Frischfleisch
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Über dieses E-Book
Anni ist eine junge Krankenschwester, die ständig von einem Verehrer belagert wird. Sie sucht sich eine neue Arbeit mit anhängender Wohnung, damit sie ihm entfliehen kann. Dort lernt sie Eva kennen. Die beiden gehen tanzen, um sich abzulenken. Was dann folgt, hätten die zwei jungen Frauen lieber nicht erlebt.
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Buchvorschau
Frischfleisch - Maritta Karin Mehner
Anni
Anni
Anni hatte nur ihre Reisetasche als Gepäck.
Der Bus schaukelte sie seit Stunden in eine andere Welt. Sie sah nicht die Wälder und Ortschaften, durch di sie fuhr. Ihre Gedanken waren weit weg.
Sie wollte ein neues Leben beginnen. Umziehen – neue Wohnung – neue Arbeit, abschließen mit allem, was hinter ihr lag. Er hatte ihr so wehgetan.
Sie wollte ihn nicht wieder sehen. Alle machten sich Sorgen um sie. Ihre Mutter, ihre Freunde rieten ihr, sich vor ihm vorzusehen. Sie hatte erst nichts bemerkt. Er ist ein Stoiker, hatten sie gesagt.
War es Gewohnheit im Miteinander oder wollte sie nur nicht allein sein?
Sie hatte ihn mal recht gern gehabt. Das war lange her. Jetzt wollte sie nur weg von ihm, von allem was sie an ihn erinnerte.
Egal, jetzt fange ich neu an, sagte sie sich und rückte sich im Sitz zurecht.
Der Fahrgast neben ihr schaute sie von der Seite an und schmunzelte. Hatte sie laut gedacht?
Der Bus ruckelte über Kopfsteinpflaster und hielt an einer Haltestelle aus Glas.
Gott sei Dank war das noch nicht ihr Ziel. Sie mag nicht diese rabenbeklebten Glaswartestellen mit den fest installierten Metallsitzen.
Noch zwei Haltestellen, dann sehen wir weiter.
Anni träumte vor sich hin.
So langsam stieg die Erwartung in ihr und sie wurde unruhiger.
Wer würde sie abholen?
Was für eine Wohnung wartete auf sie?
Und dann die neue Arbeit. Sie hatte alles telefonisch und per Mail geregelt.
Als sie am Zielort ankam, stand da ein roter VW-Cabrio an der Haltestelle. Eine hagere Dame, schon etwas älter und nicht wirklich zum Cabrio passend, lehnte am Wagen.
Sie hatte ein dünnes Tuch um den Kopf gewirkt, durch das ein grauer Haarknoten schimmerte. Ihre große schwarze Sonnenbrille gab ihr etwas Schemenhaftes. Sie schien auf jemandem zu warten.
„Sie sind Anni Bräuer rief sie schon, als Anni gerade mal vor dem Bus stand und in die Sonne blinzelte. „Ja, wollen Sie mich abholen?
Anni reichte ihr etwas verlegen die Hand, stellte sich vor und sie stiegen beide ins Cabrio und beide schwiegen.
Anni musterte verstohlen die noble Ausstattung des VW. Hier musste man ja gut verdienen, ging es ihr durch den Kopf, doch dann siegte die Neugierde.
Wo fahren wir jetzt hin? In meine Unterkunft oder auf die neue Arbeitsstelle
? fragte sie.
Anni hatte eine Ausbildung als Krankenschwester und wollte ihre berufliche Bahn in einer landschaftlich schönen Gegend fortsetzen. Die Natur hatte es ihr angetan. Sie hatte die Stadt und ihre Hektik und die quietschenden Straßenbahnen und vor allem ihn, Armin, satt.
Sie liebte die Natur, ging gern wandern und hatte eine Schwäche für Gräser und Blüten. Die sammelte sie akribisch, trocknete und presste sie in alten Büchern und fertigte damit kleine Kunstwerke auf Brief- und Tischkarten an. Hier bewies sie viel Geschmack und Feingefühl.
Doch heute ging es um wichtigere Dinge.
Sie war gespannt, was auf sie zukam.
Mit ihren 24 Jahren hatte sie eine große Erwartungshaltung, war gut ausgebildet, hatte bereits Praxiserfahrung und war in bester Form. Wie würde die Pflegeleitung sein? Würde sie mit den neuen Kolleginnen auskommen oder ist Zikkenkrieg angesagt? Sicher musste sie auch mit männlichen Kollegen zusammen arbeiten?
Viele Fragen beschäftigten sie und liefen blitzschnell, wie eine Checkkarte, in ihr ab. Die Dame mit dem grauen Haarknoten und der großen Brille – welchen Stand hatte sie? Da sagte diese auch schon: „Die Arbeit ist erst mal wichtig, deshalb kommen Sie ja her".
Anni dachte sofort: Oh nein, natürlich wollte sie arbeiten. Aber man arbeitet ja um sein Leben finanzieren zu können, weil man es schön gestalten und sich etwas leisten möchte, und nicht, um einer Firma einen Gefallen zu tun. Dafür muss man sich ja nicht überschlagen.
Aber sie antwortete: „Ich bin schon sehr gespannt wie alles bei Ihnen in der Einrichtung läuft. Im Internet habe ich mich schon über vieles informiert, doch die Praxis ist doch meist interessanter". Ein anerkennender Blick vom grauen Haarknoten war das Echo.
Dann hielt der Wagen vor einem lang gezogenem Gebäude an. Ihre Tasche ließ sie im Auto – der Pförtner hatte Augen dafür. Die zwölf Treppenstufen, die sie unbeabsichtigt zählte, waren abgeplatzt, aber im Foyer war es sauber und hell, nicht steril und kalt. Eben eine gemütliche Klinik, die vor allem bei den privat versicherten Patienten, die oft sehr kritisch und fordernd sind, bekannt war. Hier war man nicht nur eine Nummer.
Grünpflanzen türmten sich in der Mitte des Raumes auf und hangelten sich an den Säulen, auf denen sie standen, herunter. Das Pflanzenarrangement sah aus wie eine grüne Pyramide. Im Rondell waren Glastüren angeordnet. Sie las: Klinikleitung, Pflegeleitung, Sekretariat, OA Dr. Liebezeit, Dr. Tenner, Dr. Hanisch, Schwesternzimmer, Warteraum, Röntgen, EKG, Labor, zu den Stationen….
Plötzlich zupfte sie jemand am Ärmel. „Sie sind ja ganz hin und weg. Kommen Sie, der Chef wartet. Er mag keine unpünktlichen Mitarbeiter." Aha, dachte Anni. Regel 1 ist also: pünktlich sein, nicht ablenken lassen.
Der graue Haarknoten war nicht zu unterschätzen.
Schwestern mit Patienten im Rollstuhl liefen an ihr vorbei und schauten neugierig aber mit gewisser Distanz. Ein junger Pfleger nickte zum Gruß. Seine Augen sagten: „Aha, eine Neue, nicht übel."
Dann klopfte der graue Haarknoten an eine Tür mit der Aufschrift: Leitung der Einrichtung – Sekretariat Prof. Dr. Künzel.
Ein nüchternes „Ja bitte" antwortete. Sie traten ein und der graue Haarknoten ging an der Sekretärin vorbei ins Büro des Professors. Man hörte einen kurzen Gruß, leises Getuschel, dann verschwand sie wieder. Anni wurde herein gebeten. Sie bekam eine Stuhl angeboten, saß aber nur auf der Kante, als wollte sie nicht lange bleiben. Der Professor schaute sie fragend an, sagte aber noch nichts .Anne hatte das Gefühl, als gehörte sie hier nicht hin. Warum? Es war doch alles ordentlich, nicht unangenehm. Warum war sie so aufgeregt? Man hatte alles eigens für sie organisiert, damit sie sofort anfangen konnte, hier zu arbeiten.
Der Professor begann das Gespräch, war freundlich, stellte Fragen und hörte Anni zu. Er musste so ungefähr 50-55 Jahre alt sein und hatte etwas Verständiges, Väterliches an sich. Seine Mimik verriet aber nicht seine Gedanken. Anni schilderte, dass sie neu anfangen möchte, dass sie aus persönlichen Gründen aus ihrer Heimatstadt und der ehemaligen Arbeitsstelle weg wollte. Sie brachte nur gute Empfehlungen ihres vorherigen Arbeitgebers mit. Sie sprachen über ihre Arbeit, die Ausbildung, die Anforderungen, die Familie und dass Anni ja nun allein in fremder Umgebung lebt. Aber Anni zeigte sich stark. „Ich will endlich wieder zu mir selbst finden und einiges vergessen, sagte sie. „Was passt da besser als ein Neuanfang?
Der Professor lächelte, stimmte ihr zu und schob den unterschriebenen Arbeitsvertrag über den Schreibtisch.
Annis Herz jubelte. Sie strahlte dankbar den Professor an und versprach, ihr Bestes in ihrer Arbeit zu geben. „Nichts weniger erwarte ich von Ihnen" antwortete der Professor und verabschiedete Anni. Sie war damit in das Schwesternteam aufgenommen, hielt ihren neuen Arbeitsvertrag in der Hand und schon stand auch der graue Haarknoten wieder neben ihr.
Nun war Anni doch etwas aufgeregt und wollte in ihr neues zu Hause fahren.
Sie wusste, morgen früh hat sie Dienst auf Station 2b- Orthopädie, beim grauen Haarknoten. Die wurde jetzt aber geschäftig. Sie zog Anni gleich mit in die Umkleideräume der Schwestern und zeigte ihr den Spind, den man schon für sie reserviert hatte. Danach war noch die Station dran. Anni kam sich wie ein Paradepferd vor, denn jeder Mitarbeiter schaute sie neugierig an. Wartet nur, dachte Anni, morgen um 6.00 Uhr könnt ihr mich fragen.
Anni atmete tief durch. Sie würde es schaffen, sie musste es schaffen.
Die Klinik gefiel ihr erst mal, der Professor war ihr sympathisch, der graue Haarknoten nicht, zu dem er sich noch als Stationsschwester Agnes entpuppte. Aber damit konnte sie leben. Sie musste sie ja nicht heiraten, nur mit ihr auskommen und arbeiten. Agnes war nun aber ihrerseits neugierig und wollte alles über Anni wissen.
Anni berichtete bereitwillig von ihrem Elternhaus. Sie war die ältere von 2 Mädchen. Ihre Mutter arbeitet in der Buchhaltung und der Vater ist Ingenieur bei den Stadtwerken. Ihre Schwester war erst 16 und machte gerade ihr Abitur. Anni erzählte von ihrer Lehrzeit als Schwesternschülerin und dass sie eigentlich Anatomie nicht so gern hatte. Während der Ausbildung hatte sie einfach keinen Sender für die lateinischen Begriffe frei. Durch die Praxisarbeit sah sie dann die notwendige Verbindung und da ging es ihr alles in Fleisch und Blut über. Sie wollte sich ja vor den jungen Sportlern, deren Verletzungen behandelt wurden, nicht blamieren. Heute war sie interessiert und sie bestand auch die prüfenden Fragen von Agnes.
Gott sei Dank, dachte sie. Endlich gab Agnes Ruhe und wollte mit ihr in die Wohnung fahren.
Warum kümmerte