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GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 51: DER KÜNSTLICHE MANN: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 51: DER KÜNSTLICHE MANN: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 51: DER KÜNSTLICHE MANN: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
eBook235 Seiten3 Stunden

GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 51: DER KÜNSTLICHE MANN: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.

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Über dieses E-Book

England im Jahr 2017...

Das Land wird von einem allmächtigen Diktator beherrscht. Die Menschen leben in einem Polizeistaat, der ihnen jegliche persönliche Freiheit genommen hat. Gegen diesen Zwang rebelliert eine Gruppe von Ärzten; sie wollen den Diktator stürzen. Ihre stärkste Waffe ist ein Mann: Hagan Arnold, der beste Agent des Geheimdienstes. Der Kampf um die Macht beginnt...

 

Der Roman Der künstliche Mann des britischen Schriftstellers Leslie P. Davies (* 20. Oktober 1914; † 06. Januar 1988) erschien erstmals im Jahr 1965; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1968 (unter dem Titel Der Mann aus der Zukunft).

Der künstliche Mann erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum16. Jan. 2024
ISBN9783755468103
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 51: DER KÜNSTLICHE MANN: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.

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    Buchvorschau

    GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 51 - Leslie P. Davies

    Das Buch

    England im Jahr 2017...

    Das Land wird von einem allmächtigen Diktator beherrscht. Die Menschen leben in einem Polizeistaat, der ihnen jegliche persönliche Freiheit genommen hat. Gegen diesen Zwang rebelliert eine Gruppe von Ärzten; sie wollen den Diktator stürzen. Ihre stärkste Waffe ist ein Mann: Hagan Arnold, der beste Agent des Geheimdienstes. Der Kampf um die Macht beginnt...

    Der Roman Der künstliche Mann des britischen Schriftstellers Leslie P. Davies (* 20. Oktober 1914; † 06. Januar 1988) erschien erstmals im Jahr 1965; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1968 (unter dem Titel Der Mann aus der Zukunft).

    Der künstliche Mann erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden.

    DER KÜNSTLICHE MANN

    Erstes Kapitel

    Es war ein Erwachen wie an jedem anderen Morgen, eine Rückkehr ins zufriedene Bewusstwerden vertrauter Umgebung, zur Sicherheit eines von schläfrigem Sonnenschein erfüllten Zimmers, zu den leisen, fernen Geräuschen des sich regenden Hauses. Alan verschränkte die Hände hinter dem Kopf und beobachtete das langsame Tanzen der Schattenzweige an der sonnenvergoldeten Decke. Es tat gut, in den ersten Minuten des Erwachens die Vergangenheit auf den neuesten Stand zu bringen und den neuen Tag zu planen. Eine Art geistiger Inventur, ein Sammeln von Gedanken und Eindrücken.

    Und der Rahmen des kommenden Tages würde der von allen vorangegangenen sein. Nur in den Einzelheiten, im Trivialen, konnte es Unterschiede geben. Er würde sich waschen, rasieren und ankleiden, um dann in die Küche hinunterzugehen, wo Mrs. Low, seine Haushälterin, mit leichter Ungeduld darauf warten würde, dass er das Frühstück hinter sich brachte, damit sie sich in aller Ruhe der Hausarbeit widmen konnte. So würde der Tag beginnen, so hatten der gestrige und vorgestrige Tag begonnen. Soweit ihn sein Gedächtnis ohne bewusste Anstrengung zurückführen konnte.

    Er stieg aus dem Bett und trat an das offene Fenster, wo er sich mit den Ellbogen aufstützte. Kein Nebel heute früh, die Umrisse der Berge ringsumher deutlich und klar. Vielleicht kündigte sich Regen an. Lee würde sich freuen. Lee, der nebenan wohnte und, wenn er nicht in seinem Atelier war, im Garten arbeitete. Der auch jetzt, hinter der niedrigen Ligusterhecke, auf dem Kiesweg kniete, die Ölkanne über der alten Mähmaschine erhoben.

    »Höchste Zeit, dass du dir eine neue anschaffst«, rief Alan hinunter. Lee hob den Kopf. Sein schwarzes Haar war ungekämmt wie eh und je.

    »Wir können nicht alle wohlhabende Schriftsteller sein«, erwiderte Lee Craig lächelnd. »Es gibt auch Leute, die auf ihren Geldbeutel achten müssen. Im Augenblick sind die Finanzen im Craig'schen Haushalt ein wunder Punkt. Sybil spricht von einem neuen Hut. Ich hätte einen neuen Anzug nötig.« Er stand auf und presste eine Hand auf den Nacken. »Das Resultat steht von vornherein  fest. Ich muss noch eine Weile mit meinen alten Sachen auskommen.« Er berührte den Rasenmäher mit dem Fuß. »Und die Kiste da muss mindestens noch einen Sommer Dienst tun.«

    »Kein Nebel heute«, meinte Alan, den Blick wieder auf die Berge gerichtet. »Könnte Regen geben.«

    »Wär’ nicht schlecht.« Lee drehte sich nach einer Besichtigung des Horizonts wieder um und schaute zu Alan hinauf, wobei er die Augen mit der Hand beschattete. »Du scheinst gerade erst aus dem Bett gestiegen zu sein. Achtbare Bürger haben schon eine Stunde Arbeit hinter sich.«

    Alan grinste.

    »Ich sehe aber nicht, dass du dich zu Tode quälst.«

    »Kommt schon noch.« Lee steckte die Ölkanne in die Hüfttasche seiner fleckigen Hose, packte den Rasenmäher an den Handgriffen und mähte eine Bahn durch das Gras. »Da hätte doch längst einer Gras erfinden können, das ein paar Zentimeter wächst und dann aufhört«, sagte er und reckte sich. »Ich trinke eine Tasse Kaffee mit dir, wenn du fertig bist.«

    Alan nickte und trat vom Fenster zurück. So begann fast jeder Tag, mit kurzem, freundlichem Geplauder mit seinem nächsten Nachbarn. Das war Lee Craig, freischaffender Graphiker, um die Vierzig, hochgewachsen, mit schlaksigen Gliedern, die wie bei einer Puppe an seinem schlanken Körper befestigt zu sein schienen; mit schmalem Gesicht, brauner Haut, die über deutlich abgezeichnete Knochen gespannt war, schiefem Lächeln und einem fast stets ungekämmten schwarzen Haarschopf.

    Alan stand mit nacktem Oberkörper am Waschbecken und ließ Wasser einlaufen. Er dachte darüber nach, wie angenehm es war, einen Mann wie Lee zum Freund zu haben. Und Lees Frau Sybil... Er drehte den Hahn zu. Sekundenlang wollte ihr Bild nicht Gestalt annehmen. Dann fügte es sich zusammen; grellfarbene Kleider, kurzes, dunkles, an den Schläfen mit Grau durchzogenes Haar, eine Art spröder, porzellanhafter Schönheit.

    Als er sich das Gesicht mit dem rauen Handtuch abrieb, spürte er an einer Schläfe ein Prickeln. Er schaute von der Seite her in den Spiegel. Die schmale Narbe trat in der sie umgebenden Röte weißlich hervor. Er drehte den Kopf, um die Narbe an der anderen Schläfe zu betrachten. Sie war längst nicht so auffallend.

    Das Gesicht, das ihm entgegenstarrte, gehörte plötzlich einem Fremden. Er suchte nach einem Erkennungspunkt. Das war der Alan Fraser, den die Welt sah. Eine kräftige Nase, voller Mund, Augen so anonym wie das Gesicht, und ein Gesicht wie jedes andere. Glatte Haut - trotz der sechsunddreißig Jahre - und jetzt, nachdem die Rötung vom Frottieren langsam verging, seltsam farblos. Nur das Haar hob es aus der Durchschnittlichkeit heraus - dicht, glänzend, üppig und rötlich-braun. Vertraute Züge, die sich nicht zu einem vertrauten Ganzen vereinigen wollten. Alan öffnete stirnrunzelnd den Wandschrank, um seinen Elektrorasierer herauszunehmen.

    Als er das Badezimmer verließ, warf er die Tür versehentlich mit unnötiger Kraft zu. Mrs. Lows Stimme drang von unten herauf.

    »Fertig, Mr. Fraser?«

    »Zwei Minuten noch«, rief er hinunter. Im Schlafzimmer, vor dem Schrank, während er überlegte, was er anziehen sollte, fragte er sich, ob auch andere Menschen diese merkwürdigen, beunruhigenden Augenblicke erlebten, in denen ihnen das eigene Gesicht plötzlich fremd erschien. Das musste wohl ein normaler Vorgang sein.

    In der Küche lehnte Lee an der offenen Hintertür, eine Tasse in der Hand, und nickte stumm. Mrs. Low, unter weißer Schürze und rosa Bluse imposante Wölbungen verbergend, brachte vom Herd einen vollen Teller, stellte ihn auf den Tisch und rückte das Besteck zurecht.

    »Der Speck ist zu knusprig«, entschuldigte sie sich. »Tut mir leid. Ich weiß, dass Sie ihn lieber weich wollen. Ich dachte, ich hätte Sie schon früher gehört.«

    »Er beugte sich zum Fenster hinaus«, warf Lee ein. »Im tiefsten Negligé. Wenn das der richtige Ausdruck ist. Mit Worten kann ich nicht so gut umgehen. Wie geht es mit dem Buch voran, alter Knabe?«

    Neben Alans Teller lag ein Brief. Er musste von seinem Agenten sein - niemand sonst konnte ihm schreiben.

    »Ich habe die ersten Kapitel skizziert«, erwiderte er zerstreut, während er den Umschlag aufschlitzte.

    »Wenn mich die Herren entschuldigen«, sagte Mrs. Low von der anderen Tür her, »fange ich mit den Schlafzimmern an.«

    Alan lehnte den Brief an die Milchkanne. Kitch schrieb, dass er eine Kurzgeschichte für vierzig Guineen an die Zeitschrift tomorrow verkauft hatte. Alan zog die Stirn kraus. Weniger als erwartet, aber für das Notwendigste würde es wohl reichen, einige Wochen lang. Kitch erwähnte auch, dass er dringend den ersten Kapiteln des Romans entgegensehe. Alan schob den Brief in die Tasche.

    »Wir sind also immer noch beim Skizzieren«, meinte Lee beiläufig. »Und wann fangen wir ernsthaft an?«

    »Ist ja noch Zeit.« Der Speck war mehr als knusprig, das magere Fleisch hart und brüchig. »Ich möchte mich erst einfühlen, bevor ich richtig mit dem Schreiben anfange.«

    »Verstehe schon. Mir geht es ähnlich. Zuerst habe ich eine grobe Skizze im Kopf und dann bringe ich die ersten Versuche aufs Papier, fast instinktiv. Wovon soll denn das Buch handeln?«

    Alan musste nachdenken. Im Laufe der vergangenen Wochen hatte er sich immer mal wieder Notizen über den Hintergrund gemacht. Im Augenblick existierte nur eine Vielzahl von Einfällen. Aber eines stand fest...

    »Es wird ein biographischer Roman«, sagte er.

    Der andere spitzte kritisch die Lippen.

    »Eigentlich nicht dein Gebiet, Alan. Ich meine, mit deinen utopischen Geschichten hast du doch Erfolg. Warum also einen Wechsel riskieren?« Er stellte die leere Tasse in das Spülbecken. »Aber als fairer Mensch will ich zugeben, dass du es schaffen könntest.« Er drehte sich um und zog die Braue hoch. »Du kannst ja beides verbinden. Die Biographie eines Marsmenschen. Ist dir schon ein Titel dafür eingefallen?«

    »Ich schreibe nicht über Marsmenschen, nicht einmal für die Magazine.« Alan schüttelte den Kopf. »Und den Titel habe ich auch noch nicht. Nicht einmal Namen, selbst für den Helden nicht.«

    Das sonnenbeschienene Rechteck der Tür wurde dunkel.

    »Gerüchtweise hieß es, dass jemand meinen Rasen mähen will«, erklärte Sybil nach ihrem lautlosen Eintreten. Sie verschränkte nackte, braune Arme vor dem allzu engen, hellblauen Kleid und betrachtete ihren Mann anklagend. »Ich habe mir schon gedacht, dass du hier bist.« Sie wandte sich Alan zu und lächelte. »Wie geht es dir, Alan?«

    »Gut.« Er wies mit einem Kopfnicken zum Herd. »Kaffee?«

    »Du verwechselst mich mit einem andern«, erwiderte sie. »Ich bin nicht der Meister von Bewdey im Kaffeetrinken.«

    »Ich vertrödle nicht meine Zeit, wie du anzudeuten scheinst«, sagte Lee würdevoll. »Ich habe mit Alan sein neues Buch besprochen und ihm meinen Rat zuteilwerden lassen. Wir haben beschlossen, dass es eine Romanbiographie fünfzig Jahre in der Zukunft werden soll.«

    Alan schob seinen Teller beiseite.

    »Warum gerade fünfzig Jahre?«

    Lee beachtete die Unterbrechung nicht.

    »Bis jetzt haben wir uns noch nicht für einen Titel entschieden. Wir warten, bis wir für die Hauptfigur einen Namen gefunden haben. Dann nehmen wir diesen Namen als Titel. Ein starker Name ist nötig - ein wuchtiger Name, der an breite Schultern und an ein kantiges Kinn denken lässt.«

    Alan erhob sich.

    »Die Notizen liegen auf meinem Schreibtisch«, meinte er ruhig. »Warum zerreißt du sie nicht und schreibst das blöde Ding selber?«

    Er und Lee verstanden einander. So war es immer gewesen.

    »Noch ein Wort und ich tu’s«, sagte Lee nachdenklich.

    Sybil trat zurück ins Sonnenlicht.

    »Raus mit dir!« Sie hob den Arm. »Rasen mähen!«

    Lee gab sich zerknirscht und ging folgsam mit.

    Alan betrat den Korridor. Dort erlebte er einen seltsamen Augenblick der Unentschlossenheit. Die rechte oder die linke Tür? Die Welt ordnete sich wieder. Im Arbeitszimmer, auf dem Weg zum Schreibtisch, überfiel ihn leichtes Schwindelgefühl. Mrs. Low tauchte plötzlich auf, ein Glas Wasser in der einen Hand, zwei weiße Tabletten auf der anderen. Alan nahm sie automatisch, legte sie auf die Zunge und trank Wasser nach. Er ließ sich im Sessel nieder. Das Schwindelgefühl war verflogen. Draußen summte der Staubsauger. Mrs. Low war wieder an der Arbeit.

    Das Bündel Notizblätter lag auf dem Schreibtisch zwischen Kalender und Schreibmaschine. Den ewigen Kalender mit seinem Lederrücken zu verstellen, war die erste Aufgabe. Während er das magnetische Rechteck weiterschob, fiel ihm eine früher getroffene Entscheidung ein. Ein Tagebuch über den Fortschritt des Romans zu führen, war eine gute Idee. Er zog nach einigem Suchen aus einer der Schubladen ein kleines Notizbuch heraus, schlug es auf und schrieb auf die erste Seite: Montag, 16. Juni 1967. Er schrieb langsam. Dann griff er nach den Notizen. Während er sie studierte, suchte er in seiner Tasche nach Zigaretten, zündete sich eine an und hustete, als der warme Rauch in seine Kehle drang. Es war das erste Mal, dass er die Skizzen in einem Zuge durchlas. Der Mangel an einem fortlaufenden Zusammenhang enttäuschte ihn. Recht wenig Material für einen Roman, fand er. Die einzelnen Bemerkungen wollten sich nicht zu einem verständlichen Ganzen zusammenfügen. Einige waren so vage gehalten, dass er sich kaum erinnern konnte, sie niedergeschrieben zu haben. Unbarmherzig kürzte er die allzu wortreiche Beschreibung einer namenlosen Dorfkirche. Ohne an die Zigarette zu denken, strich er kräftig auf allen Blättern und begann von neuem zu lesen, was übriggeblieben war.

    Ein Kind, geboren in einer Holzhütte in einem Ort ohne Namen. Nicht in einem heimeligen Dorf wie Bewdey. Es gab nur eine Anzahl alter Hütten und ein einsames Gleis, das durch eine Wüste zum fernen Horizont zielte. Australier, schrieb er an den Rand und fügte ein Fragezeichen hinzu.

    Alan drückte die Zigarette aus und lehnte sich zurück. Er versuchte sich das Kind vorzustellen. Es wollte ihm nicht gelingen. Er spürte auch den Mangel an Selbstvertrauen, den Zweifel an seiner Fähigkeit, sich an einen Roman heranzuwagen.

    Aber Kitch traute es ihm zu, und offensichtlich auch Lee. Lee hatte immer recht. Sein Gedanke, Biographie und Utopie zu verbinden, war gut. Es war nicht das erste Mal, dass Lee Unterstützung in Form einer Herausforderung anbot. Seine Idee, den Roman vor einem Hintergrund spielen zu lassen, der fünfzig Jahre in die Zukunft reichte, war eine Herausforderung.

    Wie würde die Welt nach einem halben Jahrhundert aussehen? Würden die nächsten fünfzig Jahre das Leben so stark verändern, wie es die vergangenen fünfzig Jahre getan hatten? Alan malte sich Bilder aus. Alles in allem hatte die Menschheit in den letzten fünfzig Jahren nur einen kleinen Schritt vorwärts getan. Die nächsten fünfzig konnten nichts allzu Revolutionäres bringen. Und Lee würde ihm mit seinen Kenntnissen helfen können, diese Dinge in die Zukunft zu projizieren.

    Alan verließ das Zimmer. Mrs. Low, die mit einem Lederlappen den Spiegel blankrieb, drehte sich lächelnd um und fragte: »Wieder festgefahren, Mr. Fraser?«

    Er bekämpfte milden Ärger über diese gewohnheitsmäßige Frage, weil er wusste, dass sie nur versuchte, damit ihr Mitgefühl und Verständnis zu zeigen. Er kannte sie so gut wie sich selbst. Abgesehen von den wenigen, im Krankenhaus verbrachten Monaten hatte es nie eine Zeit gegeben, in der Mrs. Low nicht ebenso Bestandteil seines Daseins gewesen wäre wie seine Kleidung, das Haus, in dem er wohnte, ja sogar die Luft, die er atmete. Zuerst war sie seine Hebamme, dann seine Krankenpflegerin gewesen und amtierte jetzt als Haushälterin.

    Er lächelte sie an.

    »Ausnahmsweise bin ich einmal nicht festgefahren, Mrs. Low. Ich glaube sogar, dass ich einer guten Sache auf der Spur bin. Aber das erfordert noch allerhand Nachdenken.«

    Sie warf einen Blick auf die Uhr.

    »Wenn Sie einen Spaziergang machen wollen, bleiben Sie nicht zu lange fort. Ich mache Ihnen, wie üblich, um elf Uhr etwas zu trinken.«

    »Bis dahin bin ich zurück«, versprach er, öffnete die Tür und trat in die Sonne hinaus.

    Lee hatte seinen Rasen fertig gemäht. Die Luft war erfüllt von dem kräftigen Geruch nach frischgeschnittenem Gras. Alan ging den Kiesweg entlang und lehnte sich mit den Armen auf das Gartentor. Die Straße, die beiderseits einen Bogen beschrieb und sich dem Blick entzog, war leer. Bevor er sich auf das kleine Abenteuer eines Spaziergangs einließ, blieb Zeit für das Vergnügen einer zweiten Inventur.

    Das war Bewdey, wenig mehr als ein kleines Dorf, wo er geboren war und sein ganzes Leben verbracht hatte. Die Berge, die Bäume, die weiten Felder und die wenigen Häuser waren ihm so vertraut wie die Linien in seiner Hand. Zur Rechten, hinter der Kurve verborgen, das kleine Postamt, wo Peter Clamp - immer der volle Name - hinter dem Schalter, wo es auch Limonade zu kaufen gab, auf Kunden wartete. Und danach - nichts als die Landstraße, die sich zwischen Hügeln dahinwand, um schließlich in die Hauptstraße nach Cradhill einzumünden.

    Und zur Linken... George Tarvins Gemischtwarenhandlung und das Polizeigebäude, in dem Constable Cowen allein residierte. Das Landhaus, wo der Major wohnte, auch ganz allein, Clove Cottage, das schon seit ein paar Jahren leer stand, und Rose Cottage, früher jeden Sommer an Fremde vermietet, jetzt für dauernd von Tony Verity, einem Maler, bewohnt. Und nach dem kleinen Ort wurde die Straße schmäler, grasüberwachsen, weil nicht benutzt, um vor den verrosteten Toren der Old Oak Farm zu enden, die seit mehr als zehn Jahren leer stand und immer mehr verfiel.

    Das war Bewdey - war die Geschichte seines Lebens. Jenseits der Berge gab es eine Welt, aber sie spielte keine Rolle. Er war hier geboren; es genügte ihm, hier zu leben und zu sterben.

    Alan öffnete das Gartentor und überlegte kurz. Nach rechts, ein Spaziergang vorbei an dem kleinen Postamt? Oder in die andere Richtung, mit der Möglichkeit, sich mit dem Major zu

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