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Nur tot bist du gut: Hamburg-Krimi
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Nur tot bist du gut: Hamburg-Krimi
eBook152 Seiten2 Stunden

Nur tot bist du gut: Hamburg-Krimi

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Über dieses E-Book

Aus der Hamburger Alster wird ein toter Obdachloser gezogen. Als kurz darauf ein weiterer tot aufgefunden wird, deutet sich für den Ermittler Thomas Eickhoff und sein Team an, dass es sich um eine Mordserie handelt. Die Spur führt schon bald in eine soziale Einrichtung. Der Verdacht fällt auf eine freiwillige Helferin, die sich auffallend um Besucher kümmert. Die Situation spitzt sich dramatisch zu und für die Ermittler wird es ein Wettlauf mit der Zeit.

SpracheDeutsch
HerausgeberElaria
Erscheinungsdatum22. Okt. 2018
ISBN9783964650351
Nur tot bist du gut: Hamburg-Krimi

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    Buchvorschau

    Nur tot bist du gut - Alexandra Krebs

    1. Kapitel

    Herbst 1980 Hamburg-Altona

    Es ist kalt und ein eisiger Wind herrscht. Meine Jacke bietet keinen Schutz. In jede Faser zieht die Feuchtigkeit des Nebels, der sich über den Friedhof gelegt hat, hinein. Die Blätter, die ich mir auf einen Haufen zusammengetragen habe, damit niemand mich von der stark befahrenden Max-Brauer-Allee aus sieht, bieten mir keinen Schutz. Der Haufen ist so zusammengesunken, dass er nur noch sehr flach ist. Mein Blick schweift zur Häuserfront am Rand des kleinen Kirchenfriedhofes, der St. Johanniskirche. Da, hinter dem Fenster, wo die roten Gardinen hängen, da ist Mama. Es ist schon dunkel und regnet leicht, aber sie hatte mir, bevor sie mich rausgeworfen hatte, gesagt, ich dürfe nicht hereinkommen. Als ich raus musste, war der Himmel noch in einem leichten Blauton gefärbt, jetzt aber ist es dunkel. Es muss schon sehr spät sein, dafür muss ich auch noch nicht die Uhr lesen können. Doch bald komme ich in die Schule und dann werde ich es lernen. Wie so oft hat sie mir heute wieder gesagt, dass einer der Onkel kommt, einer von denen, die keine kleinen Kinder mögen. Dann muss ich immer raus. Denn die wollen mit Mama alleine reden, sagt sie immer.

    Manchmal klingelt das Telefon mitten in der Nacht und dann zieht mir meine Mutter nichts an, vielleicht, wenn sie daran denkt, eine Jacke über meine Schlafsachen und dann muss ich im Halbschlaf in den Park und da warten. Wie oft habe ich da geschlafen und musste von ihr geweckt werden. Wie oft haben mich schon Menschen gesehen? Sie schüttelten zwar immer den Kopf oder unterhielten sich kurz mit mir, doch das war es dann. Keiner hat mir bis jetzt geholfen. Heute ist es besonders schlimm. Neben dem Nebel ist es bitterkalt, gestern war es noch ein wenig wärmer. Ich habe die Nachbarn reden gehört, dass es sieben Grad kälter geworden sein soll als am Vortag und dass es wohl bald zu schneien anfangen wird. Während ich darüber nachdenke, schaue ich an mir herunter. Meine Lieblingsjacke, die ich von meinem Vater bekommen habe, ist mittlerweile zu klein geworden. Sie hat außerdem mehrere Löcher und ist dreckig. Doch Mutter meint, dass sie noch hält und ich solle mich nicht so anstellen. Sie hat nur gesagt, dass sie die nicht waschen wird, ich sei ja selber schuld, dass sie immer so dreckig ist. Ich solle mich nicht immer auf den Boden legen. Immer wieder behauptet sie, dass sie kein Geld habe. Außer für ihre Medizin, da hat sie immer Geld. Ich vermute auch, dass sie sehr krank ist, denn sie braucht immer mehr Medizin. Doch zu einem Arzt geht sie nicht. Seitdem Papa nicht mehr da ist, wird es immer schlimmer. Jeden Tag trinkt sie zwei oder gar drei Flaschen von dieser Medizin. Ich mache mir große Sorgen um sie. Besonders, weil Mama meint, wegen mir sei sie so krank. Sie wäre vorher nicht krank gewesen, sondern erst seitdem ich reden und laufen kann. Ich würde immer viel zu viel reden. Manchmal, wenn ich sie schon morgens anspreche, ist sie besonders krank. Dann kann es auch passieren, dass sie mich mit einer ihrer Medizinflaschen bewirft. Wenn ich dann verletzt bin, hilft sie mir. Das ist schön, wenn sie mich danach mal in den Arm nimmt und sagt, es tue ihr leid. Oder wenn sie ein Pflaster auf meine Verletzung klebt. In diesen Momenten ist sie mir so nah. Sonst ist sie das nie. Sie verspricht mir immer, mich nie wieder rauszuschicken, wenn einer der Onkel kommt. Leider kann sie sich oft später nicht mehr daran erinnern. Sofort, wenn einer der Männer kommt, muss ich gehen.

    Ein leises Rascheln aus dem Gebüsch reißt mich aus meinen Gedanken. Sofort bekomme ich Angst. Bin ich vielleicht doch nicht alleine hier?

    Was kann das sein? Oft laufen hier komische Menschen rum. Sie scheinen die gleiche Krankheit wie Mutter zu haben, denn sie haben auch die Medizinflasche in der Hand. Es kommt immer näher, doch ich kann nichts sehen, einen Menschen hätte ich doch schon längst entdecken müssen.

    Ich verkrieche mich immer tiefer in meinen Laubhaufen. Hoffentlich ist es nicht wieder der komische Mann vom letzten Mal, der mich aus meiner Ecke vertrieben hat. Er meinte, entweder ich verschwinde da oder er nimmt mir meinen Teddy weg. Doch niemand darf Teddy haben, denn er kennt jedes meiner Geheimnisse und wenn jemand anders diese hört, kann das nur Ärger für mich bedeuten. Dieses Mal bin ich schlauer. Ich verstecke ihn in meiner Jacke. Da geht es ihm auch besser, denn da wird er nicht so feucht.

    Ich höre ein anderes leises Geräusch, das sich wie ein Schmatzen anhört. Das ist seltsam, denn noch nie hat einer der Menschen, die hierherkommen, solche Geräusche gemacht. Zumindest habe ich es noch nie gehört. Das Rascheln hört auf und ich höre nur noch das leise Schmatzen. Vorsichtig schiebe ich ein wenig vom Laub vor meinem Gesicht weg, um besser nachzusehen zu können, was das sein könnte.

    Wieder raschelt es. Vielleicht drei oder vier Schritte von mir entfernt. Nun sehe ich, wie sich das Laub bewegt, aber es ist kein Mensch in der Nähe. Erst sehe ich nur zwei kleine, braune Augen und dann eine feuchte, kleine, schwarze Nase. Es ist ein Igel und in seinem Mäulchen ist ein kleiner Regenwurm. Vorsichtig schiebe ich meine Hand in seine Richtung. Doch er scheint ganz viel Angst vor mir zu haben, denn er dreht sich von mir weg und ich steche mich an seinen Stacheln. Aua, das tut weh. Doch kann ich ihm böse sein? Die Welt ist so beängstigend und im Gegensatz zu ihm bin ich ein Riese.

    »Ich habe dich jetzt schon fünfmal gerufen. Meinst du, ich habe ewig Zeit, auf dich zu warten?« Meine Mutter steht vor meinem Laubhaufen. Wieso ist sie wütend? Ich habe doch genau das gemacht, was sie wollte. Sie hat immer gesagt: »Sei still und lass dich am besten nicht sehen.«

    »Entschuldige, Mama. Ich habe aber genau das gemacht, was du wolltest. Schau mal, was ich entdeckt habe.« Mit diesen Worten zeige ich auf den süßen Igel, der immer noch eingeigelt vor uns auf dem Boden liegt.

    Doch statt ihn zu bewundern, packt meine Mutter ihn und wirft ihn mit Schwung weit weg. Ich höre nur ein Knacks.

    »Mama, wieso hast du das gemacht?« Entsetzt starre ich sie an.

    »Das sind Dreckschleudern und du sollst damit nicht spielen.« Mit diesen Worten reißt sie mich hoch und zerrt mich hinter sich her in die Wohnung.

    »Schlaf, morgen hast du Schule, dein erster Schultag.«

    Morgen geht es also endlich los. Ich lerne andere Kinder kennen. Ob sie mich mögen?

    Damit begann im Nachhinein betrachtet das Leben, in dem ich anfing, diese Frau zu töten. Denn die Schule und die anderen Kinder zeigten mir, dass es so nicht normal ist. Es ist nicht normal, dass eine Mutter einen im Dunkeln nach draußen schickt, keine neuen Sachen kauft und immer anschreit: Mütter nehmen ihre Kinder normalerweise in den Arm.

    2. Kapitel

    Herbst 2017

    »Guten Tag, ich bin Finnja, die neue Praktikantin und soll mich bei Frau Bartels melden.«

    Eine neue Praktikantin, das hat mir gerade noch gefehlt und dann auch noch dieses Mädchen. Gerüchten zufolge soll sie ein Polizistenkind sein. Es ist schon schlimm, dass ich überhaupt eine Praktikantin an meine Seite bekomme, doch muss es dann wirklich noch ein Bullengör sein? Doch es hilft nichts, wegschicken kann ich sie nicht. Das würde nur Ärger bedeuten. Ich bin nur eine der Ehrenamtlichen in dieser Einrichtung. Auch wenn alle wissen, dass ich am liebsten alleine arbeite, bekomme ich immer wieder jemanden an meine Seite gestellt. Wie oft habe ich denen schon gesagt, dass ich es nicht möchte und dass ich meine Stationen auch gut alleine schaffe? Doch diese Sozialtussen meinen ja immer, sie wüssten alles besser.

    Immer wieder heißt es: »Frau Bartels, es ist besser, die Stationen mit zwei Helfern auszustatten. Das dient nur Ihrer Sicherheit und dem reibungslosen Ablauf.« Aber diese Finnja ist doch noch ein Kind, wie soll sie Sicherheit bringen? Sie bringt doch nur mehr Unruhe hinein. So muss ich mich immer wieder auf die Praktikantin konzentrieren und nicht auf die Obdachlosen, und für die bin ich hierhergekommen.

    »Das bin ich. Sie sind die neue Praktikantin, richtig? Es ist keine Zeit für einen Schwatz, wir müssen sofort loslegen.« Ich hoffe, sie versteht sofort, dass ich keinen Nerv habe, mich mit ihr zu unterhalten. Niemand soll in meine Nähe kommen, keiner soll denken, dass ich ihn mag. Ich helfe sehr gerne und bin für Menschen offen, die meine Hilfe brauchen, aber nicht für so ein Kind aus einem geregelten Haus. Das Mädchen macht doch nur aus Spaß so ein Praktikum. Vermutlich will sie am Ende prahlen, wie sozial sie ist. Wer weiß außerdem, wo sie überall herumschnüffelt und dann alles brühwarm ihrer Mutter erzählt. Sie ist bestimmt wie die Sozialarbeiter hier. Sie meinen immer, etwas Besseres zu sein. Nur weil ich das Ganze nicht studiert habe, sondern als Quereinsteigerin hier reingekommen bin.

    Auch wenn sie eine Schülerin ist, soll sie gar nicht erst glauben, mit mir auf einer Stufe zu stehen. Denn sie kann viel weniger als ich. Ich kann diesen Job besser machen als die meisten anderen hier. Die meisten haben das nur noch nie verstanden und werden es wohl auch nie verstehen. Ich verstehe die Probleme dieser Menschen hier so gut. Auch ich habe schon auf der Straße gelebt und weiß, was Alkohol mit Menschen machen kann.

    Aber ich muss ein wenig mit ihr reden, sonst heißt es am Ende noch, die Bartels will verhindern, dass man Interessierte in die Einrichtung als Helfer bekommt.

    »Haben Sie schon einmal mit Obdachlosen gearbeitet?« Eine unverfängliche Frage, wie ich finde. Sofort strahlt sie übers ganze Gesicht. Es war mir doch klar, dass es ein geschwätziges Kind ist.

    »Nein, noch nie. Ich habe natürlich immer davon gehört, doch dabei war ich noch nicht.« Wie aufgeregt sie ist, wie ein kleines Kind. Mit großen Augen und vor Aufregung leicht zitternd, schaut sie mich an.

    »Erste Regel ist immer, auf die eigene Sicherheit zu achten. Egal, ob es beim Aufschneiden der Brötchen ist oder nachher bei der Ausgabe selbst. Es kann auch immer wieder passieren, dass einer der Klienten aggressiv wird. Dann bringen Sie sich sofort in Sicherheit. Haben Sie das verstanden? Nicht, dass ich am Ende noch einen Bericht über Sie schreiben muss.«

    Nickend bestätigt sie mir, dass sie es verstanden hat.

    »Passiert denn so etwas öfters?« Finnja Michalski ist wie ein kleines Kind, große Augen, die sich mit

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