Hausflüstern: Drei unheimliche Kurzgeschichten
Von Jochen Möller
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Über dieses E-Book
Hausflüstern
Geschichte eines Mannes, der das zweite Gesicht hat, wenn es um Häuser geht. Seit Jahren zieht er mit seinem Wohnmobil durch die Lande. Er schläft gegen Bezahlung in Häusern, um träumend deren Geheimnisse aufzudecken. Aber diesmal reißt ihn ein Auftrag aus der Routine.
Abstecher
Nachtdienst. Die Sprecherin der Verkehrsnachrichten will schnell vor dem Funkhaus eine rauchen. Da baut sich vor ihr ein LKW-Fahrer auf. Er hört sie auf seinen Reisen, wollte ihr schon immer mal begegnen. Was hat dieser Typ vor?
Eine Rose, rot
Ein Witwer wacht seit Tagen auf dem Friedhof. Immer wieder legt ein Phantom auf dem Grab seiner Ehefrau eine einzelne, edle Rose ab. Zwar hat der Witwer einen Verdacht, wer es sein könnte. Doch ist dieser Mann schon tot!
Lesezeit für alle drei Geschichten: 40-50 Minuten.
Jochen Möller
Jochen Möller lebt in Berlin. Er veröffentlichte 2015 den Roman "Duplex. Erzählung aus Berlin" (Vocalbar Verlag), Kurzgeschichten, eine Kurznachrichtennovelle (unter @tw1tternovelle) sowie die Zettelbiographie "27 Seiten von Josef Voss".
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Buchvorschau
Hausflüstern - Jochen Möller
Inhaltsverzeichnis
Hausflüstern
Abstecher
Eine Rose, rot
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Impressum
Hausflüstern
Das Haus sonnt sich in seiner Aura von Geld. Das graublau geziegelte Dach mit den Solarpanelen zeigt deutlich, diese Villa wurde der schmucklosen Siedlung mit großer Geste hinzugefügt, nach einer Bauplanänderung angehängt an die Reihenhaus-Stichstraße. Erst mit dieser Villa setzt die Siedlung zum Sprung auf das nahegelegene Waldstück an. Mehrere Hecken wirken als Sichtblenden, halbherzige Versuche, die immense Größe des Grundstücks zu verbergen.
Das ist die Adresse in meinem GPS. Kein anderes Haus hier hat so eine breite Auffahrt, so einen Kiesparkplatz – praktisch für mein Wohnmobil.
Meine Hand streicht über die Haustür, bevor sie den Klingelknopf eindrückt. Man möchte aufs edle Holz klopfen. Stattdessen atme ich tief durch.
Der Hausherr tritt nach dem Öffnen einen Schritt zurück, als wolle er höflich Platz machen. Er will wohl abschätzen, wen er sich da für eine Nacht ins Haus holt. Er ist ein Mast von einem Kerl. Kein Typ, der vor irgendetwas Angst haben müsste. Sein Kopf ist kahlgeschoren, auf diese modische Art, mit der Männer Ende Vierzig Geradlinigkeit und Sportlichkeit zur Schau stellen. Alle Falten dieses Gesichts münden in eine glänzende Glatzenfläche, und es bleibt ein Eindruck von Jugendlichkeit zurück.
Nur herein!
In aufgesetzter Lockerheit hält er mir die Tür auf. Er gibt sich selbstbewusst. Und doch spüre ich sein Zaudern. Er verwendet bloß die routinierte Stimme, die er sich über die Jahre in seiner Praxis angeeignet hat – er ist Allgemeinarzt, stand in der Email-Signatur.
Gedanken lesen kann ich nun wirklich nicht. Und doch höre ich es geradezu, er strahlt das aus wie ein Funkturm: Worauf habe ich mich da eingelassen?
Ganz meinerseits, sollte ich ihn aufmuntern. Wieder ein fremdes Haus für mich, wieder eine Geschichte. Wieder nicht wissen, welche Geheimnisse auf mir lasten werden, wenn ich am nächsten Morgen die Augen aufschlage. Ich bin es manchmal so leid.
Seit drei Jahren lebe ich jetzt in einem Wohnmobil. Schlafe nur in Häusern, wenn ich arbeite. Ich nenne es Arbeit, dieses Schlafen. Unter 3.000 Honorar plus Anreisekosten läuft bei mir nichts. Das Geld verdiene ich im Schlaf – weil ich im Schlaf erfahre, was sich in einem Gebäude zugetragen hat. Hausanalyse
nenne ich es, das klingt nicht so nach Spökenkiekerei.
Menschen, die ein tiefsitzendes Problem in ihrem Haus vermuten, oder abergläubische Exzentriker, die genau wissen wollen, ob und was sich unter ihrem Dach ereignet hat, kommen früher oder später darauf, mich anzuheuern. Das steht