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Kasachstan: Im Hauch des Todes
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eBook324 Seiten4 Stunden

Kasachstan: Im Hauch des Todes

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Über dieses E-Book

Ein amerikanischer Agent bekam den Auftrag einem Doppelagenten, der auch für die Russen arbeitete, das geheime Datenmaterial zu entwenden und den Doppelagenten zu töten. Man vermutete, seine Flucht würde diesen in seine Heimatstadt führen. Sie befand sich im Osten von Kasachstan. Sein Diebstahl war nach seiner Abreise entdeckt worden. Nur mit dürftigen Informationen ausgerüstet, nahm Erik das Flugzeug. Er konnte seinen Auftrag durchführen. Doch die Rückkehr musste er in der Kleidung von Einheimischen auf dem Landweg antreten, immer darauf bedacht, nicht in die Hände des KGB zu fallen. Völlig erschöpft, schmutzig und unrasiert kam er ohne Geld nach Mitteleuropa zurück. Sein Versprechen, gesund zurückzukehren, hatte ihn das Unmögliche durchführen lassen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Dez. 2022
ISBN9783347785724
Kasachstan: Im Hauch des Todes

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    Buchvorschau

    Kasachstan - Roman Moore

    Teil I

    Ein amerikanischer Angehöriger der CIA bekommt den Auftrag, den vorzeitig abgereisten Doppelspion zu folgen und ihn in Kasachstan auf eine Reise ohne Wiederkehr zu senden. Nolan war einst sein Gefährte gewesen. Man war Bruce Nolan bei einer nicht vorhergesehenen Durchsuchung seiner Unterkunft auf Unterlagen von Aufzeichnungen über ein neues U-Boot gestoßen, Dossiers, die allgemein als topsecret bezeichnet wurden und nur wenigen bekannt waren. Brooks sprach die russische Sprache nahezu perfekt, darunter auch jene Teile, die häufig auf der Straße gesprochen wurden. Außerdem kannte er auch andere Sprachen, die man in jenen Teilen der Welt zu sprechen pflegte. Mit fast vierzig Jahren und lange erfolgreich bei unterschiedlichen Einsätzen, schien er der passende Mann zu sein. Türkisch von den Lippen abzulesen, bereitete ihm keine Schwierigkeiten.

    Doch alle diese Kenntnisse halfen ihm in Wien nicht weiter. Bis dorthin war ihm die Flucht nach erfolgtem Auftrag gelungen. Er besaß nur wenige Euros. Nach Verkauf seiner teuren Uhr auf einem bekannten Platz im zweiten Bezirk, Nähe der Reichsbrücke, besaß er einen lächerlichen Betrag. Sein Konto in der Schweiz nützte ihm wenig. Auch nicht die ungeschliffenen Diamanten, die er im Absatz seines rechten Stiefels versteckt hatte. In dieser Stadt kannte er keinen Juwelier, den er vertrauen konnte. In einem kleinen Hotel linker Hand der Donau hatte er ein Zimmer gefunden. Dort war er vorerst sicher. Man kümmerte sich wenig um seinen vorgezeigten Ausweis, der ihn als Erik Mayer bezeichnete. Auf seiner langwierigen Flucht war er oft um Haaresbreite einer Entdeckung entgangen. Vieles, was sich seine Vorgesetzten ausgedacht und ihm aufgetragen hatten, war nicht durchführbar gewesen. In einem bequemen Stuhl zu sitzen, sich nicht, um das Raumklima und Sicherheit kümmern zu müssen, von der Verpflegung ganz zu schweigen, konnte in der Realität nicht umgesetzt werden. Im Laufe der Jahre hatte Brooks gelernt, nichts, absolut nichts dem Zufall zu überlassen. Mindestens immer zwei Schritte voraus, besser noch drei Schritte vorauszudenken. Unter Schritte sind nicht nur in diesem Zusammenhang Abschnitte zu verstehen, die oft Stunden andauern konnten.

    Während er vor seinem Espresso saß, beobachtete er die Menschen, die an jenem Tag im Jänner 2010 in einem Einkaufszentrum an ihm vorübereilten. Es kam ihm der Gedanke, ob die Dame vis-à-vis mit dem gebräunten Gesicht, die mit ihrem Sohn das Frühstück genoss, von einem Skiurlaub zurückgekehrt war oder sie ihr gutes Aussehen einem Studio verdankte. Sein Blick glitt auf ihre neuen Winterstiefel. Ob sie dort auch Diamanten versteckt hatte?

    Seine Gedanken kehrten in die Situation zurück, in der er sich befand. In die amerikanische Botschaft konnte er in seinem Auftritt nicht vordringen. Diese Kleidung eines armen Schluckers hätte die Wache nicht vorbeigelassen. Völlig undenkbar war auch, seinen CIA-Ausweis zu zeigen, der ebenfalls im linken Absatz seines Stiefels steckte. Dieser Eingang wird sicher auch aus der Entfernung ständig beobachtet. Jeglicher Beobachtung wollte er entgehen. Er begann sich zu amüsieren. Bis nach Wien war seine Flucht ohne Anhaltung gelungen.

    »Wir werden dich nicht alleine lassen«, waren die letzten Worte seines Chefs gewesen. Ihn aber zu verständigen, konnte er auch in Wien vergessen. Mit dem kleinen Geldbetrag auszukommen, das war ein Problem. Im Osten hatte er jede Arbeit bei den Landwirten angenommen, die sie ihm gegen Unterkunft und Essen vorgeschlagen haben. Doch in Österreich war es damit vorbei.

    Dagegen hatten es die Leute aus den Oststaaten leichter, die sich mit schnittigen Wagen und ausreichendem Geld in Wien vergnügten. Seine Gedanken wanderten zurück.

    Nachdem er den Doppelspion erledigt hatte, war die Flucht durch mehrere Länder ohnehin kein leichtes Unterfangen gewesen. Es fehlte ihm die normale Ausrüstung, die Bewaffnung und weitere Kleinigkeiten, die ein Überleben in der harten Natur einfacher gestalten konnten. Angereist war er als Tourist sowie jeder normale Mitteleuropäer. Doch das hatte er hinter sich gelassen. Brooks kannte Nolan nur von Bildern. Sich diese einzuprägen war erforderlich gewesen. Was er noch in den Staaten erfahren hatte, waren die Vorlieben seines Gegners, Pferde und schöne Frauen. In Karaghandy (Karaganda) vermutete man einen Wohnsitz. Die genaue Adresse hatte Brooks nicht bekommen. Dorthin zu gelangen war einfach gewesen. Der fünfzigste Breitengrad hatte dennoch seine Tücken für jene, die andere Temperaturen gewohnt waren. Besonders die kalten Nächte. Brooks verließ sein Hotel, nahm nur das Notwendigste mit sich und begab sich zur Pferderennbahn. Ohne große Hoffnung auf Erfolg, dort auf Bruce zu stoßen, begann er auf einige Pferde zu setzen. In seinem schönen Anzug zog er die Blicke auf sich. Sein Gewinn war eher mit Verlust verbunden. Ein Mann, dem er aufgefallen war, sprach ihn an. Er meinte, er soll im kommenden Rennen auf die Nummer 6 setzen, so wie er es nun machen will. Doch Brooks setzte sein letztes gewechseltes Geld auf die Nummer sieben. Das Glück war im hold gesinnt und er gewann. Bis jetzt hatte Brooks keine Zeit gehabt, sich um den Mann näher zu widmen, der ihm die Nummer sechs genannt hatte. Der Mann gratulierte Brooks und schlug ihm vor, einen Drink an der Bar zu nehmen. Sein Gegenüber versicherte, an diesem Tag habe er all das mitgeführte Geld verloren. Es waren nahezu eintausend Dollar gewesen. Brooks ging mit dem neuen Gefährten zur Bar, bestellte sich Wodka und betrachtete den Mann näher. Er war sich nicht sicher, es schien ihm Nolan zu sein. Brooks glaubte nicht an seine Glückssträhne. Die lange Fahrt in einem wackeligen Bus, das einfache Hotel und letztlich vielleicht Nol. Im Zuge der Unterhaltung erzählte ihm sein Gegenüber, erst kürzlich aus den Staaten nach Hause zurückgekehrt zu sein. Am Abend wird er Bekannte und Freunde zu einer Abendgesellschaft einladen. Darunter werden sich viele Pferdenarren und hübsche Frauen befinden. Ohne Brooks zu kennen, lud er ihn ein, ebenfalls zu kommen, sofern er nicht Wichtigeres vorhabe. Die gewonnenen zehntausend Dollar hatten Bruce schwer beeindruckt. Neugierig fragte er Brooks, weshalb er sich die Mühe gemacht hatte, soweit in ein unruhiges und keineswegs sicheres Land zu reisen. Brooks stellte sich als ein Pferdeliebhaber vor. Er hatte nie geglaubt, die genannte Summe zu gewinnen. Es war sein letztes gewechseltes Geld gewesen. Bruce versicherte ihm, er und seine Freunde werden ihm behilflich sein, nicht nur ein Pferd zu finden, das seinen Gefallen finden wird, sondern auch bei der Ausreise helfen. Er soll unbedingt am Abend kommen. Leicht betrunken verabschiedete sich Bruce. Zum Abschied erhielt Brooks eine Visitenkarte mit der Adresse. Auf der Visitenkarte schien ein ganz anderer Name auf, als der, den Brooks im Gedächtnis hatte. Brooks ließ sich fünfhundert Dollar in der Landeswährung auszahlen und ersuchte, den Rest auf eine Bank in Ungarn zu überweisen. Er kehrte zum Hotel zurück, fragte nach dem bescheidenen Mittagessen und ging anschließend auf sein Zimmer. Den angebrochenen Nachmittag verbrachte er auf dem Bett und überlegte seine Vorgangsweise am kommenden Abend.

    Griffbereit hatte Brooks seinen für den Auftrag vorbereiteten Ausweis, ausgestellt auf (Erik Mayer) in der rechten Innentasche seiner Jacke. Alle seine Ausrüstungs- und Gebrauchsgegenstände hatte Brooks von Fingerabdrücken gereinigt und dort liegengelassen, wo man sie gegebenenfalls vermuten würde. Ins Hotel zurückzukehren, war nie seine Absicht gewesen. In einer Schublade, die er sorgfältig versperrte, hinterlegte er in Landeswährung jene Summe, die dem Hotelbesitzer für die Unkosten aufkommen sollten. Den Schlüssel nahm er mit und gab ihn an der Rezeption mit der Bemerkung ab, sollte er aus nicht genannten Gründen verhindert sein, wird man in der Schublade des Tisches genug Geld finden, die für seinen Aufenthalt bestimmt waren. Man möge ihm ein Taxi bestellen.

    Der Hotelbesitzer hatte keine Angestellten, bedankte sich für den Schlüssel und telefonierte nachdem Taxi. Als das Taxi kam, legte er den Zimmerschlüssel am Pult ab und bestieg das Taxi. Der Hotelbesitzer besichtigte anschließend den Raum, in dem Brooks die Nacht verbracht hatte, ohne etwas zu berühren. Er holte das Geld aus der Schublade und wartete ab. Brooks ersuchte, den Taxifahrer zu der Adresse zu fahren, die er von Bruce bekommen hatte. Lew Kusnezow war in der Stadt eine bekannte Persönlichkeit, über dessen Arbeit man sich nicht sicher war. Desto mehr über sein Verhältnis zur Regierung, die unter der Macht der Russen, vieles durchführte, das nicht bei allen Bewohnern Gefallen fand. Als Brooks ankam, bedankte er sich beim Fahrer und hinterließ neben dem Fuhrlohn ein beträchtliches Trinkgeld. Beim Eintritt in die Villa wurde er von Sicherheitsleuten untersucht. Sie konnten logischerweise nichts finden. Seinen Ausweis musste Erik vorweisen. Man bedankte sich auf Englisch und Erik auf Ungarisch, als er seinen Pass zurückbekam. Viele der Gäste waren mit versteckten Schusswaffen gekommen, die sie alle abgeben mussten. Der Ungar hatte keine Waffen bei sich, nicht einmal ein Messer, das jedem Furcht einflößen konnte. Das hatten die Sicherheitsleute nicht erwartet. Erik wurde von Lew freudig begrüßt. Der angebotene Wodka wurde von Erik gebührend gelobt. Oft hatte er schon Wodka bekommen, dieser schmeckte aber anders. Lew stellte Erik als einen Mann vor, der beim Pferderennen einen wahren Riecher gehabt hatte. Mehr verriet er nicht. Da die meisten Gäste nicht mehr nüchtern waren, verstanden sie wenig, was Lew an diesem neuen Gast gefiel. Erik war die Musik zu laut, in der sich die betrunkenen Damen wiegten. Lew führte Erik in sein Arbeitszimmer. Ob er mit ihm eine Partie Schach spielen wollte. Die Regel war, wer als Spielteilnehmer eine Figur des Gegners schlagen konnte, durfte Wodka kosten. Erik stimmte zu. Von einem Bediensteten wurden die Gläser gefüllt. Erik hatte sich kurz im Zimmer umgesehen. Eine kleine Videokamera war auf einen Vorhang gerichtet worden, hinter dem sich ein Fenster befand. Es gab nur eine Eingangstüre, die lautlos ins Schloss fiel. Der Tisch, auf dem das Schachspiel mit Figuren aus Bernstein aufgebaut war, stand abseits. Erik wurde ein Platz angeboten, der ihm einen Überblick über das Zimmer bot. Lew saß mit dem Rücken zur Türe. Lew hatte nach Auslosung weiß. Seine Gier nach dem Wodka kam Erik gelegen. Einige Figuren hatte er bereits verloren. Ewig konnte er seinen Spielpartner nicht absahnen lassen, holte sich ein Pferd und durfte Wodka trinken. Das Pferd hätte Lew gerne behalten und machte sich an die Dame von Erik heran. Brooks hatte lange schon nicht mehr einen solchen Gegner gehabt. So einfach wollte er Lew keineswegs gewinnen lassen. In einem Augenblick, in dem Erik scheinbar gedankenverloren nach oben blickte, schüttete Lew einige Tropfen aus einer Phiole in das Glas von Erik. In der schönen Deckenstruktur konnte Erik den Vorgang beobachten. Die Phiole stand nun neben dem Schachtisch neben dem rechten Fuß des Tisches, aus der Sicht von Erik. Sie konnte von Erik nicht direkt gesehen werden. Nolan verlor eine weitere Figur und schenkte sich Wodka nach. Er musste sich auf die rechte Seite beugen, wo die Wodkaflaschen angereiht waren. Erik nützte den Moment und tauschte die Gläser. Etwas Ähnliches hatte Erik kommen gesehen. Er verzichtete auf seine Dame und Lew leerte voller Freude das Glas. Er nahm sich sogar ein weiteres Glas mit Wodka. Erik war wenige Züge vor einem Schachmatt. Er zögerte dies hinaus, während Lew weiterhin den Wodka in sich hineinschüttete. Der Bedienstete war wieder erschienen, Erik verlange weiteren Wodka. Der Bedienstete verschwand. Lew lehnte in seinem Stuhl mit halb geschlossenen Lidern. Erik stieß an den Tisch, entschuldigte sich für das Missgeschick und nahm die Phiole an sich, während er nach der verschwundenen Figur suchte. Als der Bedienstete wieder mit zwei neuen Flaschen erschien, bedankte sich Erik mit einigen Scheinen der Landeswährung. Er sagte ihm auch, er soll sich einen angenehmen Abend machen. Einschenken werden wir uns nun selber. Da Lew nicht in der Lage war mit den Flaschen einzuschenken, ohne dass etwas daneben rann, half ihm Erik. Lew bekam viel aus der Phiole und wenig Wodka. Er gewann das Spiel und rutschte auf den Teppich. Erik blockierte die Türe, holte sich den Schlüssel zum Safe, den Lew um den Hals trug und versuchte, den Tresor unter dem Vorhang zu öffnen.

    Die Jacke, die Lew getragen hatte, in die hatte er sich eingehüllt. Im Safe fand er Bündel von Banknoten, eine Schachtel, in der sich Diamanten befanden und ein anderes Behältnis vollgefüllt mit Datenträgern. Diese Datenträger zu prüfen, dazu fehlte ihm die Zeit. Er verschloss das Behältnis, verbarg die Datenträger in einem Umschlag, legte das Behältnis und die Schachtel an ihre Plätze und drückte die Tüte ins Schloss. Der Schlüssel wurde wieder Lew um den Hals gelegt und die Jacke um ihn gefaltet. Zurückschreitend nahm er seitenverkehrt vor. Sein Antlitz, noch mit dem Tuch verdeckt, sollte niemand zu Gesicht bekommen. Nun kam der schwierigste Teil. Leise öffnete er die Türe. Außer dem lauten Schnarchen der besoffenen Herren konnte er kein Geräusch wahrnehmen. Es war ungefähr zwei Uhr in der Früh Ortszeit. Erik suchte die Küche. In einem kleinen Beutel steckte er Mineralwasser und Esswaren, die überall herumlagen. Sie waren gedacht, ihm in den nächsten Stunden, vielleicht sogar Tage, den schlimmsten Hunger überwinden zu können. Seinen am Leib getragenen Anzug tauschte er mit dem, dessen Körpergröße ihm als passend erschien. Der andere war vollkommen betrunken und schlief auf einem Sofa, die Wodkaflasche in den Armen. Nun benötigte er auch einen Mantel. Sorglos hingen viele Mäntel in einem Nebenraum. Zuletzt kamen noch die Stiefel. Mit Mühe konnte er auch diese finden. Seine eigenen Schuhe steckte er in einen Abfallkorb. Eine alte Fellmütze diente als Kopfbedeckung. Die Damen schliefen ebenfalls tief. Das Haus auf der Straßenseite zu verlassen, das konnte er sich nicht vorstellen. Die Türe, die in den Garten führte, war abgeschlossen. Mit den dicken Handschuhen sperrte er sie auf, ging in den Garten und verschloss die Türe von außen. Der Schlüssel verschwand in einer Abfalltonne. Die wenigen Autos, die auf der Straße fuhren, verursachten genug Geräusch, um von der Villa zur Mauer zu gelangen, ohne dass das Verwischen seiner Spuren mit einem Besen gehört werden konnte. Der Himmel war bedeckt gewesen. Der starke Wind gab dem Halbmond nur fallweise frei. Dann kamen neue Wolken. Die Mauer zu überwinden, war kein weiteres Problem. Er befand sich auf einer anderen Straße. Nun musste er versuchen, an den Stadtrand zu gelangen. Spätestens um sieben Uhr würden die Reinigungsfrauen kommen. Sie werden den am Boden liegenden Lew vorfinden. Vielleicht vorerst nicht berühren, vielleicht zudecken. Aber ewig wird er nicht am Boden bleiben können. Er wird als ein Toter erkannt werden. Erik sagte sich, bis dahin darf ich niemanden begegnen und muss die Stadt verlassen haben. Der Anzug, den er trug, war keineswegs geeignet, die Kälte fernzuhalten. Der Mann war sicherlich mit einem Taxi oder seinem eigenen Fahrzeug gekommen. Erik begann zu marschieren und achtete auf Fahrzeuge. Immer wenn er ein Motorgeräusch wahrnahm, verbarg er sich. Die Insassen achteten nicht auf Erik. Wer kümmerte sich schon um vier Uhr in der Früh in einem eleganten und warmen Fahrzeug auf einen armen Teufel, der in einer Nische hockte. Nach Überquerung von mehreren Straßen folgte ihm ein Karren, der von einem Esel gezogen wurde. Erik sprach den Mann an, ob er auf dem Karren Platz nehmen dürfte. »Hast du Wodka?« Erik tat, als ob er noch einen Schluck nehmen wollte, und übergab die Flasche. Der Kutscher war zufrieden. Endlich hatte er einen Kumpel gefunden, der nicht zögerte seine Flasche mit anderen zuteilen. Erik durfte auf dem Karren sitzen. So gelangten sie zu einem Kontrollposten. Dieser kümmerte sich wenig um diese beiden Strauchdiebe, für die er nur Verachtung hatte. Seine Aufgabe war, Insassen von Autos zu kontrollieren. Es war grau geworden und sie kamen in weniger bebaute Gebiete. Es war eine ärmliche Gegend. Erik wollte solange mit dem Karren transportiert werden, bis dieser in die nördliche Richtung weiterfahren würde. Der Kutscher war schweigsam, mit dem Wodka war er zufrieden. Auch Erik hatte keine Lust auf neugierige Fragen zu antworten. Die Landbevölkerung war keineswegs mit dem Einfluss der Russen und ihrer Art einverstanden. Sie kamen zu einer Ansiedlung. Dorthin wollte auch der Lenker des Eselskarren. Dieser gab Erik zu verstehen, er müsse nun wieder zu Fuß gehen. Erik bedankte sich, saß ab und lenkte seine Schritte zu einem halb verfallenen Holzbau, der den Bauern als Aufbewahrung von Arbeitsgeräten für die Feldbearbeitung diente. Dort suchte er nach einem Messer oder etwas Scharfkantigem, das ihm helfen sollte, die Etiketten aus seinem Anzug zu entfernen.

    Messer fand er keines. Eine Glasscherbe half ihm weiter. Nachdem er auch das erledigt hatte, meldete sich plötzlich eine starke Müdigkeit. Doch die Datenträger mussten unbedingt vernichtet werden. Das Werkzeug, ein grober Hammer und ein geeigneter Untergrund, schien ihm das Richtige zu sein. Die Datenträger wurden bis ins Kleinste zerstört. Im nahen Feld wurden sie auf unterschiedlichen Plätzen tief eingegraben. Das erfolgte auch mit den zerstörten Etiketten. Der zu erwartende Frost wird den vergrabenen Produkten weiter zusetzen. Auch wenn Washington damit keine Freude haben wird, die Chance aus diesem Land zu entkommen ist nun das Wichtigste. Nach getaner Arbeit legte er sich ins Stroh. An diesem Tag kam niemand, der seine Ruhe störte. Einschlafen konnte er sich nicht leisten. Es war sieben Uhr Ortszeit. Er döste vor sich hin und gönnte sich zwei Stunden. Vielleicht gibt es in dieser Ansiedlung einen Markt. Warme Winterkleidung wird mir sicherlich dienlich sein. Auch ein warmes Essen. Zuerst zu einer Kleidung. Er fand einen Pferdemarkt, der stark besucht war. Erik unterdrückte das Verlangen, ein Pferd zu kaufen. Er suchte Händler, die Kleidung jeglicher Art anboten. Dort erstand er, was ihm vorschwebte. Die Kleidung roch übel, war verschwitzt und keineswegs geeignet, ein Hochgefühl zu erwecken. Man muss nehmen, was es gibt. Mit seinem unrasierten Gesicht und seinem dünnen Mantel schlug ihn der Händler vor, seine getragenen Kleidungsstücke entgegenzunehmen. Er würde die ausgesuchte Winterkleidung um die Hälfte bekommen. Erik überlegte ein wenig. Der Händler begriff, der neue Kunde wollte feilschen. Er bot ihm noch andere nützliche Sachen an. Er verwies auf Waffen jeder Art, die kann er aber nicht zur Schau stellen.

    »Ich kann nicht schießen«, hatte er damals gesagt.

    »Das ist aber sehr schade. Es gibt gut funktionierende Faustfeuerwaffen, Gewehre und genügend Patronen.«

    Erik hatte abgelehnt und nach einem Messer gefragt. Messer jeglicher Art wurden ihm angeboten. Damals hatte er sich für ein Überlebensmesser entschieden. Einen Rucksack, eine Feldflasche und ein Feuerzeug, das viele Erdenbürger verachteten. Sie waren gewohnt ein Feuerzeug mit Benzin oder Gas nachzufüllen. Dasjenige, welches Erik vorzog, damit konnte man überall trockene, kleine Holzteile entfachen. Man musste nur wissen, wie. Dem Händler gefiel sein Kunde immer besser. Das war sicher auch ein guter Schütze. Erik entschied sich noch für ein altes Fernglas. Bei Reinigung würde diese alte Konstruktion aus dem Haus Zeiss sicher gute Dienste leisten. Als er noch nach einem kleinen Zelt fragte, war Eriks Schicksal besiegelt. Der Händler hielt ihn für einen Gefährten der Aufständischen, die den Russen das Leben schwer machten. Erik packte alle erworbenen Sachen in den Rucksack, bezahlte mit einem Lächeln und fragte, wo er etwas zu essen bekommen könnte. Das Lächeln wurde erwidert und Erik ein Lokal genannt, das Eriks Vorstellungen genügte. Dorthin machte er sich auf. Sein CIA-Ausweis hatte im Absatz seines linken Stiefels Platz gefunden. Die Diamanten im Absatz des rechten Stiefels. Das hatte er noch mit Mühe im Holzbau durchgeführt. Seinen ungarischen Reisepass, den trug er nun griffbereit in einem Seitenfach der Hose. Im zugewiesenen Gasthaus unterschied sich Erik wenig von den anderen Gästen. Er bekam ein schmackhaftes Essen, trank wenig von dem einfachen Wodka und verlangte ein Zimmer. Viele Gäste waren gekommen. Sie alle hatten den Markt besucht, wollten rasch Essen und nachher wieder nach Hause. Die Zimmer waren alle für einige Tage besetzt. Man bedauert es und Erik musste trotz der Müdigkeit weiter. Das war sicher auch von Vorteil. Er befand sich zu Nahe von Karaghandy. Nach dem Essen kehrte er zum Markt zurück. Ein Lkw füllte sich mit Männern, die in die südwestliche Richtung aufbrechen wollten. Man sagte ihm, man wird über Seitenstraßen fahren. Auf der Hauptstraße wird es zu viele Kontrollen geben. Der Lkw ist nicht so komfortabel gefedert wie ein Bus, dafür wird man sicher in die Dörfer geführt und muss sich nicht ununterbrochen von der Polizei kontrollieren lassen.

    Das konnte Erik nur Recht sein. Am späten Nachmittag kamen sie nach Querung eines Gewässers in Atasu an. Sein Sitznachbar hatte ihn gefragt, wohin er eigentlich wollte.

    »Zumindest bis Zezkazgan zum Flughafen.«

    »Das ist noch ein weiter Weg durch die Steppe. Ganz allein sollte er es unterlassen. Er sollte sich den Nomaden anschließen.«

    »Wie könnte mir das gelingen?«

    »Es gibt eine Herberge, dort werden einige Männer, die die Steppe kennen, zu finden sein.«

    Erik bedankte sich und suchte die Herberge auf. Angekommen, fragte er nach einem Zimmer und Essen. Auf die Frage nach Nomaden, die die Steppe kennen, verwies man auf den kommenden Tag. Nach dem Essen suchte Erik sein zugewiesenes Zimmer auf. Er verriegelte vorsichtig das kleine Fenster, schloss die Türe mit dem Schlüssel von innen, schob den Tisch und die beiden Sessel davor. Das Geräusch eines Eindringlings würde ihn sicherlich aufwecken. Das Überlebensmesser nahm er unter die Decke mit. Bald war er eingeschlafen. Nach etwa drei Stunden wollte er durch ein Geräusch gestört, seine Lage auf dem Rücken in eine Seitenlage ändern. Jemand öffnete die Türe vorsichtig. Doch das Geräusch der Tischbeine, die über den Holzboden schleiften, war nicht zu überhören. Erik mimte zu schnarchen, zog die Decke über seinen Kopf und nahm das Überlebensmesser in seine Rechte. Als der Eindringling sich mit der Taschenlampe orientierte, sich der Liegestatt von Erik näherte und seinen Kopf über Eriks Kopf beugte, schlug Erik die Decke zurück und setzte das Messer am Hals des Besuchers ab. Blut tropfte. Der Eindringling wollte zurückweichen, doch die Eriks Linke hielt ihn mit aller Macht fest. Eriks linke Hand hatte die rechte Hand des Angreifers in der Form festgehalten, dass diesem der Gebrauch der kleinen Pistole unmöglich war. Eriks Messer drohte die wichtigen Versorgungskanäle des Angreifers zu durchtrennen. Die Pistole war dem Angreifer entfallen. Sterben wollte er noch nicht. Das war deutlich zu erkennen. Seine Augen waren weit aufgerissen. Er sagte etwas, das Erik nicht verstand. Es war in einer Sprache gekrächzt worden, die Erik nicht kannte. Vermutlich war es ein Dialekt gewesen. Der vermeintliche Überraschungsangriff war gänzlich aus dem Ruder gelaufen und der Fremde zögerte nicht, ihm Speise- und Luftröhre zu durchtrennen.

    »Bitte nicht töten«, kam es nun in Russisch.

    Es war ein junger Mann, eher ein Jüngling, die kleine Pistole war ihm entfallen und Eriks Linke hielt des Jünglings Hand mit eisernem Griff fest. Er hatte es auf das Geld, desjenigen abgesehen, der zum Flughafen wollte. Falls diese Katastrophe nun sein Vater erfahren würde, müsste er mit einer Auspeitschung rechnen.

    »Was hat dein Einbruch zu bedeuten?«, fragte ihn Erik.

    »Ich habe gehört, ihr seid zum Flughafen unterwegs. Ein Flug kostet viel Geld. Dieses wollte ich mir holen.«

    »Leidest du unter großer Not?«

    »Kleidung und Essen bekomme ich genug, aber zum Kauf einer Waffe, die man nur am Schwarzmarkt erstehen kann, habe ich kein Geld.«

    »Wozu benötigst du eine Waffe?«

    »Um mich gegen das Gesindel zu verteidigen, das mich verfolgt, verhöhnt und bespuckt. Ein Colt, wie man ihn in alten Filmen aus der USA sehen kann, würde diesem Spuk ein Ende bereiten. «

    »Um sich im Nahkampf zu verteidigen benötigt man weder eine Faustfeuerwaffe noch ein Messer. Aber es gibt auch Situationen, in denen ein griffbereites Messer dem Gegner den Kopf abtrennen kann.«

    »Sowie mir?«

    »Daran habe ich kein Interesse. In meiner Ausbildung habe ich gelernt, den Schwachen und Hilflosen beizustehen. Wenn du das, was ich dir gerade gesagt habe, jemals weitergibst, ist es mit dir zu Ende. Ist das deutlich genug?«

    Er wollte ein Nicken andeuten und wurde verletzt. Das Blut tropfte stärker auf das Kampfmesser.

    »Und nun zu dir, junger Mann. Erzähle mir etwas über deine Familie.«

    Es folgte Schweigen.

    »Schweigen hast du

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