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DAS VERBRECHEN DES JAHRHUNDERTS: Der Krimi-Klassiker!
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eBook218 Seiten3 Stunden

DAS VERBRECHEN DES JAHRHUNDERTS: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Im Flur standen drei Mann. Der erste war Mike Polchinski – gestraffte Backenknochen, fest zusammengepresste Lippen, harte, blaue Augen mit einem kalten, finsteren Blick. Der zweite war ein uniformierter Polizeibeamter, der dritte ein Mann in grauem Sommeranzug und Panamahut. Auf Polchinskis Zufahrt hatte ich ihn nicht wiedererkannt, aber ich kann Ihnen sagen, jetzt erkannte ich ihn sofort. Ich wäre fast umgefallen...

 

Der Roman Das Verbrechen des Jahrhunderts des US-amerikanischen Kriminal-Schriftstellers Thomas Walsh (* 19. September 1908 in New York; † 21. Oktober 1984 in Danbury) erschien erstmals im Jahr 1962; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1963.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum11. Dez. 2022
ISBN9783755427193
DAS VERBRECHEN DES JAHRHUNDERTS: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    DAS VERBRECHEN DES JAHRHUNDERTS - Thomas Walsh

    Das Buch

    Im Flur standen drei Mann. Der erste war Mike Polchinski – gestraffte Backenknochen, fest zusammengepresste Lippen, harte, blaue Augen mit einem kalten, finsteren Blick. Der zweite war ein uniformierter Polizeibeamter, der dritte ein Mann in grauem Sommeranzug und Panamahut. Auf Polchinskis Zufahrt hatte ich ihn nicht wiedererkannt, aber ich kann Ihnen sagen, jetzt erkannte ich ihn sofort. Ich wäre fast umgefallen...

    Der Roman Das Verbrechen des Jahrhunderts des US-amerikanischen Kriminal-Schriftstellers Thomas Walsh (* 19. September 1908 in New York; † 21. Oktober 1984 in Danbury) erschien erstmals im Jahr 1962; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1963.

    DAS VERBRECHEN DES JAHRHUNDERTS

    Die Hauptpersonen dieses Romans

    Eddie McNulty: ein junger Mann.

    Katie Polchinski: seine Braut.

    Robert McNulty: Fliegeroffizier.

    Meg McNulty: seine Frau.

    Mike Polchinski: Kaufmann.

    Jack Hennessy: ehemaliger Polizeiwachtmeister.

    Frankie Boland: Chauffeur.

    »Der Dicke«: ein russischer Politiker.

    Lubodin: Sicherheitschef des »Dicken«.

    Der Roman spielt in New York und Umgebung.

      Erstes Kapitel

    Also, jetzt werde ich es Ihnen erzählen. Es heißt, ich hätte mal vor Jahren in der achten Klasse der Saint-Anthony-Schule recht nette Aufsätze geschrieben, damals, als mich Schwester Ethelda betreute (wahrscheinlich hätte sie gern auf diese Ehre verzichtet), und aus irgendeinem Grund ist mir das neulich durch den Kopf geschossen, als ich mit Katie im Kino war. Der Film, den wir sahen, handelte von hochvornehmen Herrschaften, die die meiste Zeit halb nackt herumliefen und sich amüsierten. Da dachte ich mir, als wir aus dem Kino kamen, wie denn vielleicht eine vernünftige Geschichte wirken würde, nämlich die Geschichte von mir und dem Dicken ich meine die schlichten Tatsachen, das, was sich faktisch zwischen uns abgespielt hat. Schön. Ich erwähnte es ganz nebenbei, und Katie schien gleich Feuer und Flamme zu sein, weil sie sich neuerdings einbildet, dass ich alles schaffe, was ich mir vornehme, egal, was es sein mag. Na, ehrlich gestanden, ich glaube last, dass ich mir das früher einmal selbst eingebildet habe, und es ist auch noch gar nicht so lange her. Jetzt aber weiß ich besser Bescheid, weil ich viel dazugelernt habe. Und wieso denn? Eben – also eben. Wenn Sie es wirklich wissen wollen, lassen Sie mir eine Minute Zeit, damit ich mich an die ganze Sache erinnere, dann werde ich Ihnen vielleicht erklären können, wieso und wann und wo es angefangen hat. Ich möchte es auch gern näher erklären. Mir ist einfach danach zumute...

    Also schön. Ich meine, eigentlich hat es vorigen Sommer im Strandhaus meines Bruders Robert begonnen, Ende August. An einem Freitagmorgen war ich mit Katie in aller Frühe losgefahren und hatte mich schon auf das schönste Wochenende gefreut, das man sich nur wünschen könnte. Ich hatte gleich gemerkt, dass Robert und seine Frau Meg Katie gut leiden mochten (ich hatte es erwartet), und dass Katie die beiden gut leiden mochte, also lud ich uns alle – natürlich bis auf die beiden kleinen Kinder meines Bruders – zu dem größten und besten Hummeressen ein, das in der ganzen Umgebung für Geld und gute Worte zu haben war. Nachher saßen wir auf der vorderen Veranda, sahen den großen runden Augustmond aufgehen und genehmigten uns einige Gläschen, und als wir dann gegen zwölf alle zu Bett gingen, da überlegte ich mir, dass Katie und ich vielleicht im kommenden Sommer heiraten würden, wenn sie mir die gleichen Gefühle entgegenbrachte, wie ich sie für sie zu hegen glaubte. Vielleicht würden wir uns dann hier draußen in Duffy’s Point selber etwas mieten und für den Rest unseres Lebens versorgt sein, genau wie Robert und Meg.

    So also schlief ich ein, hatte alle möglichen Pläne und gar keine Probleme im Kopf, aber als ich am nächsten Morgen gegen sechs aufwachte, musste ich wohl einen schlechten Traum gehabt oder falsch gelegen haben, weil ich mir gar nicht mehr wie der alte Eddie McNulty vorkam. Kaum machte ich die Augen auf, da wusste ich gleich, dass die gute Laune beim Teufel war, und dass es gar nicht das schöne Wochenende werden würde, das ich mir erhofft hatte. Also stand ich auf, ohne die anderen zu wecken, ging an den Strand hinunter, setzte mich hin, sah den hohen Brechern des Atlantiks zu, wie sie herangerollt kamen, und rauchte eine Zigarette nach der anderen.

    Ich kann Ihnen sagen, ich fühlte mich recht elend und deprimiert. Wie konnte ich nur davon träumen, ein junges Mädchen wie Katie Polchinski heiraten zu wollen? Ja, ich konnte ihr ja nicht einmal die Wahrheit über Eddie McNulty sagen (jedenfalls hatte ich sie ihr noch nicht gesagt). Und warum nicht? Weil ich wusste, was dann passieren würde – darum. Ich wusste, sie würde sich schleunigst aus dem Staub machen – ja, weshalb denn auch nicht? – und ich würde sie nie wieder zu sehen bekommen. Und wenn ich mir überlegte, wie sie mir in den knappen sechs Wochen ans Herz gewachsen war, und dann sollte mir so etwas passieren, nein, da hätte ich ja ebenso gut gleich aufstehen und in die graue Brandung hinausmarschieren und nicht eher haltmachen mögen, als bis ich etliche Millionen Tonnen Meerwasser über mir hatte.

    Ach ja. Vielleicht wissen Sie, wie das ist. Es fängt damit an, dass man sich selber leid tut, dann wird man böse und versucht sich einzureden, dass man genauso viel taugt wie alle anderen auch, egal, was man angestellt hat, und dann, wenn man merkt, dass man ja eigentlich nur den Kopf in den Sand steckt und es nicht wie ein Mann hinnimmt, egal, was es sein mag, ja, dann fährt der Teufel in einen, auch wenn man mit Menschen beisammen ist, die man besonders liebhat. Man faucht sie an – wenn man so gebaut ist wie ich –, man schnauzt sie an, man kommt ihnen mit höhnischen Bemerkungen. Ich kann mir schon denken, was es ist: das schlechte Gewissen. Meinen Sie nicht auch? Man schlägt um sich, egal, was da kommt. Aus irgendeinem Grund wird man böse und gemein wie eine Schlange.

    Fragen Sie mich aber nicht, wie das passiert. Ich kann es Ihnen nicht sagen. Aber den ganzen Sonnabend über spürte ich, wie der böse Geist immerzu in mir rumorte, was ich auch anfasste, und wie es mich auch wurmte, wenn ich darüber nachdachte, was mein Bruder alles hatte – ich meine Meg und die beiden süßen kleinen Kinderchen – und wie ich mit leeren Händen dastand. Dann begann ich ihn zu hassen und zu verachten, und bald darauf natürlich, auch wenn ich es mir selber nicht eingestehen wollte, begann ich Eddie McNulty noch heftiger zu hassen und zu verachten. Ich blieb also den ganzen Nachmittag allein unten am Strand. Dabei wusste ich, Katie würde gekränkt sein und höchlichst verwundert über die Art, wie ich sie plötzlich behandelte. Und als Meg gegen halb sechs aus dem Hause kam, winkte und mir zurief, ich sollte mir vor dem Essen die Hände waschen, gönnte ich nach wie vor keinem von ihnen einen Blick oder ein Wort.

    Stattdessen fing ich, als ich ins Haus kam, mit den beiden

    Kindern zu spielen an – mit der vierjährigen Maggie, die auf den Namen ihrer Mutter getauft war, und dem zweijährigen Edward James, der meinen Namen trug – und machte dabei recht viel Lärm, recht viel Krach. Als nachher Katie und Meg in die Küche gingen, um sich mit dem Backhuhn und dem grünen Salat zu beschäftigen, sah ich, dass Robert ein wenig herumzuzappeln begann, und da wusste ich, dass er sich aufputschen wollte, um mir eine Strafpredigt zu halten, weil ich mich den ganzen Tag so miesepetrig aufgeführt hatte.

    Ich irrte mich auch nicht, denn gleich zu Anfang sagte er, wie sehr er sich über die neue Stellung freue, von der ich ihm erzählt hatte (und die eigentlich gar nicht existierte, wenn ich aufrichtig sein soll).

    Natürlich hatte ich gestern Abend vor ihm und Katie eine geschlagene Stunde lang mit dieser nichtexistenten neuen Stellung geprahlt. Kann mir, da wir anscheinend jetzt bei diesem Thema angelangt sind, irgendjemand verraten, warum Eddie McNulty immer das Gefühl hatte, er müsse anderen Menschen imponieren und ihnen klarmachen, was er eigentlich für eine große Kanone sei und wieviel Geld er verdiene? Ich glaube nicht, dass Katie mich in Verdacht hatte, es sei alles erlogen, wenn ich ihr von meiner Tätigkeit in einem großen Maklerbüro in der Wall Street erzählte, weil sie mich ja erst seit sechs Wochen kannte. Robert hatte natürlich den ganzen Schwindel sofort durchschaut, weil er das alles schon etwa fünf- bis sechsmal mitgemacht hatte. Also? Also Wurde ich jetzt fuchsteufelswild, nur weil er die Wahrheit witterte. Während er sich noch bemühte, einen Anknüpfungspunkt zu finden, ging ich hin, mischte mir einen kräftigen steifen Drink, und dann legte ich los.

    »Egal, wie die Firma heißt, für die ich arbeite!«, erklärte ich rundheraus. »Das geht nun einmal niemanden an außer mich – meiner unmaßgeblichen Meinung nach. Dich geht es gar nichts an. Und ich finde es unverschämt von dir, dass du auch nur danach fragst, weil ich genau weiß, worauf du hinauswillst. Ich weiß, was dir im Kopf herumgeht. Wem willst du denn was vormachen?«

    Natürlich war die Sache sonnenklar. Ich wollte ihm die Schuld in die Schuhe schieben, als hätte er mich grundlos beleidigt, dabei wusste ich die ganze Zeit im Grunde meines Herzens, wie es gemeint war, also wusste ich auch, wer unrecht hatte und wer nicht.

    »Na, also schön«, sagte Robert und warf einen hastigen Blick zur Küchentür, um sich zu vergewissern, dass die Frauen noch nicht zurückkehrten. Dann drehte er sich mit bekümmerter Miene zu mir um! »Schön, Eddie. Wollen wir ausnahmsweise einmal versuchen, die Sache ruhig und still zu besprechen? Du bist immer gleich aus dem Häuschen, noch bevor wir angefangen haben. Hast du dir schon einmal überlegt, warum du so reagierst?«

    »Die Sache?«, sagte ich. Ich fühlte, wie meine Zähne knirschten. »Was denn für eine Sache? Wovon ist die Rede?«

    »Du weißt, wovon die Rede ist«, erwiderte Robert. »Wovon lebst du, Eddie? Du bist in keinem Maklerbüro angestellt. Du hast überhaupt keine Stellung – punktum. Wie kommt es also, dass du in einem Kabriolett umherkutschierst, das seine guten viereinhalbtausend Dollar kostet? Wo hattest du das Geld her?«

    »Wer zum Teufel will denn so was wissen?«, schrie ich und sprang auf. »Vielleicht habe ich das Geld von der Bank abgehoben – von einer Sandbank bei Coney Island. Halt doch den Mund!«

    Sogar die beiden Kinder merkten jetzt, dass da etwas nicht stimmte. Sie bekamen es mit der Angst zu tun. Ganz erstarrt saßen sie vor uns, der kleine Eddie hatte die Faust in den Mund gestopft und war dem Heulen nahe, und Maggie hielt eine Stoffpuppe im Arm. Jetzt fing sie an, die Puppe zu streicheln, wahrscheinlich, um sich zu trösten. Es war deutlich zu sehen, wie ihre großen braunen Augen sich mit Tränen füllten.

    »Sprich leiser«, sagte Robert ruhig. »Was ist denn mit dir los? Warum können wir es nicht vernünftig besprechen? Wann wirst du endlich aufhören, dich wie ein kleines Kind zu benehmen, Eddie? Das ist ein sehr nettes Mädchen, das du mitgebracht hast. Ein außerordentlich nettes Mädchen. Meg ist der Meinung, dass sie sich in dich verliebt hat. Ich bin derselben Meinung. Aber was hast du ihr über dich selber erzählt? Hast du die Wahrheit gesagt, oder spielst du dich wieder auf? Mir wäre es recht, du würdest ihr die Wahrheit sagen und abwarten, was dann geschieht. Vielleicht wirst du dich wundern, Eddie. Wenn ich mich nicht hundertprozentig in ihr täusche, möchte ich behaupten, dass sie der Typ ist...«

    Mit geballten Fäusten ging ich auf ihn zu. Am Strand zu liegen und sich darüber klarzuwerden, dass man Katie Polchinski opfern muss, ist eine Sache für sich – dass man es aber von einem anderen unter die Nase gerieben bekommt, hat man nicht gern. Ich sah rot.

    »Sag doch schon, was du meinst!« Ich knurrte wie ein Hofhund. »Ich weiß ja ohnedies, was du meinst. Freilich ist sie eine prächtige Person, aber vielleicht viel zu prächtig für Eddie McNulty, he?«

    »Mama!«, begann der kleine Eddie zu plärren. »Mama!«

    »Nein«, sagte Robert. Diesmal gab er nicht nach. Er ist selber recht jähzornig, aber zum Unterschied von mir, kann er sich im Allgemeinen beherrschen. »Nein, das stimmt nicht – du weißt es selber ganz genau. Ich möchte dich nur ersuchen, ihr die Wahrheit zu sagen. Soviel Rücksicht hat sie wohl verdient, nein?«

    Also im Augenblick konnte ich überhaupt nichts erwidern. Ich durfte mich nicht mehr auf mich verlassen. Ich ging ganz einfach ins Schlafzimmer mit einem Schädel, der wie in einer Zange saß, und knallte meine Sachen in den Koffer. Als ich mit dem Koffer zurückkam, waren Katie und Meg bei ihm im Wohnzimmer, und ich hatte den Eindruck (ob er nun zufällig richtig war oder nicht), dass sie über mich getuschelt hatten und erst verstummten, als sie mich auftauchen sahen. Wieder platzte mir der Kragen. Ich spürte, dass ich am ganzen Leib zitterte.

    »Ich fahre Sie jetzt sofort nach Flushing zurück!«, stieß ich atemlos hervor. »Ich verzichte auf die Hühner. Holen Sie Ihren Koffer.«

    »Wie?«, sagte Meg. »Ach, um Gottes willen, was ist denn zwischen euch vorgefallen?«

    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich. »Ich kann es dir nicht sagen. Ich bin nur ein Schwätzer, ein Prahlhans und noch nicht einmal den Kinderschuhen entwachsen.«

    »Ach so«, bemerkte Robert und wechselte einen schnellen Blick mit seiner Frau. »Mhm. Wenn dem so ist, Eddie, bitte ich um Verzeihung. Aber du weißt doch, wie es gemeint war.«

    »Und ob ich es weiß!«, antwortete ich. »Ich verstehe immerhin Englisch, Major McNulty... Katie, ich habe Sie gebeten, Ihre Sachen zu holen!«

    Dann ging ich hinaus, setzte mich ins Kabriolett, ließ den Motor an, stieß den Wagen vor die Haustür und wartete, bis die drei hinterherkamen. Katie war gleichfalls sehr aufgeregt und den Tränen nahe, aber ich sagte auch zu ihr kein Wort.

    Soll ich Ihnen etwas über Eddie McNulty verraten? Wollen Sie wissen, wie boshaft der Mann sein kann? Es machte ihm Spaß, die Frau zu kränken und sie vor Leuten zu blamieren, die sie kaum kannte. Und es machte ihm außerdem Spaß, seinem Bruder Robert weh zu tun. Das war es, was mich nachher so gequält hat, was ich mir gar nicht mehr verzeihen kann, und wenn ich hundertfünfzig Jahre alt werden sollte. Ich wusste, Montag früh würde er nach Europa unterwegs sein. Es handelte sich um einen neuen großen streng geheimen Luftwaffenstützpunkt. Ich wusste, dort drüben würde ihm alles Mögliche passieren können. Trotzdem sah Ich ihn nicht an und verabschiedete mich nicht einmal von ihm. Als wir losfuhren, rief er mir nach: »Auf Wiedersehen. Eddie!« Dann nahm er den Arm von Megs Schulter und winkte. Ich winkte aber nicht zurück, und auch daran musste ich nachher immerzu denken. Ich ließ mich nicht einmal dazu herab, ihm zuzuwinken. Da haben Sie Ihren Eddie McNulty. Jawohl. Ein goldiger Mensch...

    Katie behandelte ich genauso niederträchtig. Es war eine ziemlich lange Fahrt bis Flushing, wo sie zusammen mit ihrem Vater eine zweistöckige Ziegelvilla im Kolonialstil an einer der Hauptalleen bewohnte. Obwohl ich wusste, dass sie verstört war und sich nicht erklären konnte, was mit mir los war, und warum ich mich so benommen hatte, redete ich kein Wort mit ihr. Ich drehte das Radio recht laut an, pfiff die Melodie durch die Zähne mit und fuhr drauflos, als ob sie gar nicht neben mir gewesen wäre.

    Ich glaube, es wurden keine zehn Worte zwischen uns gewechselt. Der Teufel, der in mir lauerte, hatte die Brüder McNulty entzweit, und ich glaube, jetzt wollte er auch mich und Katie auseinanderbringen. Manchmal hatten wir es gar nicht nötig gehabt, etwas zu sagen, es war, als wüssten wir auch so, was der andere fühlte oder dachte.

    Heute aber war es anders. Als ich ein- oder zweimal zu ihr hinsah, hatte sie die Hände gefaltet im Schoß liegen und starrte betrübt in den Verkehr hinaus. Natürlich hatte ich noch keine Ahnung, was für ein irrer Verdacht sich in ihrem Kopf einzunisten begann, ich wusste nur, dass ich alles zerstörte, was wir gemeinsam aufgebaut hatten, und das schien mir eben gerade recht zu sein. Warum? Fragen Sie mich nicht. Ich kann Ihnen nur erzählen, wie mir zumute war und was mir durch den Kopf ging, weiter nichts.

    Also, schließlich kamen wir vor ihrem Haus in Flushing an. Sie stieg aus, ich ging hinten um den Wagen herum, öffnete den Gepäckraum und nahm ihren Koffer heraus, immer noch stumm wie ein Fisch. Dann folgte ich ihr zur Haustür.

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