzen – ein schwaches Weib wird eine schwache Vampirin, ein starker Mann ein kräftiger Vampir, und natürlich umgekehrt. Die Emanzipation hat auch die Geschöpfe der Dunkelheit erfasst.

    Eines Nachts nach dem Kino – sie hatten einen Film, der in Afrika spielte, gesehen – war sie davon beeindruckt und schlug vor, doch einmal nach Afrika zu fliegen. Es tat ihm, der um gut achthundert Jahre Wissen und Erfahrung reicher war, im Magen weh, seine Geliebte so enttäuschen zu müssen. Alle Vampire sind an ihre „Geburts"-Kontinente gebunden, warum auch immer. Von den wenigen, die sich auf einen anderen Kontinent begeben haben, hat man nie wieder etwas gehört oder gesehen. Über Blutschlucker in Afrika, Asien, Australien und der Antarktis ist nicht viel bekannt. Auf dem amerikanischen Kontinent wurden Aktivitäten festgestellt, allerdings sehr unterschiedlicher Art, je nachdem ob sie sich nördlich oder südlich des Äquators manifestierten.

    Letztere sind sehr schwer zu dokumentieren, möglicherweise wegen der Einstellung der menschlichen Bevölkerung zu nichtmenschlichen Existenzen, die meist und völlig zu Unrecht als „übernatürlich oder „übersinnlich, im Zusammenhang mit Vampiren sogar als „widernatürlich" bezeichnet werden. Das stellt weder der Intelligenz noch der Toleranz der menschlichen Rasse ein gutes Zeugnis aus. Wer Nachtwesen beobachten und von ihnen lernen will, ist wohl im guten, alten Europa am richtigen Ort.

    Sie hatte schon vorher erfahren müssen, dass das Fliegen selbst zwar eine großartige Sache ist, das Verwandeln in eine Fledermaus aber mitnichten so einfach vonstatten geht, wie sie es aus Filmen kannte. Und in Menschengestalt kann auch ein Vampir nicht fliegen. Eine Verwandlung braucht so viel Energie, dass der Vampir mehrere Liter Blut „getankt haben muss, um eine Fledermaus werden zu können. Als solche besitzt er auf Grund des geringen Hirnvolumens eine verminderte Intelligenz und kann nur einen Bruchteil seines Wissens abrufen, ist also hauptsächlich auf die natürlichen Instinkte des Tieres angewiesen. Verglichen mit normalen Fledermäusen ist der verwandelte Vampir ein auffallend großes Exemplar, was das „Nachtanken nicht immer erleichtert, welches aber unbedingt nötig ist, um wieder die ursprüngliche Gestalt annehmen zu können. Nach der Rückverwandlung muss bald wieder Blut zugeführt werden, um eine totale Entkräftung zu vermeiden. Zu beachten: Teilweiser Gedächtnisverlust soll schon vorgekommen sein.

    Das ist aber bei weitem nicht alles. In so manchem Film steht der Vampir gut angezogen da, mit Umhang, womöglich auch noch mit Zylinder und Renommierstock, verwandelt sich im Handumdrehen in eine Fledermaus und fliegt davon. Sobald er landet, wird er sofort wieder zum eleganten Gentleman, samt Umhang, Zylinder und Stock. ‚Schön wär’s!’ denkt jeder Vampir, der so eine Szene sieht. Es ist nicht überliefert, wer es war, der sich angezogen in eine Fledermaus verwandelte, unter seinen zusammenfallenden Kleidern begraben wurde und sich beim Versuch, daraus freizukommen, mit Krallen und Klauen immer mehr darin verhedderte, um schließlich, völliger Erschöpfung nahe, von der aufgehenden Sonne vernichtet zu werden.

    Vampire verwandeln sich äußerst selten in Fledermäuse, und wenn, dann nackt. Und sie achten darauf, sich bei ihren versteckten Kleidern wieder zurück zu verwandeln. Sie sind nicht prüde, aber die meisten Menschen sind es. Oberstes Gebot für jede nachtaktive Existenz ist und muss sein: Nur nicht auffallen!

    Möglicherweise war diese Ablehnung des Ausflugs nach Afrika der Anfang vom Ende, wenngleich sie sich dessen nicht bewusst war. Die menschliche Zivilisation hat in Europa des Nachts wahrlich genug zu bieten, dass keine Langeweile aufkommt.

    Vielleicht wurde sie auch der immer gleichen Zärtlichkeiten überdrüssig, die sie in schöner Regelmäßigkeit austauschten, wenn sie auf einen Imbiss, den sie verfolgten, warten mussten oder ihn gut versteckt belauerten, oder wenn sie früh genug ihre Ruhestätte für den Tag aufgesucht hatten. Sie war dermaßen berauscht von den

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