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... und Schwanz um Schwanz!: Eine krasse Mystery-Horror-Satire für Erwachsene
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... und Schwanz um Schwanz!: Eine krasse Mystery-Horror-Satire für Erwachsene
eBook414 Seiten4 Stunden

... und Schwanz um Schwanz!: Eine krasse Mystery-Horror-Satire für Erwachsene

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Über dieses E-Book

"Zunge um Zunge", erklärt sie in einer prophetisch ehrfürchtig gefärbten Stimmlage. "Ohr um Ohr, Auge um Auge, Nase um Nase" Sie grinst fies. "Und natürlich letztendlich: Schwanz um Schwanz!"
Das Letzte, was die edel wirkende Dame zu dem jammernden und blutig blubbernden Mann sagt, dient nur, sein Leid hinauszuzögern: "Ich habe vergessen, mich Ihnen vorzustellen. Entschuldigen Sie vielmals die¬se Nachlässigkeit meinerseits! Ich hei¬ße Margarete von Weystedt. Ich bin eine unsterbliche Gräfin, eine Vollstreckerin des Herrn der Hellen, … an den Sie leider nicht glauben. Wenn abartige Todsünder wie Sie von mir hingerichtet werden, ist das für mich be-friedigender als leidenschaftlicher Sex – ganz ehrlich und ganz eindeutig!"

Es war einmal … eine nicht normale Familien-Geschichte über Sex, Blut, Gewalt, Himmel und Hölle, Tod und Teufel … im düsteren Schatten der Nachkriegszeit in den Jahren 2046 bis 2052.

Der krasse Einzelroman "… und Schwanz um Schwanz!" ist eine völlig abgedrehte Horror-Crime-Story, die unabhängig zur mitreißenden Mutter-Serie "Teufelsgut Engelsböse" gelesen werden kann.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum24. Apr. 2024
ISBN9783384209177
... und Schwanz um Schwanz!: Eine krasse Mystery-Horror-Satire für Erwachsene
Autor

Sabine Benda Thomas Benda

In tiefer Liebe und Kreativität verbunden bearbeiten wir gemeinsam einige sehr interessante Romane, die demnächst ihre Veröffentlichung finden. Wir sind zwei leidenschaftliche Selfpublisher mit Herz und Seele – und das zeigt sich in unseren Geschichten. Sabine & Thomas Benda, 2024 Besuchen Sie unsere Homepage: www.bendagasmo.com www.bendagasmo.com Besuchen Sie unsere Facebook-Büchergruppe: Alles zum Thema Buch https://www.facebook.com/groups/724981905219912

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    Buchvorschau

    ... und Schwanz um Schwanz! - Sabine Benda Thomas Benda

    Der Polizist

    Es duftet nach frischen Brötchen und Angstschweiß an diesem trüben Montagmorgen. Ein blondes Mädchen und eine schmächtige Frau, wahrscheinlich die Großmutter, liegen weinend auf dem Boden und haben ihre Gesichter flach auf die abgewetzten Kacheln gedrückt. Der Typ mit der Knarre drängt den Ladenbesitzer an die alte Registrierkasse. Als es nicht schnell genug geht, schlägt er ihm die Smith & Wesson ins Gesicht. Der Ladenbesitzer jault auf. Seine aufgeplatzte Unterlippe hängt blutig ab. Er spuckt einen Zahn und beginnt zu wimmern und zu jammern. Eine Stimme herrscht ihn an: „Mach die verfickte Kasse auf, du Scheißer!"

    „Bitte, … ich habe Frau und Kinder…"

    Ein zweiter Schlag bricht ihm das Nasenbein. Der dritte Hieb mit dem Lauf des Revolvers zerfetzt seine Oberlippe. Der Ladenbesitzer wankt zur Kasse und betätigt die Kurbel an der Seite. Mit einem Klingelgeräusch springt die Lade auf, Geldscheine werden sichtbar.

    „Ist das alles?", will der Ganove wissen.

    Der Ladenbesitzer hält sich mit der Hand seinen verletzten Mund und nickt hektisch. Tränen rinnen aus seinen Augen. Die Großmutter am Boden betet flüsternd, das Mädchen weint.

    Der brutale Kerl tritt der Alten in den Leib. „Maul halten, du Fotze!"

    „Nehmen Sie das Geld und gehen Sie, … bitte!", fleht der Ladenbesitzer, doch der Mann denkt nicht daran. Er spannt den Abzugshahn und zielt auf den Hinterkopf des blonden Mädchens.

    „Zu viele Zeugen", sagt er.

    Dann spüren alle den Luftzug. Jemand hat die Ladentür geöffnet und ist eingetreten.

    „Lassen Sie die Waffe fallen – oder ich schieße!", schreit der Polizist, der zufällig in der Gegend ist, um im Bäckerladen einen Coffee-to-go zu kaufen.

    Der Verbrecher schaut zur Tür und sieht den Uniformierten, blickt in seine Augen und erkennt die Entschlossenheit, ohne zu zögern, töten zu können.

    „Und was hat der Scheißkerl dann getan?", fragt die Brünette und wischt mit einem Papiertuch frisches Sperma aus ihrem blank rasierten Schlitz.

    „Nun, er hat meine hübschen Augen gesehen, sagt der Mann und zieht den schwarzen Slip hoch. „Dann hat er brav seinen Revolver fallenlassen. Der Rest war Routine.

    „Deutschland verkommt in Gewalt, Mord und Totschlag, schnauft Corinna Müller und zündet eine Filterlose an. „Wie lange geht deine Schicht heute?

    „Ich bin pünktlich zum Abendessen daheim, Schatz."

    Sie zeigt die Wangengrübchen, die er seit fünfzehn Jahren an ihr liebt. „Soll ich dir Frühstück machen?"

    Peter Müller lächelt verschmitzt. „Nicht nötig. Ich fahr‘ noch an dem Laden vorbei. Dort habe ich seit dem Überfall Kaffee frei bis an mein Lebensende."

    Schließlich zieht er die rote Uniform an, die sie so geil an ihm findet, und verlässt das Haus am Rande der Stadt. Er hofft auf einen ruhigen Tag und weiß, dass er enttäuscht werden wird.

    In den Slums

    Es ist ein grau bewölkter Tag, mitten in Deutschland, im Herzen von New Europe.

    Peter Müller ist leitender Polizeibeamter der neu gegründeten Abteilung für Kapitalverbrechen Levelstufe acht bis zehn. Der hagere Mittdreißiger, dessen stoppeliges Gesicht mit den dunklen Augenringen nicht gerade zu einem frisch erholten Eindruck beiträgt, beißt in einen zuckersüßen Donut, während er die überfüllte Umgehungsstraße entlang zuckelt. Die Einsatzzentrale hat ihn vor wenigen Minuten über das dienstliche Com-Phone an einen Tatort befohlen. Nachdem er den Bordcomputer mit den Adressdaten bestückt hat, schaltet der Polizist auf den Autopiloten um. Laut Displayanzeige würde er das Fahrziel in vierzehn Minuten und achtzehn Sekunden erreichen.

    Zeit für einen Donut und einen lauwarmen Kaffee in einem Pappbecher, denkt er.

    Peter Müller liebt altmodisch aufgebrühten Arabica-Kaffee, auch wenn dieser von heute eindeutig zu lauwarm ist. Die praktischen Koffein-Tabletten, die seine Kollegen zum Frühstück einwerfen, lehnt er kategorisch ab. Nein, für ihn geht nichts über einen aromatischen Gourmet-Kaffee der Marke Bendermann’s Basics. Die Nobelmarke ist zwar sündhaft teuer, doch in seiner gehobenen Position verdient der Familienvater nicht schlecht. Die Währungsreform nach dem Dritten Weltkrieg im damaligen Europa hat ihn wie jeden anderen Bürger finanziell hart getroffen. Als sich nach den Konflikten die wirtschaftliche Situation wieder stabilisiert hat, ist Peter in einen Aufwind geraten. Die Neugestaltung des Kontinents und die Umstrukturierung Deutschlands hat für den erfahrenen und erfolgreichen Polizisten durchaus seine Vorteile mit sich gebracht. Heute: Mit einem monatlichen Grundbezug von 460,--NDM (Neue Deutsch Mark) kann er sich mehr leisten und gönnen als die Offiziellen in den mittleren und unteren Dienstgraden.

    Dafür mache ich mir die Hände besonders schmutzig und blutig, pflegt er im Freundeskreis gerne und oft zu sagen, wenn man ihn auf seinen überdurchschnittlich guten Verdienst anspricht. Kapitalverbrechen der Levelstufe acht bis zehn sind eben keine Standardangelegenheiten.

    Der 35-jährige Beamte stellt seinen leer getrunkenen Pappbecher in die Getränkehalterung, als er an einer Reihe Häuserruinen, ausgebrannte Überbleibsel des Krieges, vorbeifährt. Eine Gruppe von ältlich wirkenden Trü-Me räumt dort Steine und Geröll auf schwebende Schubkarren, die von fliegenden Hilfsdrohnen gesteuert werden. Trü-Me ist die offizielle Bezeichnung für diese Trümmer-Menschen, meist arme, aber leistungsfähige Menschen, die alles Verwertbare aus den zerstörten Gebäuden herausholen. Peter Müller beißt erneut in den leckeren Donut und lässt die Trü-Me einfach Trü-Me sein. Er hat schließlich seinen Job zu machen und kann seine Zeit nicht mit unnötigen Gedanken verschwenden.

    Eine Viertelstunde später rollt sein knallroter Elektro-Dienstwagen summend in die Slums der dicht bebauten Zwölf-Millionen-Großstadt. Hier leben die annähernd Mittellosen, eingepfercht in einem Ghetto aus Beton. Abfall und Dreck kennzeichnen das Bild der Straßen. Penner lungern um brennende Blechtonnen herum, wärmen sich auf, trinken dazu billigen Absinth oder irgendein anderes häufig blind machendes alkoholisches Gesöff. Einer der Verwahrlosten sieht den Polizeiwagen vorbeifahren und streckt einen Mittelfinger hoch. Im nächsten Moment kotzt der Mann etwas Breiiges an die mit Graffiti bemalte Häuserwand. Er hat wohl zu viel getrunken.

    Der Bordcomputer gibt ein akustisches Signal von sich. Das elektrisch betriebene Fahrzeug parkt daraufhin selbstständig ein. Peter Müller ist am Ziel angekommen: Konrad-Sachmann-Straße. Freaks haben mit einer Sprühdose den Namen Sachmann in Sackmann umbenannt und die vereinfachte Darstellung eines erigierten männlichen Geschlechtsteils hinzugemalt. Peter hasst diese Schmierfinken. Doch die sind im Fokus der Fußstreifen, also im Wirkungsbereich der unteren Dienstgrade.

    Der Polizist verlässt sein Auto und verriegelt die Fahrertür mit dem rechten Daumenabdruck auf dem Fingerscanner des Türgriffs.

    Vor dem tristen und mit unzähligen Rissen durchzogenen Wohnblock Nummer sechs parken bereits zwei Dienstfahrzeuge seiner Abteilung. Peter erkennt das Kennzeichen seines Kollegen Hannes Ruppmann, der ihm direkt unterstellt ist. Das andere Fahrzeug, ein Kombi mit getönten Scheiben, gehört zur Forensischen Sektion.

    Einige Schaulustige diskutieren unüberhörbar am Eingang zum Häuserblock. Als der Polizist mit seiner auf Passform geschneiderten roten Dienstuniform die verdreckten Klingelknöpfe anschaut, raunzt neben ihm eine faltige Frau, die wie ein verwildertes Großmütterchen aus einem Kindermärchen wirkt: »Der Krepierte is’ im sechsten Stock, Wohnung sechs! Volz heißt das alte Dreckschwein!«

    Peter Müller bedankt sich mit einem wortlosen Nicken und sieht, dass der Alten einige Frontzähne fehlen. Ihre Hände sind mit offenen Schrunden übersät, aus denen dicker Eiter trieft.

    »Den Tod hat er verdient – und die Hölle dazu!«, krächzt die Frau ihm hinterher, während er die dreckigen Stufen des Treppenhauses hinaufsteigt.

    Leere Flaschen und offene Müllsäcke liegen auf den Fluren der Stockwerke. Überall stinkt es ein wenig nach Urin, Feuchtigkeit und Fäulnis, auch nach tierischem oder menschlichem Kot. Eine weitere Gruppe, wahrscheinlich angrenzende Mieter des sechsten Stockwerks, steht vor der Wohnung Nummer sechs und gafft durch den Türspalt. Peter Müller drängt sich mit den scharfen Worten »Polizei, Platz machen!« durch die Leute. Wegen der roten Uniform ist die Nennung des Wortes Polizei nicht notwendig. Die Personen glotzen ihn aus ungepflegten, teilweise kranken Gesichtern an, und Peter bahnt sich grob den Weg zur Wohnungstür. Die Mieter, die ihn umringen, dünsten mitunter entsetzlich ungewaschen, manche stinken nach hochgradiger Zahnfäule. Der Polizist hält den Atem an, kämpft gegen einen Würgereflex, schlüpft rasch unter dem Polizeiabsperrband durch – und ist endlich drin. Hier schnauft er erst mal tief durch, obwohl die durchdringenden Gerüche in der Mietwohnung nicht angenehmer sind als auf dem Flur vor der Tür und im Treppenhaus.

    Am Küchentisch sitzt ein blasser Junge. Peter schätzt ihn auf vierzehn, vielleicht fünfzehn. Der Jugendliche hat Handschellen an den Gelenken. Ihm gegenüber hockt eine Polizistin, eine brünette Frau namens Lisbeth Pflüger. Sie hat ein Com-Phone in der Hand und ist mit dem Jungen offensichtlich in einem Zweitgespräch. Lisbeth wirkt ernst, hat sogar ein wenig Furcht in den Augen, wie Peter Müller im Vorbeigehen feststellt. Die Kleidung des Teenagers und seine Hände sind verdreckt, über und über mit stellenweise trockenem, teilweise noch schmierigem Blut voll. Peter nickt Lisbeth zur Begrüßung zu. Besorgt blickend nickt sie zurück.

    Der Polizist geht weiter nach hinten, schreitet in einen düsteren Flur. Auf dem abgewetzten Dielenboden liegt, umgeben von fetten Blutspritzern, ein langes Fleischermesser. Ein Forensiker macht ein Foto. Ein Lichtblitz erhellt kurz den gesamten Flur. Neben dem mit Blut benetzten Messer steht ein Pappschildchen mit einer handschriftlichen Notiz Waffe Nummer zwei.

    Peter Müller tritt an ein halb geöffnetes Zimmer heran, aus dem Blitzlichter zucken und männliche Stimmen zu vernehmen sind. Er hört Hannes Ruppmann sprechen. Sein Kollege ist an Tatorten immer sehr gereizt und schnell genervt. Peter tritt ein. Es ist das Schlafzimmer des Vaters. Hier riecht es stark nach Blut. Ein zweites Messer, ein kleineres als im Wohnungsflur, befindet sich vor dem Bett. Daneben liegt ein abgeschnittener Penis. Ein Beamter fotografiert die nackte Leiche, deren Kopf auf dem Nachttisch thront.

    Hannes Ruppmann bemerkt Peter und kommt ohne Gruß zum Eigentlichen. »Das Opfer heißt Heinz Volz – er ist der leibliche Vater des Jungen. Der Sohn ist geständig. Er hat uns selbst nach der Scheiße hier informiert! Er leistete keinen Widerstand, als wir ihm die Schellen angelegt haben. Richtig lammfromm ist der! Die Erstvernehmung habe ich selbst erledigt. Du hast ja Lisbeth gesehen. Sie redet ein weiteres Mal mit dem Freak. Er heißt Simon.«

    Freak? Bei dem Wort stutzt Peter Müller innerlich, doch er kann es seinem Kollegen nicht verdenken.

    »Das Kid ist fünfzehn«, erklärt Hannes. »Er hat den Kopf seines Vaters mit zwei Messern abgetrennt. Den Schwanz hast du ja schon entdeckt. Eine richtige Drecksarbeit! Schätzungsweise hat der Vater noch achtzehn bis zwanzig Messerstiche im Unterleib. Dieser Simon muss irre gewütet haben, selbst dann noch, als der Alte längst hin war.«

    »Was haben wir für einen familiären Hintergrund?«, fragt Peter, während er das viele Blut und die leblosen Augen des Geköpften anstarrt.

    »Die Mutter ist tot. Die starb im Krieg durch einen Drohnenangriff. Vater Volz war ein Kriegsversehrter und ein Säufer, wie er im Buche steht! Das sagen die Nachbarn. Hat wohl auch seinen Sohn misshandelt. Die Mieter nebenan munkeln sogar von sexuellen Übergriffen. Ob der Volz pädophil war, wissen wir nicht. Wir haben keine Akte über den Mann. Keine Vorstrafen. Die Sitte hat ebenfalls nichts. Bei denen habe ich schon angeklingelt.«

    Peter sieht seinen Kollegen an. »Was wissen wir über den Jungen, diesen Simon? Der sieht ja aus, als könne er kein Wässerchen trüben, oder?«

    Hannes lacht hässlich. Peter verachtet das, ignoriert es aber. Sein Kollege ist ein derber, aber guter Polizist. Nur das ist im Augenblick wichtig, nur das zählt in diesem düsteren Nachkriegs-Deutschland, das aus den Fugen geraten ist.

    »Stimmt schon«, bestätigt Hannes und winkt gleichzeitig ab. »Dieser Simon sieht aus wie ein Milchbubi! Aber in unserem Job haben wir schon Pferde kotzen sehen, nicht wahr? Oftmals haben die harmlos wirkenden Typen einen an der Klatsche!«

    »Red' schon, Hannes! Auffälligkeiten beim Sohn?«

    Hannes fährt sich mit der Hand über sein akkurat gestutztes Kurzhaar. »Wie erwähnt: Fünfzehn ist er. Braver Musterschüler, obwohl er hier im Ghetto lebt. Er besucht eine Schule in der Inner City. Gute Noten laut Schulcomputer. Die Nachbarn sagen ihm Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit nach. Über den alten Volz hetzen sie ab. Wir haben von Simon keine Jugendakte. Bemerkenswert selten für diese Ecke hier, in diesem beschissenen Slum!« Ihm fällt noch ein Detail ein: »Ach ja, der Junge scheint gläubig zu sein!«

    Peter Müller wird hellhörig. »Hat Simon das selbst erzählt?«

    »Nein, Peter, du musst dir mal seine Bude anschauen!«

    Als sie in das Jugendzimmer eintreten, nimmt Peter Müller augenblicklich den leichten Weihrauchgeruch wahr. Er liebt Weihrauch über alles. Simons Zimmer ist – im Gegensatz zum Rest der Wohnung – ordentlich aufgeräumt und sehr sauber gehalten. Ein selbstgebastelter Schrein steht in einer Ecke direkt neben dem schmalen Bett. Peter Müller erkennt eine Halskette mit dem Symbol der FISH, die beiden gekreuzten Schwerter. Ein farbiges Bildposter – wohl aus einer religiösen Zeitschrift – hängt überlebensgroß an einer Wand. Die Prophetin Estelle Brukner ist darauf abgebildet.

    »Er scheint dieser Sekte anzugehören!«, meint Hannes Ruppmann verächtlich.

    »FISH ist keine Sekte!«, erklärt Peter scharf. »FISH ist eine Weltreligion!«

    »Ich bin rational!«, lästert Hannes. »Ich hab’ mit dem blöden Scheißdreck nichts am Hut!«

    »Ich schon!«, offenbart Peter sich und entdeckt die Neuausgabe von Estelles Bibel in einem Regal über dem Schrein. »Meine Familie und ich sind ebenfalls FISH.«

    »Ehrlich?«, fragt Hannes. Die Abwertung ist klar herauszuhören. »Was ist denn das für eine verfickte Religion, Peter? Muss ich jetzt Bammel vor dir haben? Hast du auch zwei Messer dabei, um mir Schwanz und Kopf abzusäbeln?« Hannes verfällt wieder in sein vulgäres Lachen.

    Peter antwortet nicht. Er ist Polizist und FISH mit Leib und Seele. Er vermutet die düsteren Zusammenhänge, nicht zuletzt, weil er gläubig ist. Er ahnt, dass dieser Mord hier Wellen schlagen wird. Er nimmt sich vor, das Thema im heutigen Hauskreis, dem monatlichen Bibelkreis, mit FISH-Freunden zu diskutieren.

    Die Prophetin hätte die Heilige Schrift niemals überarbeiten dürfen, befürchtet er, fühlt sich durch die blutigen Fakten an diesem grauenvollen Tatort bestätigt. Es werden Probleme auf FISH zukommen! Der Große Gründer steh uns bei!

    Der Zwischenfall

    Peter Müller nimmt das große Küchenmesser in die Hand und prüft vorsichtig mit dem Daumen die Schneide der Klinge. Dann greift er zu dem handlichen Schleifstein.

    „Dir ist schon klar, dass du extrem altmodisch bist, oder?", stichelt seine Ehefrau Corinna mit einem Lächeln auf den schmalen Lippen.

    „Wieso? Weil ich die Klinge mit der Hand schärfe? Meinst du das?"

    „Genau!, bestätigt sie und deutet auf die Küchenzeile. „Wir haben doch eine elektrische Messerschleifmaschine. Sie zwinkert ihm zu, während er routiniert mit dem Schleifstein hantiert. „Die macht alles Stumpfe im Nu scharf wie neu", witzelt sie.

    Er geht auf ihre Zweideutigkeit ein, während sie das Dressing mit Gurkenwasser verfeinert. „Manche Dinge muss ein Mann händisch erledigen, sonst wird das nichts."

    „Hört, hört!", erwidert sie und gibt noch einige Gewürze in die Salatschüssel.

    Peter Müller schaut auf die Wurstscheiben, die auf einem Holzteller bereitliegen. „Wird das für den Salat ausreichen?"

    „Die Kinder haben schon gegessen. Die waren am Nachmittag bei Traude und haben sich den Bauch mit Sauerbraten, Rotkraut und Knödeln vollgeschlagen."

    „Die Nachbarin verwöhnt sie zu sehr."

    Corinna meint: „Ach, du bist ja nur neidisch, weil es für dich nur Wurstsalat mit Pommes gibt!"

    „Du hast vollkommen recht!, bestätigt er, lächelt und beginnt die Wurst in dünne Streifen zu schneiden. „Haben Saskia und Lars ein wenig Bock auf den Bibelkreis?

    „Nö, winkt Corinna ab. „Lass die beiden mal schön in ihren Buden büffeln. Bei denen stehen morgen schwierige Klausuren in Mathe und Geschichte an.

    „Gut, dass ich kein Schüler mehr bin!, sagt er erleichtert und probiert einen Streifen Wurst. „Mhmm, lecker! Ist die Wurst aus Maiers Metzgerei?

    Corinna schüttelt ihren braunhaarigen Kopf. „Ich habe die Fleischtheke in der Mall ausprobiert. Sie lacht plötzlich. „Dort wird die Ware von einer Drohne eingepackt.

    „Ernsthaft?"

    „Ernsthaft!"

    „Ich mag keine Drohnen", gesteht er.

    Sie grinst. „Mir klar! Mein Gatte, der altmodische Bulle!"

    Peter schabt die Fleischstreifen in die Salatschüssel, in der die Gurkenstückchen und das würzige Dressing warten. Corinna schiebt eine Lage Pommes frites in den Backofen und befiehlt dem Hauscomputer: „Gustav, bitte fünfzehn Minuten bei 220 Grad, dann Alarmton und abschalten. Danke."

    „Dir ist schon klar, dass du unseren Gustav wie einen Menschen ansprichst, ja?"

    „Aber natürlich, Peter! Ich bin auch zu einer Maschine nett. Deswegen liebst du mich. Ich bin so besonders!" Im Vorbeigehen zwickt sie ihren Mann in den Po.

    „Heee, willst du, dass mein abgeschnittener Daumen im Wurstsalat landet?", fragt er unernst und hebt das Messer hoch. In seiner Erinnerung sieht er plötzlich den abgeschnittenen Penis am Tatort vor sich.

    „Schatz, was ist?, fragt sie. „Du bist plötzlich so nachdenklich.

    „Wir hatten heute einen üblen Fall…"

    „Mord?"

    „Ja, es war… nicht einfach. Ein Junge hat seinen eigenen Vater ermordet, … regelrecht abgeschlachtet!"

    „Beim Großen Gründer! Habt ihr ihn geschnappt?"

    „Er hat uns selbst angerufen und die Tat gestanden."

    „Dann ist ja alles gut! Sie verbessert sich zynisch. „Na ja, für den Vater natürlich nicht!

    Peter mischt den Wurstsalat durch. „Der Fall ist komplizierter…"

    „Du willst ernsthaft mit mir darüber reden?"

    „Überrascht dich das?"

    „Ja, Peter! Normalerweise willst du nicht das Dienstliche mit dem Privaten…"

    „Ich denke, die Sache wird Wellen schlagen, unterbricht er sie. „Und ich habe das Gefühl, dass es mit der Neuauflage unserer Bibel zusammenhängt.

    Corinna Müller ahnt sofort, auf was ihr Mann hinaus möchte. „Du meinst sicherlich das neue Kapitel, in dem Estelle sich der gesamten Welt gegenüber offenbart, in der Vorhölle ihren Vater hingerichtet zu haben, nicht wahr?"

    „Stimmt, ich rede von diesem schlimmen Tag in der Kampfarena im Tal der Klagen. Seitdem gilt sie bei vielen als Vatermörderin, obwohl ihr Handeln an einem rechtsfreien Ort in der Unterwelt stattgefunden hat."

    „Sie hat ihrem gewalttätigen Vater mit zwei Schwertern den Penis abgehackt und ihn dann enthauptet!, überlegt Corinna laut. „Mir wird schlecht, wenn ich darüber nachdenke! Dann schaut sie ihren Mann an. „Ich muss zugeben, dass hat auch meinen Glauben an Estelle ziemlich erschüttert und…"

    „Darum geht es mir gar nicht, Corinna! Ich denke, dass der Junge, der seinen Vater ermordet hat, dem Vorbild unserer Prophetin gefolgt ist."

    Sie versteht. „Du meinst, dass der Mord ein Racheakt einer gedemütigten Seele ist? Wurde dieser Junge denn von seinem Vater…?"

    „Ja, es gibt eindeutig Anzeichen von Missbrauch und Gewalt! Ein Arzt und eine Psychologin haben diesen Simon untersucht. Nach außen hin macht er einen völlig harmlosen Eindruck."

    Corinna stellt Porzellanteller und Trinkgläser auf den Esszimmertisch. „Ist es sicher, dass dieser Simon FISH ist?"

    „Ich habe sein Zimmer gesehen. Er vergöttert Estelle regelrecht. Ja, er ist ein sehr gläubiger FISH!"

    Sie rümpft ihre hübsche Nase. „Das hat ihn nicht davon abgehalten, seinen Vater zu ermorden, oder?"

    Peter schnauft durch. „Was ist, wenn seine verletzte und gestörte Seele unsere Estelle wirklich als Vorbild für seine Bluttat ansieht?"

    Corinna sieht das anders. „Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt, Schatz?"

    „Ich habe keine Ahnung – sag du es mir?"

    Das kann seine Ehefrau nicht.

    Das Abendessen bei Familie Müller ist angerichtet, der gemeinsame Bibelkreis mit Freunden kann beginnen. Das melodische Ding-Dong der Türglocke ertönt.

    „Das werden Matthias und die anderen sein, sagt Corinna. „Zu früh, wie immer! Hoffentlich hat Annette an den Rotwein gedacht.

    Wieder läutet es. Es klingt drängender.

    „Die können es wohl gar nicht abwarten", meint Peter und läuft zur Haustür. Als er öffnet erkennt er die beiden Ehepaare, mit denen er und Corinna seit Jahren befreundet sind. Sie alle sind FISH. Matthias Gruber, ein Mittvierziger mit grauem Backenbart, blutet stark aus der Nase.

    „Himmel, was ist geschehen?", fragt Peter entsetzt.

    „Wir wurden angegriffen!, erklärt Annette und drückt ihrem Mann Matthias ein Papiertaschentuch auf die Nase. „Im Spirituosenladen gegenüber.

    „Wir wollten nur Rotwein besorgen, erzählt Andreas Brunner hektisch, und seine Frau Margot schließt sich an und deutet auf die goldene Halskette: „Bespuckt und geschlagen wurde Matthias, weil er unser Zeichen trägt!

    Es dauert einige Augenblicke, bis Peter und Corinna das Gesagte verstehen.

    „Wer hat das getan?, hakt Peter harsch nach. „Habt ihr die Polizei angerufen?

    „Nein, antwortet Annette. „Wir sind gleich zu euch rüber gerannt und…

    „Es waren drei Männer, unterbricht Margot sie. „Die Idioten sind bestimmt noch dort. Sie zocken an einem alten Spielautomaten.

    „Kommt erst mal rein!, bittet Corinna. „Matthias, leg dich aufs Sofa. Sie blickt ihren Mann Peter an. „Schatz, holst du mir bitte einen Eis-Akku aus dem…?"

    Wortlos reißt Peter die Schublade der Kommode im Flur auf und holt Dienstmarke und Revolver hervor. „Wartet nicht mit dem Essen auf mich!", sagt er und verlässt ohne einen weiteren Satz die Wohnung.

    PAULSEN’S SPIRITUOSEN & SPIELHALLE leuchtet in einer roten Neonschrift über dem Laden auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Peter Müller klemmt seine Dienstmarke an den Gürtel und schiebt seinen Revolver sichtbar in den Hosenbund. Zu dieser Abendstunde sind nur wenige Fußgänger in den Seitenstraßen unterwegs. Graue Wolken verdecken den Halbmond, ein kühler Wind weht. Durch die Frontscheibe kann der Polizist drei Männer erkennen, die an einem Spielautomaten auf ihr Glück hoffen. Dem Aussehen nach – Camouflage-Hosen mit passenden Hemden und Armeestiefeln an den Füßen – erwartet Peter keine stilvolle Kommunikation mit den Typen. Der Inhaber des Ladens, Eberhard Paulsen, ein schmächtiger Mann, der blass und krank aussieht, steht eingeschüchtert hinter seiner Theke. Sonst befindet sich niemand in dem Geschäft. Peter öffnet die Ladentür, eine altmodische Schelle am Türrahmen erklingt. Er sieht ein Schild an der Glasscheibe und dreht es nach außen sichtbar: GESCHLOSSEN. Dann zieht er die Tür geräuschvoll zu und hat sofort die Aufmerksamkeit aller im Raum.

    Der Inhaber sieht die Polizeimarke an Peters Gürtel und es entweicht ihn ein geflüstertes „Dank dem Himmel!"

    „Herr Paulsen, bitte gehen Sie in die hinteren Räume", bittet Peter ruhig, ohne die drei Männer am Spielautomaten aus den Augen zu lassen.

    Der Automat spuckt gerade einige Münzen klimpernd in einen Schacht. Keiner sagt ein Wort. Die Camouflage-Typen, ungepflegte Mittzwanziger, die nach Alkohol und Rauch stinken, haben längst den Revolver in Peters Hosenbund entdeckt und verständigen sich wortlos mit ihren Blicken.

    Paulsen, der Inhaber des Ladens, verschwindet von der Bildfläche, das Klimpern am Spielautomaten hört auf.

    Peter schreitet langsam auf die drei Männer zu, lässt den Größten nicht aus den Augen, der den Status des Anführers regelrecht ausstrahlt. Vier Schritte vor den Männern bleibt der Polizist stehen und meint leise, aber verständlich: „Wer von euch hat vorhin meinen Freund bespuckt und geschlagen?"

    „Das war nicht hier…", lügt der Große vorschnell.

    Peter zieht daraufhin seinen Revolver und zielt in das Gesicht des Anführers.

    Die drei Männer erstarren.

    „Probieren wir es nochmal, sagt Peter ruhig. „Wer von euch hat vorhin meinen Freund bespuckt und geschlagen?

    „Sie… Sie können uns nicht einfach drohen!, meint der Große hastig. „Sie sind ein Bulle! Das dürfen Sie nicht! Wir haben Rechte!

    Peter spannt ruhig den Abzugshahn seiner Waffe. „Ach, du glaubst, ich bedrohe dich?"

    Der Große schluckt einen Kloß hinunter, als er die kalten Augen des Polizisten wahrnimmt.

    „Wir haben nichts getan!, jammert der Blonde, der rechts vom Anführer steht. „Sucker, war’s allein! Er deutet auf den Großen. „Willy und ich haben nichts gegen FISH, ehrlich!"

    „Halt’s Maul!, brüllt Sucker, der Anführer, den Blonden an. „Elender Verräter!

    „Aber Benny hat recht!, mischt sich nun der andere Kerl ein. „Du hast den FISH bespuckt und geschlagen, nicht wir!

    „Ihr verdammten Wichser!", sagt Sucker und hat Verachtung in der Stimme.

    „Deine Freunde zeigen nur menschliches Verhalten, erklärt Peter sachlich. „Vor dem Gesetz hat man eben Schiss und sagt sehr schnell die Wahrheit. Mit einem zynischen Lächeln auf den Lippen schiebt der Polizist nach: „Nun, wie sieht’s aus, Großer? Magst du reden?"

    Sucker spuckt auf den Boden. „Na, dann verhaften Sie mich doch, Sie Arschloch! Mehr können Sie nicht tun, und ich bin im Handumdrehen wieder auf der Straße. Mehr als eine Bagatelle ist das nicht!"

    „Ach, sehe ich aus, als ob ich dich verhafte und Gefangene mache?", flüstert Peter und kommt einen weiteren Schritt auf Sucker zu.

    Schweißperlen bilden sich auf der pickligen Stirn des Anführers. Einer der anderen geht auf die Knie. „Ich habe nichts getan, wirklich!"

    Der zweite Typ folgt seinem Beispiel. „Ich wollte Sucker sogar aufhalten…"

    „Halt die Fresse!, herrscht Sucker ihn an. Dann schleudert er dem Polizisten entgegen. „Und? Was wollen Sie jetzt tun? Mich abknallen?

    „Es ist schön, dass du endlich offen für ein richtiges Männergespräch bist, urteilt Peter. „Du willst Möglichkeiten mit mir besprechen. Das klingt sehr vernünftig. Und wir werden sehen, ob du am Leben bleibst.

    Küchentratsch

    „Er ist seit fast einer Stunde weg. Ich muss sagen,…ich bewundere deine Nerven."

    „Wenn man mit einem Polizisten verheiratet ist, gewöhnt man sich daran."

    Margot und Corinna befinden sich in der Küche und räumen das dreckige Geschirr in die Spülmaschine. Aus dem Wohnzimmer hört man die angeregte Unterhaltung der anderen.

    „Gut, dass Matthias‘ Nase nicht gebrochen ist", meint Corinna.

    „Glück für ihn, sagt Margot lachend, schwenkt ihr Rotweinglas und prostet ihr zu. „Dass wir mit einer Krankenschwester befreundet sind.

    Die Falttür zur Küche wird aufgeschoben und Annette erscheint mit ihrem leeren

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