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Der Teufels-Archetyp (Der Spieler Buch 5): LitRPG-Serie
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Der Teufels-Archetyp (Der Spieler Buch 5): LitRPG-Serie
eBook442 Seiten6 Stunden

Der Teufels-Archetyp (Der Spieler Buch 5): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Im endlosen Spiel der SPHERE OF WORLDS ist der Händler mit dem Namen Cat weiter auf der Suche nach den Schlüsseln, die die toten Schöpfer dieser virtuellen Realität versteckt haben. Diesmal muss er eine Welt besuchen, in der alles läuft wie ein Uhrwerk, er muss einen brutalen Handelskrieg mit einer chinesischen Allianz überleben, den gesamten Astralschiff-Handel an sich reißen – und vor allem die persönliche Quest seiner Gefährtin Weldy lösen.

Cat folgt den Spuren der längst ausgelöschten Altehrwürdigen, findet ihre geheimen Verstecke und lernt, den Urschatten herbeizurufen. Aber was nützen ihm seine Schläue, sein Scharfsinn und sein Mut, wenn sein Gegner über die Macht des berühmten Teufels-Archetypen verfügt?
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum6. Juli 2023
ISBN9788076931213
Der Teufels-Archetyp (Der Spieler Buch 5): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Der Teufels-Archetyp (Der Spieler Buch 5) - Roman Prokofiev

    Kapitel 1

    IHRE ABSÄTZE KLAPPERTEN auf dem Marmorboden, als Oennifair, die angehende Meisterin, durch die Gänge von Auditorium lief. Unter den Armen trug sie zwei schwere, längliche Oktaeder. Das waren die Kiira, die als Studienhilfe dienten. Sie hatte es eilig und wich geschickt den zahllosen Studenten und Dienern aus, die die kalten Korridore und sonnenüberfluteten Aussichtsplattformen der Akademie füllten. Oennie fürchtete, sich zu verspäten. Sie war die Lehrassistentin eines Professors, dessen Unterricht in Kürze begann, und wollte ihn auf keinen Fall enttäuschen.

    Am Eingang zum Raum hielt sie an und warf einen flüchtigen Blick auf den schimmernden Schild des Marmorengels, der den Türbogen trug. Der polierte Stein warf das verschwommene Bild einer schlanken, jungen Frau in einer schlichten, blauen Tunika zurück. Ihre goldenen Haare waren im Nacken zu einem strengen Knoten zusammengefasst, gehalten durch eine reich geschmückte Haarnadel. Auf ihrer Brust leuchtete das Amulett der Akademie. Nachdem Oennie ihr Aussehen kritisch überprüft hatte, stieß sie die Luft aus und betrat den Hörsaal.

    Der Lehrer, der grauhaarige Maestro Adenito, trat schweigend beiseite, damit sie die Mitte des runden Amphitheaters erreichen konnte. Die Sitzbänke, die sich von dort aus kreisförmig nach oben erstreckten, waren dicht besetzt mit Studenten von Auditorium, vorwiegend solchen aus dem ersten und zweiten Studienjahr.

    Diese Vorlesung war nicht obligatorisch. Dennoch war sie gut besucht. Die jungen Zuhörer wollten die Gelegenheit nicht verpassen, sich in neuen Fachgebieten wertvolle Fertigkeitspunkte zu sichern. Adenito war berühmt für seine hohe Ausbildungsfertigkeit. Die Aufgabe von Oennifair als seiner Assistentin bestand darin, die Artefakte bereitzustellen, deren der Maestro sich in seinen Vorlesungen bediente.

    Vorsichtig legte Oennie die Kiira, eine nach der anderen, in die dafür bestimmten Halterungen, die an Kerzenständer aus Metall erinnerten. Auf eine Geste des Maestros hin schloss sie die dunklen Samtvorhänge — und Dunkelheit breitete sich im Saal aus. Sie aktivierte die erste Kiira. Der Stein begann zu leuchten, gab einen grünen Schimmer von sich. Die Studenten flüsterten aufgeregt.

    „Ich danke Ihnen, Oennie, sagte Adenito. „Erneut begrüße ich alle, die sich entschlossen haben, meine Vorlesung zu besuchen. Das heutige Thema ist Kosmogenie, die Weltentstehungslehre. Wir werden einander besser kennenlernen und den Aufbau der SPHERE OF WORLDS besprechen, so wie wir sie kennen. Dabei wird mir Oennifair assistieren, unsere Expertin in Artefakten.

    Schwacher Applaus brandete auf und Oennie verneigte sich. Noch sechs Monate, und sie würde endlich der Liste der wahren Artefaktoren von Auditorium hinzugefügt werden. Die schwierigsten Herausforderungen standen ihr allerdings noch bevor — die Reise und die Prüfung. Dennoch fühlte es sich gut an, von diesem geschätzten Maestro als Expertin in Artefakten bezeichnet zu werden.

    „Also gut — beginnen wir. Oennie?"

    Die junge Frau berührte die Kiira mit dem Finger. Dadurch löste sie den Fluss der Bilder aus, die darin eingeschlossen waren. Sie wählte die erste Präsentationsfolie. In der Dunkelheit entstand eine dreidimensionale Darstellung. Sie zeigte eine Kugel, die sich langsam drehte und aus zahlreichen kleineren Kugeln bestand, die in einem dichten, pinkfarbenen Nebel schwebten.

    „Das ist unser Universum, die SPHERE OF WORLDS, begann der Professor. „Wie Sie sehen, besteht sie aus vielen verschiedenen Welten, getrennt durch die endlose Astralebene. Momentan verzeichnen die Akten unserer Akademie insgesamt 349 Realitäten. Diese Zahl erhöht sich ständig, denn die Sucher entdecken und erkunden immer mehr Dimensionen. Die Welten der SPHERE lassen sich grob in drei große Gruppen unterteilen...

    Ohne auf die entsprechende Anweisung zu warten, zoomte Oennie in das Bild der SPHERE hinein und veränderte die Beleuchtung. Nun konzentrierte sich das Licht auf den oberen Teil der Kugel, während der untere in Dunkelheit und der mittlere unter einem wirbelnden Nebel lag.

    „Da sind einmal die Unterwelten, auch bekannt als der Abgrund. Als Nächstes haben wir die Oberwelten, zu denen — der Vater sei gepriesen! — auch unser Aard gehört. Die dritte Gruppe sind die Grauen Welten. Dies ist der größte Bereich, und er trennt die beiden hypothetischen Extreme voneinander. Wer kann mir sagen, worin der Unterschied besteht zwischen den Unterwelten — die man auch Dunkle Welten nennt — und den Oberwelten?"

    Wie die meisten Vorlesungen, erfolgte auch diese in Form einer öffentlichen Debatte. Die Studenten wurden zur aktiven Teilnahme ermutigt. Unter den Zuhörern brach ein Raunen aus, und mehrere teilten ihre Vermutungen laut mit.

    „Rassen! Götter! Weltordnung!"

    „Das ist korrekt, bestätigte Adenito, der aufmerksam zugehört hatte, die Äußerungen. „Es stimmt — die Unterwelten sind vorwiegend bevölkert mit dämonischen Fraktionen und dort herrscht Anarchie, während unsere Oberwelten Recht und Ordnung hochhalten und sich streng an das System halten. Darüber hinaus verfügen viele Rassen des Lichts nicht über Einflussbereiche in den Dunklen Welten, und für die Bewohner des Abgrunds ist hier kein Platz. Zum Glück, wie ich sagen muss.

    „Und was ist mit den Grauen Welten?", fragte jemand im hinteren Teil des Raums, dessen Gesicht im Schatten lag.

    „Das kommt darauf an — dort gibt es sowohl Dunkelheit als auch Licht, und deshalb sind diese Welten grau, erklärte Adenito. „Die Grauen Welten sind oft die Arena, in der die beiden Kräfte miteinander kollidieren. Es gibt jedoch noch einen anderen Faktor, der sie höchst gefährlich macht: die Spieler. In den Grauen Welten herrscht die größte Konzentration an Spielern, obwohl man sie hier und da auch im Abgrund antreffen kann.

    „Und warum sind dort so viele Spieler?"

    „Warum?, wiederholte der Professor die Frage des unsichtbaren Zuhörers. „Ganz einfach — nur die Würdigsten erreichen die Oberwelten, dafür sorgen die Beschützer des Throns des Lichts. Auch in den Unterwelten wird nicht jeder aufgenommen. Aber das ist ein Thema, über das wir ein anderes Mal sprechen werden. Momentan sollten wir uns darauf nicht konzentrieren. Wir setzen nun die Betrachtung der Zusammensetzung der SPHERE fort. Oennie!

    Ein neues Bild ersetzte das alte. Über der Kiira rotierte langsam eine dunkelgrüne Kugel, umgeben von einer Wolkenschicht.

    „Das ist unsere Welt, Aard — der Ort, den die Götter des Lichts gesegnet haben!, rief Adenito dramatisch. „Weiß jemand, wie man sich zwischen den einzelnen Welten der SPHERE bewegen kann? Wer kann uns dazu mehr sagen?

    „Richtig, bestätigte er, nachdem er mehreren Rufen gelauscht hatte. „Diesem Zweck dient das Portal-Netzwerk. Alle bekannten Welten, oder wenigstens die meisten von ihnen, sind durch interdimensionale Portale miteinander verbunden. Es gibt dabei jedoch einen Haken — die Welten müssen aneinandergrenzen. In jeder Welt existiert ein spezielles Portal, das in die benachbarte Welt führt. Um diese Portale herum entsteht oft eine Stadt, da es eine Anlaufstelle für Besucher aus anderen Welten ist, für Reisende und Händler. Manchmal ist diese Stadt der Hauptort der stärksten lokalen Fraktion, manchmal allerdings auch nicht.

    Neben der dunkelgrünen Kugel von Aard erschienen zwei silberne, gepunktete Linien und zwei neue Objekte: eine Kugel, die aus verschiedenen Zahnrädern zu bestehen schien, die sich drehten, und eine weitere, blaue Kugel, bedeckt mit gelben Inseln.

    „Wie Sie sehen können, existieren in Aard Portale in zwei andere Welten. Das eine Portal führt nach oben, zu Getriebe, einer der Schmiedewelten, und das andere nach unten zu Atria, einer der Grauen Welten. Von Getriebe aus kann man anschließend weiterreisen zu anderen Welten des Throns des Lichts, und von Atria aus führen drei Portale zu anderen Grauen Welten..."

    Um den Vortrag des Professors zu illustrieren, kontrollierte Oennie langsam die Projektion, die nun die Verbindungen zwischen den einzelnen Welten durch ein kompliziertes Netzwerk aus gepunkteten Linien darstellte. Das Netz wuchs, wurde immer komplexer und füllte am Ende die gesamte SPHERE. Tausende von Pfaden und Tausende von Portalen verbanden die unterschiedlichen Dimensionen miteinander in einem undurchschaubaren Gewirr.

    „Um beispielsweise in den Abgrund zu gelangen, müssen Sie mindestens 40 Male gewissermaßen ‚umsteigen‘. Und vergessen Sie nicht, dass die Teleportation Geld kostet — für eine einfache Wertmarke bezahlen Sie bereits um die 100 Goldmünzen. Deshalb sind interdimensionale Reisen sehr teuer..."

    „Gibt es noch andere Möglichkeiten, sich zwischen verschiedenen Welten zu bewegen?, setzte der Professor die Vorlesung mit einer Frage fort, die er anschließend sofort selbst beantwortete. „Oh ja, die gibt es! Die am besten bekannten Methoden sind Teleportations-Schriftrollen und -Bannsprüche. Sie werden geschaffen von Portalmeistern mit hohem Level und kosten mindesten 1.000 Gold. Eine weitere Möglichkeit ist die Reise durch die Astralebene, von der aus man anschließend seine eigenen Portale in bestimmte Welten erzeugt. Dieser Weg ist sehr viel schneller, aber auch riskanter und teurer. Man braucht dazu ein Luftschiff mit einer Bannspruch-Brücke und ein Signal-Artefakt in der Zielwelt. Darüber hinaus ist die Astralebene bislang wenig erforscht und extrem gefährlich. Deshalb ziehen die meisten Kapitäne von Astralschiffen den Weg über gewöhnliche interdimensionale Portale vor. Diese Reise dauert länger, ist jedoch sicherer. Es gibt noch eine dritte Alternative zu Portalen, aber ich glaube nicht, dass wir darüber lange sprechen sollten. Nur diejenigen mit einem Todeswunsch steigen hinab in die Dungeons von Helt Akor...

    „Was sagten Sie? Die Spieler sind dazu bereit?", wiederholte Adenito einen laut ausgesprochenen Einwand eines Studenten und lachte heiser.

    „Das will nicht viel heißen. Die Spieler unterscheiden sich massiv von uns, und sind höchst merkwürdige Wesen. Aber das ist ein Thema für eine andere Vorlesung. Ja, die Spieler steigen hinab in Helt Akor. Aber Sie dürfen nie vergessen, dass sie alle über die Rassenfähigkeit der uneingeschränkten, sofortigen Wiederauferstehung verfügen."

    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Kehren wir zum Thema dieser Vorlesung zurück. Getriebe, Aard, Edemion und andere bilden die sieben Oberwelten, den sogenannten Thron des Lichts. Oennie, wären Sie bitte so nett, in das Bild hinein zu zoomen? Wie Sie sehen können, ist unsere Welt der Flaschenhals — die einzige Möglichkeit, in den Ring der Oberwelten zu gelangen! Haben Sie soweit alles verstanden? Hat jemand Fragen?"

    „Wie viele Welten gibt es in der SPHERE?", wollte jemand wissen.

    „Nun, dies ist eine philosophische Frage. Im Allgemeinen betrachtete man ihre Zahl als unendlich. Wie ich bereits zu Anfang der Stunde erwähnte, wurden mehr als 300 Welten bereits erkundet und sind mit dem Portalnetzwerk verbunden, aber es gibt noch sehr viel mehr. Was haben Sie gesagt? Sprechen Sie bitte lauter. Sie wollen wissen, was in bisher noch unentdeckten Welten mit den interdimensionalen Portalen geschieht? Eine hoch interessante Frage! Nun, bevor ein Portal erstmals benutzt wird, ist es inaktiv. Es wird aktiviert, sobald jemand es entdeckt und versucht, sich seiner zu bedienen. Dabei identifiziert es die benachbarten Welten und verbindet sich automatisch mit dem Portalnetzwerk der SPHERE. Die erste Aktivierung eines Portals bringt dem Betreffenden eine schöne Belohnung ein. Bitte beachten Sie, dass lediglich Außenseiter ein Portal aktivieren können. Die Bewohner der entsprechenden Welt verfügen nicht über diese Fähigkeit. Übrigens gibt es Welten, die bereits von Spielern oder Gruppen von Suchern entdeckt wurden, jedoch nicht mit dem Portalnetzwerk verbunden sind. Dahinter steckt nichts als Gier. Die Entdecker halten den Ort geheim, um dessen seltene Ressourcen abbauen zu können, ohne Konkurrenz befürchten zu müssen."

    Die nächste Frage rief bei Adenito ein Stirnrunzeln hervor.

    „Die Heimatwelt der Spieler... Über diese Frage haben sich schon viele den Kopf zerbrochen. Auf der Karte der SPHERE ist sie nicht zu finden. Die Spieler behaupten, dass ihre Welt die einzig objektive Realität wäre und die SPHERE ihre eigene Schöpfung, die nur einem einzigen Ziel dient: dem ihrer Unterhaltung. In ihren Augen ist die SPHERE etwas wie ein Traum, den sie erleben, wenn sie schlafen. Als deren angebliche Schöpfer wissen die Spieler jedoch nur sehr wenig über die SPHERE, und soweit ich das weiß, hat bisher noch keiner von ihnen einen stichhaltigen Beweis für diese Behauptung vorlegen können. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sie sich über ihre eigene Bedeutung irren, ebenso wie die dämonischen Fraktionen der Unterwelten, die sich ihrer Überlegenheit so sicher sind, und die merkwürdigen Kreaturen von Libros, der Ebene der Träume und Reflektionen. Auf jeden Fall ist jedoch die Heimatwelt der Spieler alles andere als gewöhnlich. Wie ich bereits sagte — die SPHERE ist unendlich. Und ich persönlich bin mir sicher, dass dieser Ort sich ebenfalls in ihr befindet, so wie andere Dimensionen, die wir nicht betreten können, wie beispielsweise die Straße der Sterne, Lunarstellar oder die Schwarze Pyramide. Einige meiner Kollegen haben die Theorie aufgestellt, dass die Spieler vom Gleichgewicht erschaffen wurden, um in unsere Realität ein Element von Chaos zu bringen, einen Hauch von Zufälligkeit, was allem mehr Würze verleiht, so wie der Pfeffer in einem leckeren Gericht..."

    Ein lautes Klopfen unterbrach Adenitos Vortrag. Die Tür öffnete sich und ein Strahl Licht drang in den Raum. Eine kleine Fee, nicht größer als ein Zeigefinger, flatterte durch die Tür. Sie trug elegante Kleidung in Silber und Grün. Das laute Klopfen schien so gar nicht zu ihrer winzigen Statur zu passen, aber nach vier Jahren des Studiums in Auditorium konnten diese flinken Kreaturen Oennie nicht länger überraschen, die vom Rektorat bevorzugten Boten. Mit einem Rauschen ihrer libellenähnlichen Flügel schwebte die Fee zum Maestro und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Adenitos Gesichtsausdruck veränderte sich jäh von Überraschung zu Trauer. Abrupt wandte er sich an seine Assistentin.

    „Oennie, Sie werden dringend im Rektorat verlangt. Ich verstehe zwar diese Eile nicht, aber... Ich werde die Vorlesung allein fortführen. Ich danke Ihnen."

    Das Rektorat? Äußerlich zeigte Oennie keine Reaktion, aber innerlich beherrschte sie Unbehagen. Während ihrer vier Jahre an der Akademie hatte sie das Rektorat nur wenige Male betreten. Sie nickte knapp und verließ den Vorlesungssaal hinter der davonflatternden Fee.

    Auditorium, die renommierteste und berühmte Akademie der Oberwelten, war in der Form eines riesigen Engels mit ausgebreiteten Flügeln erbaut worden, der in der erhobenen Hand ein Schwert hielt. Die Pose war kriegerisch und schützend zugleich. Im Inneren befanden sich viele Studiersäle, Vorlesungsräume und Bibliotheken, alle durch Galerien von Passagen und Treppen miteinander verbunden. Unterhalb der Anlage ragten Sandrücken auf, die zu einem endlosen blauen See führten, der am Horizont in einem nebligen Dunst verschwand. Die größte Universität der SPHERE lag auf einer Insel, fern vom geschäftigen Treiben der Städte und der Handelsrouten des von den Göttern gesegneten Aard. Stille und Einsamkeit waren, wie man glaubte, der Ausbildung höchst förderlich.

    Oennie betrat einen der drei Aufzüge, die im Inneren des Engels nach oben führten, von den Füßen bis hin zur Spitze der Steinklinge, die sich in Richtung Wolken erstreckte. Der goldene Käfig eines magischen Lifts brachte die junge Frau rasch zur obersten Ebene, in der die Räume des Rektorats lagen. Während des Aufstiegs grübelte sie darüber nach, was ihr wohl diese Aufforderung zum Erscheinen eingetragen hatte. Ihre Studien schritten außergewöhnlich gut fort, ihre Lehrer lobten sie und nannten sie eine der besten Studenten des Jahres, sie war niemals getadelt worden... Hatte etwa diese Schlampe Glaevys sich über sie beschwert, nach der letzten Auseinandersetzung im Labor? Nein, das war eine zu triviale Angelegenheit für eine solche Vorladung. Vielleicht hatte ihre Affäre mit Rian für Aufruhr gesorgt, dem Nachwuchs-Ausbilder im Gladiatorium? Aber das Privatleben der Gelehrten und Studierenden hatte das Rektorat nie bekümmert, ebenso wenig wie deren erotische Beziehungen. Wahrscheinlich hatte es eher etwas mit ihrer Prüfung zu tun, die unmittelbar bevorstand.

    Endlich erreichte sie ihr Ziel. Geschnitzte Marmorkuppeln, kühle, geräumige Korridore, leer und ruhig... Vor den aufwendigen Fenstern schwebten Wolken. Die Fee quietschte etwas und führte die junge Frau zielstrebig an einer Reihe von Türen vorbei, bis hin zur letzten, groß und verziert mit dem stilisierten Wappen von Auditorium. Oennies Herz setzte einen Schlag aus, als sie erkannte, dass die Kanzlerin der Akademie selbst sie herbeizitiert hatte, die hochgeborene Lady Alo Maghiara. Erneut vollführte die Fee ihren Trick mit dem lauten Klopfen, und die Tür öffnete sich, bat sie beide herein.

    Oennie gab einen tiefen Seufzer von sich, strich sich die Haare zurecht und betrat das Büro der Kanzlerin.

    „Möge das Ewige Licht Sie leiten, Oenniefair! Nehmen Sie Platz!", gurrte die Kanzlerin überraschend freundlich, als sie sich von ihrem halbmondförmigen Schreibtisch erhob. Im Raum waren noch zwei andere Personen, ein Mann und eine Frau. Oder vielmehr, es waren zwei Spieler, wie Oennie rasch wurde. Es war immer einfach, Spieler zu erkennen, selbst wenn man ihre Namen nicht kannte — sie trugen nahezu durchgehend Kampfkleidung und Waffen, selbst in friedlichen Regionen.

    „Möge auch Sie das Ewige Licht leiten!", wiederholte sie die standardmäßige Begrüßung und setzte sich der Kanzlerin gegenüber. Die Spieler nickten ihr zu und betrachteten sie forschend. Was in Oennie Frustration auslöste, kombiniert mit Verlegenheit. Die beiden betrachteten sie, als wäre sie eine Ware, die zum Verkauf stand!

    „Frau Fayana Fliege, Herr HotCat, stellte die Kanzlerin die beiden Spieler vor. „Frau Fliege, Herr HotCat — dies ist Oennifair Aectan, unser aufsteigender Stern, die Talentierteste aller Nachwuchs-Artefaktoren.

    Fayana Fliege! Der Name raubte Oennie den Atem. Von HotCat hatte sie noch nie etwas gehört, aber die dunkelhaarige Frau in einem blauen Umhang über aufwändiger Kleidung war ihr ein Begriff. Sie war eine Legende und einer der wenigen Spieler, die jemals im Auditorium immatrikuliert gewesen waren. Sie hatte ihre Fächer im Fernstudium absolviert und nach weniger als einem Jahr den Abschluss gemacht. Noch heute erzählten die Studenten sich von ihren Abenteuern und ihr Porträt hing in der Ruhmeshalle. Sie hatte ihr Leben der Erforschung der verschiedenen Welten verschrieben, in denen sie neue Dimensionen und die Kreaturen entdeckte und beschrieb, die diese bevölkerten. Eine Kapitänin, eine Sucherin, eine Archäologin und eine Kartografin, war Fayana einer der Anführer der Pioniere, eines Clans, der die Grenzen der SPHERE OF WORLDS erforschte. Ihre Berichte, Tagebücher und Fotos wurden von den Experten in Auditorium eingehend studiert und den Aufzeichnungen der Akademie hinzugefügt.

    „Oennifair, ich werde mich kurzfassen, meldete Fayana sich mit kehliger Stimme zu Wort. „Ich stelle eine große Expedition zusammen. Es sind etliche Positionen zu besetzen, unter anderem in Ihrem Fachgebiet. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie in den Bereichen Artefakt-Kontrolle, Identifizierung, Kenntnis der Kann-Elo-Sprache und der Artefakte der Altehrwürdigen über Fertigkeiten von mehr als Rang 5 verfügen?

    „Das ist richtig, antwortete Oennie. „Meine Identifizierung liegt bei Rang 6, die Artefakt-Kontrolle bei Rang 7...

    HotCat und Fayana tauschten einen Blick. Dann fragte HotCat auf einmal: „Verfügen Sie über das Altehrwürdige Gen?"

    Ein peinliches Schweigen breitete sich aus, kurz darauf unterbrochen von Alo Maghiara, die kalt bemerkte:

    „Herr HotCat, Sie sollten wissen, dass der Bereich der Artefakte der Altehrwürdigen niemandem offensteht, der nicht von ihnen abstammt."

    HotCat sah aus wie ein gewöhnlicher Spieler. Er hatte ein unauffälliges, junges Gesicht mit leicht hervorstehenden Wangenknochen und einem harten Ausdruck, mit einem Hauch listiger Schläue. Ein brauner Tarnumhang mit zurückgeschobener Kapuze und seine abgetragene Lederrüstung gaben keinen Hinweis auf seinen Archetypen. Das war die Standardausrüstung aller Reisenden. Die Erwähnung des Altehrwürdigen Gens demonstrierte seine unverblümte Direktheit und sein fehlendes Wissen über diesen Fertigkeitszweig. Es konnten nur diejenigen das Vermächtnis der Altehrwürdigen erforschen und bedienen, die über dieses Gen verfügten. Deshalb erschloss sich die geheime Fertigkeit der Kunst der Artefakte der Altehrwürdigen lediglich solchen Personen, die von ihnen abstammten. Einige der Häuser von Aard, darunter auch das Haus Aectan, brachten gelegentlich Träger des Gens hervor. Was die Familien immer geheim zu halten versuchten, denn die Götter des Lichts, die Schutzpatrone der Oberwelten, sahen diese Träger nicht gern. Oennie allerdings war insgeheim stolz auf ihr Talent, das es ihr ermöglichte, einzigartige Fertigkeiten zu erlernen.

    „Es tut mir leid", sagte HotCat und senkte den Blick. Er wirkte jedoch nicht verlegen, sondern eher befriedigt. Oennie bemerkte, wie Fayana ihm den Ellbogen in die Rippen stieß. Wollte sie ihn damit auffordern, den Mund zu halten und das Reden ihr zu überlassen?

    „Oennifair, Frau Fliege ist bereit, mehrere unserer besten Nachwuchskräfte für ihre Expedition einzustellen. Für Sie wäre das die perfekte Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln, erklärte die Kanzlerin. „Was die Akademie betrifft, so würden wir die Teilnahme an der Expedition als Ihre Reise und Prüfung anrechnen. Das ermöglicht Ihnen, das Medaillon der Akademie zu erhalten und den Master-Abschluss zu machen.

    „Ich muss Sie allerdings warnen — diese Expedition ist unberechenbar und gefährlich, warf Fayana ein. „Wir können Ihre persönliche Sicherheit nicht garantieren. Es besteht die Möglichkeit, dass es zu Kämpfen kommt, und wir können nicht ausschließen, dass Sie dabei umkommen.

    „Sie werden während der Dauer der Expedition die Gefährtin von Frau Fliege und ihren Freunden werden, fügte die Kanzlerin hinzu. „Ihr Respawn-Ort wird an diese Spieler gebunden. Wie denken Sie über dieses Angebot, Oennifair?

    Wie sie darüber dachte? Sie war begeistert! Von einer solchen Chance hatte sie nicht einmal zu träumen gewagt! Eine Expedition in ferne, gefährliche Welten, an der Seite einer Legende wie Fayana Fliege, die ihr noch dazu den erfolgreichen Abschluss ihrer Reise und Prüfung eintragen würde — das gesamte Auditorium würde sie beneiden! Wenn sie sich eine solche Gelegenheit entgehen ließ, würde sie es den Rest ihres Lebens bitter bereuen!

    * * *

    „Gerade mal nur 15.000 Fertigkeitspunkte, Fayana, bemerkte ich, als wir die Luft-Docks von Auditorium erreichten. „Bist du sicher, dass sie für unsere Zwecke gut genug ist?

    „Sie verfügt über alle Fertigkeiten, die wir brauchen. Diese junge Frau ist ein seltener Schatz. Sie wurde dazu geboren, ein Artefaktor zu werden. Es würde mich auch nicht wundern zu erfahren, dass man sie in Auditorium längst heimlich darin unterrichtet hat, überlegte Fayana laut. „Ich habe mir ihr Profil betrachtet. Eine bessere Zusammenstellung hätte ich mir nicht ausdenken können.

    „Wie viele weitere Bauern brauchen wir noch?"

    „Zehn oder so, vermute ich. Heiler, Archäologen, Kundschafter, Sucher und Magier. Aber auf eines müssen wir uns jetzt einigen, Cat. Du darfst dich nie wieder in die Unterhaltungen einmischen, kapiert? NPCs sind zwar keine Menschen, aber sie sind oft nicht weniger klug als wir. Hast du gesehen, wie viel Reputation ich wegen deiner dummen Bemerkung verloren habe? Und weißt du, wie viel Zeit ich investieren musste, bis ich bei Auditorium die Reputation der Bewunderung erringen konnte? Ohne die hätte man uns niemals hereingelassen!"

    Sie hatte recht, dem hatte ich nichts entgegenzusetzen. Ohne ihr tugendhaftes Karma und ihre hohe Reputation wäre uns der Weg in die Oberwelten verschlossen gewesen. Allerdings brauchte Fay mich ebenso sehr, wie ich sie brauchte. Daher sollte ich mich nicht allzu zerknirscht zeigen.

    „Hey, nun mach mal halblang! Versöhnlich hob ich die Hand. „Deine Reputation hilft uns hier, und meine in der Silberfestung. Ich denke, das ist ein guter Ausgleich.

    „Meinetwegen, stimmte Fayana zu. „Aber überlass die Verhandlungen in Zukunft mir. Du willst doch deiner Freundin helfen, oder?

    Ich blieb stumm. Ja, wir brauchten jede Menge Bauern, sowohl Zivilisten als auch Krieger, und die Expedition war noch immer unterbesetzt, während die Zeit drängte. In Auditorium konnten wir uns diese Bauern dank der Reputation der Pioniere kostenlos sichern, und sie waren noch dazu weit besser ausgebildet, als wir es von den Bauern der Söldner-Gilde erhoffen durften. Bisher hatte ich trotz aller Bemühungen noch keinen einzigen NPC mit dem Altehrwürdigen Gen finden können.

    Am Horizont erschien ein schwarzer Punkt — ein Skiff. Fayana betrachtete es und erkundigte sich wie nebenbei: „Eine Frage noch, HotCat. Wie ist es dir gelungen, die Schurken für diese Mission einzuspannen? Ganz ehrlich — das hat mich gewaltig überrascht."

    Ich grinste. Hätte mir jemand vor einer Woche vorausgesagt, dass ich mit einem Anführer der Pioniere in die Oberwelten reisen würde, um Bauern für eine Expedition zu finden, dabei bewacht von einem Elite-Clan der besten E-Sport-Spieler der SPHERE, ich hätte es ihm niemals geglaubt. Das Leben hatte manchmal echt witzige Tricks auf Lager...

    „Das ist eine lange Geschichte", antwortete ich.

    Kapitel 2

    Etwas früher, eine Nachrichtensendung des SPHERE Herold über VNet

    ... Heute richten sich aller Augen auf die Arena! Die Zeit ist gekommen für das Endspiel des jährlichen Spielerkampf-Turniers um den Pokal der Könige, in der obersten Mittelklasse-Kategorie sechs gegen sechs! Wir freuen uns auf eine unvergessliche Schlacht zwischen zwei Teams, die beide über wahrhaft hohe Fertigkeiten verfügen! In der roten Ecke haben wir die Hattori, die Nachfahren des Landes der aufgehenden Sonne und Gewinner des Pokals in zwei Nominierungen! Diese Veteranen-E-Sportler konnten sich mühelos ihren Platz im Finale sichern, um ihren Titel zu verteidigen! Und in der blauen Ecke...

    „SIND ALLE BEREIT?" Lou sah sich im Team um. Die Schurken nickten nahezu einhellig und erhoben sich. In weniger als einer halben Stunde mussten sie die Arena betreten, und die Spannung war so intensiv, man hätte sie mit dem Messer schneiden können.

    „Hast du dich entschieden, was die Aufstellung und die Ausrüstung betrifft?", wollte Odris wissen. Er war der Einzige aus dem Team, der sitzen geblieben war. Äußerlich wirkte der Klingenmeister absolut ruhig, als er sorgfältig seine Streitaxt mit einem schwarzen Wetzstein schliff und dabei den Schärfungs-Buff erneuerte.

    „Ja. Ich vermute, sie werden sich auf Kontrolle konzentrieren und ihren besten Psionisten, einen Mystiker oder einen Zeitmagier vorschicken. Dem werden wir mit dem folgenden Team begegnen: Nika, Odris, Dante, ich... und Morgan."

    „Pat? Odris Augenbrauen stiegen in die Höhe. „Ist es nicht zu früh für den Jungen?

    „Die Hattori haben uns mit Sicherheit gründlich studiert. Sie sind gut vorbereitet, und wir müssen sie überraschen, erwiderte Lou. „Morgan hat immer auf der Reservebank gesessen. Sie haben keine Ahnung von seinen Fähigkeiten. Mit etwas Glück kann er gleich zu Anfang einen ihrer Magier ausschalten.

    „Du hast nur fünf Namen genannt! Dante, ein Zauberer und Runenmeister, grinste breit. „Wer ist der sechste?

    „Was für eine dumme Frage, Dan! Lou runzelte die Stirn. „Biest natürlich!

    Hinter ihrem Rücken tauchte aus dem Nichts ein beweglicher, muskulöser Dämon auf. Er trug eine schwarze Schuppenrüstung, die eng anlag wie eine zweite Haut. Die funkelnden, gezackten Klingen an seiner Schulter und die rotglühenden Augen in den Schlitzen seiner Maske ließen Biest bösartig erscheinen.

    „Ich hoffe nur, wir bekommen eine offene Arena, bemerkte Odris. „Ausrüstung, Elixiere, Buffs — entspricht alles dem Standard für ein Fernangriffs-Team?

    „Ja. Wir haben nur eine kleine Anpassung vorgenommen, um Kontroll-Bannsprüchen zu begegnen. Macht euch bereit!"

    Die Auswahl der Ausrüstung, das Vorbereiten der richtigen Zusammenstellung an Elixieren und Buffs... Die Turnierregeln verboten den Einsatz von Schriftrollen. Deshalb mussten die Spieler die Werkzeuge, die sie einsetzen wollten, sorgfältig planen. Jeder Trank, jede Rune und jeder Bannspruch mussten so effektiv wie nur irgend möglich funktionieren und den betreffenden Charakter ebenso stärken wie das gesamte Team.

    Nachdem sie die letzten Anweisungen entgegengenommen hatten, betraten die Schurken einen Steinkreis, der sie in die Arena bringen sollte. Der Timer begann mit dem Herabzählen der letzten Minute. Das Rad, das nach dem Zufallsprinzip den Ort bestimmte, an dem die Schlacht ausgefochten wurde, drehte sich.

    „Feld! Feld, Brücke oder Fjord — an diesen Orten haben wir gute Chancen, kommentierte Lou, während sie das wirbelnde Rad beobachtete. „Ruinen wären ebenfalls in Ordnung, vielleicht auch die Alte Windmühle oder der Eissee. Dabei stehen die Chancen 50:50. Himmel, ich hoffe nur, es ist nicht die Königliche Burg, die Stadt oder das Dorf. Und am schlimmsten wäre ein geschlossener Ort unter der Erde, wie das Loch oder das Labyrinth...

    3... 2... 1...

    Der Fluss! Meine Damen und Herren, das Schlachtfeld ist das Flussfeld, einer der klassischen Standorte, den Spielerkämpfer lieben, die hier gern ihre Fertigkeiten trainieren! Ich bin sicher, uns steht ein aufregender Kampf bevor! Die Teams teleportieren nun zur Arena, und wir warten mit angehaltenem Atem auf den Beginn der Auseinandersetzung...

    Ein strahlendes Bild erschien. Es zeigte eine grüne Ebene, durch die diagonal das breite Band eines Flusses verlief. Eine gewölbte Steinbrücke verband die beiden Uferseiten miteinander. Eingezäunte Felder und Bauernhäuser mit Strohdächern bedeckten den rechten Bereich, während im linken die grauen Ruinen eines Wachturms zu sehen waren, umgeben von einem Halbkreis halb eingestürzter Wände.

    Lou stieß scharf die Luft aus und schloss ihr Visier. Der Fluss war eine gute Wahl, der perfekte Ort. Auf dieser Karte gab es Unmengen an Raum, und er eignete sich für einen Luftkampf. Das bedeutete, dass die Schurken ihre Hauptvorteile ausnutzen konnten — Geschwindigkeit und Wendigkeit.

    Eine Sekunde später erreichten sie die Arena. Die sechs Spieler sahen sich um. Sie standen neben der Turmruine. Erneut war ihnen das Glück hold gewesen — die Ruinen wurden als der bessere Ausgangspunkt betrachtet. Eine der besten Strategien war eine Verteidigung des Turms. Das zwang den Gegner, die eigene Verteidigung aufzubrechen und in die Offensive zu gehen. Lous Team betrachtete einen solchen Ansatz jedoch mit Verachtung und zog es vor, die Initiative zu ergreifen.

    Lou: Biest, mach dich bereit! Odris, starte die Suche!

    Lou: Morgan, spring in den Schatten — schnell! Begib dich sofort zur Brücke. Alle anderen folgen mir!

    Die sechs Hattori lungerten irgendwo auf der anderen Seite des Flusses herum, hinter den grünen Kornfeldern und den Strohdächern. Die Karte des Flusses war nicht besonders groß, und Lou wusste, dass ihnen bis zur unvermeidbaren Auseinandersetzung nur wenige Minuten blieben. Ohne die Flugtiere einzusetzen — gleich zu Anfang das Feuer des Feindes auf sich zu ziehen, war ein typischer Anfängerfehler — führte sie ihre Gruppe zur Brücke. Dort verbargen die Schurken sich hinter einer niedrigen, teilweise eingestürzten Mauer. Biest, der die Rolle der Luftaufklärung übernommen hatte, erhob sich in die Luft, nachdem er seine klassenbasierte Tarnung aktiviert hatte, und Morgan verschwand in der Schattenebene. Der Kerl besaß den super-seltenen Archetypen des Schattengehers, von seiner Kompetenz einmal ganz zu schweigen, und war eine wertvolle Bereicherung des Teams. Leider fehlte es ihm allerdings an Erfahrung, was Kämpfe in schwierigen Turnieren betraf.

    Odris: Die Suche ist klar. Ich sehe niemanden.

    Lou: Was meinst du damit?

    Odris: Es ist niemand hier. Sie müssen Versteck-Bannsprüche oder Artefakte mit Tarnung benutzt haben.

    Lou: Biest meldet ebenfalls, dass niemand zu sehen ist.

    Das war eine völlig neue Entwicklung. Die Schurken hatten ihre Gegner eingehend analysiert, die Videos ihrer Kämpfe studiert und ihre Stärken ebenso wie ihre Schwachstellen herausgearbeitet, aber diese Taktik hatten sie dabei nicht beobachten können. In vielen Teams gab es ein oder zwei Spieler, die sich unsichtbar machen konnten, aber dass sechs auf einmal diese Fähigkeit besitzen sollten, wäre etwas völlig Neues. Dennoch blieb Lou einigermaßen ruhig. Sie verfügte über die Fähigkeit der Wahren Sicht, ein Talent von legendärem Level. Damit konnte sie jede Tarnung, jedes Versteck und jede Illusion durchdringen. Niemand war in der Lage, sich an sie heranzuschleichen!

    Die Schurken krochen, in der Deckung der Steine, näher an die Brücke heran, unter der das blaue Wasser des Flusses schimmerte. Morgan huschte zur anderen Seite. Die Feinde waren noch immer nicht in Sicht, und der Such-Bildschirm, den Odris konstant aktualisierte, blieb leer.

    Nun, ein gesamtes Team zu tarnen, das war

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