Der Flaschenteufel: und andere Geschichten
Von Birgit Vireau
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Über dieses E-Book
Dabei geht es um den Missbrauch des Alkohols wie um die Schwierigkeit aus der Abhängigkeit herauszukommen und trocken zu bleiben.
Es geht in den Geschichten nicht nur um die direkte Problematik, sondern auch um das Verhalten der Menschen im Umgang mit Betroffenen – Angehörigen wie Abhängigen.
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Buchvorschau
Der Flaschenteufel - Birgit Vireau
Flaschenteufel.
Einige einführende Worte
Die folgenden Geschichten ergaben sich aus Beobachtungen in der Suchtgefährdetenhilfe.
Dabei geht es um den Missbrauch des Alkohols wie um die Schwierigkeit aus der Abhängigkeit herauszukommen und trocken zu bleiben.
Es geht in den Geschichten nicht nur um die direkte Problematik, sondern auch um das Verhalten der Menschen im Umgang mit Betroffenen – Angehörigen wie Abhängigen.
Sie entstanden aus der Absicht heraus einige Umstände unterhaltsam und erhellend darzustellen. Dabei wurde auch auf die Möglichkeit des Fantastischen zugegriffen.
So mögen einige Geschichten Fantasy-Geschichten gleichen oder auch Märchen.
Versuchung
Ein Zimmer.
Zwei Menschen sitzen zusammen. Einer öffnet eine Flasche. Ein kaum wahrnehmbares Zischen ertönt. Beide hören es nicht, trinken beide lustig. Bald wird ihnen der Kopf schwer und die Flasche immer leerer. Der eine meint, nun wäre doch wohl genug…
Doch wie dem auch sei, greift er zur nächsten Flasche. Diesmal ertönt das Zischen hart und deutlich, wieder hören sie es nicht. Nur darauf bedacht die Flasche zu leeren, sind ihnen die Warnungen der Welt nicht mehr gegeben. So saufen sie lustig weiter.
Irgendwann kommt dann ein dritter hinzu. Er klopft an die Tür. Sie rufen: „Herein!"
Er steht in der Tür, sieht sie entsetzt an. Sieht mit klaren Augen tausend kleine Teufelchen mit blitzenden Augen, strahlenden Hörnern und langen buschigen Schwänzen, singend und tanzend um die Köpfe der beiden herumschwirren. Weiß dabei nur zu gut, dass diese dafür sorgen, dass der Flaschenöffner erst ruht, wenn der Mensch, dem sie zugetan, unter dem Tisch liegt. Er steht da und lehnt eine Einladung der beiden ab. Er hat mit seinen eigenen Teufeln genug zu tun gehabt. Es war nicht einfach, sie davon zu überzeugen, dass er nichts mehr trinken wollte. Nun sind sie fort, doch wie schnell können sie wiederkommen…
Er schaudert, wendet sich schnell um und geht. Denn er weiß, nur ein Schluck, und der Anfang ist gemacht. Dann kommt der Kampf, und wer den gewinnt, Mensch oder Teufel, ist fraglich. Er hat den letzten gewonnen - Jetzt! - und dabei soll es bleiben.
Er bedenkt die beiden mit ihren Teufeln mitleidig, doch er will nicht zurück. Nun geht's ihm besser; die schwatzenden, lügenden Teufel braucht er nicht mehr. Er geht frohen Schrittes und mit offenen Augen durch die Welt, bereit allen Teufeln, die etwas von ihm wollen, die Stirn zu bieten; doch nicht bereit sich wieder versuchen zu lassen, durch die albernen, lärmenden Flaschenteufel. Sein Wille ist fest; er will nie wieder trinken!
Das Teufelchen
Eine Flasche. Ein menschenleeres Zimmer.
In der Flasche hockt ein kleiner roter Teufel mit schwarzen Hörnern. Er macht ein trauriges Gesicht. Er weint fast. Es ist furchtbar. Niemand kommt und befreit ihn aus seinem Gefängnis.
Neulich, ja neulich, da wäre es fast soweit gewesen. Er hatte mit seiner Flasche in einem großen Supermarkt gestanden. Dort hatte ihn jemand mitgenommen. Er hatte sich schon auf die Freiheit gefreut, doch zu früh! Er seufzte noch jetzt, denn dieser Jemand hatte dann seine Flasche in schönes Papier gewickelt, und so war er hierher gekommen. Der Mensch, der nun seine Flasche in Besitz genommen hatte, hatte sich ganz artig bei dem anderen bedankt, doch besonders glücklich hatte er nicht geklungen.
Der kleine Teufel hatte begonnen, sich große Sorgen zu machen. Vielleicht musste er jetzt immer in der Flasche bleiben. Erst blieb sogar das Papier um die Flasche herum. Er konnte gar nichts sehen - so eine Gemeinheit! Noch jetzt ballte er in Erinnerung daran seine Fäuste fest zusammen.
Doch dann entfernte dieser gemeine Mensch das Papier und betrachtete die Flasche. Er leckte sich über die Lippen. Stellte die Flasche wieder fort, holte sie wieder heraus, stellte sie doch wieder fort. So ging es eine ganze Weile. Dann - oh, dem Teufelchen zittert noch das Herz, wenn er daran denkt - entkorkte der Mensch die Flasche. Nun endlich, dachte das Teufelchen, kann ich hinaus, und hatte es auch schon fast geschafft! Doch - oh weh - gerade als der Mensch die Flasche ansetzen will, besinnt er sich anders, und in wildem Ekel haut er die Flasche wieder zu, und dem Teufelchen den Korken fest auf den Kopf. Das Teufelchen weint jetzt, redet sich gut zu. Soll es nicht dafür sorgen, dass die Menschen lustig und vergnügt sind, dass sie ihre Sorgen vergessen, so dass alles andere unwichtiger wird und ist als das Trinken? Es muss doch dafür sorgen, dass dies köstliche Nass von den Menschen in Mengen genossen wird.
Er seufzt jämmerlich. Nur, sein Mensch lässt ihn nicht heraus. Heute Morgen hat er gar laut überlegt, ob er die Flasche nicht wegwerfen soll, damit er gar nicht mehr in Versuchung gerate davon zu trinken. Das Teufelchen versteht das nicht. Was ist denn so furchtbar daran, lustig zu sein, und gedankenlos? Dann hatte man doch keine Sorgen. Das Teufelchen schüttelt den Kopf. So etwas Dummes!
Es ist nun schon eine ganze Weile bei seinem Menschen. Hat dessen Freunde kennengelernt, hat gesehen, dass sie immer recht lustig sind, auch ohne den Inhalt seiner Flasche. Es ärgert ihn sehr; besonders aber, dass er nicht an der Fröhlichkeit seines Menschen teilhaben kann. Er versucht, aus der Flasche heraus, seinen Menschen zu überreden, diese zu öffnen und davon zu trinken, doch auch wenn dieser sie hin und wieder gierig ansieht, trinkt er doch nicht.
Dann eines Tages kommt dieser Mensch und öffnet die Flasche und gießt den Inhalt in den Ausguss.
Das Teufelchen hält sich mit aller Macht im Innern der Flasche fest. Es will nicht fort. Es will bleiben. Auch wenn es das nicht zugeben kann, so viel Spaß hat er noch nie gehabt, und so viel Neues hatte es bisher auch noch nicht gesehen. Eigentlich sind die Menschen, die sich mit dem Inhalt seiner Behausung abgeben doch sehr langweilig, denkt es nun. So hält es sich fest, es will nicht in eine andere Flasche; es krallt sich an und schafft es, nicht mit weggespült zu werden.