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THE CROW - DIE STADT DER ENGEL: Der Roman zum Film
THE CROW - DIE STADT DER ENGEL: Der Roman zum Film
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eBook279 Seiten3 Stunden

THE CROW - DIE STADT DER ENGEL: Der Roman zum Film

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Über dieses E-Book

Los Angeles, die Stadt der Finsternis.

Los Angeles, die Stadt der Engel.

Eingehüllt in immerwährende Dunkelheit herrschen in ihren Straßen Gewalt und Anarchie. Drogenbarone kontrollieren alles Leben – und Sterben. Als sie wieder ihrem blutigen Handwerk nachgehen, werden der Mechaniker Ashe Corven und sein kleiner Sohn Danny zu unfreiwilligen Zeugen. Und sie müssen dafür auf grausame Weise mit ihrem Leben bezahlen...

Doch Ashes ruhelose Seele erwacht von den Toten. Er will Rache und ist zurückgekehrt, um die Mörder zu jagen. Zusammen mit seiner irdischen Begleiterin und einer schwarzen Krähe mit magischen Kräften begibt sich Ashe auf die Suche – und er hat nichts zu verlieren...

Der Roman The Crow – Stadt der Engel aus der Feder des US-amerikanischen Autors Chet Williamson ist der Roman zum Film The Crow: City Of Angels (1996, Regie: Tim Pope), der Fortsetzung zu The Crow (1994, Regie: Alex Proyas) und erscheint als Neuausgabe in der Reihe APEX HORROR.

In Deutschland lief der Film unter dem Titel The Crow: Die Rache der Krähe – in den Hauptrollen: Vincent Perez als Ashe Corven, Mia Kirshner als Sarah, Richard Brooks als Judah Earl und Iggy Pop als Curve.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum22. Jan. 2019
ISBN9783743893450
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    Buchvorschau

    THE CROW - DIE STADT DER ENGEL - Chet Williamson

    Das Buch

    Los Angeles, die Stadt der Finsternis.

    Los Angeles, die Stadt der Engel.

    Eingehüllt in immerwährende Dunkelheit herrschen in ihren Straßen Gewalt und Anarchie. Drogenbarone kontrollieren alles Leben – und Sterben. Als sie wieder ihrem blutigen Handwerk nachgehen, werden der Mechaniker Ashe Corven und sein kleiner Sohn Danny zu unfreiwilligen Zeugen. Und sie müssen dafür auf grausame Weise mit ihrem Leben bezahlen...

    Doch Ashes ruhelose Seele erwacht von den Toten. Er will Rache und ist zurückgekehrt, um die Mörder zu jagen. Zusammen mit seiner irdischen Begleiterin und einer schwarzen Krähe mit magischen Kräften begibt sich Ashe auf die Suche – und er hat nichts zu verlieren...

    Der Roman The Crow – Stadt der Engel aus der Feder des US-amerikanischen Autors Chet Williamson ist der Roman zum Film The Crow: City Of Angels (1996, Regie: Tim Pope), der Fortsetzung zu The Crow (1994, Regie: Alex Proyas) und erscheint als Neuausgabe in der Reihe APEX HORROR.

    In Deutschland lief der Film unter dem Titel The Crow: Die Rache der Krähe – in den Hauptrollen: Vincent Perez als Ashe Corven, Mia Kirshner als Sarah, Richard Brooks als Judah Earl und Iggy Pop als Curve.

    THE CROW – STADT DER ENGEL

    Erstes Kapitel

    »Die Stadt gehört der Nacht; vielleicht sogar dem Tod, gewiss aber gehört sie der Nacht...«

    - James Thomson, The City Of Dreadful Night

    Aus Sarahs Tagebuch -

    Ich glaube, es gibt einen Ort, an dem die ruhelosen Seelen umherwandern. Weil sie die Bürde ihrer eigenen Traurigkeit tragen, ist ihnen der Einlass zum Himmel verwehrt.

    Und so warten sie, gefangen zwischen unserer Welt und der nächsten, unablässig auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich vom Schmerz zu befreien - in der Hoffnung, dass sie irgendwie, irgendwann wieder mit denen vereint sind, die sie lieben.

    Ich glaube fest daran, dass dies die Wahrheit ist, denn ich habe es erlebt...

    Es gibt ein Land...

    Es gibt ein Land, das den Lebenden unbekannt ist. Das ist ein Land, wo der Nebel wie ein Meer aus Tränen in der Luft hängt und sich in eine große Wolke aus Schmerz und Trauer verwandelt, die ebenso undurchdringlich wie unüberwindbar erscheint.

    Nichts sonst existiert in diesem Land. Weder Hügel noch Täler lockern die karge Landschaft auf. In der feuchten Erde wachsen keine Bäume. Nichts gedeiht dort, nur die Traurigkeit.

    Durch dieses ursprüngliche Reich der Schatten fliegt ein Vogel. Eine Krähe, mit Federn schwarz wie die Nacht, so schwarz, dass man meinen könnte, dass alles Licht, das den Vogel umgibt, vom sanften Glanz seines Gefieders geschluckt wird und er in diesem geraubten Licht leuchtet. Seine Augen sind von einem goldenen Braun, der Farbe eben abgestorbener Blätter, der Farbe der Reue, der Farbe längst verblichener Hoffnung und geplatzter Träume. Der Schnabel und die Krallen des Vogels funkeln kalt und tödlich wie harter Stahl.

    Aber noch etwas anderes hält sich in diesem lieblosen Land auf. Es hat die Gestalt eines Kriegers zu Pferde. Das Ross galoppiert durch den undurchdringlichen Nebel, als wisse es, dass nur die in der Luft hängenden Tränen sein Fortkommen verhindern können. Es bewegt sich lautlos. Kein Schaum tropft aus seinem Mund, sein Brustkorb hebt und senkt sich nicht, seine Nüstern verharren unbewegt. Das Pferd scheint unermessliche Kraft zu haben. Seine Läufe, wie verschwommene schwarze Punkte im Nebel, sind kraftvolle Maschinen, die das Tier samt seinem Reiter weitertreiben.

    Die unheilvollen Augen jenes Reiters glitzern in einem Gesicht, das einer Maske gleicht. Einer Maske aus weißer Kreide, die die gelben Knochen übertüncht, akzentuiert von schwarzer Farbe, die den grimmigen Mund hervorhebt, die die Mundwinkel nach oben zieht und somit ein falsches Lächeln auf die Lippen malt, in einem Land, wo das Lächeln fremd ist.

    Auch die Augen sind in Schwarz getaucht. Ein breiter Streifen Schwarz zieht sich von den Brauen über die Wangen, ein dunkler Striemen, der wie durch ein Wunder die Augen ausspart. Es ist so, als tropfe eine ebenholzfarbene Träne aus der Mitte der beiden Augen und stiege nach oben.

    Das ist die Maske des Gelächters und der Verzweiflung, ein Gesicht voller Schmerz und bitterer Ironie.

    Pferd und Reiter dringen durch den Nebel und scheinen niemals ihr Ziel zu erreichen, falls sie überhaupt eins haben sollten. Über ihnen zieht die Krähe ihre Kreise, mit einem Gefieder aus strahlender Dunkelheit, mit einem Federkleid aus dunklem Licht, aus Schmerz...

    Und aus Hoffnung.

    Curve sah, wie die Krähe auf dem Schiffscontainer landete. Ein verdammt hässlicher Vogel und gerade mal zwanzig Meter entfernt. Am liebsten hätte er seine Knarre rausgeholt und das Tier in einer Wolke aus Federn und Blut erledigt, wenn seine Hände nicht gerade mit etwas anderem beschäftigt gewesen wären.

    Er senkte den Blick und grinste über den grellen Aufdruck auf dem Zellophan-Tütchen, das er gerade aufriss. »Tag, kleiner Scheißer«, murmelte er dem Zeichentrickkobold zu, der ihm mit fröhlich erhobenen Daumen und einem gemeinen Grinsen entgegenblickte. So ist es richtig, Kinder, schien der Kobold zu sagen. Nun werden wir eine Menge Spaß haben.

    Trinity – die Dreieinigkeit. Die gnadenlos beste Droge nach Einschätzung von Curves kaputtem und vernebeltem Erinnerungsvermögen. Vater, Sohn und heilige Scheiße und eine einzige riesige Bombe fürs Gehirn, alles in einem. Riss einem die Schädeldecke weg, damit die Engel reinfliegen, einen kosmischen Kreis ziehen und wieder verschwinden konnten.

    Curve atmete tief und lange durch. Er brauchte eine freie Nase, damit er Trinity reinziehen und sein Hirn in dieses grelle Nirwana jagen konnte, das die Kombination aus der Droge und seinem eh schon abgedrehten Verstand erschuf.

    Die Nacht und die Docks waren nicht gerade geeignet, seine Nase freizubekommen. Zusammen mit der Luft sog er eine hübsche, ungesunde Dosis Gift ein. An der Stelle, wo der Fluss ins Meer mündete, gab es ebenso viel Müll und Abfall wie Wasser. Die ganze verfluchte Stadt der Engel war mit Chemikalien und Nebenprodukten und anderem Mist verseucht, dessen Namen er nicht mal aussprechen konnte. Und sie war mit ihm verseucht.

    Ja, Curve war Teil der Verseuchung und stolz darauf. Er sorgte dafür, dass er fest im Sattel seines Choppers saß, damit der Rausch ihn nicht umnietete. Dann neigte er den Kopf, drückte die Nase in die Zellophan-Tüte und zog sich das Zeug wie ein Hochleistungsstaubsauger rein. Er schniefte so fest, dass sich die Wände des Zellophan-Tütchens zusammenzogen.

    Badda-bing, badda-bang, badda-Wow!

    In der Tat, die Glocken läuteten, und die Sirenen jaulten, und Trinity riss ihm den Schädel auf wie eine Stripperin, die ihr Höschen vom Hintern reißt. Dann schob Trinity mit seinem Hirn seine Nummer, und es kam an die zwanzig- oder dreißigmal, bis die Engel mit ihm fertig waren und wegflogen.

    Aber die Krähe war immer noch da. Saß immer noch an der gleichen Stelle, ein großer, hässlicher Vogel auf einem großen, hässlichen Dock in der größten und hässlichsten und miesesten Stadt der Welt. Das schwarze Mistvieh beobachtete etwas, und als Curve wissen wollte, was das Tier sah, fiel ihm ein, dass er sich selbst ja auch auf diesem Stinkloch von Dock aufhielt.

    Licht blendete seine Augen, und zuerst glaubte er, die schwarzen Engel kehrten zurück, aber dann bemerkte er, dass das nur das Licht von Nemos Camcorder war. Er fuhr sich mit der Hand über den Schädel, um sich zu versichern, dass sein Hirn nicht den Elementen preisgegeben war. Das Gefühl seiner langen blonden Haare unter seinem Handteller beruhigte ihn, und er zündete sich eine Zigarette an. Tabak schmeckte besser, wenn er auf Trinity war. Scheiße, mit Trinity war alles besser.

    Er stieg von seinem Motorrad und betrachtete wieder voller Bewunderung die Speziallackierung auf seinem tropfenförmigen Benzintank. Eine Frau mit den größten Titten, die man sich vorstellen konnte, trieb es wild mit dem Sensenmann, dem Tod selbst, und sie genoss es auch noch. Am Ende fickt der Tod jeden von uns, schoss es Curve durch den Kopf. Darum wäre es gar nicht schlecht, wenn wir den Hundesohn vorher mal kennenlernen würden.

    Er schaute zum Ende des Piers zurück, das nur ein paar Meter entfernt lag. Nemo war wieder mal richtig drauf, tanzte mit seiner Kamera um den Typen und seinen Sohn herum, nahm das kleinste Zucken in ihren Gesichtern auf, fing jede Regung von Angst mit der Videokamera ein. Der alte Schleimbeutel stand auf Zuschauen. Curve war der festen Überzeugung, dass - falls man Nemo vor die Wahl stellte, es mit einer Braut zu treiben oder ihr nur zuzusehen - er sich immer fürs Zuschauen entschied und sich dabei lieber einen runterholte. Wenn er nicht gerade für Judah arbeitete, verbrachte er seine Zeit fast ausschließlich damit, Münzen in die klebrigen Schlitze des Peep-O-Rama zu schmeißen. Wenn er heute Nacht in seiner Bude war, würde er sich sicherlich das Video, das er gerade aufzeichnete, ansehen und es sich dabei besorgen.

    »Kamera!«, brüllte Nemo, während er hektisch um Vater und Sohn lief. Der Mann war Ende Zwanzig und der Junge vielleicht acht oder zehn. Wenn es darum ging, das Alter von Kindern zu schätzen, versagte Curve auf der ganzen Linie. Er hatte sich alle Mühe gegeben, seine eigene Kindheit zu vergessen. Die war absolut beschissen gewesen, ein Alptraum aus Schlägen, Verbrennungen und noch schlimmeren Dingen.

    Was war so heilig an der Kindheit? Die war keinen Deut anders und genauso grausam wie das Dasein der Erwachsenen. Soweit es Curve betraf, blieb einem nichts erspart, nur weil man ein Kind war. Kinder waren nichts Besonderes. Zum Teufel, in der Stadt der Engel war jeder - mit Ausnahme von Judahs Leuten - ein Opfer, und Kinder waren einfach kurz gewachsenere Opfer, das war alles. Das Gute an ihnen war, dass sie leichter als Erwachsene starben.

    »Action!«, brüllte Nemo. Mit fliegenden Haaren umkreiste er das Paar. »Action, action, action!«

    »Was erwartest du von ihnen, sollen sie anfangen zu tanzen?«, fragte Spider Monkey trocken. Womit er nicht Unrecht hatte. Der Mann und sein Sohn waren am Ende des Piers. Vatis rechter Arm war unter Sohnemanns linken geschoben, und man hatte ihnen die Arme auf den Rücken gebunden. Seite an Seite knieten sie auf den rauen, verwitterten Planken. Sie tanzten nicht, sie rannten nicht weg. Sie würden nichts tun, als zu sterben.

    Und heulen. Wenigstens der Junge. »Es tut mir leid, Dad«, hörte Curve ihn jammern. »Es tut mir leid... ich hätte nicht hinschauen sollen...«

    »Ist schon gut, Danny«, sagte der Vater. »Ist schon gut.« Aber es war nicht gut. Überhaupt nichts war gut, und der große Papi wusste das auch, egal, wie sehr er sich bemühte, den kleinen Danny zu beruhigen.

    Danny. Typischer Jungenname, auch wenn ihm das nicht mehr half. Der kleine Danny hatte bei Kali nichts zu gewinnen, soviel war mal sicher. Die Augen dieser Hexe waren so kalt wie das Metall, aus dem ihre Garderobe zu sechzig Prozent bestand. Hartes Metall, hartes Herz, das war Kali. Sie stand einfach nur da und beobachtete die Angst der beiden, suhlte sich in ihr und wartete auf den besten Teil, der erst noch kommen sollte. Sie lächelte nicht, aber sie stand drauf, daran gab es keinen Zweifel.

    Curve sah das zufriedene Funkeln in ihren Augen, als Nemo dem Vater einen harten Schlag ins Gesicht verpasste. »Makeup!«, brüllte er und schlug wieder zu. »Wir brauchen für die Nahaufnahmen ein bisschen Farbe in den Gesichtern!« Als Nemo grinste, kamen seine schwarzverfärbten Zähne zum Vorschein. Jesus, dachte Curve, bei all der Kohle, die Nemo bei Judah absahnte, hätte man eigentlich meinen müssen, er ließe sich mal die Zähne richten. Vielleicht lag es daran, dass er nie eine echte Braut abkriegte.

    Dann schlug Nemo dem Jungen ins Gesicht, nicht so fest wie dem Vater, aber fest genug, dass der Kopf des Kleinen nach hinten flog. »Hör auf!«, rief der Vater. »Lass ihn in Ruhe, du Hurensohn!«

    Der alte Papi hatte eine Menge Mumm. Schließlich war er nicht gerade in der Position, Forderungen zu stellen. Wie hieß er noch gleich? Curve überlegte einen Moment, und dann wusste er den Namen wieder, trotz seines von Trinity vernebelten Hirns.

    Corven. Ashe Corven. Ziemlich abgefahrener Name. Aber eigentlich auch nicht abgefahrener als Curve und Kali und Spider Monkey, fand er. Natürlich hatten sie sich ihre Namen selbst ausgesucht. Die stammten nicht von irgend so einer Schlampe von Mutter. Ashe. Ja, Ashe war ein Asheloch, der bald Asche zu Asche wurde.

    »Hast du mir was zu sagen, Mann?«, fragte Nemo Ashe Corven und schlug dann wieder den Jungen, diesmal allerdings fester, mit dem Handrücken. »Ich sagte Make-up!«, brüllte Nemo so laut, bis Spuckeperlen auf Corvens Gesicht glitzerten.

    Der Junge begann in einer Sprache zu beten, die Curve nicht verstand. Konnte nur Latein sein.

    »Haste das in der katholischen Schule gelernt, Kleiner?«, fragte Spider Monkey, kniete sich neben das gefesselte Pärchen und hielt dem Jungen eine Ringelblume vor die Nase, als wolle er ihn einladen, daran zu schnuppern. Wenn man seine lange, dürre Gestalt betrachtete, konnte man meinen, er wäre leicht flachzulegen, aber Spider Monkey bestand nur aus harten, sehnigen Muskeln. »Du verschwendest deine Zeit, angelito. Dort oben gibt es niemanden, der dir zuhört.«

    »Vielleicht sollte er zum Sankt Lukas beten«, schlug Nemo vor. Immer noch durch die Kameralinse schauend, war er permanent in Bewegung, um ja alles einzufangen.

    »Halt’s Maul, Mann«, riet Spider Monkey ihm. »Du hast doch keinen Schimmer. Es ist San Lucas - La Noche de San Lucas. «

    Spider Monkey hatte Recht. Der 29. Oktober. La Noche de San Lucas. Curve wusste nicht, was das bedeutete - für ihn war dieses Datum nichts weiter als ein paar Nächte vor dem »Day of the Dead«, Allerheiligen, dem Tag der Toten. Andererseits war auch dieser Tag nichts Besonderes. Wenn man für Judah Earl arbeitete, war jeder Tag ein Tag der Toten.

    Trotzdem schien Spider Monkey diesen religiösen Mist manchmal halb ernst zu nehmen, und nun hielt er seine Ringelblume Ashe Corven vors Gesicht. Das Gelborange der Blüte brachte das schlammbraune Dock für einen Moment zum Strahlen. »Blumen für die Toten, Senor?«, fragte Spider Monkey beinahe sanftmütig.

    Corven starrte ihn nur an. Im Blick des Mannes lag eine Menge Haß. Er war entweder sehr tapfer oder sehr blöde. Oder vielleicht war er auch nur einfach realistisch. Möglicherweise wusste er, was kam, und sah an diesem Punkt keinen Grund mehr, jemandem in den Arsch zu kriechen.

    »Nein?«, sagte Spider Monkey. Auf seinem langen Gesicht machte sich gespielte Traurigkeit breit. »Na dann - ganz wie es dir beliebt.« Spider Monkey betrachtete die Blume, steckte sie hinter das rechte Ohr und stand auf.

    Curve sniffte noch einmal, tupfte die Überreste des weißen Pulvers von der Nase und rieb es auf das Zahnfleisch. Jetzt war es an der Zeit. Jeder hatte seinen Spaß gehabt. Er stellte sich neben Kali. »Lass es uns zu Ende bringen«, sagte er. »Judah wartet auf uns.«

    Gemächlich nahm Kali ihren Revolver heraus und begann, ihn zu laden. Das war für Kali das Vorspiel. Sie legte jede einzelne Patrone so methodisch und gewissenhaft ein, als handle es sich um scharfe Granaten. Diese Hexe. Sie ließ sich alle Zeit der Welt und spuckte Curve in die Augen. Das gefiel dem Mann nicht. Aber er sollte verdammt sein, falls er ihr die Genugtuung gab und zeigte, dass er angepisst war. Genauso ausdruckslos wie Kali wartete er ab.

    Das schien Stunden zu dauern, aber wahrscheinlich spielte Trinity seinem Zeitempfinden einfach nur einen Streich.

    Schließlich machte sie eine kurze Drehung mit dem Handgelenk, und er hörte das hohle Kläcken des Zylinders, der einrastete. Ganz langsam ging Kali zu Ashe Corven und seinem Jungen rüber. Sie bewegte sich genauso vorsichtig und bedrohlich böse wie die Göttin des Todes, deren Namen sie gestohlen hatte.

    Der Junge, Danny, hörte auf zu beten. Er ließ die näherkommende Kali nicht aus den Augen. »Ich habe Angst, Dad«, flüsterte er.

    »Ich weiß«, sagte Ashe Corven. Curve fand, dass er sich bemühte, tapfer zu klingen. Aber Corvens Stimme brach, seine Miene wurde weicher, und Curve sah Furcht in dieses Gesicht kriechen. Furcht um seinen Sohn, nicht um sein eigenes Schicksal. Curve wusste, was jetzt kam. Jetzt war die Zeit gekommen, wo das Bitten losging.

    »Hören Sie«, sagte Corven. »Bitte! Er ist nur ein kleiner Junge. Lassen Sie ihn gehen, er kann Ihnen doch nichts anhaben! Er weiß ja nicht mal, wer Sie sind. Töten Sie mich, aber bitte, tun Sie...«

    ...meinem Sohn nicht weh! Ja, dachte Curve. Das hätte er wohl als nächstes gesagt, wenn Kali nicht ihren Revolver hochgerissen und dem kleinen Danny eine Kugel in seinen Brustkorb verpasst hätte.

      Zweites Kapitel

    Krähe: Ein großer schwarzer Vogel, der sich von Tierkadavern ernährt.

    - Johnson’s Lexikon

    »Neiiiiin!«

    Der Schrei kam von ganz tief drinnen, aus einem bis dahin unbekannten Land auf der Karte seiner Seele. Während sich sein Herz wie eine dicke rote Faust zusammenkrampfte, schrie er. So hatte er es sich nicht vorgestellt. Er hatte die Möglichkeit in Betracht gezogen, hatte aber nicht geglaubt, dass es ihn mit solcher Macht übermannen würde.

    Er wusste, dass er sterben würde, dass sie wahrscheinlich beide sterben mussten wegen dem, was sie gesehen hatten. Aber all die Einbildungskraft, all die Ängste, all die Tode, gestorben vor dem eigentlichen Tod, hatten ihn nicht auf das hier vorbereitet. Es gab keine Vorbereitung darauf, dass das strahlendste Licht im Leben eines Mannes ausgelöscht wurde. Mit dieser völligen Dunkelheit, mit diesem bodenlosen Abgrund hatte er nicht gerechnet. Er hatte nicht gewusst, dass man für immer und ewig in totaler Dunkelheit versinken konnte, und gleichzeitig wusste er, dass das seine Bestimmung war.

    Als Danny zurückfiel, war Ashe mit ihm gefallen, hatte sich verdreht, so dass der blutige Brustkorb seines Sohnes auf seinem eigenen landete, und Dannys Augen nur wenige Zentimeter von seinen eigenen entfernt waren. Er sah zu, wie das Leben aus ihnen floh, und konnte nichts unternehmen, um es zurückzuholen, konnte nicht den Tod zu sich hinüberziehen, denn der Tod war gierig. Er wollte sie beide.

    Irgendetwas, der Funken eines orangenen Lichtes, sauste über Ashes Kopf hinweg, und einen Augenblick lang glaubte er, dass das Dannys Seele war, die aus seinem Körper fuhr. Aber

    das zornige Zischen verriet ihm, dass es sich nur um einen Zigarettenstummel handelte, der ins faulige Wasser fiel, dort, wo der Fluss in die See mündete, weggeschnippt von dem, den sie Curve nannten. Der Styx. Fluss der Toten. Tot.

    Tot.

    »Nichts Persönliches, Kumpel«, hörte er Curves heisere Stimme sagen. »Denke, du warst einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.«

    Dann kamen die Schüsse. Er hörte sie ganz deutlich, drei Schüsse. Er spürte sie auch, alle drei Kugeln, wie sie sich in seinen Rücken bohrten. Er spürte, wie seine Haut aufriss, seine Knochen splitterten, sein Herz und seine Lunge zerfetzt wurden, wie Blut und Luft in ihn reinströmte und wieder raus. Er spürte, wie der Druck in seinem Kopf zunahm, als das Blut in seinen Ohren rauschte, in seinem Kopf und ihn ertränkte. Der Schmerz dauerte ewig. War überall und unendlich, sowohl der Schmerz des Todes als auch der größere Schmerz des Verlustes.

    Von irgendwo hoch oben, ganz oben, hörte er eine Stimme. Zuerst glaubte er, Gott zu hören, aber dann begriff er, dass er sich irrte, als die Worte in seinem Kopf eine Bedeutung erhielten, Sinn machten.

    Schmeißt sie rein. Und dann lasst uns abhauen.

    Er fühlte, was in seinem Körper an Gefühl übriggeblieben war, spürte, wie

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