Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Siebzehn Wege zu Yin oder Yang
Siebzehn Wege zu Yin oder Yang
Siebzehn Wege zu Yin oder Yang
eBook142 Seiten1 Stunde

Siebzehn Wege zu Yin oder Yang

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

In der chinesischen Philosophie stehen Yin und Yang für gegensätzliche Pole, aber nicht grundsätzlich für Gut oder Böse, es ist vielmehr ein Kampf zwischen beiden. In diesen 31 Geschichten werden verschiedene Szenarien durchgespielt. Die Protagonisten erleiden ein schweres Schicksal, einige meistern es, andere scheitern.

 

Einige Storys sind völlig frei erfunden, andere basiren auf tatsächliche Geschehnisse, wobei Namen und Orte verändert wurden.

 

Unser Leben verläuft nicht immer gleichmäßig, aber auch nicht immer gleich mäßig.

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum12. Juni 2018
ISBN9783730950043
Siebzehn Wege zu Yin oder Yang

Ähnlich wie Siebzehn Wege zu Yin oder Yang

Ähnliche E-Books

Darstellende Künste für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Siebzehn Wege zu Yin oder Yang

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Siebzehn Wege zu Yin oder Yang - Matthias März

    Du sollst nicht stehlen

    Bruno streichelte seinem Kater Mäxchen über den Kopf und sprach zu ihm: „Ach, alter Bursche. Ich habe dir versprochen, dass du heute am Heiligabend etwas ganz Besonderes zu fressen bekommst. Aber das wird wohl leider nichts." Ein klagendes Maunzen folgte als Antwort, als ob Mäxchen die Worte seines Herrchens verstanden hatte. Bruno öffnete die Katzenfutterdose und füllte die Hälfte davon in den Napf des Katers, dieser stürzte sich wie immer gierig darauf.

    Seufzend und tieftraurig beobachte ihn Bruno. Das war die letzte Dose, heute Abend würde er ihm den Rest davon geben. Und was war morgen, am ersten Weihnachtstag? Das wusste Bruno noch nicht. Er hatte nur noch ein paar Cent im Portemonnaie und selbst fast nichts mehr zu essen. Der Kühlschrank war nahezu leer, bis auf eine Margarinepackung, die nur noch einen schäbigen Rest enthielt. Die letzte Marmelade hatte Bruno gestern gegessen, Wurst und Käse schon seit einer Woche nicht mehr. Er nahm die vorletzte Toastscheibe und bestrich sie hauchdünn mit dem Fett. Dazu gab es Wasser – aus der Leitung. Ein kärgliches Mahl – und das an Weihnachten. Wehmütig erinnerte sich Bruno an alte Zeiten. Noch vor zwei Jahren hatte er ganz anders gelebt. Doch dann verlor er seine Arbeit als Wachmann, weil er während des Dienstes eingeschlafen war. Die erste Zeit danach kam er mit dem Arbeitslosengeld noch ganz gut über die Runden, doch als dieses dann auslief und er Leistungen vom Jobcenter bekam, wurde es fast unerträglich. Bruno gönnte sich nichts mehr, kein Kino, keine Theaterbesuche, kein Essen bei seinem Lieblingsitaliener. Nicht einmal die Stammkneipe suchte er mehr auf. Wenn Bruno zum Discounter ging, machte er stets einen Bogen um das Lokal, damit ihn die anderen Gäste nicht sahen.

    Neben den finanziellen Problemen gab es auch Trauer und Ärger im privaten Bereich. Susanne, seine langjährige Freundin, trennte sich von ihm, weil er ihr nichts mehr bieten konnte. Sie war jetzt mit diesem Christian zusammen. Kurz nachdem sich Susanne aus dem Staub gemacht hatte, starb Brunos Mutter an Krebs, es ging sehr schnell, wenige Wochen, nachdem der bösartige Tumor entdeckt wurde. All dieses war nicht gerade förderlich für die Motivation zur Jobsuche, zumal Bruno schon Mitte vierzig war und sein letztes Arbeitszeugnis wenig Positives enthielt. Die Unlust, sich zu bewerben, führte wiederum zu erheblichen Sanktionen des Jobcenters und Kürzung seiner Bezüge.

    So ging es ihm immer schlechter. An Tagen wie diesen, an denen alle anderen besonders fröhlich und ausgelassen waren, stiegen seine Depressionen ins Unendliche. Kein Geld zu haben und dann noch einsam zu sein, das war doppelt schlimm. Schon oft hatte Bruno an Selbstmord gedacht, doch was würde dann aus Mäxchen werden? Daran wollte er nicht denken.

    Gegen Mittag beschloss er, aus dem Haus zu gehen, um Pfandflaschen zu sammeln. Das würde ihm ein paar Cent einbringen. Mit dem Erlös könnte er noch etwas Katzenfutter und Brot kaufen. Doch leider hatte es viel geschneit, so dass die Ausbeute schäbig war. Lediglich drei Glasflaschen fand er, das reichte nicht einmal für das Futter.

    Bruno kehrte in seine Wohnung zurück, nahm sich ein gutes Buch und setzte sich in den alten Sessel. Mäxchen sprang auf seinen Schoß und schnurrte. Das weckte Glücksgefühle bei seinem Herrchen. Dennoch hatte er sich den Heiligabend ganz anders vorgestellt. Von der Ferne hörte er den Glockenschlag des Turmes der Neustädter Kirche. Wie lange habe ich keinen Gottesdienst mehr besucht?, dachte Bruno. Er nahm den Gemeindebrief, der schon im Altpapier gelegen hatte und blätterte darin. Um Mitternacht wäre die Gelegenheit dazu. Spontan entschied er sich dazu, nachher in die Kirche zu gehen, vielleicht würde es ihm danach besser gehen.

    Wie es zu erwarten war, war das Gotteshaus sehr gut gefüllt, mit Glück fand Bruno einen Platz in der letzten Reihe. Der Organist spielte das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Ein wunderbarer Klang, dachte Bruno. Er erinnerte sich daran, dass hier oft Konzerte stattfanden, auch weltlicher Art. Jetzt wusste er, warum das so war.

    Als der Pastor mit der Predigt begann, die natürlich die Weihnachtsgeschichte als Thema hatte, dachte Bruno an sein eigenes Schicksal und daran, wie arme Leute abgewiesen wurden. Wenn es (hoffentlich) ihm irgendwann in ferner Zukunft wieder besser gehen würde, würde er sich niemals so verhalten, wie diese arroganten Menschen, die andere ausgrenzten.

    „Das Geld aus unserer Kollekte kommt einem Projekt in Afrika zu Gute, kündigte der Pastor an und fuhr fort: „Dort sollen Brunnen gebohrt und Bewässerungsanlagen gebaut werden, damit die Leute sich selber ernähren können. Das ist weit besser, als wenn man Lebensmittel dort hinschickt. Beifälliges Gemurmel der Gemeinde. Der Klingelbeutel füllte sich reichlich. Als dieser Bruno erreichte, nahm er ein Fünf-Cent-Stück aus seiner Börse und warf dieses mit hochrotem Kopf hinein. Mehr konnte er nicht geben. Aber das sollte keiner sehen. Unabsichtlich fiel ein Zwanzig-Euro-Schein heraus und Bruno vor die Füße. Blitzschnell griff dieser zu und steckte ihn ein. Hoffentlich hat das keiner bemerkt, dachte er. Von dem Geld konnte er eine Woche leben und für die Afrikaner blieb noch genug übrig. Trotzdem plagte ihm sein schweres Gewissen. „Du sollst nicht stehlen" so heißt das siebte Gebot, noch dazu in der Kirche – das war eine schwere Sünde. Aber was sich ein Bischof in Limburg erlaubte, dürfte ein Arbeitsloser in Hannover doch wohl auch.

    Bruno stapfte durch den tiefen Schnee nach Hause, dieser knirschte unter seinen Füßen, das hörte sich wunderschön an. In seiner Wohnung nahm er die Dreier-Weihnachts-CD-Box, die ihm Susanne vorletztes Jahr geschenkt hatte und öffnete die Verpackung, die noch zugeschweißt war. Achtlos hatte sie zwei Jahre lang herum gelegen, weil Bruno eigentlich keine Weihnachtsmusik mochte. Doch dieses Oratorium vorhin in der Kirche war so wunderschön und zufällig war dieses Stück auch darauf. „Jesu, bleibet meine Freude hieß es auf Deutsch und „Jesu, Joy of Man's desiring auf Englisch. Am Ende des Gottesdienstes hatte man „Little Drummer Boy" gespielt, auch dieses Lied hörte er nun noch einmal. Ihm kamen die Tränen.

    Trotz der Glücksgefühle, die Bruno nun innehat, konnte er nicht schlafen. Immer wieder musste er den Zwanziger denken. Sicherlich konnte er das Geld gut gebrauchen, aber er hatte zuvor in seinem Leben noch nie jemanden bestohlen oder betrogen.

    Am nächsten Morgen ging er daher nicht zu Mehmeds Kiosk, um einzukaufen, sondern kehrte zur Kirche zurück. Er hatte den Geldschein in einen kleinen Umschlag gepackt und einen Zettel mit dem Wort „Entschuldigung beigelegt. Als er den Brief in den Kasten, der eigentlich die Prospekte der Kirche enthielt, einwarf, hörte Bruno von hinten eine Stimme: „Kann ich Ihnen helfen?. Es war der Pastor. „Nein, nein, stotterte Bruno, doch dann sprudelte aus ihm heraus. Er erzählte von dem gestrigen Vorfall und danach seine ganze Geschichte. Der Geistliche nickte ein paar Mal und sagte dann: „Ich kann Ihnen doch helfen. Zum Einen dürfen Sie das Geld behalten, und zum Anderen hätte ich da einen Vorschlag. Es stellte sich heraus, dass nicht nur Geld für Afrika gesammelt wurde, es wurde auch noch jemand gesucht, der vor Ort mitarbeiten sollte. Bruno bekam das Angebot, das er dankend annahm.

    So geschah es, dass Bruno nach Ghana zog, mitsamt Kater Mäxchen. Das Projekt wurde ein großer Erfolg und viele Menschen wurden glücklich.

    Sehnsucht nach Bolgatanga

    Grace seufzte. Das junge Mädchen hatte mal wieder einen schrecklichen Tag gehabt. Dennoch hatte sie ihren Soll erfüllt, was ihr nicht immer gelang. Jetzt lebte sie schon fast ein Jahr in Deutschland, diesem kalten, nassen Land. Sie sehnte sich nach ihrer Heimat. Dort hatte sie als Älteste von acht Geschwistern in Bolgatanga im Norden von Ghana gelebt, nahe an der Grenze zu Burkina Faso.

    Seit die Eltern vier Jahre zuvor gestorben waren, hatte sich Onkel Opoku um die Familie gekümmert. Allerdings war das Geld knapp, er und seine Frau Ernestina hatten selber sechs Kinder. Grace hatte keinen Verdacht geschöpft, als sie mit ihrem Onkel diesen kleinen Laden betrat. Dass dieser in Wirklichkeit einem Voodoo-Priester gehörte, ahnte die junge Frau nicht. Der Trank, den er ihr gab, hatte sehr bitter geschmeckt. Die Schwüre, die der Mann danach aussprach, vernahm sie schon nicht mehr. Ihr wurde schwarz vor Augen.

    Sie erwachte erst wieder, als sie im Flugzeug saß, in Begleitung eines ihr unbekannten, älteren Mannes. Dieser blickte finster. Grace wollte schreien und auf sich aufmerksam machen, doch das gelang ihr nicht, ebenso wenig wie den anderen jungen Mädchen. Man hatte sie mit dem Zauber gefügig gemacht, um sie nach Deutschland und Frankreich zu verschleppen. Dort wurde die Gruppe getrennt und in verschiedene Bordelle gebracht, die auf dunkelhäutige, sehr junge Mädchen spezialisiert waren. Grace landete in einer riesigen Stadt, die Köln genannt wurde.

    Man hatte ihr einen gefälschten Pass verschafft und sie somit zwei Jahre älter gemacht. Ebenso falsch war die Aufenthaltserlaubnis. Frank, ihr Zuhälter, hatte gute Beziehungen zur Ausländerbehörde. Bestechung war dort an der Tagesordnung. Offiziell arbeitete Grace als Reinigungskraft. Diese Tätigkeit hätte sie gerne in Wirklichkeit ausgeübt. Das war immer noch besser, als das, was sie täglich tun musste. Viele Kunden gingen äußerst brutal vor, mit Billigung von Frank. Ihr ganzer Hass richtete sich gegen ihn und auch gegen Onkel Opoku. Doch der Zauber des Voodoo-Priesters war so stark, dass sie sich nicht auflehnen konnte, obwohl sie es wollte.

    Aber in ihren Träumen kehrte sie in ihre Heimat zurück. Sie war denn wieder das kleine Mädchen, das

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1