Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Mesmerize - Fluch der Vergangenheit
Mesmerize - Fluch der Vergangenheit
Mesmerize - Fluch der Vergangenheit
eBook305 Seiten4 Stunden

Mesmerize - Fluch der Vergangenheit

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

*Mesmerize – Fluch der Vergangenheit* ist bis zum Schluss spannend und dramatisch reißerisch.

Die Situation kennst Du bestimmt:

Du sitzt am PC oder Handy und plötzlich: Schwarzer Bildschirm.

Ein Trojaner hat Dein Gerät lahmgelegt und Du verfällst in Panik.
Sind meine Daten geschützt?
Was mache ich jetzt?

Max hat genau dieses Problem in seiner IT-Firma TitanTech.
Doch der Trojaner ist gewitzter als es zuerst den Anschein macht.
Um das Problem zu lösen, engagiert er die talentierte Programmiererin Emma, die jedoch eine Vorgeschichte mit dem Chef-ITler Nicolas Lange zu haben scheint.
Als wäre das nicht schon genug Drama, überschlagen sich die Ereignisse, als Emma von einem mysteriösen Hacker namens Ares entführt wird.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Nov. 2023
ISBN9783347938304
Mesmerize - Fluch der Vergangenheit
Autor

Leisha Winter

Die Autorin lebt mit ihrer Familie im schönen Saarland und verausgabt sich in jeder Hinsicht künstlerisch. Ob beim Zeichnen, Malen oder auch dem Schreiben: Sie hängt sich in ihre Projekte mit Leib und Seele. Das Wort Aufgeben existiert für sie eigentlich nicht, denn egal welche Steine ihr in den Weg gelegt werden: Leisha findet immer eine Möglichkeit diese aus dem Weg zu räumen.

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Mesmerize - Fluch der Vergangenheit

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Mesmerize - Fluch der Vergangenheit

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Mesmerize - Fluch der Vergangenheit - Leisha Winter

    Level 1

    Einem Freitagabend sagt man nach, dass er dazu da ist, sich Gedanken über die Pläne für das Wochenende zu machen. Doch für Max Friedrich, den Geschäftsführer von TitanTech, gilt das an diesem Abend nicht. Statt sich auf die freien Tage zu freuen, kreisen seine Gedanken seit Stunden. Denn erst heute stellte sich heraus, dass seine Firma von einem Trojaner befallen worden ist. Der PC seiner rechten Hand Gloria musste bereits ausgetauscht werden. An sich nichts Besonderes, denn Hardware veraltet schnell und Glorias Computer hatte nach drei Jahren Dienst seinen Zenit längst überschritten.

    Nach dem Austausch kehrte jedoch nur kurz Ruhe ein: Zwar funktionierte ihr Computer wieder, doch dann meldeten sich kurz darauf die Mitarbeiter der Marketingabteilung mit genau den gleichen Problemen. Auf Anweisung von Max wurden daraufhin alle PCs auf Herz und Nieren geprüft. Dabei stellte sich heraus, dass die Ausfälle kein Zufall waren. Seitdem arbeitet die IT-Sicherheitsabteilung unter der Leitung von Nico Lange auf Hochtouren und nimmt jeden einzelnen Computer unter die Lupe. Das Einzige, was sie bisher aber nur feststellen konnten: Dieser Trojaner ist kein Fisch, den man einfach so aus dem Teich angelt. Dieser Schädling ist anders, er ist unsichtbar, nicht greifbar. Wie ein böser Fluch. Auch wenn bisher keine Daten versendet oder manipuliert wurden, lässt Max die Angst vor dem möglichen Schaden nicht los. Diese Ungewissheit gibt ihm das Gefühl, dass er jeden Moment durchdrehen wird.

    Seinen eigenen PC hat er unmittelbar nach der Hiobsbotschaft vom Netzwerk getrennt. Glücklicherweise liegen die Entwürfe für eine neue Generation von Hochleistungsakkus ohnehin nur auf seiner privaten externen Festplatte. Und das hat einen guten Grund: Vor ein paar Jahren gab es schon einmal einen Vorfall. Allerdings, so Nico, war der Schädling – im Gegensatz zu diesem – dilettantisch programmiert. Dieser war nur darauf ausgelegt, ein bisschen Ärger zu machen, ohne großen Schaden anzurichten, man hielt ihn für einen dummen Jungenstreich. Es hatte Nico keine Stunde gekostet, ihn zu eliminieren. Aber Max ist seitdem vorsichtig geworden und hält alle Pläne und wichtigen Dokumente vom Firmennetzwerk fern, bis sie endgültig in Produktion gehen. Zwischendurch hat er an sich gezweifelt und gedacht, er sei paranoid geworden, aber dieser Vorfall heute hat ihm wieder bewiesen, dass er sich auf sein Bauchgefühl verlassen kann. Denn der Markt um die Vorherrschaft dieser Designs ist hart umkämpft und es würde ihn nicht wundern, wenn die Konkurrenz auch zu härteren Mitteln greifen würde, um an seine Ideen und Entwürfe zu kommen.

    Max holt tief Luft und reibt sich mit beiden Händen über das Gesicht. Als er sein Spiegelbild auf dem dunklen Monitor sieht, fallen ihm die tiefen Augenringe auf, die sein Gesicht zieren. Leider nicht die einzigen Anzeichen dafür, dass er dringend Urlaub braucht. Die Woche war an sich schon schlimm genug. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er verschlafen. Er, der Inbegriff der Pünktlichkeit. Es war ihm so peinlich, erst ins Büro zu kommen, als alle schon da waren. Natürlich machten sofort Gerüchte die Runde, aber viel schlimmer war, dass er dadurch eine wichtige Online-Konferenz verpasst hatte, die schon seit Monaten geplant war. Zum Glück konnte Gloria ihre Geschäftspartner beruhigen und ihnen glaubhaft vermitteln, dass Max unerwartet zum Arzt musste.

    Mit unruhigen Fingern trommelt er auf die Schreibtischkante und beschließt, Nico anzurufen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Immerhin sind seit dem letzten Telefonat fast drei Stunden vergangen, da müsste sich doch inzwischen etwas getan haben. Dass Nico wie immer eine halbe Ewigkeit braucht, um seinen Anruf entgegenzunehmen, trägt nicht gerade zu Max’ Laune bei.

    »Wie sieht’s aus? Gibts was Neues?« Max fällt direkt mit der Tür ins Haus, als Nico das Gespräch annimmt und hofft auf eine positive Rückmeldung seines Kollegen und Freundes. Doch diese wird durch Nicos Seufzer umgehend gedämpft.

    »Leider nichts Gutes. Das Ding hat sich schon auf mehrere Abteilungen ausgebreitet. Aber komischerweise ist das alles, was es im Moment macht. Es stört nur ein bisschen die Systeme und zwingt die Computer zum Herunterfahren, das wars. So ähnlich wie damals. Hoffen wir, dass es dabei bleibt, bis wir es lokalisiert haben.«

    »Hoffen??? Willst du mich verarschen? Du musst doch etwas tun können, oder? Verdammt, du weißt seit heute Mittag von dem Scheißding!«

    Doch statt einer Antwort herrscht nur Schweigen am anderen Ende der Leitung. Max schnaubt genervt auf und reibt sich die Stirn. »Nico? Was zum Teufel ist das Problem?«

    »Der Trojaner ist das beschissene Problem, okay? Er passt sich an, er ist wie ein verdammter Gestaltwandler. Sobald wir denken, wir haben ihn, scheint er es zu merken. Und dann verschwindet er von der Bildfläche, einfach so.«

    »Ihr müsst die Computer vom Netz nehmen, bevor er auf die Server übergreift.« Max’ Anweisung klingt eher nach einem Befehl, aber es nervt ihn ungemein, dass er Nico seinen Job erklären muss. Er lockert seine Krawatte, die ihm mittlerweile das Gefühl gibt, sie würde ihm die Kehle zuschnüren.

    »Hältst du mich für einen Idioten? Das haben wir schon längst getan. Das Problem ist, er ist so raffiniert, dass wir nicht sehen können, an welchen Stellen er schon ist, er verwischt seine eigenen Spuren … Ich schwöre, wir arbeiten mit Hochdruck daran.« Nico versucht sich seine Empörung über Max’ Befehlston nicht anmerken zu lassen und ihn mit ruhiger Stimme zu beschwichtigen. Aber trotzdem flucht Max leise und schlägt mit der Faust auf den Schreibtisch, um nicht laut loszubrüllen.

    »Bitte sag mir sofort Bescheid, sobald du etwas Neues weißt.« Max zischt die Worte in den Hörer und beendet das Gespräch, ohne eine weitere Antwort abzuwarten. Einen langen Moment starrt er wie in Trance auf das Telefon. Ihm ist bewusst, dass die Zeit drängt und er keine andere Wahl hat, als sofort zu handeln. Er schätzt Nicos Fähigkeiten, aber die Tatsache, dass der Trojaner immer noch aktiv ist, bereitet ihm Kopfzerbrechen. Sein Verstand überschlägt sich bei dem Versuch, eine Lösung zu finden. Er verdrängt eine leise Idee, die sich ihm aufzwingt, sofort wieder, weil er weiß, dass er damit das Vertrauen des IT-Spezialisten riskieren würde. Aber andererseits ist seine Angst zu groß, dass dieser Schädling alles gefährden könnte, was er über die Jahre aufgebaut hat.

    »Ach, scheiß drauf.« Als sein Blick auf die Kurzwahl seiner Sekretärin auf dem Telefon fällt, weiß er, was er zu tun hat. Gloria hat sich über die Jahre ein gutes Netzwerk an Kontakten aufgebaut und er würde seinen Arm darauf verwetten, dass sie jemanden in der Branche kennt, der ihm weiterhelfen kann. Mit beiden Händen reibt Max sich das Gesicht, dann stößt er sich schwungvoll vom Schreibtisch ab. Für einen Moment zögert er noch, richtet sich dann aber auf und zieht seine Krawatte zu, bevor er ins Vorzimmer geht.

    »Gloria Winterschuh, das Herz von TitanTech. Die gute Seele der Firma. Wie geht es dir heute?« Er lächelt, lehnt sich an den Tresen und im selben Moment verstummt das Klappern der Tasten. Gloria runzelt ihre Stirn, während sie über den Rand der großen Hornbrille aufmerksam beobachtet, wie er sich zu ihr lehnt und mit den Kugelschreibern spielt.

    »Was kann ich für dich tun, Max?« Mit einem freundlichen Lächeln schiebt Gloria ihre Tastatur beiseite. Wenn er mit so großen Worten zu ihr kommt, bittet er sie meistens um einen Gefallen.

    Max blickt sich zunächst um, ob sicherzustellen, dass wirklich niemand in der Nähe ist, bevor er sich noch weiter zu ihr beugt und sie mit ernster Miene anblickt. »Du weißt, dass ich dir mehr vertraue als jedem anderen hier.« Seine Stimme ist so leise, dass Gloria sich ein Stück weiter zu ihm lehnen muss, um das Flüstern noch zu verstehen.

    »Immer noch Probleme mit dem Trojaner?«

    »Ja, leider … Hör mal … du kennst nicht zufällig jemanden, der ein Experte dafür ist?« Er dreht einen der Stifte zwischen den Fingern, bis Gloria seine Hand mit strengem Blick festhält.

    »Arbeitet Nico nicht daran?« Ihre Stirn legt sich in Falten, denn sie vermutet bereits eine Auseinandersetzung zwischen den beiden.

    Max verzieht das Gesicht zu einem schiefen Lächeln und starrt einen Moment auf den Sekundenzeiger der Uhr über Glorias Schreibtisch. Die Zeit vergeht heute quälend langsam.

    »Deshalb bitte ich dich ja«, seufzt er, »Sag ihm vorerst nichts davon. Ich kümmere mich selbst um ihn. Er braucht einfach zu lange, und ehrlich gesagt glaube ich, dass Nico das Problem unterschätzt. Du weißt ja, wie er ist.«

    Glorias Mundwinkel zucken nach oben, und sie schafft es nicht, sich ein Lächeln zu verkneifen, denn Nico hat einen gewissen Ruf in der Firma. Er macht seine Sache gut, verdammt gut sogar. Sonst hätte Max ihn nicht zum Leiter der IT-Sicherheit befördert. Aber manchmal nimmt er die Bedeutung mancher Probleme nicht ernst genug, und das führt immer wieder zu Reibereien zwischen den beiden.

    »Ich kenne niemanden direkt, aber – «, erklärt Gloria und zögert einen Moment, woraufhin Max sie stumm mit einem Blick auffordert fortzufahren.

    »Meine Nichte hat mir schon öfter von ihrer besten Freundin und ihren außergewöhnlichen Talenten erzählt. Ich glaube, sie heißt Emma. Vielleicht kann sie uns helfen. Ich werde Tatjana gleich anrufen, wenn das für dich in Ordnung ist. Eventuell kann ihre Freundin heute noch vorbeikommen?« Als Max nicht reagiert und sich nur seine Augenbrauen für einen kurzen Moment zusammenziehen, beißt sich Gloria fest auf die Unterlippe. Wahrscheinlich hat Max erwartet, dass sie erst einen Kontakt suchen muss, und es geht ihm jetzt doch zu schnell. Doch dann hellt sich gegen ihre Erwartung schlagartig sein Blick auf und er lacht ihr erleichtert entgegen.

    »Das klingt wunderbar! Danke, Gloria! Du bist ein Engel!« Max seufzt erleichtert, während er den Stift wieder an seinen Platz zurücklegt. »Kümmerst du dich bitte sofort darum? Danke!« Zwinkernd richtet er sich wieder auf, schenkt ihr ein weiteres Lächeln und geht zurück in sein Büro. Er würde Nico zu einem späteren Zeitpunkt zu sich bitten, um mit ihm darüber zu sprechen. Es würde ihm nicht gefallen, dass jemand anderes zur Lösung des Problems hinzugezogen wird. Aber er wird es akzeptieren müssen. Denn die Bedrohung wächst mit jeder Stunde und Max will keine Zeit mehr verlieren. Das Problem muss so schnell wie möglich unter Kontrolle gebracht werden, bevor es zu spät ist. Zuviel hat er gekämpft, so viele Stunden, Arbeit und Herzblut in diese Firma gesteckt, um sich jetzt von ein paar Codes alles kaputt machen zu lassen.

    Emma lehnt sich gähnend in ihrem Stuhl zurück und blinzelt, denn das Licht der untergehenden Sonne, das durch das Fenster ihrer kleinen Wohnung fällt, blendet sie. Die entfernte Skyline von Ravenau wirkt in diesem Licht besonders eindrucksvoll, denn die Fensterscheiben der Wolkenkratzer in der Ferne funkeln in der Abendsonne wie kleine Diamanten. Enttäuscht seufzt sie, als sie daran denkt, dass die meisten Touristen die wahre Schönheit dieser Stadt nicht mehr wahrnehmen. Sie verbringen nur ein paar Abende hier, um ein weiteres Foto der Gebäude oder der Altstadt zu jeder Tages- und Jahreszeit zu schießen, wie es schon Tausende vor ihnen getan haben, nur um es dann auf allen möglichen sozialen Medien hochzuladen.

    Emma dagegen kennt diesen Ort ganz genau. Sie fühlt Ravenau: Die Straßen, die Gebäude, die umliegenden Wälder und Dörfer, jeder bekannte Treffpunkt ist mit einem bestimmten Gefühl in ihr verankert. Es schmerzt sie zu sehen, wie wenig die Seele dieser Stadt verstanden wird. Denn trotz aller Auszeichnungen und Trophäen lassen sich fast alle nur von den oberflächlichen Facetten blenden: Niemand spricht davon, dass hier der Nabel der Technik in Deutschland liegt. Dass hier Zukunft geschrieben und geforscht wird, dass hier Dinge erfunden werden, die niemand für möglich halten würde. Leider sind die meisten blind für die wahre Schönheit und Bedeutung der Ravenau.

    Als sie weiter auf die Hochhäuser schaut und in Erinnerungen schwelgt, wird sie ein wenig wehmütig. Ein Teil von ihr wird immer mit diesem Ort verwurzelt sein und ihn bis zum letzten Atemzug in ihrem Herzen tragen. Sie hat sich damals bewusst für eine Wohnung außerhalb im Stadtteil Sandheim entschieden, aber in Momenten wie diesen vermisst sie ihre Stadt. Den Ort, an dem sie mit ihrem Talent alles hätte erreichen können. Doch manchmal läuft es im Leben nicht so, wie man es sich wünscht, und man muss sich dem Schicksal beugen, das annehmen, was man verdient hat. Mit schwerem Herzen denkt sie an all ihre verlorenen Träume und daran, dass sie die wenigsten davon bis heute verwirklichen konnte. Sie ist nicht um die Welt gereist, hat keinen Wohnwagen und lebt immer noch in dieser viel zu kleinen Wohnung. Das Einzige, was sie geschafft hat, ist die Weiterentwicklung ihrer KI, die sie Mesmerize getauft hat. Allerdings wird sie damit nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten können, denn Mesmerize ist und war nie für die Öffentlichkeit gedacht. Es war von Anfang an nur für ihre eigenen Bedürfnisse entwickelt worden, um ihren Alltag zu erleichtern. Für einen kurzen Moment überlegt sie, wie viel einfacher ihr Leben sein könnte, wenn sie es verkaufen würde, verwirft den Gedanken aber schnell mit einem Kopfschütteln. Sie weiß genau, was manche Leute damit anstellen würden.

    Nachdenklich tippt sie mit den Fingern auf die Tischplatte, den Blick auf den Bildschirm gerichtet, ohne wirklich hinzusehen. Könnte sie ihren eigentlichen Traumjob bei einer der großen Firmen in Ravenau ausüben, hätte sie sich längst einen Wohnwagen gekauft, ihn nach ihren Wünschen umgebaut und wäre mit Tatjana und Nero ständig auf Reisen. Aber so ein Wohnwagen kostet viel Geld, und als Selbstständige, die sich auf die Unterstützung älterer und weniger technikaffiner Menschen in Sandheim spezialisiert hat, kann man keine großen Sprünge machen. Das Geld reicht knapp, um jeden Monat über die Runden zu kommen.

    Der Neubau, für den sie gerade die Planung macht und der komplett mit intelligenter Technik ausgestattet werden soll, ist seit langem ihr erster größerer Auftrag. Und den hat sie nur erhalten, weil ihr jemand einen Gefallen schuldete. Ansonsten geht es meist darum, für Oma Friede aus der Nachbarstraße das Internet einzurichten oder für die Eltern einen Filter zu installieren, damit es der vorpubertäre Sohn möglichst schwer hat, auf bestimmte Seiten zu kommen. In der wenigen Zeit, die sie dann noch hat, arbeitet sie an der Optimierung von Mesmerize.

    Vielleicht hat sie aber, wenn sie mehr solcher Aufträge bekommen sollte, endlich die Chance, das Verhältnis umzukehren und mehr Zeit und vor allem Geld in Mesmerize zu investieren, um ihr Baby endlich zu perfektionieren.

    Seit dem frühen Morgen starrt sie nun schon auf den Bildschirm und mittlerweile brennen ihre Augen wie Feuer. Die Uhrzeit in der rechten Ecke der Taskleiste kann sie kaum noch lesen. Schon wieder ist ein ganzer Tag vergangen, denn wenn sie in ihre Arbeit vertieft ist, merkt sie kaum, wie die Zeit vergeht. Selbst wenn diese Art der Arbeit eher langweilig ist und sich die Herausforderung in Grenzen hält.

    Das Einzige, was sie in solchen Momenten der Selbstzweifel auf andere Gedanken bringt, ist wie immer ihr kleiner Kater Nero. Er reißt sie aus ihrem Trott, indem er auf ihren Schoß springt und Streicheleinheiten einfordert – an anderen Tagen ist es ihre beste Freundin Tatjana, die sie wieder aufrichtet.

    Apropos Tatjana…

    Als Emma sich ruckartig umdreht, um nach ihrem Handy zu greifen, springt Nero erschrocken mit lautem Fauchen von ihrem Schoß. Doch nicht ohne seine Spuren auf ihrem Oberschenkel zu hinterlassen.

    »Verdammtes Mistvieh bist du manchmal«, zischt sie, reibt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein und entsperrt das Display. Gerade als Emma mit der anderen Hand Tatjanas Nummer wählen will, fällt ihr das Handy fast aus der Hand, denn es klingelt lautstark durch die kleine Zweizimmerwohnung. Sie wartet kurz ab, ob die Anti-Scam-Software die Nummer identifizieren kann. Denn wenn nicht, wird sie den Anruf mit Sicherheit nicht annehmen und die Nummer blockieren. Doch nach ein, zwei Sekunden erscheint schließlich in großen Lettern der Name TitanTech GmbH auf dem Display. Emma runzelt nachdenklich die Stirn und fragt sich, warum eine solche Firma ausgerechnet an einem Freitagabend bei ihr anruft.

    Emma zögert noch, den Anruf anzunehmen, ringt mit sich. Vielleicht könnte sie nach so langer Zeit, mal wieder einer interessanten Arbeit nachgehen. Seit ihr damals eine gewisse Dame namens Margaretha alle Türen in der Stadt verschlossen hat, weil sie sie hasst wie die Pest, hat sie nicht einen einzigen Job in der Stadt bekommen. Aber dann ist da ja immer noch die Uhrzeit, die sie stutzig macht. Der Gedanke schießt ihr durch den Kopf, dass sie sich wohl verwählt haben müssen. Denn ihre letzte Bewerbung bei diesem Unternehmen für eine Stelle in der IT-Abteilung liegt schon Jahre zurück. Keine drei Tage hatte es gedauert, bis sie die Serienabsage mit der Standardfloskel im Briefkasten hatte. Emma seufzt, weil das Handy nicht aufhören will zu klingeln, und entscheidet sich schließlich, das Gespräch anzunehmen.

    »Hoffmann?« Sie versucht, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen, in dem Glauben, ihr Gesprächspartner würde ihre Aufregung nicht bemerken.

    »TitanTech GmbH, Gloria Winterschuh am Apparat. Hallo Frau Hoffmann. Entschuldigen Sie die späte Störung, aber hätten Sie vielleicht einen Moment Zeit?«

    »Ähm… ja klar.« Emma räuspert sich mehrmals, um den verdammten Frosch aus dem Hals zu vertreiben. »Worum geht es, Frau Winterschuh?«

    »Wir brauchen dringend Ihre Hilfe, Emma. Herr Friedrich würde Sie gerne sehen und das Problem mit Ihnen persönlich besprechen. Können Sie heute noch zu uns kommen?«

    »Heute?« Ihr Blick weitet sich schockiert. Wie soll sie denn so schnell in die Stadt kommen?

    »Ja, heute noch. Und keine Sorge, Ihre Zeit wird entsprechend vergütet.«

    »Ich… ähm.« Emma schließt die Augen und sammelt sich. »Ja, natürlich … Ich mache mich gleich auf den Weg.«

    »Vielen Dank, Frau Hoffmann. Das wissen wir zu schätzen. Kommen Sie bitte direkt in den 50. Stock. Bis gleich.«

    »O- Okay.« Ehe sie sich versieht, hat Frau Winterschuh das Gespräch beendet und Emma hört nur noch das monotone Tuten der Leitung. Erst langsam dämmert ihr, dass sie keine Zeit hat, weiter zu trödeln. Eine so bedeutende Firma wie TitanTech braucht ihre Hilfe. Sie müsste längst an der Bushaltestelle stehen, anstatt wie gelähmt an ihrem Schreibtisch zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren.

    Emma springt wie von der Tarantel gestochen von ihrem Stuhl auf, streichelt Nero im Vorbeigehen noch einmal über den Kopf und schnappt sich ihre Jacke und den Schlüssel, um die Wohnung zu verlassen. Während sie die Treppe hinuntersprintet, wählt sie die Nummer ihrer besten Freundin. Die wird ausflippen, wenn sie die Nachricht hört. Es dauert zum Glück auch nicht lange, bis Tatjana sich meldet.

    »Hey, Maus! Endlich rufst du an… du fehlst mir.«

    »Ja, ich weiß, wir haben uns ein paar Tage nicht gehört… tut mir leid.«

    »Ein paar Tage? Hast du auf den Kalender geguckt? Das letzte Mal haben wir uns vor ein paar Wochen gesehen!«

    Zähneknirschend zieht Emma die Haustür zu. Das mit dem Zeitgefühl ist noch so eine Baustelle.

    »Hat sich Gloria schon gemeldet?«

    Emma verlangsamt ihren Schritt und zögert einen Moment, bevor sie antwortet: »Woher zum Teufel kennst du die Tippse vom Friedrich?«

    »ähm… die Tippse ist meine Tante, Schatzi.« Tatjana lacht laut auf und Emma spürt, wie ihre Wangen rot werden.

    Ups, Fettnäpfchen anvisiert und voll reingetreten.

    »Oh… das wusste ich nicht… Entschuldigung.«

    »Schon gut, Emma… fährst du hin? Wage es ja nicht einfach abzusagen! Ich habe ihr deine Nummer gegeben und dich so gelobt, dass sie denken, du bist Neo persönlich.«

    Emma rollt mit den Augen und schüttelt den Kopf. »Ach halt die Klappe … niemand wird mich je ernst nehmen, wenn du immer mit deinen blöden Matrix-Vergleichen kommst.«

    Endlich! Die Bushaltestelle ist bereits in Sichtweite. Nur noch ein kurzer Sprint und nicht mehr viel Zeit, um den Bus zu erwischen. Würde sie den verpassen, müsste sie sich ein Taxi rufen, wofür ihr Budget eigentlich nicht ausreicht.

    »Ich sage es dir jetzt zum tausendsten Mal: Du bist der beste Hacker, Programmierer, was auch immer deine Qualifikation ist, den ich kenne. Niemand kann dir auf diesem Gebiet das Wasser reichen.«

    »Das nennt man Informatiker und du redest Bullshit … sag mir lieber, was die Titanen für ein Problem haben?« Immerhin wäre sie nicht unvorbereitet, wenn sie später dem Maximilian Friedrich gegenübersitzt. Es könnte ihn beeindrucken, wenn sie sich schon auf dem Weg in die Stadt eine Lösung ausdenken könnte.

    »Dir ist klar, dass ich offiziell nichts davon wissen darf. Wehe, du sagst ein Wort zu Friedrich, dann wird meine Tante entlassen. Und dann … bringt sie dich um, glaube ich … und mich auch … Also pass auf …«.

    Viele Informationen hat Tatjana leider nicht. Und der Sicherheitsfuzzi, wie Tatjana ihn liebevoll nennt, bekommt es nicht auf die Reihe, sodass Friedrich verzweifelt nach jemandem wie Emma sucht. Eigentlich mag sie es nicht, wenn so viele Hoffnungen auf ihr ruhen, denn je höher die Erwartungen sind, desto größer ist die Gefahr, sie nicht erfüllen zu können.

    Doch das Thema ist dank Tatjanas Redseligkeit schnell abgehakt. Den Rest der Busfahrt finden die beiden nach so langer Zeit endlich wieder Zeit zum Plaudern, ohne Verpflichtungen im Hinterkopf, ohne Zeitdruck, weil Tatjana zur nächsten Schicht ins Krankenhaus muss. Etwas, wofür die beiden in den letzten Wochen meist viel zu wenig Zeit hatten.

    Level 2

    »Alles, was ich verlange, ist, dass du deinen verdammten Job machst.« Max reibt sich den Nacken, während er im Kreis durch das große Büro läuft, das nur dank der riesigen tropischen Pflanzen nicht ganz so verloren wirkt. Es ist sehr minimalistisch eingerichtet, sehr modern, man könnte meinen, in einem Katalogfoto zu stehen. Mit einem Seufzer wendet er sich schließlich kopfschüttelnd von Nico ab. Das Dumme für ihn ist, dass Nico nicht irgendein Mitarbeiter von ihm ist, der seinen Job nicht richtig macht. Er ist auch sein bester Freund und im Laufe der Jahre so etwas wie sein Bruder geworden.

    »Hör zu, du weißt, dass ich an dem Problem arbeite, okay? Es ist nur … es ist nicht so einfach … es braucht Zeit.«

    »UND WAS SOLL ICH DEINER MEINUNG NACH TUN? Warten? Soll ich alle nach Hause schicken und jeden Tag tausende Euro verbrennen, weil dein Team nicht in der Lage ist, einen beschissenen Trojaner zu eliminieren?« Max’ Stimme hallt laut durch das große Büro, als er dann vor der Fensterfront stehen bleibt. Mit leerem Blick starrt er in die dunkle Nacht. Passend zur Stimmung der letzten Minuten ist ein Gewitter aufgezogen. Die Regentropfen prasseln auf die Fensterscheibe des Büros und spiegeln die Lichter der Stadt, während sie stumm herunterlaufen. Dabei steht ihm das Schlimmste noch bevor: Nico mitzuteilen, dass er sich bald mit

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1