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San Diego Ghost: Unfassbare Episoden
San Diego Ghost: Unfassbare Episoden
San Diego Ghost: Unfassbare Episoden
eBook433 Seiten6 Stunden

San Diego Ghost: Unfassbare Episoden

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Über dieses E-Book

Geister in San Diego? Möglich ist das schon. Wieder sind es die unfassbaren, schier unglaublichen Begebenheiten, die in diesem Werk dargestellt werden. Das, was wir sonst nicht sehen, nicht wahrhaben wollen, vielleicht nicht verstehen können, wird ans Licht geholt. Es sind Episoden aus dem Leben, aus dem ganz normalen Alltag, welche dann doch nicht mehr so ganz normal erscheinen mögen. Dabei kommt es gar nicht darauf an, etwas Unnormales zu entdecken. Vielmehr ist es ein Fingerzeig auf jene Dinge, die unser Leben bestimmen, es bereichern und eben doch alltäglich sind, auch, wenn sie gespenstische Züge haben mögen. Am Ende sind sie dann doch immer wieder ein Spiegel unserer Zeit und unseres eigenen Lebens.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum14. Aug. 2014
ISBN9783735749048
San Diego Ghost: Unfassbare Episoden
Autor

Nick Living

Nick schreibt schon seit vielen Jahren. Waren es anfangs unzählige Gedichte, kamen später auch dutzende Kindergeschichten und Fantasy-Stories hinzu. Das Leben liegt auf der Straße, so sieht Nick die Welt. Von großartigem Theater hält er nichts - er schreibt lieber im Verborgenen. Man muss die Augen offenhalten, dann findet man immer etwas. Doch man muss sensibel sein, um manch wundersame Kleinigkeit zu bemerken, so Nicks Devise. Die Stille macht‘s, dann kommen die Ideen wie von selbst. Und so ist alles, was Nick auf seinem Lebensweg entdeckt, -irgendwie- eine Geschichte oder auch ein Gedicht. Nicks Welt sind die Worte, die gesprochenen und die geschriebenen.

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    Buchvorschau

    San Diego Ghost - Nick Living

    Inhaltsverzeichnis

    Der König von San Diego

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Kapitel 32

    Kapitel 33

    Kapitel 34

    Kapitel 35

    Kapitel 36

    Kapitel 37

    Kapitel 38

    Kapitel 39

    Kapitel 40

    Kapitel 41

    Kapitel 42

    Kapitel 43

    Kapitel 44

    Kapitel 45

    Kapitel 46

    Kapitel 47

    Kapitel 48

    Kapitel 49

    Kapitel 50

    Kapitel 51

    Kapitel 52

    Kapitel 53

    Kapitel 54

    Kapitel 55

    Kapitel 56

    Kapitel 57

    Kapitel 58

    Kapitel 59

    Kapitel 60

    Kapitel 61

    Kapitel 62

    Kapitel 63

    Kapitel 64

    Kapitel 65

    Kapitel 66

    Kapitel 67

    Kapitel 68

    Kapitel 69

    Kapitel 70

    Die Fahrt nach San Diego

    San Diego Ghost

    Der König von San Diego

    Wieder war es soweit, der kleine Sunny aus Hollywood fuhr mit seiner Mami nach San Diego, weil die Großmutter Geburtstag hatte. Die beiden wollten einen Geburtstagskranz auf das Grab der Großmutter legen und ein wenig bei ihr verweilen. Darauf hatte sich Sunny schon seit Tagen gefreut. Er hatte seine Großmutter so lieb und war damals so traurig, als sie starb. Er erinnerte sich so gern an die schöne Zeit, als sie noch lebte und so gern wäre er viel öfter in dieser wunderschönen Stadt. Aber er lebte ja in Hollywood, und das war schließlich die Stadt der Träume. Und vielleicht fiel ihm ja noch etwas anderes ein, um öfter in San Diego sein zu können. So fuhren die beiden über den großen breiten Freeway nach San Diego und Sunny legte mit Tränen in den Augen einen herrlichen Blumenkranz auf Großmutters Grab. Dabei war ihm, als sei sie in diesen Minuten ganz nah bei ihm. Er konnte es sich nicht erklären, aber er kannte dieses Gefühl sehr genau. Denn es war das gleiche Gefühl, welches er immer hatte, wenn sein lieber Papa bei ihm war. Lange saßen er und seine Mami noch neben der kleinen Grabstelle und erinnerten sich an all die vielen schönen Erlebnisse, die sie damals mit der Großmutter hatten. Schließlich liefen sie wieder an der kleinen Bar vorüber, in welcher die Großmutter so oft war. Davor stand ein Mann, der ein sonderbares Königskostüm trug. Niemand nahm Notiz von ihm und er stand nur einfach da und schaute traurig auf das weite Meer hinaus. Der kleine Sunny stellte sich neben ihn, und als die Mami ihn ermahnte, doch weiter zu laufen, sprach er den vermeintlichen König an: „Sag mal, bist Du wirklich ein richtiger König?" Dabei schaute er den verkleideten Mann mit großen Augen an und wartete gespannt auf eine Antwort. Doch es kam keine, der Mann starrte nur immer schweigend aufs Meer hinaus und die Mami zog Sunny schließlich am Ärmel.

    Sunny blieb nichts weiter übrig, als weiter zu laufen, doch er musste andauernd an den traurigen König denken. Immer wieder drehte er sich nach ihm um und entdeckte plötzlich, dass der sich doch nach ihm umschaute. Freudestrahlend winkte ihm Sunny zu, und als der zurückwinkte, riss sich Sunny von seiner Mami los und rannte noch einmal zu ihm zurück. Die Mami hatte aufgegeben, ihren kleinen Sohn erneut zu ermahnen, setzte sich auf eine Bank in der Sonne und schloss ein wenig die Augen. Unterdessen stand Sunny wieder bei dem fremden Mann und wollte mit ihm sprechen. „Seit wann stehen Sie denn hier?, fragte er den Fremden. Der vermeintliche König schaute Sunny an und antwortete: „Schon seit heute Morgen. Ich warte auf Leute wie Dich, damit ich sie aufheitern kann.. Sunny musste tatsächlich lachen, aber nicht über das bunte Königskostüm des Fremden, sondern über dessen Erklärung. Immerhin hatte der ja selbst so traurig geschaut und Sunny konnte gar nicht glauben, dass er zur Aufheiterung der Leute vor der kleinen Bar stand. „Das stimmt ja gar nicht!, sagte er frech, „Du hast ja gar nicht gelacht, sondern ganz traurig geguckt. Ich hab´s genau gesehen! Der Fremde, der sich ertappt fühlte, meinte mit hängendem Kopf, dass er arbeitslos sei und eigentlich auch gar nichts zu lachen hätte. Außerdem hatte man ihm aufgetragen, an dieser Stelle die Leute zu animieren, um in die Bar zu kommen. Wenn er es nicht täte, dann würde man ihm nichts mehr zahlen und er würde wohl oder übel irgendwann verhungern. Sunny tat das sehr leid, doch er sagte: „Dann solltest Du aber auch wirklich lachen, sonst kommt ja eh keiner. Der Fremde sah das natürlich ein und rückte umständlich seine viel zu weiten Königskleider zurecht. Dann stellte er sich kerzengerade vor Sunny auf und versuchte, zu lachen. Doch es gelang ihm einfach nicht. Stattdessen liefen ihm dicke Tränen übers Gesicht. Sunny konnte sich das alles nicht mehr länger mit ansehen. Und nachdem er einen verstohlenen Blick zu seiner Mami auf der Bank warf und feststellte, dass die noch immer die warme Sonne genoss, rief er: „Dann muss ich Dir eben helfen! Komm, gib mir mal die Königskrone und den bestickten Umhang. Ich zeig Dir, wie man das macht! Ach so … mein Name ist übrigens Sunny! Der Fremde stellte sich ebenfalls vor, meinte, dass er Clark hieße, nahm schleunigst die Krone vom Kopf und setzte sie Sunny auf. Dann warf er ihm den bunten Umhang über die Schulter und stellte fest, dass der einfach viel zu lang war. Sunny aber war das vollkommen egal. Zu allem entschlossen zog er den langen Umhang hinter sich her und kehrte damit offensichtlich den schmalen Eingansbereich vor der kleinen Bar sauber. Dabei musste er so herzhaft lachen, dass ein Passant in einem vornehmen Anzug stehen blieb und den kleinen Jungen fragte, warum er so fröhlich sei.

    Sunny schaute dem Mann mitten ins Gesicht und meinte dann ungerührt: „Sieht man das nicht? Ich bin der König von San Diego und das Haus hinter mir ist meine Bar. Wenn Sie Lust haben, dann kommen Sie doch mal rein. Hier treffen sich all die Leute, die gerne lachen!" Der Mann staunte und musste dann ebenfalls laut lachen. Doch dann meinte er, dass er den König von San Diego noch gar nicht kannte. Er wollte ihn näher kennenlernen und fand es einfach großartig, dass dieser vermeintliche König noch so klein war.

    So einen König hatte er wirklich noch nie gesehen. Außerdem fand er diese Idee einfach großartig … ein König in San Diego … warum eigentlich nicht? Clark stand hinter der Häuserecke und beobachtete neugierig das schier unglaubliche Geschehen. Hatte er es in den ganzen vergangenen Tagen nicht ein einziges Mal fertiggebracht, die Leute zu animieren, schaffte es dieser kleine kecke Junge innerhalb von wenigen Minuten, die Leute auf sich aufmerksam zu machen! Sunny, der alle Hände voll mit seinem viel zu langen Umhang zu tun hatte, stellte sich dem gut gekleideten Mann vor und meinte, dass er eigentlich aus Hollywood käme. Da stellte sich auch der Mann vor und sagte: „Ich bin kein König, aber der Bürgermeister dieser schönen Stadt, und wenn Du willst, dann machen wir Dich tatsächlich zum König! Das wäre wirklich eine wunderbare Attraktion!" Sunny stutzte, wäre am liebsten im tiefsten Keller verschwunden und hätte sich dort irgendwo in einer dunklen Ecke versteckt.

    Denn das ausgerechnet der Bürgermeister von San Diego vor ihm stand und ihn in dieser Maskerade sah, war ihm absolut nicht recht. Er musste dringend aus dieser verrückten Nummer raus und erzählte dem Bürgermeister, dass er mit seiner Mami oft nach San Diego käme, weil hier das Grab seiner lieben Großmutter sei.

    Und der Bürgermeister hörte sich alles an und freute sich, dass dieser kleine Junge so aufmerksam war. Er winkte Sunnys Mami, die noch immer auf der Bank saß, zu und lud Sunny mitsamt seinem Königskostüm zu einem kleinen Fest am Nachmittag ein. Er brauchte dazu nur wieder hierher zu dieser kleinen Bar zu kommen, dann würde er schon sehen … Sunny freute sich natürlich riesig, konnte allerdings nicht versprechen, ob auch seine Mami damit einverstanden war.

    Der Bürgermeister aber war sich ganz sicher, dass Sunny kommen würde, und verabschiedete sich von ihm. Sunny suchte nach Clark, von dem er das Kostüm hatte, und fand ihn schließlich in der kleinen Bar. Er bat Clark, dass er ihm das Kostüm für einen Nachmittag überließ.

    Er würde es nach der Feier selbstverständlich zurückgeben. Clark war einverstanden, wenngleich er nicht so genau wusste, ob er da noch wach war. Denn der Whisky schien ihm wohl ziemlich gut zu schmecken … So schnell er konnte lief Sunny zu seiner Mami und erzählte ihr von dem Bürgermeister und der Einladung. Die Mami war einverstanden und meinte, dass sie dann eben abends wieder heimfahren würden, wenn die Feier vorüber sei. Sunny freute sich schon riesig auf den Nachmittag. Bis es soweit war, spazierten die beiden am Hafen entlang und aßen ein riesengroßes wohlschmeckendes Erdbeereis. Am Nachmittag liefen sie zur kleinen Bar zurück.

    Sunny war ganz aufgeregt und schon von Weitem sah er die aufgebaute Bühne vor der Bar. Dutzende Menschen waren gekommen und der Bürgermeister stand auf der Bühne und winkte Sunny freudestrahlend zu. Er rief den kleinen Jungen sogleich nach oben und bat ihn, die Königskleider anzulegen. Sunny, der die Sachen in einem Beutel bei sich trug, kramte sie heraus und zog sich schnell hinter einem großen Paravent um. Als er sich wieder zeigte, waren unzählige bunte Scheinwerfer auf ihn gerichtet. Der Bürgermeister klatschte laut in die Hände und da applaudierten auch all die vielen Leute, die vor der Bühne standen. Auch Clark war darunter und hatte Tränen in seinen Augen. Dass ausgerechnet sein bescheidenes Königskostüm einen solchen Erfolg hatte, konnte er einfach nicht fassen. Der Bürgermeister drückte Sunny die Hand und sprach dann ins Mikrofon: „Leute von San Diego, ab heute haben wir einen König! Es ist Sunny, der König von San Diego! Er wird mich, wenn er Zeit hat, bei meinen Amtsgeschäften unterstützen und die Gäste durch unsere Stadt führen. Seine Großmutter hatte einst hier gelebt und somit ist Sunny ja auch irgendwie mit San Diego verbunden. Also, während der Festlichkeiten am Hafen könnt Ihr alle mit dem neuen König sprechen.. Sunny war so gerührt, dass er sich andauernd die Tränen aus den Augen wischen musste. Doch dann sah er Clark, der schweigend in der Menschenmenge stand. Er sah all die vielen Leute, die ihm zujubelten und fand das alles plötzlich gar nicht mehr so lustig, Er trat ans Mikrofon und sprach leise: „Danke für diesen Applaus. Aber ich kann ja gar nicht immer bei Euch sein, denn ich komme ja aus Hollywood. Und da bin ich viel zu selten in Eurer wunderschönen Stadt. Aber während ich nicht da sein kann, überlasse ich meine Königsgeschäfte jemandem, der immer am Ort ist … mein Freund Clark! Begrüßt ihn und lernt ihn kennen! Er ist genau der richtige für diesen Job! Damit winkte er Clark zu sich auf die Bühne. Vor den Augen der Menschen zog er sein Königskostüm aus und setzte Clark letztendlich die Krone auf den Kopf. Der wusste gar nicht, wie ihm geschah. Plötzlich wurde er von so vielen Menschen angeschaut und beachtet. Das hätte er sich nie ihm Leben träumen lassen. Er war nicht mehr arm und arbeitslos – er war nun König von San Diego – welch ein Wunder! Der Bürgermeister verstand Sunny natürlich und wünschte Clark ganz viel Erfolg bei seiner neuen Arbeit. Clark war überglücklich, denn nun hatte er endlich wieder eine Aufgabe. Er war König und unterstützte den Bürgermeister bei dessen wichtiger Arbeit, wie er nur konnte. Sunny umarmte Clark und wünschte ihm viel Glück. Dann verließ er die Bühne und der Bürgermeister schaute ihm traurig nach. Solch einen aufgeweckten mutigen Jungen hatte er wirklich noch nie gesehen. Sunny ging zu seiner lieben Mami, die in der Menschenmenge wartete, und drückte sie ganz fest. Dann winkte er den Leuten noch einmal zu und Clark schaute weinend dem kleinen Jungen hinterher, als dieser mit seiner Mami den Platz vor der kleinen Bar verließ. Als die beiden schließlich den langen Weg zurück nach Hollywood antraten, schaute Sunny noch einmal zurück. Zwischen den Bäumen, unterhalb des Highways entdeckte er für einen kurzen Moment die Großmutter, die ihm lächelnd zuwinkte. Und Tage später erfuhr er, dass der Urahn der Großmutter einst selbst König war:

    König in San Diego!

    1.

    Seit kurzer Zeit lebte Tim auf dem Lande. Er hatte ein kleines Häuschen von seinen Großeltern geerbt und fühlte sich dort pudelwohl. Leider gab es nur einen Nachteil, den er im Moment jedoch leider nicht abstellen konnte. Um frisches Wasser zu bekommen, musste er zu einer nahen Quelle laufen. Dort sprudelte frisches kaltes Wasser. Beinahe täglich ging Tim dorthin und war glücklich, dass es diese Quelle gab. Im Keller des alten Häuschens entdeckte er einen großen steinernen Krug. Er fand, dass sich dieses Gefäß hervorragend eignete, um das Wasser von der Quelle ins Haus zu transportieren. Die Eimer, die er besaß, waren zu klein und er musste zu oft gehen. Mittlerweile war es Sommer geworden und die Hitze drückte gnadenlos vom Himmel herab. Jeden Tag musste er mehrmals mit dem großen Krug zu der kleinen Quelle laufen, um Wasser zu holen. Auch an einem brütend heißen Sonntag war das wieder so. Das Wasser, welches Tim am Vorabend geholt hatte, ging schnell zu Ende. Schon am Morgen musste er wieder zur Quelle. Er füllte den großen Krug und tapste über die große Wiese zurück zu seinem Haus. Es war wirklich unerträglich heiß und Tim schwitzte, wie lange nicht mehr. Doch es half nichts, der Krug musste zum Haus gebracht werden.

    Plötzlich jedoch schwankte der Krug und entwickelte eine Art Eigenleben. Er ruckelte und zuckte, vibrierte und sprang in seinen Händen hin und her. Tim versuchte, ihn festzuhalten. Doch es gelang ihm nicht – er entglitt ihm schließlich und fiel ins Gras. Sämtliches Wasser floss aus ihm heraus und Tim musste wohl oder übel noch einmal los laufen, um den Krug zu befüllen. Bis unter den Rand ließ er das klare Wasser hinein plätschern. Dann nahm er den Krug fest in beide Hände und schleppte ihn über die Wiese. Mittlerweile war er derart ins Schwitzen gekommen, dass es ihm schon übel wurde.

    Er hatte Angst, einen Sonnenstich zu bekommen. Doch der Krug musste heim! Aber es geschah genauso, wie eben. Mitten auf der Wiese begann der Krug in seinen Händen zu vibrieren und riss sich regelrecht von ihm los. Tim hatte den Eindruck, der Krug wollte nicht bei ihm bleiben. Irgendeine Kraft riss ihn Tim aus den Händen. Erneut fiel er auf die Wiese und alles Wasser ergoss sich über die Pflanzen und versiegte schließlich schnell in der ausgetrockneten Erde. Tim konnte sein Pech nicht verstehen, hielt er doch den Krug so wie immer in den Händen … fest und sicher. Das eigenartige Vibrieren und Rucken konnte er sich einfach nicht erklären. Vielleicht lag das ja an der starken Hitze, dass er plötzlich schwach wurde und den Krug losließ? Da er jedoch dringend das Wasser brauchte, musste er noch einmal zu der Quelle gehen. Wieder ließ er den Krug mit Wasser volllaufen. Und wieder trug er ihn über die Wiese. Und wieder vibrierte es unerträglich in seinen Händen und Tim konnte den Krug nicht mehr halten. Der Krug fiel auf die Wiese und prallte dabei auf einen harten Stein. Laut scheppernd zerbrach er und Tim starrte auf die zahllosen Scherben im Gras. Womit sollte er nun Wasser holen? Vielleicht mit all seinen Eimern … er musste sie schnellstens holen. Als er so nachdachte, sah er eine kleine Maus durchs Gras hüpfen. Sie labte sich an einem Rest Wasser, welches sich in einer Scherbe des zerborstenen Kruges befand. Tim beobachtete das kleine Mäuschen und blieb ganz ruhig stehen, um es nicht zu erschrecken. Doch plötzlich torkelte die Maus und fiel leblos um. Tim erschrak sich fürchterlich. Was war mit der kleinen Maus nur geschehen? Sie hatte doch nur. Ein furchtbarer Gedanke schoss ihm durch den Kopf … sollte das Wasser etwa. Er entschloss sich, ins Dorf zu fahren, um dort seine Beobachtung zu schildern. Die tote Maus wickelte er vorsichtig in ein Taschentuch und nahm sie mit. Es stellte sich heraus, dass das Quellwasser vergiftet war. Ein nicht weit entfernter Chemiebetrieb hatte eine Havarie. Größere Mengen giftiger Chemikalien sind dabei in den Erdboden gelangt und bis zur Wasserader der Quelle gesickert. Die Quelle wurde sofort gesperrt und gesichert. Glücklicherweise kam niemand zu schaden. Doch wäre Tim der Krug nicht aus den Händen gefallen … nicht auszudenken, wenn er von dem vergifteten Wasser getrunken hätte.

    Schon nach wenigen Tagen erhielt er seinen Wasseranschluss. Bis dahin trank er Mineralwasser aus dem Supermarkt. Als er eines Tages in den Keller ging, um einen Wasserschlauch an einen seiner neuen Wasserhähne anzuschließen, wunderte er sich sehr. In der Ecke stand sein alter Krug. Und er war nicht zerbrochen und hatte auch keine Risse …

    2.

    Stacey und Jody waren eng befreundet. Sie waren noch sehr jung und unternahmen sehr viel miteinander. Doch am tollsten fanden sie es, abends über den Friedhof spazieren zu gehen. Es war zugegebenermaßen ein recht ungewöhnliches Hobby, welchem sie sich verschrieben hatten. Doch sie hatten mit dem alten Friedhofsverwalter abgesprochen, wenn auf einem Grab die Blumen oder Einpflanzungen nicht ganz in Ordnung waren, diese wieder anständig auf die Gräber zu stellen. Auch an jenem düsteren Novemberabend des Jahres 1995 trieben sich die beiden Mädchen mal wieder stundenlang auf dem Friedhof herum.

    Eigentlich war ihnen nicht sehr wohl zumute, doch sie hatten eine Menge Spaß, als sie sich über die neuesten Erlebnisse mit den Jungs aus ihrer Clique unterhielten. Es wurde immer dunkler und die beiden hatten sich so richtig verquatscht. Erst als die Uhr auf dem Gebäude der Friedhofsverwaltung schlug, schauten sie erschrocken auf ihre Armbanduhren. Es war bereits zwanzig Uhr und sie mussten dringend ins Wohnheim ihrer Universität. Gespenstisch pfiff der Wind um die alten Grabsteine und verfing sich im morschen Geäst der umstehenden Eichen. Die Geräusche, die sie plötzlich hörten, versetzten sie in Angst und Schrecken. Es knisterte und knackte ganz in ihrer Nähe. Noch nie waren sie so lange auf dem Friedhof unterwegs. Sie liefen los und durchquerten das Gelände.

    Allerdings mussten sie durch ein Areal des Friedhofs, welches etwas abseits lag und schlecht einsehbar war. Dort standen die ältesten Grabsteine und manches Grab wurde seit Jahren nicht mehr gepflegt. Die beiden Mädchen wussten genau, was ihnen bevorstand, denn nur ungern gingen sie durch diese alten Grabstellen. Sie hielten sich an den Händen fest, und als es schließlich auch noch zu regnen begann, hielten sie es vor Kälte und Gruseln einfach nicht mehr aus. Sie husteten schon und hatten noch immer ein gehöriges Stück Weg vor sich. Plötzlich endete der Weg. Und obwohl sie wussten, wo sie hinwollten, schien es doch nun, als ob sie sich verirrt hätten.

    Sie standen zwischen den alten Grabsteinen und schauten sich ängstlich um.

    Überall starrten sie die kalten steinernen Gesichter der Figuren an, die einst auf den Grabstellen befestigt wurden. Und im düsteren Licht einer einsamen hin- und herpendelnden Laterne verschwammen die Schatten dieser Figuren ganz merkwürdig und bildeten furchtbare und verzerrte monsterähnliche Silhouetten. Die Mädchen standen unschlüssig und zitternd vor der Wiese und wollten gerade wieder umkehren, um den rechten Weg zu suchen. Da bemerkten sie zwischen den alten Grabsteinen zwei rote Lichter hindurch blinken. Sie ahnten bereits, was das zu bedeuten hatte. Doch sie wollten es nicht glauben. Denn einen Teufel hatten sie noch nie gesehen. Und auf einem Friedhof schon gar nicht.

    Trotzdem war ihnen die Sache nicht geheuer. Nur, wohin sollten sie fliehen? Sie wussten ja den Rückweg nicht mehr. Stacey zog ihr Handy aus der Jackentasche.

    Doch es war wie verhext … das Handy hatte keinen Empfang. Und egal, wo sie sich auch postierte, nirgends bekam ihr Handy das erforderliche Netz. Und Jody trug überhaupt kein Handy bei sich. Den beiden wurde eiskalt und ihnen lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Denn immer wieder tauchten die beiden roten Lichter vor ihnen auf. Vollkommen verängstigt versteckten sie sich hinter einer hohen Grabstele. Stacey schaute nach oben und entdeckte einen entsetzlichen Vogel, der in Stein gehauen auf der Stele thronte. Er hatte ein böses Gesicht, doch Genaueres konnten die beiden nicht erkennen. Denn es war einfach zu dunkel.

    Das düstere Licht der Laterne begann zu flackern. Die Mädchen hatten Angst, dass es verlöschen könnte. Doch sie wollten ihr Versteck nicht aufgeben. Zu groß war die Angst, dem Teufel zu begegnen. Aber so oft sie auch hinter der Stele hervorschauten, immer sahen sie die beiden roten Lichtpunkte vor sich. Sie schwebten über der Wiese, nicht weit von ihnen entfernt. Plötzlich verschwanden sie und an deren statt ertönte ein merkwürdiges Zischen. Die Mädchen zitterten vor Angst und hielten sich aneinander fest. Vermutlich war ihnen der Teufel schon dicht auf den Fersen und würde sich in Kürze brüllend auf sie stürzen. Die Laterne flackerte immer stärker und spendete kaum noch Licht. Es reichte einfach nicht aus, um zu erkennen, worum es sich bei den roten Lichtern handelte. Plötzlich vernahmen sie Stimmen und erschraken fürchterlich. Sie versteckten sich hinter einem dichten Gebüsch und hielten sich aneinander fest. Und plötzlich hörten sie jemand sprechen: „Hallo, sind Sie da? Ich weiß, dass Sie hier sind. Hallo!" Die Mädchen glaubten schon, ihr Ende sei in greifbarer Nähe, da erkannten sie die Stimme. Es war der Friedhofsverwalter.

    Er suchte wohl schon nach den beiden Mädchen. Denn sie hatten ihre Fahrräder am Friedhofsgebäude abgestellt und der Verwalter, der noch einmal ins Büro wollte, um etwas zu holen, hatte sie bemerkt. Vermutlich machte er sich Sorgen, weil er die beiden Mädchen kannte und genau wusste, dass sie noch nie so viel Zeit auf dem Friedhof verbrachten. Er kam ihnen schon entgegen und es war seine Taschenlampe, welche dieses seltsame Licht verbreitete. Der Verwalter meinte, dass er wegen eines Augenfehlers nur mit diesem rötlichen Licht etwas in der Dunkelheit erkennen konnte. Die beiden Mädchen allerdings fanden das schon sehr sonderbar. Der Verwalter begleitete sie noch bis zum Friedhofsgebäude. Dort dankten ihm die Mädchen noch einmal für die Hilfe. Ohne ihn hätten sie den Weg ganz sicher nie gefunden. Und Stacey bemerkte noch lakonisch: „Nur gut, dass wir ein Kreuz umhängen haben. Da konnte uns wenigstens der Teufel nichts anhaben.". Der Friedhofsverwalter lächelte ganz merkwürdig und schaute den beiden Mädchen misstrauisch nach, als diese schließlich mit ihren Fahrrädern den Friedhof verließen.

    Als sie fort waren, verschlechterte sich das Wetter mehr und mehr. Der Friedhofsverwalter aber zog sich seine schwarze Kapuze über den Kopf und lief langsamen Schrittes zwischen den Gräbern entlang. Dabei leuchteten seine Augen plötzlich feuerrot auf und aus seinem Mund zischte eine grelle Flamme.

    Schließlich verschwand er in der großen alten Stein-Stele mit dem furchterregenden Vogel obendrauf. Man hatte ihn nie wieder gesehen …

    3.

    Seit vielen Jahren lebte der Fürst, Sir Heidolf schon auf seinem wunderschönen Schloss in den Bergen. Er war schon alt, doch ging er mit der Zeit und hatte sich erst kürzlich eine sündhaft teure Luxuslimousine zugelegt. Die jedoch fraß beinahe sein ganzes Vermögen auf. Über die Jahre hatte er viele Schätze in seinem alten Schloss angehäuft, die er allerdings nach und nach wieder versetzen musste.

    Doch der allergrößte Schatz war ohne Zweifel seine Tochter Melanie. Sie zählte achtzehn Jahre und sollte nun verheiratet werden. Und obwohl sich die Zeiten stark verändert hatten, suchte der Fürst seit Langem einen passenden Prinzen aus einem fernen Lande, der seiner Tochter ebenbürtig sein sollte. Aber es war schwer, jemanden bei seinen zahlreichen Auslandsaufenthalten zu finden. Die Etikette verbat, dass er sich für seine Tochter auf Brautschau begab. Außerdem wollte

    er es so geheim wie nur möglich angehen lassen. Eines Tages aber meldete sich ein sehr gut aussehender junger Mann im Schloss. Er gab vor, aus dem fernen Russland zu kommen und ein Prinz zu sein.

    Als Sir Heidolf von ihm wissen wollte, welchem Königshaus er angehörte, zögerte der junge Mann zunächst mit seiner Antwort. Doch dann klärte er den Fürsten auf, dass er Lord Nikki von Arnulfstein sei und über ein sagenhaftes Vermögen, in Höhe von sage und schreibe 1,3 Milliarden Dollar verfügte. Dem Fürsten verschlug es beinahe die Sprache und er fand die Art und Weise, wie auch die Zurückhaltung des vermeintlichen Prinzen sehr anständig. Er wollte ihn deswegen unbedingt als seinen Nachfolger deklarieren. Außerdem wollte er seine Amtsgeschäfte und das Schloss endlich einem Erben übergeben, der auch das Anwesen wieder gehörig auf Vordermann bringen würde. Melanie jedoch, die den Prinzen bereits heimlich beobachtete, wollte ihn nicht. Sie wollte gar nicht erst mit ihrem Vater darüber sprechen, doch der Fürst ließ nicht mit sich reden. Und nachdem er sich den ganzen Tag zurückgezogen hatte, um nachzudenken, unterbreitete er am Nachmittag seiner Tochter schließlich den lang durchdachten Entschluss. Er wollte, dass Melanie diesen jungen Prinzen heiratete. Bis zur Hochzeit sollte er nun als Gast im Schlosse weilen. Ihm wurde ein gemütliches Zimmer im Westflügel des Schlosses hergerichtet, in welches er mitsamt seiner Habe, die er sich später nachschicken ließ, einzog. Doch schon eine Woche später war die sprichwörtliche Hölle los.

    Aufgeregt lief das Personal durch die Gänge des Schlosses, und alle hatten nur ein einziges Thema … der Anwärter auf die Hand der Fürstentochter war tot! Man fand ihn leblos in seinem Bett liegend, und in seiner Brust steckte ein Dolch. Das fatale an der Angelegenheit aber war, dass dieser Dolch ausgerechnet dem Fürsten selbst gehörte. Er war eine Trophäe, die sich seit dreihundert Jahren von Generation zu Generation weiter vererbte. Der Fürst war vollkommen außer sich und plapperte den ganzen Morgen lang nur wirres Zeug. Als ihn schließlich Kommissar Spencer von der Kripo verhörte, redete sich der Fürst um Kopf und Kragen. Nervös und ängstlich gab er zu, dass es sich um seinen eigenen Dolch handelte und das er am Abend noch im Zimmer des jungen Prinzen war, um mit ihm zu sprechen. Bei diesem Gespräch überschrieb der Prinz dem Fürsten sogleich eine größere Geldsumme, damit die Hochzeit und alle sonstigen Auslagen beglichen werden konnten.

    Zudem sollte die Fürstentochter Melanie sofort einen Betrag von mehreren Millionen Dollar erhalten, damit sie vorm Altar auch wirklich „Ja" sagte. Da überdies das Schloss des Fürsten dringend renovierungsbedürftig war und auch schon Personal entlassen werden musste, weil das Geld ausging, hatte er nun auch ein Motiv. Spencer vermutete, dass die vermeintlichen Mühen des Fürsten, der Tochter Melanie einen Mann zu versorgen, nur einen einzigen Sinn hatten … nämlich den, einen reichen Mann zu finden, um sich dann an seinem Geld zu bedienen. Dennoch passte das alles nicht so recht zusammen. Denn es wäre ja viel zu offensichtlich, wenn sich der Fürst am Geld eines Ermordeten labte. Außerdem war die Fürstentochter noch nicht einmal mit dem Prinzen verheiratet. Es wäre doch viel besser, wenn der Geldgeber am Leben bliebe und irgendwann eines natürlichen Todes starb, während das Schloss auf Vordermann gebracht wurde.

    Nein, der Tod des jungen Prinzen musste einen völlig anderen Hintergrund haben.

    Hatte vielleicht Melanie selbst …? Doch warum hätte sie das tun sollen? Sie wäre ja reich verheiratet worden und würde im Falle einer Trennung auf keinen Fall verarmen. Auch diese Vermutung schob Spencer schnellstens beiseite. In diesem Schloss musste es irgendein Geheimnis geben. Als der Dolch auf Fingerspuren untersucht wurde, fanden sich keine darauf. Hatte sie der Täter bereits abgewischt? Dem Kommissar fiel jedoch eine schwarz gekleidete Zimmerfrau auf. Sie war die Einzige, die trotz des wirren Durcheinanders im Schloss schweigend durch die Gänge schlich. Sie war schon alt und ihr Gesicht zeigte tiefe Falten.

    Spencer beobachtete sie genau. Doch sie schien das zu bemerken und fragte ihn: „Ich sehe, dass Sie mich immerzu beobachten. Haben Sie vielleicht schon einen bestimmten Verdacht?" Spencer war professionell genug, um zu wissen, dass er dieser Frau die Wahrheit sagen musste.

    Wenn er flunkerte oder ihr etwas vormachen wollte, würde sie es sofort bemerken. Er gab zu, dass er darüber nachdachte, wie sie zu dieser Sache stünde. Die Kammerfrau senkte den Kopf und sprach leise ein Gebet. Dann schaute sie den Kommissar nachdenklich an und sagte: „Ich muss Sie enttäuschen. Ich habe den jungen Herrn nicht erstochen. Doch ich weiß von einem Geheimnis, welches wie ein Fluch über diesem Schlosse liegt. Vor dreihundert Jahren wurde auf dem Schloss schon einmal jemand ermordet.

    Es war eine Kräuterhexe, deren Name mir leider unbekannt ist. Sie lebte lange hier. Doch bevor sie auf dem Scheiterhaufen verbrannte, sprach sie einen bösen Fluch. Ihre Überreste wurden auf dem alten Friedhof, der sich einst hier befand, beerdigt. Doch wenig später wurde der Friedhof eingeebnet. Nichts sollte mehr an die alte Kräuterhexe erinnern …".

    Spencer wusste nicht so genau, ob er der alten Kammerfrau glauben sollte oder nicht. Immerhin hatte er sich schon einige skurrile Aussagen zu diesem Fall anhören müssen. Doch von einem alten Friedhof hatte bisher noch niemand gesprochen. Er ließ sich die alten Baupläne des Schlosses zeigen und stellte fest, dass es im Jahre 1703 tatsächlich eine solche Baumaßnahme gab. Außerdem war deutlich sichtbar, dass sich zuvor an dieser Stelle ein Friedhof befand. Er wollte mehr über diese seltsame Kräuterhexe erfahren. Doch die Informationen waren spärlich. Niemand wusste so genau, ob sie überhaupt gelebt hatte, geschweige ihre Gebeine einst auf dem Friedhof begraben lagen. So musste sich Spencer allein auf die Suche begeben. Er untersuchte die alten Schlossmauern und durchsuchte die alten Katakomben, die sich unter dem Schloss befanden. Lange fand er nichts, doch eines Abends entdeckte er ein altes schmiedeeisernes Kreuz, welches verrostet und teilweise von Schutt bedeckt in einer Ecke lag. Mühsam zog er es unter dem Geröll hervor und befreite es von dem darauf befindlichen Schmutz. Er fand eine Inschrift, einen Namen, der in das Metall eingearbeitet war. Doch die Schrift war einfach nicht mehr richtig zu erkennen. Mit viel Fantasie glaubte er, den Namen Lina Essex zu entziffern.

    Doch ob es sich bei dieser Dame um die sagenhafte Kräuterhexe handelte, wusste er nicht. Noch einmal befragte er die Zimmerfrau. Doch die gab nochmals vor, den Namen der Hexe nicht zu wissen.

    Und so nahm sich Spencer vor, selbst eine Nacht in den Katakomben zu verbringen. Zwar glaubte er eher nicht an überirdische Mächte, an Hexen und böse Zauber. Doch ein seltsames Gefühl veranlasste ihn, diese letzte Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Dazu holte er sich die Geisterseherin Liane Hartford ins Schloss. Ihr eilte der Ruf voraus, sie spürte sogar die schwächsten Erdstrahlen auf und könnte gute und bösartige Geister sehen. Miss Hartford war eine junge, sehr gut aussehende Frau, die eigentlich mitten im Leben zu stehen schien. So wunderte sich der Kommissar, dass sich diese Dame mit Zauberei und Geistern befasste. Doch Miss Hartford beruhigte ihn. Sie meinte, dass sie lediglich die Energie spürte, die von diversen Objekten ausging, mehr nicht. Sie sagte, dass zu ihrer Tätigkeit keine große Zauberei und schon gar keine übernatürliche Hexerei gehörten. Gemeinsam schritten sie die alten verwitterten Steintreppen ins Kellergewölbe hinab. In dem Raum, wo der Kommissar das eiserne Kreuz gefunden hatte, stellten sie ihre Liegestühle auf und richteten sich für die Nacht ein. Miss Hartford hatte etliche elektronische Gräte mitgebracht, die sie an den rauen Felswänden platzierte. Sie schloss die Geräte an einen merkwürdigen Oszillografen an, von dem sie meinte, er würde die Energiestrahlen messen und schließlich auch aufzeichnen. Eher misstrauisch beobachtete Spencer die Aktivitäten der Seherin.

    Draußen tobte unterdessen ein heftiges Gewitter und das eindringende Regenwasser lief an den Felswänden hinunter.

    Es war kalt und feucht und sehr unbehaglich. Doch die beiden harrten eisern in dieser halbdunklen Einsamkeit der Katakomben aus. Bis Mitternacht verging die Zeit recht schnell. Miss Hartford saß vor ihrem Oszillografen und wertete die Kurven aus. Schließlich drehte sie sich zu Spencer um und meinte, dass sie noch nichts bemerkt habe, was auf eine erhöhte Energie oder auf eine Geistererscheinung hindeutete. Spencer rollte mit seinen Augen und stöhnte. Sollte das Ganze vielleicht doch der falsche Weg gewesen sein? Aber wie sollte er sich sonst auf die Spuren einer Kräuterhexe begeben, bei welcher er ja nicht einmal wusste, ob es sie überhaupt gab? Gerade fielen ihm die Augen zu, da zischte plötzlich Miss Hartford: „Da … da ist was! Ich sehe es genau! Starke Energiefelder sind im Raum! Sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf eine stark ausschlagende Kurve. Verständnislos beäugte sich Spencer die Kurve und sagte dann gelangweilt: „Na und … das sagt noch gar nichts. Doch Miss Hartford schien vollkommen aus dem Häuschen zu sein. Immer wieder deutete sie auf die heftig ausschlagende Kurve und schloss schließlich ihre Augen. Dann flüsterte sie beschwörend: „Wir müssen jetzt ganz still sein, sonst vertreiben wir sie wieder. Sie ist hier. Lina

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