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Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman
Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman
Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman
eBook296 Seiten3 Stunden

Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman

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Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman

Krimi von Peter Haberl & Chris Heller


 

Silvio Schönbergs Entschluss steht fest: Er muss so schnell wie möglich seine "Geschäfte" in München aufgeben. Doch vorher muss er noch aufräumen. Unter Aufräumen versteht er Mord. Vier Menschen sterben, darunter einer seiner Vertrauten, der Schönbergs Rolle als verkohltes Unfallopfer übernimmt.

In Hamburg bekommt er ein neues Gesicht. Eine Voraussetzung dafür, dass er mit einem Mafioso-Freund etwas Neues in der Großstadt aufbauen kann. Doch die Hamburger Kriminalpolizei schläft nicht. Die Kriminalkommissare Jörgensen und Müller haben die Unterweltgrößen im Visier – und dabei einen ganz bestimmten Mafioso ...

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBEKKERpublishing
Erscheinungsdatum28. Juni 2023
ISBN9798223330431
Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman

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    Buchvorschau

    Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht - Peter Haberl

    Kommissar Jörgensen und der Mann mit dem neuen Gesicht: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman

    Krimi von Peter Haberl & Chris Heller

    ––––––––

    Silvio Schönbergs Entschluss steht fest: Er muss so schnell wie möglich seine „Geschäfte" in München aufgeben. Doch vorher muss er noch aufräumen. Unter Aufräumen versteht er Mord. Vier Menschen sterben, darunter einer seiner Vertrauten, der Schönbergs Rolle als verkohltes Unfallopfer übernimmt.

    In Hamburg bekommt er ein neues Gesicht. Eine Voraussetzung dafür, dass er mit einem Mafioso-Freund etwas Neues in der Großstadt aufbauen kann. Doch die Hamburger Kriminalpolizei schläft nicht. Die Kriminalkommissare Jörgensen und Müller haben die Unterweltgrößen im Visier – und dabei einen ganz bestimmten Mafioso ...

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Cassiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author 

    COVER A.PANADERO

    CHRIS HELLER ist ein Pseudonym von ALFRED BEKKER.

    Kommissar Jörgensen ist eine ERfindung von Alfred Bekker.

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen 

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

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    Alles rund um Belletristik!

    1

    Der Mann stand auf dem Balkon seiner Hamburger Wohnung und rauchte, als ihn vom Nachbarbalkon aus jemand ansprach.

    Moin.

    Moin.

    Was mich mal interessieren würde: Kennen Sie eigentlich den Mann, der die dritte Wohnung auf unserer Etage hat?

    Nee.

    Gar nicht?

    Nicht näher.

    Auf der Elbe war Nebel und ein Signalhorn ertönte. Irgendein größeres Schiff quälte sich da wohl gegen die Strömung flussaufwärts.

    Ich habe gehört, der heißt Jörgensen.

    Ja, so heißt er.

    Uwe Jörgensen.

    So steht es an seiner Tür.

    Haben Sie eine Ahnung, was der so beruflich macht?

    Hat er nicht gesagt.

    Haben Sie denn schonmal mit ihm gesprochen?

    Nö.

    Interessiert Sie das denn gar nicht, wer mit Ihnen zusammen in einem Haus wohnt.

    Nö. Nicht so sehr. Wissen Sie denn was über den?

    Der hat auf jeden Fall keinen normalen Job.

    Wieso?

    Weil er zu unmöglichen Zeiten nach Hause kommt. Und oft bleibt er dann auch nur für ein paar Stunden. Viel Schlaf scheint der nicht zu brauchen.

    Möglich. Ich brauche auch nicht viel Schlaf. Aber meine Zigarette. Ist aber leider eine Nichtraucher-Wohnung. Schon Scheiße.

    Haben Sie das denn nicht gesagt, dass Sie Raucher sind?

    Dann hätte ich die Wohnung nicht gekriegt.

    Ist das nicht Betrug?

    Nein. Notwehr durch Notlüge.

    So sehen Sie das?

    Wollen Sie mich verpetzen?

    Denken Sie das wirklich?

    Man weiß nie.

    Mich stört Ihre Raucherei nicht.

    Okay.

    Ich habe früher selber geraucht.

    Und abgewöhnt?

    Wegen meiner Frau. Die Ehe ist inzwischen auseinander. Aber soll ich es mir deswegen vielleicht wieder angewöhnen? Wäre auch doof, oder?

    Ja.

    Am besten, man gewöhnt es sich gar nicht erst an.

    Stimmt.

    Aber zurück zu diesem Jörgensen.

    An dem haben Sie Narren gefressen, was?

    ich habe zuerst gedacht, der ist vielleicht aus dem Gesundheitswesen. Ein Arzt oder ein Krankenpfleger oder sowas. Wegen den eigenartigen Zeiten, zu denen der auf Arbeit ist.

    Und? Ist er Arzt?

    Das weiß ich nicht. Wäre aber praktisch, einen Arzt im Haus zu haben, der könnte sich dann die Stelle an meinem Fuß mal ansehen.

    Warum fragen Sie ihn nicht einfach mal?

    Habe ich schon versucht.

    Und?

    Der ist ja so maulfaul. Sagt einfach nichts über sich.

    Jeder wie er mag.

    Und dann habe ich neulich bemerkt, dass er vermutlich eine Waffe unter der Jacke hatte.

    Eine echte Waffe?

    Eine Pistole.

    Dann ist er vermutlich kein Arzt.

    Dachte ich mir auch. Aber was könnte er dann sein?

    Diamantenhändler. Wenn ich Diamantenhändler wäre, hätte ich immer eine Waffe dabei. Wegen den Diamanten.

    Vielleicht frage ich ihn einfach nicht mal. Irgendwie beunruhigt mich das.

    Mich nicht.

    Der Raucher ließ den Rest seiner Zigarette einfach über den Balkon fallen.

    Die feine hanseatische Art war das aber jetzt nicht.

    Der Raucher grinste. Nein, aber praktisch.

    Trotzdem.

    Tschüss dann.

    Damit ging der Raucher wieder zurück in seine Wohnung und schloss die Balkontür.

    Irgendwie schien er keine Lust zu haben, die Unterhaltung weiter fortzusetzen.

    Ich habe wirklich keine Ahnung, woran das liegt, dachte sein Gesprächspartner, während von der Elbe her erneut das Signalhorn ertönte.

    *

    Auf Silvio Schönbergs Schreibtisch schrillte das Telefon. Irgendwie kam es ihm an diesem Tag lauter und durchdringender vor als normal. Es mutete ihn geradezu aggressiv an.

    Schönberg war ein mittelgroßer, bulliger Mann. Dichtes, schwarzes Haar bedeckte seinen Kopf. Dunkle, stechende Augen beherrschten sein kantiges Gesicht.

    Er war ein Managertyp, eine Erscheinung, die natürliche Autorität und Intelligenz ausstrahlte.

    Schönberg legte den Kugelschreiber zur Seite, mit dem er gerade seinen Namen unter einen Liefervertrag setzen wollte, hob ab und sagte seinen Namen in die Muschel.

    Ein Herr Reichelt oder so ähnlich ist am Apparat, hörte er die Stimme seiner Sekretärin, Frau Dornhardt. Ich stelle durch ...

    Gleich darauf versteinerte Schönbergs Miene. Seine Brauen schoben sich düster zusammen. Am anderen Ende der Leitung erklang eine zeternde Stimme: Jetzt habe ich Sie überführt, Schönberg. Ich habe Verbindung mit dem Sozialdienst in Rio des Janeiro aufgenommen. Die Adoption Juans wurde nicht über diese Behörde in die Wege geleitet. Sie haben mich betrogen. Wahrscheinlich handelt es sich bei Juan nicht mal um ein Waisenkind. Kurz und gut, Schönberg: Ich will mein Geld zurück. Weigern Sie sich, es zurückzuzahlen, gehe ich zur Polizei!

    Silvio Schönberg atmete tief durch. Er schluckte trocken. Er wusste, wer der Anrufer war. Ein kaltes Licht begann in seinen Iris zu glimmen.

    Nun beruhigen Sie sich mal, Herr Reichelt, sprach er betont ruhig, mit kehliger Stimme. Wahrscheinlich wurden in Brasilien die Adoptionspapiere verschlampt. Das ist nicht auszuschließen. Eine bürokratische Ordnung wie bei uns kennt man dort unten nicht. Da geht es oft drunter und drüber. Wenn ich Ihnen aber versichere, dass bei der Adoption alles mit rechten Dingen zugegangen ist, müssen Sie mir das schon glauben.

    Ihnen glauben?, kam es sarkastisch durch die Leitung. Einem miesen Kinderhändler! Sie könnten es mir beim Leben Ihrer Mutter schwören, Schönberg. Ich habe Beweise. Juan ist bei keiner offiziellen Stelle bekannt.

    Das klingt ja gerade so, als würden Sie mir illegale Machenschaften unterstellen. Der Vater des Jungen, Pablo Vasquez, war Diplom-Physiker, die Mutter Ärztin. Die beiden sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Juan landete im San Michele Waisenhaus ...

    In diesem Waisenhaus weiß kein Schwein etwas von Juan, erklang es wieder erregt durch die Strippe. Wahrscheinlich haben ihn Ihre Helfershelfer in Rio entführt, Schönberg. Gekidnappt! Jörg Reichelt atmete einige Male keuchend durch. Ihn würgte die Wut. Dann schnaubte er: Die Adoptionspapiere sind gefälscht. Das alles ist ein gottverdammter, groß angelegter Schwindel. Sie sind ein niederträchtiger Kinderhändler.

    Verdammt, Reichelt, Sie ...

    Schweigen Sie!, zischte Jörg Reichelt. Schließlich sank seine Stimme herab zu einem heiseren, fanatischen Geflüster. Ich will mein Geld zurück, Schönberg. Zweihunderttausend Euro - bis auf den letzten Cent. Sie haben drei Tage Zeit ...

    Es klickte in der Leitung. Jörg Reichelt hatte aufgelegt.

    Reichelt!, rief Schönberg erregt in die Leitung. Verdammt, Reichelt ...

    Die Verbindung war tot.

    Silvio Schönbergs Hand mit dem Hörer sank nach unten. Er starrte vor sich hin und hielt den Hörer noch kurze Zeit nachdenklich in der Hand. Seine Wangenmuskulatur vibrierte. Er hatte die Lippen so sehr zusammengepresst, dass sie nur noch einen dünnen, blutleeren Strich bildeten.

    Hinter seiner Stirn arbeitete es fieberhaft.

    Schließlich legte auch er auf. Er ging zum Fenster und starrte gedankenverloren hinaus. Sein Büro lag im 15. Stockwerk des Bürogebäudes der General Autotechnik GmbH.

    Vor seinem Blick lag die Stadt. Die Wolken hingen tief und trieben schnell nach Osten. Die hohen Gebäude schienen in sie hineinzuragen. Es war regnerisch und windig. Ein Wetter, das nicht dazu angetan war, die Stimmung zu heben. 

    Das alles registrierte Schönberg nicht.

    Wenn Reichelt die Polizei einschaltet, dann kannst du deine Villa am Stadtrand mit einer Gefängniszelle vertauschen, Silvio, durchflutete es ihn heiß. Deine Yacht, der Landsitz im Bergland von Mato Grosso - alles futsch. Und wenn du in vielen Jahren wieder herauskommst, stehst du als Bettler auf der Straße. Dafür hast du nicht jahrelang geschuftet wie ein Tier. Das lässt du dir auf keinen Fall nehmen.

    Silvio Schönberg entschloss sich von einem Augenblick zum anderen.

    Er hatte einen Fehler gemacht, als er trotz des offensichtlichen Argwohns Reichelt das Geschäft abwickelte. Seine Habgier hatte ihn dazu verleitet.

    Es galt, den Fehler auszubügeln.

    Mit drei Schritten war er bei seinem Schreibtisch. Er nahm den Hörer ab, wollte schon den Zeigefinger auf eine der Zahlentasten setzen, überlegte es sich aber anders und warf den Hörer wieder auf die Gabel.

    Er ging zum Schrank und holte seine Jacke heraus, zog sie an und verließ das Büro. Zu seiner Sekretärin sagte er: Ich werde heute wohl nicht mehr zurückkommen, Frau Dornhardt. Hab 'nen Termin ...

    Den Rest verstand Frau Dornhardt schon nicht mehr, denn Schönberg eilte bereits zur Tür hinaus auf den Korridor. Seine Schritte hallten von den Wänden wider, als er eilig über die Marmorfliesen zum Aufzug schritt.

    Frau Dornhardt klickte auf ihrem Computer Schönberg Terminkalender her, den sie verwaltete. Irritiert stellte sie fest, dass für diesen Nachmittag kein Termin eingetragen war.

    Frau Dornhardt schaute auf die Uhr. Es war 14 Uhr 25. Sie zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich eine kurzfristige Verabredung nach dem Telefonat, das sie eben durchgestellt hatte. Sie versuchte, sich den Namen des Anrufers in Erinnerung zu holen. Reinards, Reinerds, Reichelt ...?  Sie wusste es nicht mehr genau. Und darum verwarf sie es als unwichtig.

    Während Frau Dornhardt sich wieder ihrer Arbeit zuwandte, fuhr Schönberg mit dem Aufzug in die Tiefgarage. Wenig später fädelte er sich mit seiner Limousine in das Verkehrsgewühl der Stadt ein. Es ging nur stockend voran. Er holte sein Handy aus der Jackentasche und klickte eine Nummer her. Eine männliche Stimme meldete sich.

    Raik, sagte Schönberg, komm in einer halben Stunde ins 'Andalusia'. Ich hab' Arbeit für dich.

    2

    Jörg Reichelt und seine Frau Marita bewohnten in Gräfelfing, in der Nähe des Diehl-Parks, ein renoviertes Haus aus den 20er Jahren. Es war ein Prachtbau, den sich der schwerreiche Mann vor drei Jahren gekauft hatte. Er konnte mit den Euros um sich werfen. Sein Gebrauchtwagenhandel im Überlinger Weg, dem Hauptmarkt in München für gebrauchte Autos, hatte ihm ein riesiges Vermögen beschert.

    Reichelt hatte nur ein einziges Problem: Er war nicht in der Lage, Kinder zu zeugen. Auf einer Geschäftsreise nach Rio de Janeiro hatten er und seine Frau die überfüllten Waisenhäuser erlebt. Es gab die unterschiedlichsten Gründe, aus denen die Kinder in diesen Heimen landeten. Entweder waren sie von ihren Müttern einfach ausgesetzt worden, oder man hatte sie missbraucht und die Behörden hatten sie ihren Familien weggenommen, oder es waren echte Waisen ...

    Jedenfalls entschloss das Ehepaar sich, eines der Kinder zu adoptieren.

    Geschäftliche Beziehungen führten Jörg Reichelt mit Silvio Schönberg zusammen. Schönberg sicherte eine unbürokratische Adoption zu. Alles im Rahmen der bestehenden Konventionen und ausgesprochen legal.

    Reichelt hatte der Sache von Anfang an misstraut.

    Aber Marita war Feuer und Flamme gewesen. Sie ließ nicht locker. Und so stimmte er zu.

    Jetzt bereute er es. Es ging tatsächlich schnell und unbürokratisch. Sie bekamen einen zweijährigen Jungen, die Papiere schienen absolut in Ordnung zu sein.

    Reichelt war es zu schnell und zu unbürokratisch gegangen. Und er stellte in Rio bei den Behörden Nachforschungen an, die die Papiere nachweislich der Stempel, die sie trugen, beglaubigt hatten. Sein Misstrauen war stärker als die Angst vor dem Ergebnis seiner Feststellungen.

    Schließlich hatte er den Beweis: Er war das Opfer einer illegalen Adoption geworden. Er fühlte sich betrogen. Und er stand mit einem Bein im Gefängnis. Jetzt wollte er sein Geld zurück.

    Marita gegenüber hatte er verschwiegen, dass Juan auf gesetzwidrige Weise zu ihnen gekommen war. Er wollte das Glück, das ihr der kleine Junge bescherte, nicht zerstören. Marita liebte das Kind abgöttisch.

    Das Ehepaar saß bei einem Glas Wein im feudal eingerichteten Wohnzimmer. Auf dem Tisch lag das Babyphone mit einer Verbindung zum Kinderzimmer, in dem der kleine Juan selig schlummerte. Die Flimmerkiste von der Größe eines Heimkinos zeigte eine erregende Liebesszene. Das junge Paar auf der Mattscheibe stöhnte und ächzte und Jörg Reichelt schaute scheinbar gebannt zu. In Wirklichkeit nahm er gar nicht wahr, was auf der Mattscheibe abging. Er war mit seinen Gedanken weit, weit weg.

    Seine Gattin, eine attraktive Mittdreißigerin, beobachtete ihn von der Seite.

    Das macht dich an, wie?, fragte sie ihn plötzlich lächelnd.

    Ihre Stimme riss ihn aus der tiefen Versunkenheit. Er sah sie an wie ein Erwachender.

    Unsinn, wehrte er ab und schaute ihr ins gleichmäßig geschnittene, schöne Gesicht. Er war elf Jahre älter als sie. Sie waren seit zehn Jahren verheiratet. Seit zwei Monaten waren sie Eltern eines brasilianischen Jungen.

    Ich sehe es an deinen glänzenden Augen, behauptete sie. Es erregt dich.

    Er lachte etwas verkrampft.

    So alt bin ich nun auch wieder nicht, dass ich mir auf diese Art und Weise Appetit holen müsste, um bei dir im Bett nicht kläglich zu versagen.

    Wenn sie gewusst hätte, wie es in ihm aussah. Die Sache mit der Adoption beschäftigte ihn unablässig. Die Tatsache, dass er sich wider besseres Wissen von ihr breitschlagen ließ und zu allem ja und Amen sagte, ließ ihn nicht mehr los.

    Das wäre ja das erste Mal, versicherte Marita. Aber bevor dich der Film über die Maßen erregt, könnten wir ja selbst ...

    Er winkte ungeduldig ab. Danach war ihm, seit er die Wahrheit herausgefunden hatte, weiß Gott nicht zumute. Er dachte immerzu nur an die Folgen, die ihm - und natürlich auch Marita - blühten, wenn der Kinderhandel aufflog.

    Was nützte es, dass er Schönbergs Versicherungen Glauben schenkte. Adoptionen waren über amtlich zugelassene Stellen abzuwickeln. Er hatte den unbürokratischen Weg gewählt - den illegalen Weg.

    Er sah Maritas betroffenen Gesichtsausdruck, nachdem er ihr mit seiner schroffen Geste das Wort abgeschnitten hatte. Er lachte betreten auf, griff nach seinem Glas und trank einen Schluck. Es hat nichts mit dir zu tun, Liebling. Wirklich nicht.

    Plötzlich stutzte er. Er drehte sein Gesicht zur Tür.

    Hast du das auch gehört?

    Was?

    Ein Klirren, als wäre unten eine Scheibe zerbrochen.

    Nein. Du wirst dich getäuscht haben.

    Möglich. Dennoch ... Jörg Reichelt griff nach der Fernbedienung und stellte den Ton des Fernsehers leise. Das Ächzen und Stöhnen des sich im Film abkämpfenden Paares riss schlagartig ab.

    Jörg Reichelt lauschte angespannt.

    Es war nichts mehr zu hören. Aber es ließ ihm keine Ruhe. Er war sich absolut sicher, das Klirren von Glas vernommen zu haben. Jörg Reichelt stemmte sich aus dem Sessel hoch.

    Ich sehe mal nach.

    Bitte tun Sie das!

    Ja, immer mit der Ruhe. Ich bin ja kein D-Zug.

    Das verlangt auch niemand.

    Wir sind hier gelassen.

    In Wahrheit war die Gelassenheit bei ihm schon längst weg.

    Davon war jetzt wirklich nichts mehr übrig.

    Gar nichts.

    Er schluckte.

    Und der Puls schlug ihm bis zum Hals.

    Er hatte das Gefühl, dass sich eine Schlinge um seinen Hal gelegt hate und sich jetzt nach und nach und immer fester zuzog, sodass ihm der Atem geraubt wurde.

    Das war keine Realität, sondern einfach nur ein Gefühl.

    Und zwar ein ziemlich mieses.

    Er ging aus dem Zimmer und spürte Beklemmung. Vor ihm lag ein breiter, geräumiger Korridor. Die vier Lampen an den Wänden brannten. Einige Türen führten in verschiedene Räume. Der Flur endete bei der Treppe ins Untergeschoss. Der dicke Teppich, über den Reichelt schritt, verschluckte das Geräusch seiner Schritte.

    Reichelt blickte die Treppe hinunter, die unten in einer Halle endete. Eine riesige Sitzgruppe aus weißem Leder war da um einen Glastisch mit verchromten Beinen gruppiert. An den Wänden standen geschnitzte Möbel im Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Teure Bilder und noch teurere Antiquitäten vervollständigten die Einrichtung. Auch die Halle war beleuchtet.

    Reichelt ließ seinen Blick schweifen. Seine Augen verengten sich, als sie wahrnahmen, dass eine der drei Milchglasscheiben in der Eingangstür zerbrochen war. Scherben lagen auf dem Boden.

    Im ersten Moment dachte Jörg Reichelt, dass jemand einen Stein in die Scheibe geworfen hatte. Diesen Gedanken verwarf er aber sofort wieder. Um diese Zeit warfen keine Gassenjungs mit Steinen um sich. Es ging auf Mitternacht zu. Außerdem vermisste er den Stein, der ja irgendwo in der Halle liegen müsste.

    Er bekam es plötzlich mit der Angst. Aus einem unerklärlichen Grund kam ihm Silvio Schönberg in den Sinn. Ein Knoten bildete sich in seinem Hals. Sein Blick sprang erneut durch die Halle. Sein Herz schlug schneller, er atmete gepresst.

    Die Eingangstür! Er starrte auf das Loch in der Scheibe. Die dicke Sicherungskette war ausgehängt und hing senkrecht nach unten. Der Schlüssel steckte.

    Reichelt wurde unvermittelt das Empfinden nicht mehr los, von kalten Augen belauert zu werden. Gänsehaut kroch seinen Rücken hinauf. Er presste die Zähne zusammen.

    Und, Jörg, was Besonderes?

    Er zuckte zusammen, als hätte ihn eine kalte Knochenhand berührt, und staute den Atem.

    Es war Maritas Stimme.

    Er stieß die verbrauchte Atemluft aus. Seine Schultern, die sich unwillkürlich gestrafft hatten, sanken nach unten. Langsam zog er sich zurück.

    Bei Marita angelangt flüsterte er heiser: Jemand ist im Haus. Ruf die Polizei an, Liebling! Ich hole meine Pistole.

    Maritas Gesicht entfärbte sich. Ungläubig starrte sie ihn an.

    Ein - ein Einbrecher?

    Ich weiß es nicht, knirschte er. Los, ruf das Polizeikommissariat an ...

    Er schob die erschreckte Marita zurück ins Wohnzimmer. In seinem Haus hatte Reichelt in jedem Raum ein Telefon installieren lassen. Außerdem verfügte er über einige Handys.

    Jörg Reichelt ging zum Schlafzimmer. Als er die Tür öffnete, flutete vor ihm her das Licht aus dem Korridor in den Raum.

    Die Leitung - sie ist tot!, hörte er Marita schrill, fast hysterisch rufen.

    Wieder erschreckte ihn ihre Stimme bis in seinen Kern.

    Nimm ein Handy!, erwiderte er mit herausgepresstem Atem.

    Jörg Reichelt hatte spätestens jetzt begriffen, dass sie in höchster Gefahr schwebten. Er bewegte sich schnell zum Nachttisch neben seinem Bett. In der Schublade lag die Glock 17. Der kühle Griff in seiner Hand vermittelte ihm ein wenig das Gefühl von Sicherheit. Er kehrte zurück in den Korridor.

    Marita stand im Türrechteck und knetete ihre zierlichen Hände. Ihre Augen verrieten

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