Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Dreizehn Stufen abwärts: Mysterymärchen
Dreizehn Stufen abwärts: Mysterymärchen
Dreizehn Stufen abwärts: Mysterymärchen
eBook284 Seiten3 Stunden

Dreizehn Stufen abwärts: Mysterymärchen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Ein Schreinermeister läuft mit seinem zehnjährigen Sohn Martin durch die Donauauen in der Nähe von Passau. Er findet in einer Höhle eine alte, weiße Kutsche. Martins Vater holt diese Kutsche, weil Martin es unbedingt so will, zu sich nach Hause und stellt sie in seinen Schuppen. Die Kutsche gehört nun Martin. Er und sein bester Freund Michael finden zufällig heraus, dass der Unterbau der Kutsche der Eingang...

... zu einer anderen Welt ist, die sie noch nicht kennen.

Sie legen sich in diesen Unterbau und stellen fest, dass es von dort aus...

13 Stufen abwärts geht. Das große Abenteuer beginnt.
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum15. Dez. 2016
ISBN9783730981832
Dreizehn Stufen abwärts: Mysterymärchen

Ähnlich wie Dreizehn Stufen abwärts

Ähnliche E-Books

Kinder für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Dreizehn Stufen abwärts

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Dreizehn Stufen abwärts - Alfred J. Schindler

    Alfred J. Schindler

    Dreizehn Stufen

    abwärts

    Mysterymärchen

    von

    Alfred J. Schindler

    Vorwort

    Kinder haben ein unheimliches Gespür für geheimnisvolle Orte und Plätze. Klammheimlich – und unbeobachtet - ziehen sie sich in ihre dunklen Verstecke zurück und leben dort ihre meist unschuldigen Phantasien aus. Sie schaffen sich ihre eigenen, kleinen Welten, in denen sie zu versinken scheinen...

    xxx

    Martin, der es immer wieder schafft, seinen Vater Steffen an die unmöglichsten Orte zu schleifen, bleibt stehen und blickt seitlich nach oben:

    „Papa! Schau mal dort! Diese schönen Felsen!"

    Steffen ist schon etwas erledigt. Seit mehr als zwei Stunden sind die Beiden nun schon zu Fuß unterwegs. Hier an der schönen, blauen Donau fühlt Martin sich wohl, Steffens kleiner Freund und Stammhalter. Wenn es nach ihm ginge, würden sie noch Stunden weiterlaufen, entgegen dem Strom der Donau. Ruhig und gelassen liegt das breite, schimmernde Band des Flusses in ihrem Blickwinkel.

    „Martin. Ich steige mit dir jetzt zu diesen Felsen hinauf, und wenn du alles besichtigt hast, machen wir uns auf den Rückweg. Und eines sage ich dir: Die Steine, die du wieder mitnimmst, trägst du!"

    „Wir wollen jetzt schon zurückgehen, Papa?"

    „Ja."

    Gut, dass Steffen vor ihrer Abfahrt mitgedacht hatte. In seinem kleinen Rucksack befinden sich noch zwei Flaschen Cola. Es ist nämlich sehr warm heute. Der Oktober bäumt sich gegen die bevorstehende Gewalt des Winters auf.

    Martin läuft voraus. Steffen kann mit ihm beim besten Willen nicht mehr mithalten. Schon hat er ihn aus den Augen verloren. Er läuft zwischen den Bäumen hindurch, die zum Teil sehr dicht beieinander stehen. Wenn wenigstens zu diesen Felsen ein halbwegs vernünftiger Weg hinaufführen würde! Aber es gibt sicherlich niemanden, der sich die Mühe machen würde, diese uralten Felsblöcke und -wände näher besichtigen zu wollen.

    Außer Martin.

    Jetzt hört er ihn schreien: „Papa! Ich bin an den Felsen!"

    Der kleine Wald lichtet sich, und Steffen schaut nach oben. Er kann ihn aber nirgends sehen, den kleinen Indianer.

    „Wo bist du?"

    „Hier! - Steffen fragt sich ernsthaft, wo „hier ist.

    Endlich erreicht er ihn. Es war schwierig, ihn überhaupt zu finden, denn der Platz, an dem Martin steht, ist zwischen diesen Felsspalten vollkommen eingebettet. Er wartet schon ungeduldig und verschwindet plötzlich in einer schmalen Spalte, die nicht breiter als einen Meter ist. Sein Vater bleibt stehen, greift in seinen Rucksack und öffnet eine Flasche Cola. Ah! Wie wohl das tut! Langsam geht er seinem Sohn hinterher. Wo ist er denn jetzt schon wieder?

    „Martin!"

    Gedämpft hallt es zurück: „Hier bin ich, zwischen den Felsen!"

    Steffen geht in die enge Spalte hinein. Es wird von einer Sekunde auf die andere ziemlich düster. Die Sonnenstrahlen haben keine Chance, bis hierher durchzudringen. Als er Martin erreicht (er wirkt völlig ausgeruht), deutet dieser auf eine bestimmte Stelle. Aber er sagt nichts.

    „Was ist denn da, Junge?"

    „Ein Weg."

    „Ein Weg?"

    „Ja, er führt nach unten, Papa!"

    Ohne zu fragen, läuft er los. Sein Vater hinter ihm her. Dieser sieht, wie der Kleine plötzlich ins Rutschen kommt. Er setzt sich auf den Hintern, und seine unfreiwillige Fahrt geht hurtig weiter. Steffen wird automatisch schneller. Die Sorge um Martin treibt ihn unweigerlich voran. Hoffentlich verletzt er sich nicht, überlegt er. Ulla würde mich... - Martins Rutschpartie ist zu Ende. Gott sei Dank. Steffen schwört sich insgeheim, dass er bei unserem nächsten Ausflug seine festen Turnschuhe anziehen wird. Besorgt schaue er Martin an:

    „Hast du dir weh getan?"

    Er lacht: „Nein. Habe ich nicht. Aber ich habe diese Höhle entdeckt!"

    Tatsächlich! Ein etwa quadratmetergroßes Loch tut sich vor ihren Augen auf. Es ist halb rund und mit Unmengen von Unkraut umgeben. Wenn man nicht direkt davor steht, kann man es gar nicht sehen. Es, dieses schwarze Loch, wirkt etwas grotesk in dem sonst so makellosen Fels. Es sieht wie das halbgeöffnete Maul eines riesigen Frosches aus.

    „Und jetzt willst du natürlich auch hinein, oder?"

    „Aber sicher! Jetzt gleich, und sofort!"

    „Lass mich vorausgehen, Martin."

    „Nein. Gib mir deine Taschenlampe. Ich habe dieses Loch entdeckt!"

    Er reicht sie ihm mit gemischten Gefühlen: „Pass bloß auf! Es kann ja sein, dass es hinter der Öffnung steil nach unten geht!"

    „Ja, ja, Papa."

    Steffen sieht aus seiner Position, wie Martin in das Loch krabbelt. Es ist – wie gesagt - nicht so groß, als dass man aufrecht hineingehen könnte. Aber auch für Steffen wird es wohl kein Problem sein, Martin in den dunklen, kalten Fels zu folgen. Natürlich auf allen Vieren. Er sieht, wie der etwas schwache Lichtschein der kleinen Taschenlampe groteske Schatten an die Wände wirft.

    „Alles klar?", ruft Martin seinem Sohn zu.

    „Ja, du kannst hereinkommen, Papa. Man kann hier gut stehen."

    Er krabbelt hinter ihm her. Als Steffen endlich drinnen ist, richtet er sich vorsichtig auf. Die Höhle ist ungefähr drei Meter hoch. Und er sieht Martin, wie er am hinteren Ende der Höhle steht und irgendetwas – für ihn noch Undefinierbares – beleuchtet.

    „Papa! Da steht eine weiße Kutsche!"

    Mein Gott. Was hat der Junge doch für eine ausgeprägte Phantasie. Woher hat er bloß diese unglaublichen Einfälle? Steffen geht langsam zu ihm. Und jetzt sieht er sie auch. Diese...

    ... wunderschöne, weiße Kutsche.

    Phänomenal. Unfassbar. Wie prachtvoll sie vor den Beiden steht! Unberührt und genial. Martins Augen blitzen. Das kann Steffen trotz der schlechten Lichtverhältnisse erkennen. Aber auch er ist völlig überrascht.

    „Papa, wie kommt diese Kutsche hierher?"

    „Frage mich bitte etwas Leichteres."

    „Das ist aber keine normale Kutsche!"

    „Wieso?"

    Martin hat sich an die offene Seitenwand der Kutsche geklammert. Er jauchzt:

    „Da steht ja ein Sarg!"

    „Ein Sarg?"

    „Ja, und er ist geöffnet."

    „Aber er ist doch hoffentlich leer?"

    „Ja, natürlich."

    Steffen geht noch näher heran: „Du hast recht. Es ist ein...

    ... weißer Leichenwagen!

    „Ein weißer Leichenwagen!", haucht Martin voller Ehrfurcht.

    Steffen legt seine Hand um die kleine Schulter seine Sohnes: „Junge, du hast da etwas gefunden, was nicht hierher gehört."

    Er ist völlig aus dem Häuschen: „Wollen wir den Leichenwagen aus dieser Höhle herausholen?"

    „Ja, Martin. Das werden wir."

    Sie machen sich auf den Heimweg. Es ist schon Nachmittag... - Ulla empfängt ihren Mann Steffen und ihren Sohn Martin überaus freundlich:

    „Wo bleibt ihr denn so lange? Ich habe den Braten schon zum Warmhalten in die Röhre gestellt!"

    „Ulla, wir wurden etwas aufgehalten.", antwortet Steffen.

    „Wie sieht denn der Junge aus? Was habt ihr denn getrieben?"

    Martin strahlt: „Wir haben etwas ganz Tolles gefunden!"

    „Was denn, Martin?"

    „Einen Leichenwagen."

    Ihr Gesichtsausdruck ist köstlich. Einfach umwerfend: „Einen - was?"

    „Einen weißen Leichenwagen, Mama. Eine alte Kutsche!"

    „Eine Leichenkutsche?", fragt sie mit einem leichten Zittern in der Stimme.

    „So könnte man es wohl auch nennen, Ulla.", antwortet Steffen.

    „Und? Wo ist sie?"

    „In einer Höhle, unten an der Donau."

    „Willst du sie etwa zu uns holen, diese Kutsche, Steffen?"

    „Aber natürlich. Dieses Stück ist einzigartig!"

    „Was wollen wir denn mit einer alten Kutsche?"

    „Ich werde sie herrichten. Sie aufarbeiten, und polieren."

    „Um sie dann zu verkaufen, ja? Wem gehört dieses Ding eigentlich?"

    „Ulla, wie sie aussieht, steht sie schon Jahrzehnte in dieser kleinen, dunklen Höhle. Ich frage mich sowieso, wie sie da hineingeraten konnte."

    „Vielleicht hat sie dort jemand versteckt?"

    „Ja, das könnte sein."

    „Sicherlich schon vor dem Zweiten Weltkrieg."

    „Ja, bestimmt."

    „Tu, was du nicht lassen kannst, Steffen. Aber du hättest eigentlich wichtigere Dinge zu tun, als diese alte Karre zu uns zu holen. Wo willst du sie denn hinstellen? Auf den Dachboden?"

    „Lass das mal meine Sorge sein, Ulla."

    „Der Wohnzimmerschrank, der halb fertig ist, muss Ende nächster Woche ausgeliefert werden! Herr Schmid hat schon angerufen und nachgefragt!"

    „Ja, ja, er soll sich nicht so anstellen. Er wird wohl noch ein paar Tage warten können."

    „Wie du meinst, Steffen."

    Martin ist glücklich. Sein Vater sieht es ihm deutlich an. Er freut sich ungemein, dass sich sein Vater gegen seine Mutter durchgesetzt hat. Schließlich ist es seine Kutsche!

    xxx

    Am Montagmorgen geht Steffen – wie immer – in seine Schreinerwerkstatt, die direkt neben dem Haus der kleinen Familie liegt. Gerhard, sein Schreinergehilfe, ist bereits da. Er ist ein zuverlässiger und pünktlicher Mitarbeiter, der schon einige Jahre bei Steffen beschäftigt ist. Ja, er mag ihn, diesen großen schlaksigen Burschen. Er arbeitet bereits an dem halbfertigen Wohnzimmerschrank, der aus Eiche ist.

    „Guten Morgen, Steffen!"

    „Hallo, Gerhard! Du bist schon wieder fleißig am arbeiten!"

    „Ja, der Schrank muss fertig werden!"

    „Gerhard, wir beide fahren jetzt dann zusammen zur Donau hinunter, etwa fünfzehn Kilometer von hier entfernt."

    „Holen wir Holz?"

    „So könnte man es auch nennen. Hast du deine festen Turnschuhe hier?"

    „Ja, wieso?"

    „Das wirst du dann schon sehen!"

    Sie nehmen den kleinen Lkw mit Anhänger, allerlei Werkzeug und einige Packungen große Kerzen mit. Ihre Fahrt beginnt. Auf der Hinfahrt erzählt Steffen seinem Mitarbeiter die sonderbare Geschichte...

    „Ich möchte auch einmal so ein Glück haben, und ein solch rares Stück finden!", murrt er.

    „Martin hat die Kutsche gefunden. Nicht ich."

    „Und somit gehört sie auch ihm."

    „Es ist mir zwar schleierhaft, Gerhard, wie dieses einzigartige Gefährt in diese Höhle gekommen ist, aber wahrscheinlich haben die Eigentümer sie zuvor zerlegt, und drinnen wieder zusammengebaut."

    „Eine tierische Arbeit für jemanden, der kein Handwerker ist."

    „Ja, bestimmt."

    Glücklicherweise findet Steffen die Stelle wieder. Gerhard, der von den Beiden der bessere Fahrer ist, manövriert das Fahrzeug bis an den kleinen Wald heran. Dann ist Schluss. Hier geht es nur zu Fuß weiter. Sie schleppen die nötigen Werkzeuge nach oben. Eine harte Arbeit. Es fällt Steffen nicht leicht, genau die Felsspalte zu finden, hinter der sich die Höhle befindet. Doch dann stehen sie vor ihr. Mühsam krabbeln sie hinein, die Werkzeuge hinter sich herziehend. Gerhard kann es gar nicht fassen, als sie dann in der kleinen Höhle stehen, die von den Beiden jetzt gut beleuchtet wird:

    „Unglaublich, Steffen! Unglaublich! Dieses wunderschöne Holz! Diese Verarbeitung! Einzigartig, würde ich sagen." Er beleuchtet die rechte Tür etwas genauer. Und er fährt fort: „Da steht...

    ... Undertaker Miller & Miller!

    Die Kutsche war tatsächlich eine Leichenkutsche, Steffen!"

    Erst jetzt sieht auch er das kleine, silberne, ovale Schildchen mit den schwarzen, geschwungenen Lettern.

    „Undertaker! Ein schöner Name, Gerhard!"

    Er geht um die wunderbare Kutsche herum, die natürlich völlig verdreckt ist.

    „Steffen!"

    „Ja, was ist?"

    „Auf der Vorderseite – direkt über der Deichsel – steht ihr Name!"

    „Und? Wie heißt sie?"

    „LIGHT HEARSE".

    „Light Hearse? Weißt du, was das heißt, Gerhard?"

    „Ja. Wortwörtlich übersetzt heißt es: Heller Leichenwagen."

    Steffen betrachtet dieses Schmuckstück von Kutsche und hat plötzlich das Gefühl, als ob von ihr eine gewisse Kraft ausströmen würde. Dieser Leichenwagen strahlt etwas Ungewöhnliches, Unheimliches aus. Er will ihm etwas sagen, aber er versteht seine Sprache nicht. Der Sarg ist nicht allzu groß.

    „Hast du auch das Gefühl, Gerhard, dass Light Hearse eine ungewöhnliche Ausstrahlung hat?"

    „Ja, der Wagen fasziniert mich, je länger ich bei ihm bin."

    Er geht um den offenen Wagen herum, klettert an einem der Räder hoch und blickt hinein:

    „Schau dir diesen einzigartigen, weißen Sarg an! Er ist geöffnet und mit schwerem, schwarzen Samt ausgeschlagen!"

    „Ja, ich habe ihn schon gesehen", sagt Steffen.

    Er grinst: „Er lädt so richtig zu einem Nickerchen ein."

    Diese Idee kann ja nur von Gerhard kommen.

    Die Beiden beginnen mit ihrer eigentlichen Arbeit. Währenddessen – und sie brauchen fast drei Stunden, um Light Hearse in all seine Bestandteile zu zerlegen – fühlen sie sich gar nicht wohl. Sowohl Gerhard, als auch Steffen haben das Gefühl, als ob er es spüren würde, dieser Leichenwagen, dass sie an ihm arbeiten.

    Ihn zerlegen.

    Ihn von hier fortbringen...

    Ob wir ihn doch besser hier lassen, überlegt Steffen. Ob es vielleicht vernünftiger wäre, ihn in seiner gewohnten Umgebung, stehen zu lassen? Unsinn. Holzteile haben keine Seele! Das ist einzig und alleine unsere Phantasie, die mit uns durchgeht! Sonst nichts, sagt er sich.

    Als sie später die komplette Kutsche auf unserem Fahrzeug haben, ist ihnen schon etwas wohler. Die unheimliche Höhle liegt hinter ihnen, und sie atmen tief durch.

    „Die großen Teile, wie zum Beispiel die Räder, passten zentimetergenau durch die Öffnung!", sagt Gerhard.

    „Ja, als ob man den Leichenwagen diesem Loch angepasst hätte."

    „Oder, umgekehrt."

    „Er kommt aus England!"

    „Ja, Steffen. Es ist mir unerklärlich, wie er hierher gekommen ist."

    „Mir auch."

    „Bauen wir ihn noch heute zusammen?"

    „Ich würde sagen, ja."

    Gerhard wirkt geschafft. Erledigt und ausgelaugt. Hat ihm diese Bergung denn so viel ausgemacht? Wahrscheinlich, so sagt sich Steffen, ist er sensibler, als er selbst. Jedoch: Es war für die beiden Männer wirklich ein hartes Stück Arbeit, all die zum Teil sehr schweren Teile, wie die Räder und die doppelte Deichsel, von der Höhle hierher zum Fahrzeug zu schaffen.

    Zuhause angekommen, beschließen die Zwei, sich sofort an die Arbeit zu machen. Martin ist außer sich – vor Freude – als Steffen mit Gerhard in die Hofeinfahrt fährt:

    „Papa! Papa! Habt ihr alles?"

    „Ja, mein Sohn."

    Er springt wie verrückt um den Wagen herum und will wissen, ob er mitarbeiten darf. Jedoch sein Vater lehnt dankend ab.

    „Lass uns das machen, Junge."

    „Wann fangt ihr an, die Kutsche zusammenzubauen, Papa?"

    „Jetzt."

    Ulla steht in ihrer Küchenschürze da und schüttelt nur den Kopf: „Du bist doch ein verrückter Kerl, Steffen."

    Neben der Schreinerei befindet sich eine kleine, offene Holzhütte, in der noch genügend Platz ist. Genau dort laden die beiden Männer alles aus und fangen an...

    ... den weißen Leichenwagen...

    ... in seinen Originalzustand zu versetzen.

    Und wieder haben sie das Gefühl, als ob er etwas Unerklärliches ausstrahlen würde. Jedoch empfinden sie jetzt anders, als in der Höhle zuvor. Es ist ein angenehmes Gefühl, das die Beiden bei der Arbeit begleitet. Freut sich der Leichenwagen etwa, endlich aus dieser garstigen Höhle befreit worden zu sein?

    Es ist schon später Abend, als sie ihr Werk vollendet haben. Sie sind von Kopf bis Fuß verdreckt: Der Schmutz der Zeit hatte sich überall festgesetzt. Steffen holt einen Wasserschlauch und spritzt die Kutsche ab.

    „Sie ist wieder perfekt, Gerhard."

    „Ja, ich bin froh, dass alles so gut geklappt hat."

    „Ulla muss sie morgen putzen."

    „Da wird sie sich aber freuen!", meint er lachend.

    „Wenn sie mir nicht helfen will, mache ich es selber."

    „Ich arbeite natürlich mit, Steffen."

    „Nein, du kümmerst dich besser um den Wohnzimmerschrank für die Schmids, Gerhard."

    „Wie du meinst."

    Gerhard, Martin und Steffen stehen vor Light Hearse und betrachten ihn genau. Der Leichenwagen ist ungefähr zwei Meter hoch, etwas mehr als zwei Meter breit, und vier Meter lang. Das sündhaft teuere Holz ist weiß gestrichen und lackiert. Die Doppeldeichsel ist schwarz lackiert.

    „Die Kutsche wurde sicherlich von zwei weißen Schimmeln gezogen!", sagt Martin mit funkelnden Augen.

    „Ja, bestimmt!", antwortet Gerhard.

    Die großen Räder sind aus Holz mit silbernen Beschlägen. An den oberen vier Ecken des Aufbaues befinden sich aufgesteckte Zwirbeltürmchen, die ebenfalls aus Holz sind. Jedoch sie sind versilbert. An den Seiten hängt schweres, schwarzes Samt, an dem sich viele silberne Kordeln befinden. Dieser Samt, in Verbindung mit den schmalen Seitenteilen, die man nach oben klappen kann, schirmte damals die Blicke der Leute Richtung Innenseite ab. Die Samtauflage an den Seiten beschreibt einen Bogen nach innen. Aber das Allerschärfste ist die kleine Treppe, die an der rechten Seite des Wagens heraus klappt, wenn man in den Wagen (oder auch in den Sarg) steigen will. Ein leichter Kick gegen einen Hebel genügt, und das Treppchen schwingt nach außen, bzw. herunter. Steffen fragt sich ernsthaft, welche Leiche eine solche Treppe brauchte.

    „Wahrscheinlich war dieses Treppchen für die Leichenträger gedacht!", sagt Gerhard und zündet sich eine Zigarette an.

    „Ja, mit Sicherheit. Denn ich kenne keine Leiche, die sich selbständig hineinlegen könnte.", antwortet Steffen.

    „Darf ich mich in den Sarg legen, Papa?", fragt Martin aufgeregt.

    „Ja, warum denn nicht?"

    Martin, der ja nun der eigentliche Besitzer dieser Kutsche ist, steigt vorsichtig die drei Stufen hoch. Dann legt er sich in die Kiste und jubelt laut:

    „Ach, wie herrlich! Man liegt hier sehr weich!"

    Im selben Moment kommt Ulla hinzu: „Wo ist denn Martin, Steffen?"

    „Im Sarg."

    „Sag mal, spinnst du? In welchem Sarg denn?"

    „In dem weißen Sarg, der in der Kutsche steht!"

    „Du hast dem Jungen erlaubt, sich in einen Sarg zu legen?" Sie ist empört.

    „Wieso denn nicht? Er wollte es doch unbedingt ausprobieren!"

    Sie geht an die Kutsche heran und wirft einen Blick hinein. Gerhard und Steffen stehen hinter ihr und grinsen sich an.

    „Mama! Hier bin ich!", jubelt Martin.

    Sie reckt ihren Kopf und Steffen sieht ihren entsetzten Blick: Der Bengel liegt auf dem Rücken, die Hände gefaltet, und die Augen geschlossen, in dem Sarg. Er hat seinen Mund etwas geöffnet. Natürlich absichtlich, um seine Mutter zu erschrecken. Es ist ein merkwürdiger Anblick. Und plötzlich versteht Steffen Ulla.

    „Komm sofort aus diesem Sarg heraus,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1