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KINDER DER HÖLLE: Ein Horror-Roman
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KINDER DER HÖLLE: Ein Horror-Roman
eBook348 Seiten4 Stunden

KINDER DER HÖLLE: Ein Horror-Roman

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Über dieses E-Book

Ein uralter, böser Kult, der tief unter New York City lauert, verwandelt U-Bahn-Stationen in blutige Altäre für rituelle Opferungen. Kreaturen aus Blut kriechen die Abflussrohre empor, ein unsichtbarer Höllenhund verschlingt menschliches Fleisch, verwahrloste, brutale Kinder durchstreifen die Straßen bei Nacht und machen aus Mord ein Grauen erregendes Spiel. Carl Lanyard – Schriftsteller und Okkult-Forscher – riskiert sein Leben, seine Liebe und seinen Verstand, indem er den Kampf gegen die unaussprechlichen Mächte der Dunkelheit aufnimmt...

 

Mit John Shirleys bahnbrechendem Horror-Thriller Kinder der Hölle - erstmals ungekürzt und ergänzt um ein Vorwort von Edward Lee sowie um farbige Illustrationen von Christian Dörge) – veröffentlicht der Apex-Verlag einen der ganz großen Klassiker der modernen Horror-Literatur.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum13. März 2019
ISBN9783739669168
KINDER DER HÖLLE: Ein Horror-Roman

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    Buchvorschau

    KINDER DER HÖLLE - John Shirley

    Das Buch

    Ein uralter, böser Kult, der tief unter New York City lauert, verwandelt U-Bahn-Stationen in blutige Altäre für rituelle Opferungen. Kreaturen aus Blut kriechen die Abflussrohre empor, ein unsichtbarer Höllenhund verschlingt menschliches Fleisch, verwahrloste, brutale Kinder durchstreifen die Straßen bei Nacht und machen aus Mord ein Grauen erregendes Spiel. Carl Lanyard – Schriftsteller und Okkult-Forscher – riskiert sein Leben, seine Liebe und seinen Verstand, indem er den Kampf gegen die  unaussprechlichen Mächte der Dunkelheit aufnimmt...

    Mit John Shirleys bahnbrechendem Horror-Thriller Kinder der Hölle - erstmals ungekürzt und ergänzt um ein Vorwort von Edward Lee sowie um farbige Illustrationen von Christian Dörge) – veröffentlicht der Apex-Verlag einen der ganz großen Klassiker der modernen Horror-Literatur.

    Frühe Ausgaben von Kinder der Hölle / Cellars:

    Der Autor

    John Shirley, Jahrgang 1953.

    John Shirley ist ein vielfach mit Literatur-Preisen ausgezeichneter US-amerikanischer Schriftsteller, Drehbuch-Autor und Musiker. Er gilt neben William Gibson als der stilprägendste Cyberpunk-Autor.

    Erste Veröffentlichungen 1979 und 1980: Transmaniacon (Roman), Dracula In Love (Roman), City Come AWalkin' (dt. Stadt geht los, Roman) und Three-Ring Psychus (dt. Die Psi-Armee, Roman).

    1982 folgt Cellars (dt. Kinder der Hölle, Roman), der zum wichtigsten modernen Horror-Roman der (19)80er/90er Jahre gezählt wird.

    John Shirley war Lead-Sänger der 1978 gegründeten Punk-Band Sado-Nation sowie - in den (19)80er Jahren - der Post-Punk- und ProgRock-Bands Obsession und Panther Moderns.

    Von 1985 bis 1990 Veröffentlichung der dystopischen Song Called Youth-Trilogie: Eclipse (dt. Eclipse, Roman), Eclipse Penumbra (dt. Eclipse Penumbra, Roman) und Eclipse Corona (dt. Eclipse Corona, Roman). 2012 erscheint die Trilogie als überarbeitetes und ergänztes Signature-Omnibus unter dem Titel A Song Called Youth.

    Weitere bedeutende Romane/Werke: A Splendid Chaos (dt. Ein herrliches Chaos, 1988), Wetbones (1991),...And The Angel With Television Eyes (2001), Gurdjieff - An Introduction To His Life And Ideas (non-fiction, 2004), The Other End (2007), Everything Is Broken (2011), Black Glass (2012), Doyle After Death (2013), Wyatt In Wichita (2014).

    John Shirley gilt überdies als Meister im Verfassen von Kurzgeschichten und Erzählungen und hat dementsprechend herausragende Text-Sammlungen veröffentlicht: Heatseeker (dt. Hitzefühler, 1989), New Noir (1993), The Exploded Heart (1996), Black Butterflies (1998), Really, Really, Really, Really Weird Stories (1999), Darkness Divided (2001), Living Shadows (2007) sowie In Extremis: THe Most Extreme Short Stories Of John Shirley (2011). Gemeinsam mit William Gibson verfaßte John Shirley die Kurzgeschichte The Belonging Kind (dt. Zubehör, 1981), welche Bestandteil von Gibsons Textsammlung Burning Chrome (dt. Cyberspace, 1986) ist.

    Darüber hinaus schreibt John Shirley zahlreiche Film-Tie-Ins, u.a. Doom (2005), Constantine (2005), Batman: Dead White (2006), Resident Evil: Retribution (2012) und Grimm: The Icy Touch (dt. Grimm: Der eisige Hauch, 2013).

    Im Jahr 2012 veröffentlicht Black October-Records John Shirleys musikalischen Back-Katalog: das Mini-Album Mountain Of Skullz und das Doppel-Album Broken Mirror Glass. 2015/16 veröffentlichte Black October-Records beide Tonträger zusätzlich in digitaler Form.

    Der Apex-Verlag widmet John Shirley eine umfangreiche Werkausgabe.

    John Shirley lebt und arbeitet in Vancouver, Washington/USA.

    Anmerkung des Autors

      Ich habe diese Ausgabe von Kinder der Hölle in der Art bearbeitet, wie ich es wohl getan haben würde, hätte ich sowohl die Perspektive als auch die Zeit dafür gehabt, als ich das Buch Anfang der 1980er Jahre schrieb. Das grós der Bearbeitungen besteht aus strategischen Kürzungen. Es fühlt sich für mich nun wie ein weitaus stärkeres Buch an.

      Kinder der Hölle enthält unverändert einige wirklich großartige Szenen - ich bin stolz darauf, sie geschrieben zu haben, denn sie beschreiben New York City (insbesondere die Lower East Side) in einer Weise, wie ich die Stadt zu jener Zeit kannte. Ich lebte dort und habe darüber geschrieben. Dieser Roman handelt von der damals dort vorherrschenden Atmosphäre - eine Atmosphäre, die gerade jetzt dorthin zurückkehrt, machtvoller als jemals zuvor und die mehr und mehr die Vorstellung untermauert, alles sei erlaubt, wenn es nur zum Erfolg führt, wenn es dich reich, mächtig und berühmt macht. Damals befanden sich Teile von New York City in einem traurigen Zustand des Verfalls. Seither hat es Verbesserungen gegeben, meist jedoch aus Investitions-Gründen und zulasten der Unterkünfte für die Armen. Aber ich habe die Stadt so beschrieben, wie es meiner Sichtweise entspricht.

      Ursprünglich enthielt der Roman einen Epilog, in welchem wir erfahren: Nicht alles ist so, wie es am Ende des letzten Kapitels den Anschein hatte. Letztlich überzeugten mich entweder mein Verleger oder meine düstere Stimmung davon, diese Szene zu streichen.

      Ich habe mich entschlossen, diesen Epilog aus meiner Erinnerung zu rekonstruieren. Folglich enthält diese Ausgabe eine neue Textpassage – Text, der für dieses Buch unverzichtbar ist.

    John Shirley,

      April 2006

    Edward Lee: Vorwort zur Neuausgabe von Kinder der Hölle

      Wahre Geschichte, und ich hoffe, sie sorgt für ein paar Lacher.

      Im Dezember 2004 wartete ich am Tampa International auf meinen Flug nach Maryland, wo ich meine Mutter über die Weihnachtstage besuchen wollte. Ich flog also nach Südwesten, doch es gab keine Platz-Reservierungen. Aber: Es gab Boarding-Kontingente, und ich wurde Gruppe A zugeteilt, der ersten. Problem: Steht man ganz vorn in solch einer Gruppe, so muss man sich in der Warteschlange optimal platzieren, bevor mit dem Einsteigen begonnen werden kann. Mit anderen Worten: Man kann nicht sitzen. Man muss stehen. Folglich stand ich in dieser Schlange und las wieder einmal John Shirleys Kinder der Hölle.

      Ohne Zweifel ist dies für alle Zeit einer meiner liebsten Horror-Romane und darüber hinaus (meiner Meinung nach...) eines der wichtigsten Bücher seiner Art. Erstmals wurde der Roman im Jahr 1982 veröffentlicht und es brach sogleich die Begrenzungen dessen auf, was wir über das Horror-Genre zu wissen glaubten, bahnte sich seinen Weg in das Zartgefühl der Leserschaft hinein und zeigte jungen Schriftstellern - mich selbst eingeschlossen - einen neuen Weg auf, dem zu folgen lohnenswert erschien. Und ich las ihn aufs Neue am Flughafen, um meine Erinnerung für dieses Vorwort aufzufrischen, welches ich die große Ehre habe schreiben zu dürfen.

      Wie auch immer, da stand ich nun, verstehen Sie? In meiner Boarding-Warteschlange, Kinder der Hölle lesend. Just in diesem Augenblick hatte ich das sprichwörtliche Gefühl... beobachtet zu werden. Mehrfach spähte ich über den Rand des Buches und bemerkte sogleich: Es war mehr als nur ein Gefühl. Mehrere Personen in der Reihe bedachten mich mit merkwürdigen Blicken: strenge Grimassen, Stirnrunzeln, Ausdrücke von Missbilligung und sogar von Abscheu. Ich sagte zu mir selbst: Es ist nur Einbildung, vergiss es! Dann stieg ich in den Flieger.

      Jetzt saß ich auf meinem Platz, weiterhin lesend, gab keinen Laut von mir, belästigte niemanden. Ich las einfach nur ein Buch und beschäftigte mich mit meinem eigenen Kram.

      Aber die Leute starrten mich noch immer an.

      Irgendwer kam den Gang herunter und glotzte mich giftig an. Die Lady, die neben mir saß (und die aussah wie Mrs. Howell aus Gilligans Insel), schien sogar alarmiert zu sein. Dann huschte die Flugbegleiterin vorbei, um die Gepäckfächer zu schließen, und selbst sie runzelte die Stirn.

      Hing mir etwa ein Popel aus der Nase? Bin ich irgendwie... merkwürdig? Sehe ich aus wie ein Arschloch? Warum starrt mich jeder in diesem gottverdammten Flieger an?

      Schließlich kam’s mir in den Sinn... ich drehte mein Exemplar von Kinder der Hölle um, und da standen sie geschrieben, auf dem Buchrücken, in großen roten Blockbuchstaben, Buchstaben, größer als ich sie in meinem ganzen Leben auf einem Buch-Umschlag gesehen habe, diese Worte: FLEISCH FÜR SATAN!

      Kein Wunder, dass mich jeder anstarrte als wäre ich der Würger von Boston. In jenen Tagen gab’s eine Menge airline paranoia, und es überrascht mich heute noch immer, dass man mich nicht aus dem Flugzeug geworfen oder mein Gepäck nach Kerzen für Schwarze Messen und nach Baby-Totenschädeln durchsucht hat. Ja, Sir, darum ging’s, alles klar. FLEISCH FÜR SATAN.

      Was mich wiederum zu Kinder der Hölle führt.

      Die Hauptfigur – der Schriftsteller Carl Lanyard – ist ziemlich untypisch; er ist sowohl wie geschaffen für diese Art von Buch als auch für den Exkurs, der den Leser erwartet. Heuristisch betrachtet lehnt er jegliche traditionellen Werte ab: Ehefrau, Kinder, upper-class-9-bis-5-Büro-Jobs, die allmorgendliche 4-Dollar-Starbucks-Tasse. Stattdessen hat ihn das Leben mit einem unsteten Neo-Existenzialismus geschlagen, egoistisch durch Einsicht, perspektivlos durch Versagen, und er sucht - angesichts seiner völligen Desillusionierung bezüglich dieser modernen Welt mit ihren kommerziellen, kapitalistischen und industriellen Konditionierungen - nach einem Weg zur Selbstverwirklichung. Lanyard ist ein guter Kerl, aber nicht notwendigerweise liebenswert. War Gregor Samsa in Kafkas Metamorphose liebenswert? Natürlich nicht. Doch während seiner ebenso symbolischen wie scheußlichen Transformation wird er von einer weitaus scheußlicheren Welt erleuchtet, sodass er letztlich eine erneuerte, funktionierende Moral aufzubauen vermag. Was Lanyard will, ist: genug Geld, um in einem Zimmer zu sitzen und um dort von früh bis spät schreiben zu können (hey, Augenblick mal – das klingt doch sehr nach mir!), denn indem er das tut würde er tatsächlich den Sinn seines Lebens umsetzen, als menschliches Wesen in einem sehr feindlichen, Sartre-artigen Universum; daraus ergeben sich meine existenzialistischen Anspielungen. Lanyard ist ein Roquentin unserer Tage. Er ist Candide, der nicht am Meer sondern in den Eingeweiden von New York City wiedergeboren wird, in Kanälen und Kloaken und Katakomben und in »endlosen Tunneln, die zu Kellern unter Kellern führen.«

    Falls meine Analyse von Lanyard etwas trübsinnig wirkt – verstehen Sie mich nicht falsch. Dies ist lediglich meine vergnügliche Interpretation dieser Figur (denn ich liebe diese Figur!). Kinder der Hölle gibt nicht vor, ein literarisches Ereignis zu sein. Auch handelt es sich nicht um ein moralisches Theaterstück. Es ist kein unterschwelliges Essay über die Unmenschlichkeiten, zu denen der Mensch fähig ist. Und es ist keineswegs ein geheimnisvolles, vorwitziges Symbol für irgendwas. Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre! Ihr Kritiker da draußen wollt wissen, worum es in Kinder der Hölle wirklich geht? Ich werd’s euch sagen:

      Es geht um Teufelsanbetung. Es geht darum, seine Seele für Macht und Profit zu verschachern. Es geht um Sex und Gewalt und Dämonen und Ausweidungen, darum,  den Hierarchien der Hölle zu huldigen – und es geht um Hündchen, die bis zum Hals eingegraben werden!

      Es geht um FLEISCH FÜR SATAN!

      Aus folgendem Grund kaufte ich dieses Buch, damals, 1982: Klar gab’s haufenweise cooles Zeug dieses Genres, meist leichte Kost, aber dennoch gute Bücher. Wie auch immer, es gab indes nur wenige Bücher, die wirklich die Eier hatten, das Potenzial des Wortes, welches dem Genre seinen Namen hab (HORROR), zu nutzen, und noch weniger davon durchbrachen die Grenzen in Richtung Hardcore (ich... schweife ständig ab, nicht wahr?). Als ich Kinder der Hölle erstmals gesehen habe, hätte ich’s beinahe nicht in die Hand genommen. Das ursprüngliche Paperback-Cover war nicht wirklich aufregend; fast wäre ich daran vorbei gegangen, weil’s einfach wie eine dieser Tollwütiger-Hund-Romane aussah. Doch dann fiel mein Blick auf eine kleine Zeile unterhalb des Titels – folgendes stand dort zu lesen:

      »Steig hinab in die Dunkelheit unter den Straßen der Stadt und stirb in der Hölle.«

      Heilige Scheiße! Ist das eine Titel-Unterschrift oder was? (Hallmark sollte diese Zeile in einer Glückwunschkarte abdrucken!). Dann drehte ich das Buch um, und die folgenden drei magischen Worte stachen mir ins Auge: FLEISCH FÜR SATAN.

      Nö, das war definitiv kein leichter Horror. Das war keine Sessel-Lektüre. Ab Seite zwölf ließ Kinder der Hölle die Puppen tanzen:

    »...Ihr Rock war bis zur Taille hochgeschlagen. Ihre Brüste waren symmetrisch gevierteilt worden - wie Fruchtschnitzen für einen Obstsalat. Ihr Solarplexus war säuberlich geöffnet worden und ebenfalls gevierteilt, und Därme und andere Eingeweide waren freigelegt. Einige Organe - Lanyard war sich nicht sicher, welche - waren heraus genommen, verunstaltet und wieder eingefügt worden. Das Muster der neu zusammengesetzten Organe erinnerte Lanyard an ein chinesisches Schriftzeichen.«

      Diese Szene war nur der erste Tropfen in einem sehr großen und ziemlichen wahnsinnigen Eimer voll Blut, den John Shirley über den Köpfen Tausender argloser Leser entleerte - damals, in der kitschigen Zeit von E.T., Mork vom Ork und Cabbage-Patch-Püppchen.

      Welch ein wunderbarer Skandal! Welch eine köstliche Missachtung des feigen Mainstreams! Man bedenke: Im Jahr 1982 war’s nahezu unerhört, derart opulente und eindeutige Symbolik in einem Roman vorzufinden, der in Buchläden gleich neben John Saul und Sidney Sheldon stand. Kinder der Hölle war aufregend - nicht wegen der haarsträubenden Geschichte, sondern weil das Buch mir Hoffnung machte. Damals begann ich nämlich selbst als Schriftsteller zu arbeiten, und was ich auf mich zukommen sah war eine langweilige Zukunft, zumindest soweit es den Bereich Horror-Roman betraf -  bis ich Kinder der Hölle las. Das Buch öffnete eine Tür für mich. Es zeigte mir, dass auch ich es wagen könnte.

      Es hätte eine Menge weitaus markttauglichere Dinge gegeben, die sich John Shirley zu schreiben hätte aussuchen können, als Reagan erstmals ins Amt gewählt wurde. Doch er entschied sich für Kinder der Hölle. Er entschied sich für Hardcore.

    Kinder der Hölle sollte sich als eine meiner ausgeprägtesten kreativen Inspirationen überhaupt erweisen. Es erscheint mir beinahe unwirklich, dass ich’s erstmals vor fast einem Vierteljahrhundert gelesen habe (verdammt nochmal, woher kommt bloß all das graue Haar??). Aber nach all dieser Zeit ist’s noch immer einer von sehr wenigen Horror-Romanen, derer ich mich stets entsinne. Weil’s der Vorläufer eines ziemlich großen Stücks vom Horror-Markt-Kuchen des Jahres 2006 ist. Manche Bücher sind zeitlos, immun dagegen, ihren ursprünglichen Glanz zu verlieren, und John Shirley ist mit seinem frühen Meisterwerk eben jenes Kunststück gelungen. Ich hoffe, diese Neuausgabe von Kinder der Hölle inspiriert eine neue Generation von Schriftstellern ebenso wie sie mich inspirierte – vor so langer Zeit.

      Fazit: Einer der allerersten Hardcore-Horror-Romane ist auch nach zweieinhalb Jahrzehnten noch immer einer der besten.

    Edward Lee –

      St. Pete Beach, Florida

      20. Januar 2005

    Dieses Buch widme ich

    Dale Van Wormer,

    dem ich Horror-Storys erzählte, als wir Kids waren...

    Prolog: Carl Lanyard, 1955

      »Vielleicht ist er ein Zigeuner«, sagte der größere der beiden Jungs.

      Beide Jungs waren blond und pickelig, und beide waren so alt wie Carl, zehn Jahre. Aber sie waren wesentlich größer als Carl. Er sah zu ihnen auf und hoffte, er würde nicht so trotzig wirken, dass sie seinen Blick als Herausforderung missverstanden.

      Der kleinere Junge schnippte mit einem Finger unter Carls Nase. Carl glaubte, er würde geschlagen und zuckte blinzelnd zurück.

      Die Jungs lachten. Sie kamen näher, beengten ihn.

      Carl fürchtete sich, und zugleich dachte er:  Es ist komisch, was man alles bemerkt, wenn man Angst hat. Er hatte sich auch bei dem Begräbnis seines Onkels gefürchtet. Sich gefürchtet, weil er noch nie eine Leiche gesehen hatte und weil er glaubte, dunkle Dinge zu sehen, die sich in der Luft über dem Sarg wanden, obwohl er wusste, dass dort nichts sein konnte. Sich gefürchtet - und doch hatte er bemerkt, dass einer von Mrs. Gilders Schneidezähnen gelber war als die anderen, und nach welchem Putzmittel die Kapelle roch, und dass Mr. Bruckner wiederholt an seiner eigenen Achselhöhle schnupperte, und dass Sandra Springsteen, obwohl es ein Begräbnis war, mit diesem Earl flirtete, dem der Fahrradladen gehörte, und dass Mr. Connely sich flüsternd mit Mrs. Connely stritt, die sich bemühte, ihn zum Schweigen zu bringen.

       Jetzt, kurz nach Schulschluss vor dem Wochenende, als sich die beiden Jungen über ihn beugten und ihn zu Boden schlagen wollten, wurde Carl die Spätsommersonne bewusst, die seinen Nacken wärmte, und er nahm den starken Duft nach frisch gemähtem Gras wahr, der von dem Haus gegenüber der Schule herüberdrang, roch außerdem, dass jemand beim Mähen durch einen Haufen Hundescheiße gefahren war, denn der Geruch mischte sich mit dem des frisch geschnittenen Grases; er nahm wahr, dass ein Vogelschwarm in weiter Ferne in unregelmäßig gezackter Formation flog; er sah einen schwarzen Terrier, der einen der Schulbälle davontrug, dann und wann stehenblieb, den erschlafften Ball fallen ließ und darauf herum knabberte wie auf einem Knochen...

      Ihm fiel auf, dass ihm, wenn er sich fürchtete, alle Einzelheiten auffielen, bis auf jene, die für den Schrecken verantwortlich waren.

      »Ja, ein Zigeuner oder so was«, wiederholte der größere Junge, dessen Name Frank Bonham war, wie Carl plötzlich einfiel, und sein Freund hieß Manny Soundso. Manny zog an einer von Carls schwarzen Haarlocken; Carl riss seinen Kopf frei und versuchte zu lächeln. »Genau genommen«, sagte Carl impulsiv, »bin ich Engländer mit irischen Vorfahren. Meine dunkle Haut kommt von dem schwarzen, irischen Zweig meiner Familie. Seht ihr, die Überlebenden der Spanischen Armada wurden in Irland an Land gespült, und sie haben sich eingeheiratet und - au!«

      Manny hatte Carl wieder am Haar gezogen; Franks blaue Augen waren glasig; er streckte die Hand aus und packte ein Büschel Haare auf der anderen Seite von Carls Kopf, zog fest daran, zweimal, und sagte mit der Betonung auf jedem Ruck: »Ich bin Engländer mit schwarzen, irischen Vorfahren!«

      »Schwarz? Nigger drin. Das erklärt alles«, sagte Manny.

      Sie standen am Rand des Schulgeländes und waren von den Fenstern des Schulhauses aus nicht zu sehen. Niemand sah, wie sich Carl los wand und weg rannte; niemand sah die beiden Jungen, die wie Fernseh-Cowboys, die die Herde zusammentrieben, hinter ihm her schossen und ihm ein Bein stellten, so dass er aufs Gesicht fiel. Sie ließen sich auf seinen Rücken fallen, stießen mit den Knien in seine Rippen und Nieren. Er schrie nur deshalb nicht, weil der Schmerz so stark und so stechend war, dass er vor Erstaunen wie gelähmt war. »Du hast vor Mr. Connelys Haus gestanden und...«

      »Lass das, Frank«, fiel ihm der andere Junge ins Wort.

      Carl schmeckte Schmutz, und in seinen Ohren dröhnte es. Er glaubte, unter dem Druck auf seinem Rücken in zwei Hälften zu zerbrechen. Frank schlug auf Carls Schädel ein; Carl stellte zu seinem Erstaunen fest, dass er sich Sorgen machte, sie könnten ihm auf einem Stein die Zähne einschlagen und er müsste mit Zahnlücken zur Schule kommen, und alle würden sagen...

      Er dachte den Gedanken nicht zu Ende, weil Frank ihm ins Ohr schrie: »Merk dir, dass du nichts zu sehen hast, außer den Dreck unter deiner Nase, du Niggerzigeuner!« Carl spürte die Spucke des Jungen auf seiner Backe. »Du siehst nichts! Du hörst

    nichts!«

       »Hast du verstanden?« Manny drehte Carl die Arme auf dem Rücken um; Carl spürte, wie sich seine Handgelenke strafften, kurz vor dem Brechen. »Hast du verstanden?«, schrie Manny ihn an.

      »Ja, ja, hab' ich«, stöhnte Carl.

       Dann war das Gewicht von seinem Rücken verschwunden; der Lärm hatte aufgehört. Er lag allein auf dem Sportplatz. Er hörte das Tapsen ihrer Turnschuhe, als sie fortliefen.

      Dann wurde ihm klar - »Du hast vor Mr. Connelys« -, dass Mr. Connely ihnen Geld gegeben hatte, damit sie ihn verprügelten. Also würde er niemandem mehr erzählen, dass er Mrs. Connelys Stimme gehört hatte. Mrs. Connely war tot. Mr. Connely sagte, sie sei von der Leiter gefallen. Ein Unfall. Carl hatte dem nicht widersprochen. Nicht Carl. Er hatte nur ein paar Leuten erzählt, was Mrs. Connely ihm erzählt hat te, als er an dem Haus vorbeigekommen war, in dem sie kurz darauf gestorben war.

      Er würde es nicht mehr tun. Nichts mehr hören, nichts mehr sehen. Bis auf die Einzelheiten, die nichts schaden konnten. Bis auf den Dreck unter seiner Nase. Die Jungs machten sich seit zwei Jahren über ihn lustig. Der Schmerz in seinem Rücken sagte ihm: Schluss damit!

      Von diesem Zeitpunkt an hörte er die Stimmen nicht mehr, sah nicht mehr die flinken Bewegungen in der Luft, jene Bewegungen, die er Zauberhände genannt hatte, dieses Flattern wie von flimmernden, körperlosen Händen. Keine Stimmen, keine Hände; nichts außer Schmutz. Und die Schulen und die Wege und die Bäume und die Häuser und die Menschen auf dem Schmutz.

    1

      Carl Lanyard – 1981

      Mit leicht zitternden Fingern drückte Lanyard die Nummer in der Telefonzelle. Seine Nervosität kam teils daher, dass er Simon Maguss seinen Misserfolg melden musste. Teils war es auch die Nervosität, die ihn immer plagte, wenn er mit Simon Maguss sprach. Carl Lanyard hatte seinen Arbeitgeber nie gesehen. Sie hatten immer nur telefonisch oder brieflich in Verbindung gestanden - nach Lanyards Auffassung ein unnatürliches Geschäftsgebaren.

      »Kann ich Ihnen behilflich sein?«

      Lanyard nannte der Vermittlung seine Kreditkartennummer. Er warf einen Blick auf die Uhr - es war zehn Uhr morgens.

      Als das Telefon am anderen Ende läutete, warf Lanyard einen Blick über die Schulter auf die Menschenströme, die sich durch den Kennedy International-Airport wälzten. Er runzelte die Stirn, weil er einen Moment lang glaubte, Madelaine Springer am Informationsschalter gesehen zu haben.

      Lanyard hatte seine Brille nicht auf; er war sich nicht sicher.

      Es war unwahrscheinlich, dass sie hier war. Ein solcher Zufall wäre beunruhigend. Vielleicht konnte er...

      »Ja?«, ertönte Maguss' Stimme. Launisch, leicht quäkend, ungeduldig. »Wer ist da? Und warum rufen Sie mich um diese Zeit an?«

      »Lanyard. Ich habe angerufen, um Ihnen zu sagen, dass ich zurück...«

      »Wohin zurück?«

      »Nach San Francisco. Zur Redaktion. Die nächste Ausgabe geht in den Satz. Ich muss noch eine Spalte schreiben, und ich glaube nicht, dass noch Hoffnung besteht, dass ich...«

      »Ohne dieses Interview brauchen Sie nicht zurückzukommen, Lanyard.«

      »Sie weigert sich, ein Interview zu geben.«

      »Was? Sie ist das heißeste und vielversprechendste Medium an der Ostküste. Es ist in ihrem eigenen Interesse, sich interviewen zu lassen. Was hat sie...«

      »Sie verstehen nicht, Mr. Maguss. Sie ist nicht daran interessiert, Geld aus ihrer Gabe herauszuschlagen. Sie hat wiederholt Geld zurückgewiesen, und seit einer Weile lehnt sie jegliche Publicity ab. Sie will auch keinen Tests aussetzen. Sie sagt, sie setzt ihre Gabe ein, wenn sie es für richtig hält. Wir haben uns sehr nett unterhalten. Über vieles. Sie lehnt Abtreibungen ab. Aber auf mediale Phänomene ist die Sprache nicht gekommen. Erst ist sie dem Thema ausgewichen, und dann hat sie sich glatt geweigert, darüber zu reden.«

      »Das ist bestimmt nur einer ihrer Tricks. Sich scheu stellen, die Unnahbare spielen, Werbung für sich machen, indem man jede Publicity meidet. Also wirklich, Lanyard, bleiben Sie dran. Sie müssen hartnäckig sein.«

      »Nein, tut mir leid, aber das geht nicht. Sie können mich feuern. Ich respektiere sie. Ich bin nicht sicher, ob sie medial begabt ist. Ich bin nicht mehr sicher, ob die Leute, über die wir seit zehn Jahren berichten, nicht durch die Bank Betrüger sind. Oder unter Selbsttäuschung leiden. Tut mir leid.«

       Er sprach nicht gern mit dem alten Mann. Etwas in Maguss' Stimme ließ ihn an seine Kindheit denken. Wenn er mit dem Alten sprach, wenn auch nur am Telefon, glaubte er manchmal Dinge zu sehen, die sich in seinen Augenwinkeln wanden.

      »Ich höre es aus Ihrer Stimme heraus, Lanyard.«

      »Was?« Lanyard zuckte. »Was hören Sie?«

      »Mit dieser Frau verbindet Sie eine Art Liebesbeziehung. Um es

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