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Unentbehrlichkeit der Liebe 1: Gefährliche Abhängigkeiten
Unentbehrlichkeit der Liebe 1: Gefährliche Abhängigkeiten
Unentbehrlichkeit der Liebe 1: Gefährliche Abhängigkeiten
eBook573 Seiten8 Stunden

Unentbehrlichkeit der Liebe 1: Gefährliche Abhängigkeiten

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Über dieses E-Book

Mit nur 14 Jahren verliert Kai durch einen tragischen Unfall seine Eltern und verbringt daraufhin seine Kindheit in einem Waisenhaus. Dort lernt er den 17-jährigen Christian kennen, der genauso wie Kai ohne Eltern groß werden muss. Christian ist von Anfang an Kais einziger Halt in dieser tristen Welt. Sein Verbündeter, der ihn versteht. Doch als Christian 18 wird, verlässt er das Waisenhaus und damit auch Kai. Erst Jahre später treffen sie unerwartet in der Notaufnahme wieder aufeinander. Christian als Krankenpfleger und Kai als Patient. Beide jungen Männer werden durch dieses plötzliche, unerwartete Zusammentreffen aus der Bahn geworfen, doch während Christian gerne den Kontakt aufrecht halten würde, blockt Kai ab. Doch Kai taucht immer wieder bei Christian in der Notaufnahme auf und schnell bemerkt Christian, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Doch bis ihm bewusstwird, wie groß das Dilemma ist, in welchem Kai sich befindet, ist es fast schon zu spät, um noch eingreifen zu können.
SpracheDeutsch
HerausgeberHimmelstürmer
Erscheinungsdatum28. Sept. 2021
ISBN9783863619220
Unentbehrlichkeit der Liebe 1: Gefährliche Abhängigkeiten
Autor

Lilly Conen

Vor drei Jahren begann Lilly Conen zu schreiben und hat schnell ihre Leidenschaft dafür entdeckt, da es der perfekte Ausgleich zu ihrem manchmal sehr stressigen Alltag ist. Außerdem gibt es ihr ein sehr gutes Gefühl, wenn sie ihren Figuren Leben einhauchen kann und mit ihnen gemeinsam einen Weg beschreitet. Wenn Lilly Conen es dann geschafft hat, mit ihren Figuren in ihrer Geschichte auch ihr persönliches Happy End zu erreichen, macht sie das glücklich. Es bedeutet ihr viel, mit ihren Geschichten im LGBT-Bereich einen Beitrag leisten zu können. Ursprünglich hat Lilly Conen lediglich im Fanfiktion-Bereich geschrieben, doch nun beschreitet sie mit ihrem Debütroman einen neuen Weg.

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    Buchvorschau

    Unentbehrlichkeit der Liebe 1 - Lilly Conen

    Himmelstürmer Verlag, part of Production House,

    Ortstr.6, 31619 Binnen

    www.himmelstuermer.de

    E-Mail: info@himmelstuermer.de

    Originalausgabe, Oktober 2021

    © Production House GmbH

    Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.

    Zuwiderhandeln wird strafrechtlich verfolgt

    Rechtschreibung nach Duden, 24. Auflage

    Coverfotos: Adobe stock

    Umschlaggestaltung:

    Olaf Welling, Grafik-Designer AGD, Hamburg.

    www.olafwelling.de

    ISBN print 978-3-86361-921-3

    ISBN e-pub 978-3-86361-922-0

    ISBN pdf 978-3-86361-923-7

    Alle hier beschriebenen Personen und alle Begebenheiten sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist nicht beabsichtigt

    Lilly Conen

    Unentbehrlichkeit der Liebe 1

    Gefährliche Abhängigkeit

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    Kapitel 1

    In Gedanken versunken schaut Kai aus dem Autofenster. In dicken Flocken fällt der Schnee auf den Boden und taucht die ganze Landschaft in eine weiße Decke. Er hat Schnee immer geliebt, doch jetzt dreht sich ihm fast der Magen um, wenn er das weiße Nass betrachtet. Eine Stimme redet permanent auf ihn ein, doch er reagiert nicht darauf. Er hat keine Lust, mit Sonja zu reden. Er erträgt es nicht, wie jeder ihn mit diesem Blick anschaut und ihm immer wieder sagt, dass alles gut wird und er seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Er will seinen Gefühlen nicht das Ruder übergeben und er will nicht darüber reden. Er will nur vergessen, doch das scheint niemand zu verstehen. Sonja hat inzwischen aufgegeben und ist verstummt. Konzentriert sich lieber wieder auf die Straße. Obwohl er so schnell wie möglich aus diesem Auto will, wird im speiübel, als Sonja von der Straße abfährt und auf einen Vorplatz fährt, wo das Auto zum Stillstand kommt. Mit großen Augen schaut er sich das riesige, graue Gebäude vor sich an. Selten hat er so was Schreckliches gesehen und am liebsten würde er nur losrennen und nie mehr anhalten. Doch diese Möglichkeit hat er nicht.

    Sonja hat inzwischen das Auto verlassen und Kais Autotür geöffnet. Aufmunternd schaut sie ihn an und bitte ihn auszusteigen. Widerwillig folgt er ihrer Anweisung und folgt ihr über den Platz bis zur Tür. Mit jedem Schritt in Richtung des Ungetüms sackt Kai mehr in sich zusammen. Er will hier nicht sein. Er will nach Hause. Er will zu seinen Eltern. Will, dass alles wieder so wie früher ist. Er schluckt den Kloß in seinem Hals runter und folgt Sonja. Sie gehen durch ein paar Flure und immer mal wieder laufen sie einem Kind über den Weg, welches sie beide gespannt beobachtet. Manche sagen ‚Hallo’, andere tuscheln, wieder andere schauen sie nur an. Kai ignoriert alle Blicke und versucht, stur auf den Boden zu starren. Irgendwann hält Sonja vor einer Tür. Sie klopft an und keine Sekunden später stehen sie in einem Büro. Ein älterer Herr kommt freundlich lächelnd auf sie zugelaufen, reicht zuerst Sonja die Hand und wuschelt dann Kai durch die Haare. Dieser windet sich sofort weg und macht ein paar Schritte zurück. Der Herr, welcher sich als Holger vorstellt, scheint zu verstehen und bleibt mit Abstand zu Kai stehen und begrüßt ihn freundlich. Kai schaut ihn nur an, sagt aber nichts. Holger setzt sich wieder an seinen Bürotisch und Sonja und Kai setzten sich ihm gegenüber hin.

    „Du bist also Kai?", fragt dann Holger freundlich.

    Kai nickt nur.

    „Und wie alt bist du?", fragt Holger weiter.

    Kai schaut ihn weiterhin nur an, sagt aber nichts.

    Sonja seufzt auf, doch Holger gibt ihr direkt zu verstehen, dass es nicht schlimm sei.

    „Er hat seitdem nicht mehr geredet", sagt dann Sonja.

    „Verstehe. Das ist nicht ungewöhnlich. Es ist schließlich auch erst ...", kurz blättert er in seinen Unterlagen herum.

    „...fünf Tage her, ist das richtig?"

    Sonja nickt bestätigend.

    „Ein Autounfall. Sie sind bei dem Schneefall von der Straße abgekommen."

    Sonja wollte nicht ins Detail gehen, solange Kai neben ihnen sitzt. Doch der hat schon lange wieder abgeschaltet und nimmt das Gespräch nicht wirklich wahr. Holger durchstöbert weiter seine Unterlagen.

    „Und du bist 14?", versucht er nochmals irgendwas aus Kai rauszubekommen, doch der reagiert überhaupt nicht mehr.

    Holger ist erfahren genug, um zu merken, dass es keinen Sinn macht, weiterhin mit Kai reden zu wollen. Der Junge steht unter Schock, was kein Wunder ist, wenn man auf einen Schlag seine Eltern verliert. Deshalb bedankt er sich bei Sonja, dass diese sich die letzten fünf Tage um Kai gekümmert hat, und schickt sie wieder nach Hause. Bevor sie geht, hat sie sich mit einer Umarmung von Kai verabschiedet. Er wurde bei der Berührung stocksteif und hat nur gewartet, bis es vorbei ist. Jetzt folgt er Holger durch das riesige Gebäude und versucht, sich all die Informationen zu merken. Wo die Duschen und Toiletten sind, wo die Küche und der Speisesaal und wann die Essenszeiten sind. Dann treten sie durch die Hintertür. Ein riesiger Garten erstreckt sich vor ihnen und sogar ein Basketballfeld ist vorhanden. Ein Haufen Kinder tollen durch den Schnee, bauen Schneemänner oder machen eine Schneeballschlacht. Kai beobachtet sie kurz, doch als die ersten Kinder sich nach ihm umschauen, dreht er sich um und geht sofort wieder rein. Holger folgt ihm und bringt ihn dann zu seinem Zimmer. Es ist nicht groß. Da stehen zwei Betten, zwei Schreibtische und zwei Schränke. Alles wie ein Spiegelbild angeordnet. Die eine Seite ist ordentlich und unberührt, die andere ein bisschen chaotisch. Holger muss ihm nichts sagen, um zu wissen, welche seine Seite ist. Verloren setzt er sich auf sein Bett und schaut aus dem Fenster.

    „Wir sind momentan komplett ausgelastet. Dieses Bett ist leer geworden und ein anderes Zimmer haben wir leider nicht, weshalb du dir dein Zimmer mit Christian teilen musst. Er ist schon 17, aber ich denke, ihr werdet euch trotz des Altersunterschiedes gut verstehen."

    Kai schaut weiterhin aus dem Fenster. Nur ein leichtes Nicken versichert Holger, dass Kai verstanden hat.

    „Komm hier erstmal an. Schau dich um und rede mit den anderen Kindern. Finde neue Freunde, das macht vieles leichter. Und Ende des Monats schauen wir dann mal, ob du wieder in die Schule kannst."

    Wieder nickt Kai. Er will nur, dass Holger geht. Er will allein sein. Holger tut ihm den Gefallen, verlässt den Raum und schließt die Tür hinter sich. Das Schließen der Tür ist wie ein Schalter für Kai und seine Fassade bricht. Er rollt sich auf seinem Bett zusammen, schluchzt laut auf und weint bitterlich los. Noch nie in seinem Leben hat er sich so verloren und einsam gefühlt. Alles in ihm zieht sich zusammen und er kann nur schwer atmen. Er würde alles dafür geben, um jetzt in den Armen seiner Mutter zu liegen, die ihm beruhigend über den Rücken streicht. Doch das wird nie wieder passieren. Kai weiß nicht, wie lange er so auf dem Bett lag, doch als er Stimmen auf dem Flur hört, die immer näherkommen, zuckt er zusammen, wischt sich hastig über das Gesicht und setzt sich hin. Dann öffnet sich schwungvoll die Tür und gleich darauf stehen drei Jugendliche im Zimmer und verstummen sofort, als sie Kai entdecken.

    „Hey, du musst Kai sein?", sagt dann ein großer, blonder Junge mit Brille.

    „Ich bin Christian", redet dieser direkt weiter, ohne auf Kais Bestätigung zu warten, und streckt ihm seine Hand hin.

    Kai schaut sie an, als wären sie das achte Weltwunder, bis Christian sie wieder wegzieht.

    „Haben deine Eltern dir keine Manieren beigebracht?", sagt dann einer der anderen Jungs.

    „Olli!", giftet Christian ihn an, während er ihm einen Klaps auf den Hinterkopf gibt und ihn strafend ansieht.

    Kai ist hier gelandet, weil er seine Eltern verloren hat, da braucht er keine dummen Sprüche von Olli. Dieser hebt nur entschuldigend seine Hände. Als Christian sieht, dass Jakob schon seinen Mund öffnen will, fällt er ihm direkt ins Wort.

    „Los, macht nen Abgang und lasst mich mit Kai allein. Wir sehen uns beim Abendessen."

    Unter Protest schiebt er die beiden aus dem Zimmer, schließt die Tür und lehnt sich seufzend dagegen.

    „Sorry, wegen Olli. Der hat das nicht so gemeint. Er hat nur ne große Klappe. Die sind beide voll okay."

    Kai hat indes den Kopf abgewendet und schaut wieder zum Fenster raus. Erschrocken zuckt er zusammen, als sich die Matratze neben ihm senkt und mit großen Augen blickt er zu Christian, der sich neben ihn gesetzt hat. Als dieser Kais panischen Blick erkennt, rückt er ein bisschen weg, um ihm mehr Freiraum zu geben, und nimmt zufrieden wahr, wie Kai sich langsam wieder entspannt.

    „Hey, hör zu! Ich weiß, wie du dich fühlst. Auch ich hab meine Eltern verloren ... sonst wäre ich nicht hier. Ich weiß es ist schrecklich, aber glaub mir, es wird besser."

    Christian kam vor acht Jahren hier her und hat die halbe Kindheit in diesem Waisenhaus verbracht. Die Schule hat er beendet und inzwischen macht er eine Ausbildung zum Mechaniker. Er kann es kaum erwarten, wenn er in 13 Monaten endlich 18 wird und das Waisenhaus verlassen kann. Endlich auf eigenen Beinen stehen. Natürlich ist er allen Leuten hier dankbar und dieser Ort wurde zwangsweise zu einem zu Hause für ihn, trotzdem ist er froh, wenn er diesem Ort den Rücken zuwenden kann. Denn egal wie viel Mühe sich jede Person gibt, dieser Ort ist ständig umgeben von einer Aura der Traurigkeit.

    Kai starrt indes noch immer Christian an. Er weiß nicht, was er von ihm halten soll. Er scheint nett zu sein, aber er kennt ihn erst seit fünf Sekunden. Außerdem will er hier keine Freunde finden. Erstens war er in dieser Angelegenheit noch nie gut und zweitens will er niemals mehr jemanden in sein Herz lassen, denn es schmerzt zu sehr, wenn dieser einen dann verlässt.

    „Du redest nicht, oder?", fragt Christian sanft nach.

    Kai kaut auf seiner Unterlippe, während seine Finger unaufhörlich Flusen von seinem Pullover ziehen. Er fühlt sich unwohl in dieser Situation und an diesem Ort. Er will nicht reden. Er will keine Fragen beantworten müssen. Er will nicht daran erinnert werden.

    „Schon gut, ist okay. Ich will nur, dass du weißt, das dir hier niemand was Böses will. Und wenn du doch das Bedürfnis haben solltest, reden zu wollen, du weißt ja, wo mein Bett steht."

    Den letzten Satz hat Christian mit einem Grinsen gesagt und dabei mit dem Kopf zu dem gegenüberliegenden Bett gedeutet. Da Kai nicht auf Christian reagiert, steht dieser auf, um zur Tür zu gehen. Er will ihm den Freiraum geben, den er braucht. Schließlich ist er soeben erst angekommen.

    „In ner halben Stunde gibt’s Essen. Du kommst dann besser runter, sonst holt Holger das Sonderkommando."

    Lachend verlässt Christian das Zimmer wieder und bekommt deshalb nicht mit, dass sich das erste Mal ein kleines Lächeln in Kais Gesicht geschlichen hat.

    Eine halbe Stunde später steht Kai im Speisesaal. Überall sitzen schon Kinder und Jugendliche, welche gierig ihr Abendessen verschlingen. Auch Kai holt sich eine Portion und setzt sich an einen freien Tisch. Christian sitzt schon mit Olli und Jakob im Speisesaal und beobachtet Kai, wie dieser lustlos im Essen rumstochert. Unweigerlich muss er daran denken, wie es ihm ging, als er hier ankam. Er war verloren und davon überzeugt, dass sein Leben beendet ist. Er war sich sicher, dass er nie wieder glücklich werden würde. Doch die Zeit heilt viele Wunden. Sie kann Dinge nicht ungeschehen machen und kann einem den Schmerz nie komplett nehmen, doch sie hilft das Negative immer weiter verblassen zu lassen und dafür das Positive hervorzuholen. Christian hofft nur, dass Kai nicht allzu lange leiden wird.

    Als sie dann abends in ihren Betten liegen, kann Christian nicht schlafen, weil er immer noch aufgewühlt ist. Er war schon immer ein sehr empathischer Mensch und leidet mit, wenn es jemand anderem schlecht geht. Auch Kai kann nicht schlafen, weil die ganze Situation ihn zu erdrücken scheint. Als es lange Zeit mucksmäuschenstill ist, ist sich Kai sicher, dass Christian eingeschlafen ist. Langsam gibt er seinen Gefühlen nach und schluchzt leise auf, während einzelne Tränen über seine Wangen rollen und vom Kopfkissen aufgesogen werden. Christian hat noch nicht geschlafen und hört, wie Kai sich gehen lässt. Am liebsten würde er jetzt aufstehen und Kai in den Arm nehmen, doch er bleibt liegen und stellt sich schlafend. Er hat inzwischen so viele trauernde Menschen kennengelernt, dass er das Gefühl hat, er könnte als Psychologe arbeiten und er weiß, dass er Kai keinen Gefallen tun würde, wenn er jetzt zu ihm gehen würde. Deshalb hört er nur dem leisen Schluchzen zu, bis Kai vor Erschöpfung endlich eingeschlafen ist und Christian erleichtert ausatmet. Schlaf ist gut. Schlaf ist wichtig. Schlaf gibt einem die Möglichkeit, für kurze Zeit vor all dem Leid zu fliehen.

    Die nächsten Tage vergehen und Kai sitzt häufig im Aufenthaltsraum, da Holger nicht will, dass er den ganzen Tag in seinem Zimmer verbringt. Es sind nicht viele Kinder da, da die meisten entweder in der Schule oder, wie Christian auf der Arbeit sind. Dadurch ist es ruhig. Einerseits ist Kai froh, wenn nicht zu viele Leute um ihn rumwuseln, ihn anschauen oder ihm Fragen stellen. Andererseits macht ihn diese Stille wahnsinnig. Er lebt von Tag zu Tag, ohne große Motivation. Mal sitzt er mit der kleinen Mia zusammen und stapelt mit ihr Bauklötze, mal liegt er auf dem Sofa und blättert in einem Buch oder sitzt und starrt in die Ferne. Wenn er am Anfang alles dafür gegeben hätte, ein eigenes Zimmer zu haben, wo er sich den ganzen Tag verkriechen kann, ist er inzwischen froh, dass er sein Zimmer mit Christian teilt. Christian hat eine positive Aura, die auf Kai übergeht. Er fühlt sich wohl in dessen Umgebung. Außerdem ist er Christian dankbar, dass dieser ihn zu nichts drängt. Er liegt ihm nicht ständig damit in den Ohren, dass er reden soll und dass er seinen Gefühlen freien Lauf geben soll. Er ist nur da, witzelt rum, erzählt von seinem Tag, oder was für ein Mist Jakob und Olli mal wieder angestellt haben. Es interessiert ihn nicht, dass von Kai nie eine Antwort kommt. Das denkt zumindest Kai. Christian interessiert es aber sehr wohl, dass Kai nicht spricht, und er macht sich deswegen Sorgen um ihn. Sie kennen sich zwar erst seit zehn Tagen, aber der Kleine ist ihm schon ans Herz gewachsen. Er weiß, dass er Kai nicht bedrängen darf, und hat Angst, dass dieser dann komplett dicht macht. Er hat mit Erleichterung festgestellt, dass immer mal wieder ein Lächeln über Kais Gesicht huscht. Letzten Abend hat er sogar über einen dämlichen Witz laut losgelacht und Christian Herz hat vor Freude einen doppelt so schnellen Rhythmus aufgenommen. Aber er hat Angst, dass sich all die Emotionen, die Kai in sich reinfrisst, irgendwann explosionsartig entladen werden. Denn nach der ersten Nacht, in der Kai heimlich geweint hatte, war es in den darauffolgenden Nächten immer still und Christian ist sich sicher, dass Kai seit dieser Nacht, nie wieder seinen Gefühlen nachgegeben hat. Außerdem ist Christian sich sicher, dass es nicht mehr lange dauert, bis Holger die Geduld verliert und Kai zur Psychologin schicken wird. Ein Umstand, der Kai nicht gefallen wird.

    Christian sollte recht behalten, denn an einem Freitag wird Kai von Holger aus dem Aufenthaltsraum geholt und zu einem abgelegenen Büro geführt. Kai hat ein ungutes Gefühl und als sie den Raum betreten und Holger die braunhaarige Dame namens Julia als Psychologin vorstellt, würde Kai sich am liebsten umdrehen und losrennen. Doch Holger ist schneller, hat die Tür wieder verschlossen und Kai steht allein mit Julia da. Auf deren Bitte hin, setzt er sich auf das kleine Sofa und schaut angestrengt auf seine Hände. Er ist nicht dumm. Er weiß genau, warum er hier ist und was jetzt kommen wird. Aber er will nicht darüber sprechen. Er will es nur aus seinem Gedächtnis verbannen. Wieso kann das denn niemand verstehen? Seine Hände sind schweißnass und egal wie sehr er versucht, Julias Stimme auszublenden, so dringt diese doch immer deutlicher an sein Gehör. Worte wie ‚Mutter’, ‚Vater’, ‚tot’, ‚reden’, ‚weinen’, ‚Gefühle’ prasseln wie Hagelsteine auf ihn ein. Kai wird immer unruhiger, rutscht auf dem Sofa hin und her, bis Julias Stimme in seinem Kopf so laut ist, dass er sich die Hände auf die Ohren hält und dabei gegen die hochkommenden Tränen ankämpft. Er presst die Augenlider fest aufeinander und will nur weg. Als er dann plötzlich Julias Hand auf seiner Schulter spürt, hält er es nicht mehr aus. Er springt auf und rennt los. Ignoriert Julias Rufe, ignoriert die irritierten Blicke links und rechts und rennt weiter. Er reißt die Tür zum Garten auf, stolpert durch die dicke Schneeschicht und rennt weiter, bis er ein Stück weit im Wald über einen Stein stolpert und im kalten Schnee landet. Er bleibt liegen und schreit seinen ganzen Schmerz, die Wut und die Angst in die Welt hinaus. Es ist so, wie Christian es befürchtet hat. Alles entlädt sich in einem Moment und Kai weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Er ist ein Kind, dass allein im Wald sitzt und versucht, mit dem Leben klarzukommen.

    Christian ist inzwischen von der Arbeit zurückgekommen und hat durch den ganzen Tumult mitbekommen, dass etwas nicht stimmt. Als er dann gehört hat, dass Kai abgehauen sei und ohne Jacke irgendwo draußen sitzt, wurde ihm direkt schlecht. Holger ist mit ein paar Mitarbeitern losgezogen, um Kai zu suchen. Sollten sie ihn bis zur Dämmerung nicht gefunden haben, würden sie die Polizei rufen müssen. Christian wollte bei der Suche helfen, doch es wurde ihm nicht erlaubt. Jetzt sitzt er in seinem Zimmer und hofft, dass sie Kai bald finden werden. Nicht nur, dass ein 14-jähriger Junge nicht die Nacht allein im Wald verbringen sollte, und das schon gar nicht in diesem Zustand, ist es auch schweinekalt und gefährlich. Langsam verschwindet die Sonne am Horizont und Holger und die anderen sind immer noch unterwegs, als sich plötzlich Christians Zimmertür öffnet und ein zitternder und verheulter Kai den Raum betritt. Bevor Christian lange überlegt, ist er schon von seinem Bett aufgesprungen, mit einem langen Schritt bei Kai und zieht ihn in seine Arme.

    „Meine Güte Kai, wir haben uns alle solche Sorgen gemacht."

    Kai versteift sich durch den Körperkontakt etwas, wehrt sich aber nicht dagegen, da Christians Körperwärme ihm guttut, denn Kai ist bis auf die Knochen durchgefroren.

    Christian löst sich etwas von Kai und schaut ihn mit wässrigen Augen an.

    „Tu so was nie wieder, okay? Das war saugefährlich. Scheiße, ich hab mir schon die schlimmsten Szenarien ausgemalt."

    Kai nickt etwas überrumpelt. Er ist völlig überrascht von Christians ehrlicher Besorgnis und der Tatsache, dass dieser kurz davor ist, zu weinen und das nur, weil Kai abgehauen war. Und das erste Mal seit langer Zeit fühlt Kai wieder etwas, dass er so sehr vermisst hat. Liebe und Fürsorge. Weinend wirft er sich in Christians Arme. Dieser wiederum ist von Kais emotionaler Art überrumpelt, schließt aber sofort schützend seine Arme um den bebenden Körper.

    „Ich vermisse sie so sehr", schluchzt dann Kai auf.

    Christians Herz macht trotz der traurigen Botschaft einen kleinen Hüpfer, denn Kai hat endlich geredet. Das erste Mal, seit dieser verhängnisvollen Nacht, hat er wieder geredet!

    „Ich weiß", antwortet Christian mit zittriger Stimme.

    „Aber du bist nicht allein. Ich bin für dich da, okay?"

    Kai nickt schluchzend an Christians Brust. Seine Gefühle drohen ihn zu überwältigen, doch er ist nicht mehr damit allein. Christian beschützt ihn und mit Erleichterung genießt Kai dieses Gefühl von Geborgenheit.

    Kapitel 2

    Es dauert einige Sekunden, bis Christian realisiert, dass er nicht in einem Club steht und zu Despacito tanzt, sondern in seinem Bett liegt und sein Wecker ihn anbrüllt, dass er aufstehen muss. Mit einem Murren dreht er sich blind nach rechts und schlägt gezielt auf den großen Knopf, um das schreckliche Gedudel auszuschalten. Welcher Radiosender spielt schon morgens um 04:30 diesen Sommer-Sonne-Gute-Laune-Song, vor allem wenn es Februar ist und draußen weder Sommer noch Sonne, noch gute Laune auf einen wartet, sondern Winter, Dunkelheit, Schnee und die verhasste Frühschicht. Christian greift nach dem freien Kopfkissen neben sich und drückt es sich auf das Gesicht, so als ob er sich vor der Sonne schützen will, die sein Schlafzimmer durchflutet. Schließlich zieht er etwas zu schwungvoll das Kissen wieder von seinem Gesicht, so dass dieses direkt über die Bettkante hinweg gleitet und vollkommen leise Bekanntschaft mit dem Boden macht. Christian dreht sich unter der Bettdecke, bis seine Beine im Nichts hängen. Wenn er nicht wüsste, dass sein Fußboden hart ist, würde er sich jetzt, wie ein Sack Reis aus dem Bett fallen lassen. Doch so richtet er sich auf und tritt mit nackten Füssen auf den Holzboden. Dieser knarrt unter der Last und egal wie viel Mühe sich Christian geben würde, es wäre ihm unmöglich, leise aufzutreten. Das ist auch nicht nötig, denn hier ist niemand, den Christian wecken könnte. Außer vielleicht seine zwei Bartagamen, zu denen er direkt hingeht. Das große Terrarium nimmt fast die Hälfte seines Wohnzimmers ein, doch Christian war es wichtig, dass seine Tiere genügend Platz haben. Er selbst kann jeder Zeit seine Wohnung verlassen, wenn ihm die Decke auf den Kopf fällt, seine Reptilien jedoch nicht.

    „Guten Morgen, Apple… guten Morgen, Cherry", begrüßt Christian die beiden Damen.

    Diese verziehen keine Miene oder geben Christian sonst irgendwie zu verstehen, dass sie ihn gehört haben. Sie liegen nur unter ihrer UV-Lampe und tanken Energie für den kommenden Tag. Kurz checkt Christian die Anzeige, um Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu überprüfen. Christian ist mit den Zahlen zufrieden, weshalb er das Wohnzimmer wieder verlässt und direkt die gegenüberliegende Küche betritt. Blind betätigt er den Lichtschalter zu seiner Linken und nach kurzem Flackern wird der kleine Raum in ein mattes Licht getaucht. Das Surren der Neonröhre vermischt sich mit dem Brummen des Kühlschrankes und, als würde diese Geräuschkulisse nicht reichen, wirft Christian die Kaffeemaschine an. Immer noch müde tragen ihn seine Füße ins Badezimmer. Hier wiederholt sich das Spiel. Das Licht flackert munter vor sich hin, bevor es endlich seine Tätigkeit komplett aufnimmt. Gleichzeitig beginnt die Lüftung zu grummeln, doch nach nur wenige Sekunden wird sie vom Plätschern des Wassers übertönt. Christian dreht die Dusche immer schon an, bevor er sie betritt. Nichts hasst er mehr, als wenn das Wasser kalt auf seinen Körper trifft. Deshalb entledigt er sich in einer Seelenruhe von seinem Schlafoutfit, bevor er mit dem Handrücken nochmals vorsichtig die Wassertemperatur überprüft und dann unter den Wasserstrahl hüpft. Zufrieden seufzt er leise auf, als das Wasser heiß auf seine Schultern prasselt. Eine heiße Dusche am Morgen ist für Christian überlebenswichtig. Wichtiger als jedes Frühstück und jeder Kaffee. Für den Moment, in dem er unter der Dusche steht, schaltet er nochmals komplett ab. Gleichzeitig schwemmt das Wasser die ganze Anspannung und Müdigkeit aus seinem Körper. Wenn Christian die Dusche wieder verlässt, fühlt er sich jedes Mal wie ein neuer Mensch. Nur mit einem Handtuch um die Hüfte richtet er sich vor dem Spiegel die Haare. Seit er diese vor einiger Zeit recht kurz zurückgeschnitten hat, geht das morgendliche Styling viel schneller.

    Kaum hat er das Badezimmer, verlassen, steigt ihm der Duft von frisch gebrühtem Kaffee in die Nase. Trotzdem macht er einen Abstecher in sein Schlafzimmer, um sich frische Klamotten überzuziehen. Gutgelaunt folgt er dem feinen Duft in die Küche, gießt sich eine Tasse von dem Gebräu ein und nimmt direkt einen großen Schluck. Ein Fehler, wie ihm seine Zunge und sein Gaumen nur eine Millisekunde später klarmachen. Fluchend fächert er sich mit der freien Hand frische Luft in die Mundhöhle, in der Hoffnung, es hilft gegen den Schmerz. Als dieser endlich langsam vergeht und durch ein dumpfes Gefühl ersetzt wird, stellt er die Tasse wieder hin. Der Kaffee sollte erst mal etwas abkühlen. Deshalb öffnet er den Kühlschrank und fischt dafür eine Zucchini und eine Paprika aus dem Gemüsefach. Als würde er nie was anderes machen, schnippelt er diese in Akkordzeit in kleine Stücke. Mit dem beladenen Schneidbrett geht er zurück ins Wohnzimmer zum Terrarium. Doch auch jetzt hält sich die Begeisterung von Apple und Cherry in Grenzen. Erst als Christian die Schiebetür schon längst wieder zugeschoben und abgeschlossen hat, setzen sich die Reptilien in Bewegung, um sich über ihr Frühstück herzumachen. Mit einem zufriedenen Lächeln beobachtet Christian die beiden für eine kurze Zeit.

    Er erinnert sich, wie er es vor sieben Jahren kaum erwarten konnte, endlich das Waisenhaus zu verlassen und seine eigenen vier Wände zu beziehen. Endlich weg von dem Trubel, der Trauer und der negativen Energie, die dieses Gebäude ausstrahlt. Endlich Ruhe. Doch schnell wurde Christian klar, dass Ruhe und Stille nicht viel besser waren. Fast zehn Jahre hat er im Waisenhaus verbracht und so sehr er es manchmal gehasst hat, nicht mal eine Minute nur für sich allein zu haben, so sehr vermisst er nun den ganzen Trubel und seine Freunde. Er vermisste Holger, Olli und Jakob und Kai. Wenn er abends von der Arbeit nach Hause kam, war da niemand, dem er davon berichten konnte. Da war niemand, der ihm erzählte, wie sein Tag war. Da ihn diese Stille zermürbte, musste er etwas daran ändern. Ein Haustier musste her. Ein Freund, der dem Zuhause Leben einhaucht. Doch Christian musste realistisch bleiben. Für einen Hund oder eine Katze, hatte er keine Zeit, deshalb zogen zwei Wellensittiche bei ihm ein. Er liebte diese Tiere und das Gezwitscher am frühen Morgen, die Energie, welche die Vögel der Wohnung einhauchten. Leider sahen seine Nachbaren das anders, und beschwerten sich über den Lärm der Vögel. Christian blieb deshalb nichts andere übrig, als seine geliebten Wellensittiche zu verkaufen. Da er aber nicht wieder allein in dieser Wohnung leben wollte, zogen nach kurzer Zeit Apple und Cherry ein. Er hat die Bartagamen im Tierheim entdeckt und für Lärm würden die beiden mit Sicherheit nicht sorgen.

    Kurz wird Christian etwas sentimental, als ihm der Gedanke durch den Kopf spuckt, wieso er sich diese Tiere angeschafft hat. Manchmal fragt er sich, wie es den anderen geht. Was Jakob und Olli inzwischen machen und wo es sie hin verschlagen hat. Olli war immer sein wichtigster Freund und Stütze in seiner Kindheit und Jugend. Er hatte sie mit ihm zusammen verbracht, denn Olli war schon in dem Waisenhaus, bevor Christian mit neun Jahren dort hinkam. Olli war speziell und schon mit jungen Jahren sarkastisch und etwas verschroben. Doch sein Herz sprüht vor Liebe und Fürsorge. Christian wusste, auf Olli ist immer Verlass und er wird immer für ihn da sein. Olli war das für Christian, was Christian für Kai war. Er war das Rettungsboot. Der sichere Hafen. Das Sicherheitsnetz, das einen auffängt, wenn man völlig verloren in diese Welt hineingeworfen wird. Ohne Olli hätte Christian nicht überlebt und ohne Christian hätte Kai nicht überlebt. Christian kann sich nur zu gut an den Moment erinnern, als Kai weinend in seinen Armen lag und endlich wieder begonnen hat zu reden. Gut, am Anfang hat er nur mit Christian geredet, ansonsten hat er immer geschwiegen wie ein Grab, doch da er bei Christian all seine Gefühle und Sorgen rausließ, war es für alle okay. Niemand machte ihm Druck, denn niemand wollte Kai nochmal in solch eine Situation drängen, in der er nur die Flucht sah. Also war Christian sowas wie sein privater Therapeut. Er war immer für Kai da. Hat mit ihm gelacht und geweint, bis Kai sich Stück für Stück zu öffnen begann. Bis er wieder mit jedem sprach ... bis Christian das Waisenhaus verließ. Ja, er konnte es kaum erwarten, endlich diesen Ort zu verlassen, doch Kai, der weinend auf seinem Bett saß und ihn anflehte, nicht zu gehen, hat ihm einen tiefen Stich in sein Herz gesetzt. Und trotzdem hätte er keine Wahl gehabt. Er war 18 Jahre alt. Er war erwachsen und bereit für sich selbst zu sorgen. Er musste Platz machen für das nächste Kind, welches Hilfe brauchte. Und so ist Christian gegangen. Er ist in seine kleine 1-Zimmerwohnung gezogen und hat sein eigenes Leben gelebt. Am Anfang ging er hin und wieder am Wochenende ins Waisenhaus und besuchte Jakob und Kai. Olli war schon wenige Wochen nach Kais Ankunft ausgezogen, weit weg, direkt nach Hamburg. Doch Olli kam nie zurück für Besuche. Am Anfang haben sie sich ab und an noch ein paar Nachrichten geschrieben, doch seit fast fünf Jahren hat Christian kein Wort mehr von ihm gehört. Doch das ist okay. Menschen teilen Freundschaften und Menschen verlieren sich aus den Augen. So ist das Leben. Außerdem kann Christian Olli keine Vorwürfe machen, schließlich war er kein Stück besser, denn auch er ließ den Kontakt zu seinen alten Freunden immer weiter auslaufen. Als er dann nach einem Jahr nach Berlin zog, setzte er damit den Schlussstrich und er hat seither nie mehr etwas von Jakob oder Kai gehört.

    Seufzend löst Christian den Blick vom Terrarium und schüttelt sich seine sentimentalen Gedanken ab. Als er zurück in der Küche ist und seinen Kaffee trinken will, spuckt er diesen direkt wieder mit angewidertem Gesicht aus. Nicht etwa, weil er sich schon wieder die Zunge verbrannt hat, sondern weil er kalt ist. Wie lange hat er in Gedanken versunken vor dem Terrarium gestanden? Ein Blick auf sein Handy verrät ihm, dass es zwanzig Minuten waren. Außerdem verrät es ihm, dass sein Bus gleich fährt und wenn er sich nicht sofort auf den Weg macht, wird er diesen verpassen und somit zu spät zur Arbeit kommen. Deshalb schüttet er hektisch das kalte Getränk in den Abfluss, sprinten ins Badezimmer, um sich notdürftig in 30 Sekunden die Zähne zu putzen und dann aus der Wohnung zu hasten. Im Treppenhaus zieht er sich Mütze und Schal an und trotzdem beginnt er zu zittern, als er in die kalte Nachtluft tritt. Sein Sprint zur Bushaltestelle heizt ihm aber ordentlich ein, so dass er sich im Bus direkt die Jacke öffnet und Schal und Mütze wieder auszieht, da er ins Schwitzen gekommen ist. Doch nun kann er durchatmen und entspannen, denn die Busfahrt dauert dreißig Minuten. Christian lässt seine Stirn an die eiskalte Scheibe gleiten und blickt in die dunkle Nacht hinaus.

    Einen Vorteil hat es, wenn man so früh zur Arbeit muss. Die Straßen sind leer und die öffentlichen Verkehrsmittel auch. Ansonsten kann Christian den frühen Morgenstunden nicht viel abgewinnen. Trotzdem liebt er seinen Beruf. Als er damals nach der Schule vor die Wahl gestellt wurde, welche Ausbildung er machen will, hat er sich ohne groß zu Überlegen für eine Ausbildung zum Mechaniker entschieden. Zu dem Zeitpunkt war es ihm schlicht egal, was er lernen wird. Er wollte nur auf eigenen Beinen stehen können. Außerdem ist dieser Beruf ein typischer Männerberuf, nicht wie Krankenpfleger, bei dem er sich inzwischen manchmal rechtfertigen muss, wenn er das jemandem erzählt. Aber Christian hatte nach kurzer Zeit bemerkt, dass ihn der Beruf des Mechanikers nicht ausfüllt. Er mochte den Job, doch er empfand keine Leidenschaft dafür. Es schien fast, als hätte ihn die Zeit im Waisenhaus geprägt, dass es für Christian eine Selbstverständlichkeit war, anderen zu helfen. Also hat er kurzerhand nach der fertigen Ausbildung zum Mechaniker eine Ausbildung zum Krankenpfleger angehängt. Diese begann er in einem Berliner Krankenhaus, in dem er jetzt noch arbeitet. Als Mann ist er dort definitiv in der Unterzahl. Etwas, dass Christian nicht verstehen kann. Ein flüchtiger Bekannter hat mal witzelnd zu Christian gemeint, ob er denn schwul sei, weil er solch einen Beruf ausübt. Daraufhin wurde Christian ziemlich ungehalten. Er versteht nicht, wieso Männer und Frauen in klischeehafte Persönlichkeiten gedrängt werden müssen, dass nicht auch ein Mann einen sozialen Beruf oder eine Frau einen handwerklichen Beruf ausüben kann. Dass sein Bekannter ins Schwarze getroffen hatte, ignorierte Christian komplett, denn in seinen Augen hatte das nichts miteinander zu tun. Nur weil er bi ist, was aber niemand außer Olli weiß, heißt das nicht, dass er anders ist. Für Christian macht es keinen Unterschied, ob er eine Frau küsst, oder einen Mann. Er hat dabei dieselben Gefühle. Er war schon in Frauen verliebt, genauso wie er schon in Männer verliebt war. Dennoch hatte er noch nie eine feste Beziehung. Seine erste wirkliche Erfahrung hat er mit Olli gemacht. Sie hatten eine spezielle Freundschaft. Irgendwie war sie geprägt von Zärtlichkeiten und Geborgenheit. Nicht selten hat Christian sich nachts zu Olli ins Zimmer geschlichen, da dieser einer der wenigen Jugendlichen war, der ein Einzelzimmer hatte. Dann hat er sich in dessen Arme gekuschelt, sie haben sich geküsst und gestreichelt, bis Christian eingeschlafen war. Doch immer bevor die Sonne aufging, schlich sich Christian zurück in sein Zimmer. Ihre Beziehung war innig, doch es war keine Liebe. Und spätestens seit dem Moment, als Kai bei Christian im Zimmer eingezogen war, haben diese nächtlichen Besuche aufgehört. Christian und Olli haben nie darüber gesprochen, was das damals zwischen ihnen war, doch Christian ist sich inzwischen sicher, dass Olli nur eine emotionale Stütze für Christian sein wollte. So wie Christian es für Kai war, auch wenn es nie dieses Ausmaß annahm.

    Mit einem Ruck kommt der Bus zum Stehen und gedankenverloren blickt sich Christian um, bis er die Augen aufreißt und von seinem Platz aufspringt, als er bemerkt, dass er schon bei seiner Haltestelle angekommen ist. Was ist denn heute nur los? Er weiß nicht, wann er das letzte Mal so in Gedanken versunken war und nichts mehr von seiner Umwelt wahrgenommen hat. Vor allem weiß er nicht, wieso er sich plötzlich so viele Gedanken über seine Kindheit und Jugend macht. Hoffentlich würde er wenigstens bei der Arbeit besser bei der Sache sein. Fehler durch Unkonzentriertheit kann er sich nicht erlauben. Als er durch den Hintereingang das Krankenhaus betritt, steigt ihm direkt der Geruch von Desinfektionsmittel in die Nase. Ein Geruch, den er zugleich hasst und liebt. Auf dem Weg zur Garderobe begegnet er keiner Menschenseele. Die Nachtschicht scheint noch fleißig bei der Arbeit zu sein. Schnell schält er sich aus seinen Klamotten, die er in seinem Spint wegschließt, um dann in seine Arbeitskleidung zu schlüpfen. Er steckt sich sein Namenschild an, bestückt seine Taschen mit seinem Notizbuch, dem Diensthandy und etlichen Kugelschreibern. Er schwingt sich das Stethoskop um den Hals und macht sich auf den Weg zu seiner Station. Vor der großen, weißen Tür angekommen, lässt er seinen Nacken knackend rotieren, besprüht seine Hände ordentlich mit Desinfektionsmittel und öffnet über den Sensor die Tür, um sich ins alltägliche Chaos zu stürzen.

    Kapitel 3

    Christian ist auf der Notfallstation eingeteilt. Eine Abteilung, die er liebt. Ja, es ist immer stressig, hektisch und emotional, doch Christian hat das Gefühl, hier vor Ort kann er am meisten helfen. Kaum hat er die Abteilung betreten, kommt ihm Monika gestresst entgegen. Monika ist 1.57 m groß, doch sie hat Energie für zwei und ein Herz für zehn, denn egal, wie gestresst Monika ist, kaum kommt sie vor Christian zum Stehen, hat sich ein ehrliches, freundliches Lächeln auf ihr Gesicht gelegt. Christian liebte diese Eigenschaft an ihr, genauso wie es die Patienten tun. Er hofft, dass er in fünf Jahren auch noch so viel Freude und Elan in seinem Beruf haben wird, wie es Monika mit ihren 30 Jahren hat.

    „Na, war wieder mal viel los?", begrüßt er Monika.

    Monika lacht nur auf, so dass sich kleine Fältchen um ihre Augen bilden.

    „Es war Freitagnacht, natürlich war viel los", antwortet sie dann kopfschüttelnd, während sie sich erschöpft auf einen Stuhl sinken lässt.

    Christian tut es ihr gleich und fischt sein Notizbuch aus seiner Hosentasche. Monika beginnt über die neu hinzugekommen Patienten zu berichten. Christian macht sich stichwortartig seine Notizen, um den Überblick nicht zu verlieren. Als er sich seine Finger fast schon wundgeschrieben hat, atmet Monika einmal tief durch.

    „Das wäre alles", sagt sie dann erleichtert.

    Christian klappt das kleine Buch wieder zu und steckt es zurück in seine Tasche.

    „Na dann los, ab nach Hause ins Bett", meint er, packt Monika an den Schultern und schiebt sie in Richtung Ausgang.

    Diese lacht daraufhin giggelnd auf, betätigt mit einer flinken Handbewegung den Sensor und begibt sich endlich in den wohlverdienten Feierabend. Christian blickt ihr nach, bis die Tür sich wieder verschlossen hat, dann atmet er einmal tief durch, bevor er sich direkt auf den Weg zum Wartezimmer macht. Unterwegs stoppt er beim Empfangstresen, um sich die Unterlagen des Patienten zu holen, und überfliegt diese nochmals kurz, bevor er das Wartezimmer betritt.

    „Herr Mischke?", fragt er dann abwartend in den Raum, obwohl nur ein Mann und eine Frau auf den steril weißen Stühlen sitzen.

    Der Mann zu Christians Rechten erhebt sich und kommt grummelnd auf ihn zu. Er ist gleich alt wie Christian, jedoch um einiges kleiner.

    „Und wann komme ich?!", fragt die Frau etwas ungehalten, aber auch leicht verzweifelt.

    „Keine Sorge, hier geht niemand vergessen. Haben Sie etwas Geduld", antwortet Christian ihr möglichst freundlich und aufmunternd, bevor er sich umdreht, um mit Herrn Mischke den Warteraum zu verlassen.

    Das Fluchen der Dame, welches aus dem Zimmer dringt, ignoriert er. Er kann sie ja verstehen, vermutlich wird sie schon einige Stunden hier sitzen und warten, aber daran kann er nichts ändern. Es ist nicht so, dass die Ärzte Däumchen drehend, Kaffee trinken und die Patienten extra warten lassen. Sie sind schlicht am Rande ihrer Kapazität angekommen, arbeiten Non Stopp und können dennoch nicht verhindern, dass es lange Wartezeiten gibt. Christian biegt mit Herrn Mischke im Schlepptau rechts ab, bevor er einen der Behandlungsräume betritt und Herrn Mischke mit einer Handbewegung zu verstehen gibt, sich auf die Liege zu setzen. Er schließt die Tür hinter sich, schnappt sich den Stuhl und rollt damit zur Liege. Kurz blickt er nochmals auf die Unterlagen, bevor er wieder zu dem Herrn aufblickt.

    „Herr Mischke, Wiemann ist mein Name. Sie klagen über Schmerzen im rechten Handgelenk. Was genau ist passiert.?", fragt Christian.

    „Ich kam von der Arbeit nach Hause und bin auf dem vereisten Bürgersteig ausgerutscht und hingefallen. Ich hab mich versucht mit der Hand abzustützen. Ich glaub, das ist gebrochen", antwortet ihm Herr Mischke, und hält ihm sein Handgelenk vor das Gesicht.

    „Das werden wir Röntgen müssen, um Genaueres zu sagen. Haben Sie starke Schmerzen? Brauchen Sie etwas, oder halten Sie es noch aus, bis der Arzt einen Blick drauf werfen konnte?"

    „Ne, geht schon. Ich bin ja ein Mann", winkt Herr Mischke ab.

    Einerseits ist Christian über diese Aussage froh, denn es ist immer unvorteilhaft, wenn der Patient zur Untersuchung auf Schmerzmitteln ist, andererseits verdreht er innerlich die Augen. Als dürfte ein Mann nicht zugeben, dass er Schmerzen hat und leidet.

    „Haben Sie was getrunken?", fragt nun Christian nach.

    „Nein, wie gesagt, ich kam ja von der Arbeit."

    Christian nickt verstehend und krizelt ein paar Worte auf das Formular.

    „Sonst irgendwelche Vorerkrankungen, von denen wir wissen müssen? Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?", fragt Christian routinemäßig weiter, und Herr Mischke verneint beides.

    Daraufhin erhebt sich Christian wieder und verabschiedet sich mit den Worten ‚Der Arzt kommt gleich’ aus dem Behandlungszimmer, wohlwissen, dass das Wort ‚gleich’ in seinem Beruf ein dehnbarer Begriff ist. Bevor er sich auf die Suche nach dem Assistenzarzt macht, ruft er direkt im Röntgen an. Auch wenn er kein Arzt ist, ist Christian klar, dass Herr Mischke geröntgt wird, wieso also Zeit vergeuden und warten, bis der behandelte Arzt die Untersuchung beantragt. Es klingelt zwei Mal, bis die Röntgenassistentin Nina abnimmt.

    „Guten Morgen, Nina", flötet Christian gut gelaunt in den Hörer, im Wissen, dass er Nina, die alles andere als ein Morgenmensch ist, damit in den Wahnsinn treiben wird.

    „Fick dich, Christian", kommt es prompt zurück und Christian muss laut auflachen.

    „Was brauchst du?", fragt Nina nach.

    „Handgelenk, dorso-palmar und radio-ulnar, Verdacht Fraktur oder Kontusion."

    Christian hört kurz das Klappern der Tastatur, bevor Nina ihm ein „9:30 Uhr" an den Kopf wirft. Dankend legt Christian auf und macht sich auf die Suche nach dem Assistenzarzt. Er weiß nicht mal, wer heute Dienst hat. Als er trotzdem sein Handy zücken wollte, um anzurufen, läuft ihm Steffi gestresst über den Weg.

    „Ach Steffi, du hast heute Dienst?", fragt Christian unnötigerweise nach.

    „Ne, ich verbringe nur gern meine Freizeit hier", antwortet ihm Steffi sarkastisch, aber grinsend.

    Christian grinst zurück und drückt ihr die Unterlagen von Herrn Mischke in die Hand.

    „Zimmer 3, auf dem Eis ausgerutscht, Schmerzen im Handgelenk, vermutlich gebrochen. Anamnestisch sauber und hat auch noch nichts bekommen. Röntgen um 09:30", rattert Christian die Informationen runter.

    „Danke, Christian", antwortet Steffi, während sie sich schon in Richtung Behandlungszimmer begibt.

    „Ruf mich an, wenn du Hilfe brauchst", ruft Christian ihr nach, dann ist sie auch schon um die nächste Ecke verschwunden.

    Er macht sich auf den Weg zurück zur Notfallstation. Freitag nachts, beziehungsweise Samstag früh, sind hier die Hälfte der Betten meist mit Alkoholleichen besetzt. So auch heute. Er begrüßt Mirjam, die die Vitalparameter einer diese Patienten überprüft, indem er stumm die Hand hebt und ihr zunickt. Mirjam nickt zurück und konzentriert sich dann wieder völlig auf den bewusstlosen Mann. Christian hat es inzwischen aufgegeben, darüber zu urteilen. Am Anfang konnte er nicht verstehen, dass jedes Wochenende Dutzende Leute hier eingeliefert werden, weil sie nicht wissen, wann sie genug haben. Es hat ihn wütend gemacht, wie jemand so fahrlässig mit dem eigenen Leben umgehen kann, dass diese Leute den unverschuldeten Notfällen Platz und Zeit rauben. Inzwischen weiß Christian aber, dass es nichts bringt, wenn er sich darüber aufregt, denn es wird nichts ändern. Deshalb tritt er eiligen Schrittes an eines der Betten, auf dem sich eine junge Frau stöhnend umdreht und versucht sich aufzurichten. Christian kann gerade noch die Kotztüte auf dem kleinen Beistelltisch schnappen und ihr vor den Mund halten, bevor sie sich würgend übergibt. Als ihr Magen sich endlich beruhigt hat, dreht er sie vorsichtig zurück in die stabile Seitenlage und dann ist die Frau schon wieder in eine andere Welt abgetaucht. Kopfschüttelnd entsorgt er die Kotztüte und bestückt den Beistelltisch mit einer Neuen, denn es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die Frau sich übergeben wird.

    Und so zieht sich Christians Schicht durch den Tag. Die Alkoholopfer der letzten Partynacht kehren in die Welt der Lebenden zurück und Bett für Bett wird frei gemacht. Doch der Warteraum der Notfallstation leert sich nicht. Im Gegenteil, ein Notfall nach dem anderen trudelt ein, wobei die meisten kein Notfall sind. Eltern, die mit ihren Kindern angerannt kommen, weil diese eine gewöhnliche Grippe haben, Menschen mit chronischen Schmerzen, die plötzlich nach mehreren Wochen beschließen, dass es doch ein absoluter Notfall sei, oder Menschen die Kopfschmerzen haben und überzeugt sind, dass sie einen Hirntumor haben. Die Menschen heutzutage können oder wollen nicht mehr einschätzen, was ein Notfall ist, und so werden die Notfallstationen überrannt und die Wartezeiten ziehen sich ins Unendliche. Natürlich gibt es auch richtige Notfälle. Zu dieser Jahreszeit werden immer wieder ältere Menschen eingeliefert, die auf dem Bürgersteig ausgerutscht sind und sich ein Bein, einen Arm oder die Hüfte gebrochen haben. Bei dem nächsten Notfall, der angekündigt wird, sind schwerere Verletzungen nicht auszuschließen. Christian weiß nur, dass der Rettungswagen in zehn Minuten einen jungen, bewusstlosen Mann mit multiplen Verletzungen vorbeibringen wird. Mehr ist nicht bekannt. Christian bereitet den Schockraum, so gut es geht, vor und informiert Steffi über den angekündigten Notfall.

    Kurz vor Christians Feierabend trifft dann das Team des RTW zeitgleich mit Steffi im Schockraum ein. Im Schlepptau haben sie den bewusstlosen Patienten, dick eingepackt in eine Rettungsdecke, so dass lediglich der Kopf zum Vorschein kommt, der aber zur Hälfte von der Zervikalkrause verdeckt ist.

    „Patient war schon bei Ankunft nicht mehr ansprechbar, Angaben zur Person gibt es keine. Passanten haben ihn auf dem Gehweg entdeckt und uns alarmiert", berichtet einer der Rettungskräfte, während sie die Trage neben die Behandlungsliege schieben.

    „Auf mein Kommando, 1 … 2 … 3", unterbricht Christian ihn, als sie bei der Liege ankommen.

    Schwungvoll, aber vorsichtig wird der Patient umgelagert, wodurch die Rettungsdecke verrutscht.

    „Wurde er so gefunden?", fragt Steffi nach, als ersichtlich wird, dass der Patient lediglich mit einem T-Shirt und einer Jogginghose bekleidet ist.

    „Ja. Patient ist deswegen hypotherm mit 33.5°C. Mehrere Hämatome an Oberkörper und Arme, Rippenfrakturen sind nicht ausgeschlossen. Außerdem Platzwunde an der linken Schläfe und gebrochene Nase. Schädelhirntrauma, sowie Verletzung der Wirbelsäule sind nicht auszuschließen. Pupillenreflexe und Herz-Kreislauf stabil. Patient ist momentan ohne Medikation und hat von uns lediglich Ringer Lactat erhalten."

    Während Steffi alle Informationen aufnimmt, hat Christian begonnen, den Patienten an das EKG und den Pulsoxymeter anzuschließen.

    „Normaler Sinusrhythmus, Herzfrequenz 82, Sauerstoffsättigung 97%", rattert Christian die gewonnenen Daten runter.

    Ohne auf eine Antwort zu wartet, eilt Christian zum gegenüberliegenden Schrank und fischt den Bair Hugger raus. Zurück beim Patienten angekommen, zieht er die Rettungsdecke komplett runter und deckt den Mann dafür mit dem Bair Hugger zu und wirft diesen direkt an, so dass dieser surrend warme Luft um den unterkühlten Körper pustet. Das Rettungsteam hat sich inzwischen verabschiedet und Steffi wendet sich wieder dem Patienten zu. Vorsichtig hebt

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