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GEFAHR FÜR MADELEINE: Ein Krimi aus London
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GEFAHR FÜR MADELEINE: Ein Krimi aus London
eBook244 Seiten3 Stunden

GEFAHR FÜR MADELEINE: Ein Krimi aus London

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Über dieses E-Book

Eine so schöne und berühmte Frau wie Madeleine Grey muss doch auffallen, besonders in ihrem kostbaren Nerz.

Dennoch ist es ihr gelungen, unbemerkt aus dem Hotel in London zu verschwinden.

Ist sie freiwillig untergetaucht? Wo hält sie sich verborgen? Auf dem Koffer, den sie zurückließ, findet Scotland Yard Blutflecke...

 

Harry Carmichael (eigtl. Hartley Howard/Leopold Horace Ognall - * 20. Juni 1908 in Montreal, Québec; † Großbritannien) war ein britischer Schriftsteller.

Der Roman Gefahr für Madeleine um den Londoner Privatdetektiv John Piper erschien erstmals im Jahr 1957; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1965.

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum10. Feb. 2023
ISBN9783755432036
GEFAHR FÜR MADELEINE: Ein Krimi aus London

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    Buchvorschau

    GEFAHR FÜR MADELEINE - Harry Carmichael

    Das Buch

    Eine so schöne und berühmte Frau wie Madeleine Grey muss doch auffallen, besonders in ihrem kostbaren Nerz.

    Dennoch ist es ihr gelungen, unbemerkt aus dem Hotel in London zu verschwinden.

    Ist sie freiwillig untergetaucht? Wo hält sie sich verborgen? Auf dem Koffer, den sie zurückließ, findet Scotland Yard Blutflecke...

    Harry Carmichael (eigtl. Hartley Howard/Leopold Horace Ognall - * 20. Juni 1908 in Montreal, Québec; † Großbritannien) war ein britischer Schriftsteller.

    Der Roman Gefahr für Madeleine um den Londoner Privatdetektiv John Piper erschien erstmals im Jahr 1957; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1965.

    Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

    GEFAHR FÜR MADELEINE

    Erstes Kapitel

    Am 27. Februar setzte Tauwetter ein. Bis in die frühen Morgenstunden lag eine dichte Nebeldecke über Südengland. Gegen acht Uhr begann es sich aufzuklaren, und als um zehn Uhr die Maschine aus Prestwick in London landete, schien die Sonne.

    Nur ein halbes Dutzend Passagiere stieg aus: ein älterer Herr mit dem Kragen des Geistlichen, zwei Inder, ein Junge im Schulanzug mit seiner Nanny und eine blonde junge Frau in einem kostbaren Nerzmantel.

    Einige Fotoreporter standen wartend am Fuß der Passagiertreppe. Als die Dame mit dem Nerz auftauchte, gerieten sie in Bewegung. Sie zögerte einen Moment. Dann stellte sie als Schutz gegen die Kalte den großen Mantelkragen vors Gesicht und schritt die Stufen hinab.

    »Hallo, Miss Grey«, sagte Quinn von der Morning Post. »Wie war’s mit einem Foto, aber ohne den Mantel?«

    Sie sah ihn mit kaltem Blick an. »Warum? Gefällt er Ihnen nicht?«

    »Doch – wem würde ein Nerz für zweitausend Pfund nicht gefallen; aber was darunter ist, gefällt mir entschieden besser.« Er nickte seinen Kollegen auffordernd zu. »Haben Sie ein Herz, Miss Grey! Zwei Millionen Leser sind ganz versessen darauf, sich beim Frühstück Ihr Foto zu Gemüte zu führen und dabei wehmütige Vergleiche mit ihren...« – er hustete – »...treuliebenden Gattinnen anzustellen. Also, wie ist’s? Der Spaß dauert nur ein paar Minuten.«

    Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Jungs. Es ist zu kalt; außerdem bin ich in Eile.«

    »Na schön, dann wenigstens ein Foto mit Mantel«, sagte Quinn beschwörend.

    »Nein... Es geht wirklich nicht. Ich hab keine Zeit.« Sie drängte sich durch die Gruppe und fügte über die Schulter hinweg hinzu: »Wenn Sie Aufnahmen machen wollen, müssen Sie ins Hotel kommen. Ich wohne im Chancellor

    »Stimmt es, dass Sie fürs Fernsehen arbeiten werden?«

    Sie lächelte flüchtig.

    »Vielleicht. Deshalb bin ich aus Schottland hergeflogen. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen.«

    »Sind die Außenaufnahmen für Ihren neuen Film schon beendet?«

    »Oh nein. Sobald der Fernsehvertrag unter Dach und Fach ist, fliege ich zurück.«

    Sie kuschelte sich tiefer in den Pelz.

    »Und jetzt müsst ihr mich entschuldigen, Jungs, ich bin verabredet...«

    Sobald sie ihren Blicken entschwunden war, sagte Quinn zu den anderen: »Wenn sie wirklich beim Fernsehen landet, lass ich mir Breitwand einbauen, sonst entgeht einem das Beste. Möchte wissen, warum sie’s so eilig hatte, dass es nicht mal für ein Foto reichte...«

    Auf dem Weg zurück ins Büro grübelte er noch immer darüber nach. Er konnte die nervöse Ungeduld, die in ihrer Stimme lag, nicht vergessen.

    Auch der Empfangsdame im Hotel Chancellor fiel die Nervosität des eben eingetroffenen Gastes auf. »Gewiss, Miss Grey, wir haben ein Appartement im dritten Stock für Sie reserviert. Ihr Sekretär meinte, das würde Ihnen zusagen.«

    »Ich habe keinen Sekretär. Das war mein Mann«, erwiderte die junge Frau kurz.

    Sie trug sich hastig ins Hotelregister ein und überwachte die zwei Boys, die ihr Gepäck zum Lift trugen. Wie die beiden später übereinstimmend aussagten, schien sie ihrer Koffer wegen ungewöhnlich besorgt zu sein. Sie gab genau an, wohin sie sie abgestellt haben wollte; den größten, ein wahres Ungetüm, im Salon und die drei anderen im Schlafzimmer. Jeder der Boys bekam von ihr eine halbe Krone Trinkgeld.

    Gegen elf Uhr fünfzehn telefonierte sie mit dem Büro eines gewissen Mr. Benny Seagar. Das Mädchen in der Hotelzentrale musste die Nummer nachschlagen und stellte dabei fest, dass es sich um eine Künstleragentur handelte, die sich in der Buckingham Street, unweit vom Strand, befand.

    Kurz danach traf im Hotel ein Telegramm für Miss Madeleine Grey ein. Einer der Pagen, die vorher das Gepäck hinaufbefördert hatten, lieferte das Telegramm im Appartement Nummer 15 ab Er sagte später, Miss Grey habe noch den Nerzmantel angehabt und ihm nach einem kurzen »Danke schön« die Tür vor der Nase zugemacht; ein Trinkgeld habe sie ihm diesmal nicht gegeben. Auf weitere Fragen erklärte er, er könnte es zwar nicht beschwören, aber seiner Meinung nach hätte sie verweint ausgesehen.

    Einige Minuten nach halb zwölf teilte Miss Grey der Empfangsdame mit, wenn ein Mr. John Piper käme, solle er sofort zu ihr hinaufgeschickt werden; sie sei mit ihm verabredet. Die Dame am Empfang notierte den Namen in ihrem Auftragsbuch.

    Piper kam um Viertel vor zwölf. Zwei Minuten danach kreuzte Charlie Quinn auf. Die beiden begegneten einander vor dem Empfangstisch, wo Piper gerade erfahren hatte, dass Miss Grey ihn bereits erwartete.

    »Hallo!«, rief Quinn. »Lange nicht gesehen. Was machst du denn hier?«

    Piper fiel auf, dass Quinn sorgfältiger gekleidet war als früher. Er hatte sich irgendwann in den letzten Monaten von seinem alten, schmuddeligen Trenchcoat getrennt und trug einen grauen Mantel und einen ebenfalls grauen Hut, die beide noch ziemlich neu aussahen. Seine Krawatte war ordentlich geknotet und sein weißer Kragen tatsächlich weiß. Als er den Hut abnahm, stellte Piper leicht erschüttert fest, dass Quinn sogar beim Friseur gewesen sein musste, denn sein dünnes strohblondes Haar war kurz geschnitten und glatt zurückgekämmt. Er hatte sich, im Ganzen gesehen, sehr verändert. Aber in seinen blassblauen Augen lag noch immer der alte Spott, und noch immer umflatterte ihn ein Geruch nach Bier und Stehkneipe.

    »Ich bin mit jemandem verabredet, den du vermutlich recht gut kennst«, antwortete Piper. »Mit der Filmschauspielerin Madeleine Grey.«

    »Nicht möglich!« Quinn zupfte an seiner Nase und sah Piper forschend an. »Zu dieser Dame will ich nämlich auch. Für wieviel Uhr hat sie dich bestellt?«

    »Für zwölf. Und dich?«

    »Gar nicht. Sie sagte nur, für die Presse wäre sie erst im Hotel zu sprechen. Das war vor knapp zwei Stunden auf dem Flugplatz.«

    »Da hast du anscheinend nicht viel Zeit verloren.«

    »Stimmt. Sie hatte es so verdammt eilig wegzukommen, und das machte mich neugierig.«

    »Vielleicht war sie verabredet?«

    »Tja, damit hat sie uns abgewimmelt. Aber so etwas zieht bei mir nicht.«

    Quinn hörte auf, an seiner Nase herumzuzupfen, und begann seine Taschen abzuklopfen. »Muss meine Zigaretten im Büro vergessen haben... Oh, danke. Streichhölzer hab ich übrigens auch nicht.«

    Piper gab ihm auch noch Feuer.

    »Ich verstehe nicht, warum dir ihre Erklärung nicht genügt.«

    »Weil Filmleute es niemals eilig haben, sobald sich die Gelegenheit für ein bisschen Eigenpropaganda bietet. Bei ihr reichte die Zeit nicht mal für ein Foto. Ich kenne eine Menge von diesen Flimmerzicken, und es ist immer das gleiche: Sobald ein Reporter in ihrer Nähe aufkreuzt, haben sie plötzlich massenhaft Zeit.« Er fügte unschuldsvoll hinzu: »Vielleicht hatte sie’s so eilig, weil sie mit dir verabredet war.«

    »Kaum – wenn sie schon vor zwei Stunden in London eintraf.«

    »Vielleicht musste sie sich auf die Unterredung mit dir vorbereiten – wäre doch möglich, oder?« Charlie Quinns Miene war ebenso unschuldig wie seine Stimme.

    »Mir scheint, du willst mich aushorchen, wie?«

    »Ich? Kein Gedanke!«

    Quinn warf einen Blich auf die Uhr über dem Empfangstisch. Es war zehn Minuten vor zwölf.

    »So was würde ich nie tun. Aber vertrauliche Mitteilungen finden bei mir immer ein offenes Ohr. Und du hast sicher noch ein paar Minuten Zeit.«

    »Nichts zu machen. Ich kann dir nur sagen, dass ich mit Miss Grey über eine Versicherungsangelegenheit reden will.«

    »Warum du?«

    »Warum nicht ich? Versicherungen sind doch mein Geschäft, oder etwa nicht?«

    »Tja, aber du bist kein gewöhnlicher Vertreter, der mit Policen hausieren geht. Dein Job besteht darin, die Kunden unter die Lupe zu nehmen und die schwarzen Schafe von den weißen zu sondieren. Sollte etwa bei der bezaubernden Miss Grey irgendetwas faul sein?« Quinn legte den Kopf schief. »Sei kein Frosch... Gib einem alten Freund eine Chance.«

    »Frag sie doch selbst, wenn du nachher mit ihr sprichst. Über Geschäftsangelegenheiten rede ich grundsätzlich nicht. Im Übrigen wäre die Sache für dich ohnehin völlig uninteressant.«

    »Bestimmt?«

    »Ganz bestimmt! Eine Story schaut dabei nicht heraus.«

    »Immerhin hielt deine Gesellschaft es anscheinend für notwendig, dich in die Sache einzuspannen...«

    »Notwendig ist wohl nicht das rechte Wort«, erwiderte Piper. »Wir sehen uns nachher noch – falls du warten willst. Ich werde ihr sagen, dass du hier bist.«

    »Ich warte. Ich hab einen unserer Fotographen herbestellt. Er dürfte jeden Moment eintrudeln, und ich möchte ihn nicht verfehlen.«

    Er blies die Asche von seiner Zigarette und grinste säuerlich.

    »Vergaff dich nicht in Madeleine und mach’s kurz. Ich hab kein Verlangen danach, hier Wurzeln zu schlagen.«

      Zweites Kapitel

    Außer Piper befanden sich noch drei Personen im Lift – ein Mann in einem Kamelhaarmantel und zwei ältere Amerikanerinnen mit blaugetöntem Haar und näselnden Stimmen.

    Der Mann stieg in der zweiten Etage aus; die beiden Frauen wollten in die fünfte. Ihre lautstarke Unterhaltung war beim besten Willen nicht zu überhören, obwohl Piper mit seinen Gedanken ganz woanders war.

    Kurz bevor er sich zum Hotel aufmachte, hatte er noch einmal mit Jordan von der Cresset-Versicherungsgesellschaft gesprochen, und Jordan hatte dabei einige recht vielsagende Bemerkungen fallenlassen... »Miss Grey hat in letzter Zeit viele Ersatzansprüche geltend gemacht... Möchte zwar nicht behaupten, dass etwas faul daran ist, aber... meistens handelte es sich um Schmuck... Kam uns verdammt teuer zu stehen... Natürlich möchten wir sie als Kundin nicht verlieren... sie ist bei uns so ziemlich gegen alles versichert: Diebstahl, Unfall, Verlust ihres guten Aussehens, Verlust des Augenlichts, der Beine, der Arme und was Sie sonst noch wollen: alles in allem kommt ein ganz hübsches Sümmchen zusammen... Nein, für eine Lebensversicherung war sie nie zu haben. Die meisten Schauspieler und Filmleute sind in diesem Punkt abergläubisch. Na, egal. Fühlen Sie der Dame mal auf den Zahn und sagen Sie mir, was Sie von ihr halten – Sie wissen schon...«

    Piper wusste, was Jordan meinte. Es war nicht der erste Auftrag dieser Art. Warum glaubten so viele Leute, sie könnten eine Versicherungsgesellschaft betrügen, ohne erwischt zu werden? Reiche und Arme, Dumme und Intelligente erlagen gleichermaßen der Versuchung.

    Während er den Korridor entlangschritt, fragte er sich, was eine Frau wie Madeleine Grey dazu veranlasst haben konnte, um eines so geringen Vorteils halber so viel aufs Spiel zu setzen. Ihre Gage betrug meist 30.000 Pfund pro Film, und es war bekannt, dass sie nicht nur zur Verschwendung neigte. Auch wenn ihre laufenden Ausgaben ungewöhnlich hoch waren, musste sie eine Menge Geld angesammelt haben.

    Er machte vor der Tür des Appartements 15 halt. Der matt erleuchtete Korridor war leer. Vom Treppenhaus her ertönte das monotone Geräusch eines Staubsaugers. Zwei Etagen höher fielen die Lifttüren zu, und der Lift setzte sich surrend in Bewegung; als der Fahrstuhl die dritte Etage passiert haben musste, klopfte Piper an die Tür des Appartements. Nach kurzer Pause klopfte er noch einmal etwas stärker.

    Er sah der Begegnung mit Spannung entgegen. Was für ein Typ mochte Madeleine Grey sein? Sie war jung, schön, reich und vermutlich auch nicht ganz unbegabt, obwohl sie ihre Beliebtheit mehr ihren üppigen Formen als ihrem schauspielerischen Talent zu verdanken hatte. Aber ihr Leben war sicher keine reine Wonne: der ständige Kampf um die schwankende Gunst des Publikums und der Produzenten; die Angst um die Figur, bei der jedes Pfund zu viel oder zu wenig das Ende der Karriere bedeuten konnte. Was verbarg sich hinter der strotzenden Fassade, die ihr den Titel Miss Body Beautiful eingetragen hatte? Verachtete sie eine Welt, die solch albernen Kult mit ihr trieb, oder betrachtete sie den Tribut als ihr gutes Recht?

    Piper Sagte sich, dass Jordans Verdacht höchstwahrscheinlich unbegründet war, und klopfte zum dritten und gleich danach zum vierten Mal an die Tür. Auf der anderen Seite blieb es still. Auch aus den angrenzenden Zimmern drang kein Laut. Die Hotelgäste waren vermutlich beim Essen.

    Madeleine Grey hatte ja beim Empfang angerufen und veranlasst, dass man ihn sofort nach seiner Ankunft zu ihr hinaufschickte. Folglich konnte sie ihre vor einigen Wochen getroffene Verabredung nicht vergessen haben. Ebenso wenig konnte sie unbemerkt aus dem Hotel gehuscht sein. Eine so auffällige Erscheinung wie sie blieb nirgends unbeachtet. Quinn hätte sie bestimmt gesehen, falls sie in der Halle aufgekreuzt wäre.

    Piper trommelte gegen die Tür, lauschte und wandte sich dann verärgert ab. Zu ungeduldig, um auf den Lift zu warten, steuerte er auf die Treppe zu und rannte ins Erdgeschoss hinunter.

    Quinn lümmelte in einem Sessel und beobachtete das Kommen und Gehen der Gäste und die hübsche Kassiererin hinter ihrem Schalter. »Das ging aber schnell«, sagte er. »Ich dachte... Stimmt was nicht?«

    »In ihrem Appartement meldet sich niemand. Entweder ist sie ausgegangen, oder man hat mir die falsche Zimmernummer gegeben.«

    »Hier ist sie nicht vorbeigekommen. Fragen wir lieber mal...«

    Die Empfangsdame, eine Frau Ende Vierzig mit silberweißem Haar und gekonnt aufgelegtem Make-up, erklärte Piper leicht gereizt, von einem Irrtum könne keine Rede sein. Miss Grey habe das Appartement Nummer 15 in der dritten Etage bekommen. Da sie wenige Minuten zuvor wegen seines Besuchs angerufen habe, dürfte sie wohl auch kaum ausgegangen sein, im Übrigen habe sie ihren Zimmerschlüssel nicht abgegeben. Falls die Herren es wünschten, könne sie noch mal telefonieren...

    Aber Madeleine Grey meldete sich nicht.

    Die Empfangsdame legte den Hörer auf. »Das ist sonderbar«, gab sie widerwillig zu. »Sie müsste eigentlich da sein. Ich werde es erneut probieren...«

    Als auch diesmal niemand antwortete, fragte Quinn: »Hat das Appartement ein eigenes Bad?«

    »Ja. Alle unsere Appartements haben ein Bad.«

    Quinn warf Piper einen raschen Blick zu. In seinen zynischen Augen lag ein wachsamer Ausdruck. »Es ist ja immerhin möglich, dass sie plötzlich erkrankt ist. Was unternehmen Sie in einem solchen Fall?«

    »Man könnte das Zimmermädchen bitten, die Tür mit dem Hauptschlüssel zu öffnen. Aber« – die Empfangsdame sah auf ihre gepflegten Hände herab – »ich möchte jedes unnötige Aufsehen vermeiden. Sie werden verstehen, dass...«

    »Gewiss. Trotzdem erscheint mir eine solche Maßnahme in diesem Fall völlig gerechtfertigt«, erwiderte Piper. »Wenn es blinder Alarm sein sollte, braucht ja niemand davon etwas zu erfahren.«

    Sie überlegte. »Ich muss erst um Erlaubnis fragen... Einen Augenblick, bitte.« Sie verschwand im Büro und machte die Tür hinter sich zu. Als sie wieder auftauchte, fragte sie: »Sind Sie Freunde von Miss Grey?«

    »Ich hatte eine wichtige geschäftliche Verabredung mit ihr und ich kann nicht annehmen, dass sie mich versetzt hat. Sie wissen ja selbst, dass sie mich erwartete.«

    »Ganz recht. Dann werde ich jetzt dem Zimmermädchen Bescheid sagen.«

    Als Piper und Quinn aus dem Lift stiegen, erwartete sie das Zimmermädchen bereits. Es trug einen schwarzen Rock, eine weiße Bluse und eine schmale schwarze Schleife um den Hals. Am Kragen steckte ein Schildchen aus blaurotem Email mit dem Namen des Hotels. Mit einem höflichen Lächeln, das beiden Männern galt,, fragte es: »Sind Sie die zwei Herren, die...?« Als Piper zustimmend nickte, machte das Mädchen kehrt und schritt vor ihnen den Korridor hinunter.

    Vor der Tür mit der Nummer 15 blieb sie stehen und schwenkte den Schlüssel an seiner Kette hin und her, bevor sie sich endlich zum Anklopfen aufraffte. Ihr schmales, sanftes Gesicht verriet nicht die leiseste Beunruhigung. Sie lauschte mit seitlich gesenktem Kopf und starrte dabei ins Leere.

    Eine halbe Minute verstrich, ohne dass sich hinter der Tür etwas rührte. »Sie scheint tatsächlich nicht da zu sein...«, murmelte das Mädchen zerstreut, steckte den Schlüssel ins Schloss und

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